LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/ Wahlperiode der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

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Transkript:

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 6/310 6. Wahlperiode 06.03.2012 KLEINE ANFRAGE der Abgeordneten Silke Gajek, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Aufarbeitung und Verfolgung von Gewalt und Missbrauch in Kinderheimen und Jugendwerkhöfen der ehemaligen DDR und ANTWORT der Landesregierung Vorbemerkung Die Regierungskoalition hat in ihrer Koalitionsvereinbarung dargelegt, dass sie die Mitverantwortung des Landes an der Umsetzung der Empfehlungen des Runden Tisches sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auf der Bundesebene und insbesondere die Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR sowie die Organisation von Hilfen für Betroffene anerkennt (Ziffer 272 der Koalitionsvereinbarung vom 24. Oktober 2011). Die Landesregierung befasst sich daher engagiert mit der Aufarbeitung, Anerkennung und - soweit möglich - Wiedergutmachung des Unrechts, das Kinder und Jugendliche in Heimen der DDR in den Jahren 1949 bis 1989 erlitten haben. Zur Information über den derzeitigen Sachstand darf Folgendes voran gestellt werden: Der Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren gibt Empfehlungen für das geschehene Unrecht und die eingetretenen Folgeschäden bei den betroffenen Heimkindern in den westdeutschen Ländern. Damit auch die Belange der ehemaligen DDR-Heimkinder angemessen berücksichtigt werden, wird derzeit daran gearbeitet, die Lösungsansätze und Empfehlungen aus dem Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren für die Situation der ehemaligen ostdeutschen Heimkinder nutzbar zu machen. Grundlagen für das Vorgehen sind für Mecklenburg-Vorpommern der Landtagsbeschluss vom 1. Juli 2011 (Landtagsdrucksache 5/4406), auf Länderebene der Beschluss der Jugendund Familienministerkonferenz (JFMK) vom 26./27. Mai 2011 und auf Bundesebene der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 7. Juli 2011 (Bundestagsdrucksache 17/6143). Die Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat namens der Landesregierung die Kleine Anfrage mit Schreiben vom 6. März 2012 beantwortet.

Drucksache 6/310 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Die Aufarbeitung erfolgt seit dem 14. Juli 2011 gemeinsam durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), das Bundesministerium der Justiz (BMJ) und das Bundministerium des Inneren (BMI) sowie die betroffenen Bundesländer Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen unter Einbeziehung von Wissenschaftlern und Betroffenen der DDR-Heimerziehung. Es wurde eine Lenkungs- und eine Arbeitsgruppe gebildet, deren Arbeiten weit fortgeschritten sind. Ziel ist, einen Bericht zur Aufarbeitung der Heimerziehung in der DDR zu erarbeiten und mit einer Bund-Ländervereinbarung einen Hilfefonds für Opfer der DDR-Heimerziehung sowie regionale Anlauf- und Beratungsstellen für Betroffene einzurichten. Der Bericht soll am 26. März 2012 veröffentlicht werden. Der Hilfefonds und die regionalen Anlauf- und Beratungsstellen werden voraussichtlich Mitte des Jahres 2012 die Arbeit aufnehmen können. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Mai 2009 hat auch in Mecklenburg-Vorpommern Hoffnungen geweckt, das Unrecht an Kindern und Jugendlichen in öffentlichen Einrichtungen der ehemaligen DDR nach über 20 Jahren endlich anzuerkennen, aufzuarbeiten und zu entschädigen. In seiner allerletzten Entschließung vor dem Ende der 5. Legislaturperiode forderte am 1. Juli 2011 auch der Landtag von Mecklenburg-Vorpommern die Landesregierung einstimmig dazu auf, den Schutz von Kindern und Jugendlichen gegen Gewalt und Missbrauch zu verbessern, ausdrücklich auch durch die nachträgliche Anerkennung und Entschädigung von Opfern aus Kinder- und Jugendeinrichtungen der ehemaligen DDR. Die Landesregierung wurde aufgefordert dafür Sorge zu tragen, dass bei der Landesbeauftragten für Mecklenburg- Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR eine Anlaufstelle für die Rehabilitierung auch für Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt in Kinder- und Jugendeinrichtungen der DDR eingerichtet wird. 1. Inwiefern ist die Landesregierung den Forderungen der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR aus dem Jahresbericht 2010 (Drucksache 5/4345 vom 11.05.2011, Ziffer 2 Beratung, Seite 7) in den Einzelpunkten nachgekommen und wenn nicht, warum nicht? Maßnahmen und Angebote, wie sie auch die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR in ihrem Jahresbericht 2010 aufgeführt hat, fließen in den noch laufenden Aufarbeitungsprozess mit ein und werden dort diskutiert. Die Landesbeauftragte nimmt zudem als Beauftragte der Konferenz der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR und der Beauftragten für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur an den Sitzungen der Lenkungs- und Arbeitsgruppen seit Dezember 2011 im Auftrag der Konferenz teil und kann somit ihre Forderungen persönlich einbringen. 2

Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/310 2. Was unternimmt die Landesregierung, um festzustellen, wie viele Personen auf dem Gebiet des heutigen Landes Mecklenburg- Vorpommern von Einweisung sowie Gewalt und Missbrauch in Kinder- und Jugendeinrichtungen der DDR betroffen sind und wie viele Betroffene aus dem Gebiet der ehemaligen DDR leben heute in Mecklenburg-Vorpommern? Die Landesregierung ist bei der Beurteilung des Umfangs der Anzahl der Betroffenen angewiesen auf noch auffindbare Altakten und statistisches Material. In eine Recherche zur ehemaligen DDR-Heimstruktur im Gebiet des heutigen Mecklenburg-Vorpommern wurden das Statistische Amt Mecklenburg-Vorpommern sowie das Landeszentralarchiv Mecklenburg-Vorpommern einbezogen. Darüber hinaus sind die kommunalen Spitzenverbände, die Landkreise und kreisfreien Städte angeschrieben und um Aktensicherung sowie Bestandsmeldung gebeten worden. Im Rahmen des Aufarbeitungsprozesses der DDR-Heimerziehung wurde eine wissenschaftliche Expertise zu Erziehungsvorstellungen in der Heimerziehung der DDR von Herrn Prof. Dr. Karsten Laudien und Herrn Dr. Sachse erstellt. Die Gesamtzahl der Minderjährigen in den Heimen der Jugendhilfe 1949 bis 1989 wurde in dieser Studie mit etwa 495.000 berechnet. Zudem erschien in März 2011 bei der Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR das Buch Der letzte Schliff: Jugendhilfe der DDR im Dienst der Disziplinierung von Kindern und Jugendlichen (1945-1989), in der die Aufarbeitung zu Kinderheimen in der DDR im Fokus stand. Hier sind die ersten belegten Zahlen der Einweisungen in Einrichtungen der Jugendhilfe in der DDR ausgewiesen. 3. Fördert sie dabei nur die Einrichtung und den Betrieb von Anlauf- und Beratungsstellen oder fördert sie darüber hinaus Untersuchungen in dieser Richtung und wenn nicht, warum nicht? Als Grundlage für die Aufarbeitung der DDR-Heimerziehung durch die Lenkungs- und Arbeitsgruppen wurden die folgenden drei wissenschaftlichen Expertisen in Auftrag gegeben, die vom Bundesministerium des Inneren finanziert wurden: - Rechtsfragen der Heimerziehung in der DDR, - Erziehungsvorstellungen in der Heimerziehung der DDR und - Was hilft ehemaligen Heimkindern bei der Bewältigung ihrer komplexen Traumatisierung. Somit war es nicht erforderlich, dass die neuen Bundesländer Mittel bereitstellen. 3

Drucksache 6/310 Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode 4. Was unternimmt die Landesregierung, um festzustellen, wie viele und welche Personen auf dem Gebiet des heutigen Landes Mecklenburg- Vorpommern zwischen 1945 und 1989 Kinder oder Jugendliche in derartige Einrichtungen eingewiesen oder in diesen Einrichtungen Gewalt und Missbrauch an ihnen verübt oder geduldet haben? Siehe Antwort zu Frage 2. 5. Was hat die Landesregierung seit Ende der letzten Legislaturperiode unternommen, um die Landesbeauftragte für Mecklenburg- Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR beim Aufbau der geforderten Anlaufstelle für die Rehabilitierung auch für Opfer von sexuellem Missbrauch und Gewalt in Kinder- und Jugendeinrichtungen der ehemaligen DDR zu unterstützen und diese Anlaufstelle angemessen finanziell und personell auszustatten? Die regionale Anlauf- und Beratungsstelle soll nach derzeitigen Planungen Mitte des Jahres ihre Arbeit aufnehmen. Die Landesbeauftragte wird daher entsprechend unterstützt. So wurde die Landesbeauftragte eingeladen, an der Informationsveranstaltung am 12./13. Dezember 2011 in Köln für die Anlauf- und Beratungsstellen in den alten Bundesländern teilzunehmen. Darüber hinaus wurden Materialien, die bereits für den Aufbau der Stellen für die alten Bundesländer vorliegen, wie der Entwurf eines Antragsformulars, ein Gesprächsleitfaden, ein Leitfaden für die Arbeit in den regionalen Anlauf- und Beratungsstellen und Leistungskriterien, zur Verfügung gestellt. Geplant wird, die erforderlichen Haushaltsmittel für die personelle und sächliche Ausstattung der regionalen Anlauf- und Beratungsstelle im Zusammenhang mit dem Abschluss der Bund- Ländervereinbarung in den Landeshaushalt einzustellen. 6. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit Ende der letzten Legislaturperiode ergriffen, damit betroffenen ehemaligen DDR- Heimkindern zeitgleich vergleichbare rehabilitative und finanzielle Maßnahmen angeboten werden, wie sie der Entschädigungs-fonds, auf dessen Einrichtung sich der Runde Tisch Heimerziehung in den 50erund 60er-Jahren unlängst verständigt hat, vorsieht und somit eine Gleichbehandlung bei der Entschädigung für Heimkinder aus der ehemaligen DDR mit den misshandelten Kindern aus den alten Bundesländern zu erreichen? Siehe Ausführungen in der Vorbemerkung. 4

Landtag Mecklenburg-Vorpommern - 6. Wahlperiode Drucksache 6/310 7. Was unternimmt die Landesregierung, um Gewalt und Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im familiären Bereich unter DDR-Recht aufzuarbeiten und zu verfolgen? Die Staatsanwaltschaft ist von Amts wegen gehalten, in jedem zur Anzeige gebrachten oder ihr auf anderem Wege bekannt gewordenen Einzelfall zu prüfen, ob eine Ahndung durch Verhängung von Strafen, Nebenstrafen und Nebenfolgen sowie die Anordnung von Maßnahmen (gemäß 11 Absatz 1 Nummer 8 Strafgesetzbuch) trotz des erheblichen Zeitablaufs noch möglich ist oder ob das Verfolgungshindernis der Verjährung dem entgegensteht. Die Verjährungsfristen sind nach der jeweils im Höchstmaß angedrohten Freiheitsstrafe gestaffelt. Lediglich Mord und Völkermord unterliegen keiner Verjährung. Für Taten, deren Verfolgung bereits verjährt ist, besteht keine Sanktionsmöglichkeit mehr. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 8. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung seit Ende der letzten Legislaturperiode ergriffen, um über den Bundesrat eine Aufhebung der Verjährung bei sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen zu erzielen und Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten, Psychologen, Psychotherapeuten und Sozialpädagogen eine rechtliche Befugnis zur Datenweitergabe einzuräumen, wenn sie einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung festgestellt haben? Die Übermittlung von Informationen durch Geheimnisträger bei Kindeswohlgefährdung ist seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung eines aktiven Schutzes von Kindern und Jugendlichen (Bundeskinderschutzgesetz - BKiSchG) am 1. Januar 2012 gemäß Artikel 1 4 Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz (KKG) geregelt. Die Landesregierung hatte diese Regelung im Bundesrat mit unterstützt. Ergänzend ist auf den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG) hinzuweisen, der unter anderem eine deutliche Verlängerung der Verjährungsfrist für zivilrechtliche Schadensersatzansprüche wegen sexuellen Missbrauchs und der vorsätzlichen Verletzung anderer höchstpersönlicher Rechtsgüter auf 30 Jahre vorsieht. Der Gesetzentwurf wird gegenwärtig in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages beraten. Die strafrechtlichen Verjährungsfristen lässt der Entwurf unverändert. Sie sind unter Berücksichtigung der öffentlichen Belange einer am Schuldprinzip orientierten, effektiven Strafverfolgung und der berechtigten Interessen der Verletzten ausreichend bemessen. 5