Entscheidungstheorie Teil 2 Thomas Kämpke
Seite 2 Inhalt Präferenzrelation Referenzpunktansatz Referenzpunktmethode (Zusammenfassung) Distanzfunktion Design von PCR Primerpaaren Vorwärtsprimer p Rückwärtsprimer q Primerwechselwirkung
Seite 3 Präferenzrelation (1/12) Definition Eine (strikte) Präferenzrelation ist eine binäre Relation, die asymmetrisch und negativ transitiv ist. für deterministische und stochastische Situationen Asymmetrie a p b ( b p a) Negative Transitivität ( a p b) und ( b p c) ( a p c)
Seite 4 Präferenzrelation (2/12) Beispiel Eine asymmetrische und transitive, aber nicht negativ transitive Relation ist die komponentenweise Ordnung auf n mit Verschärfung in mind. einer Koordinate. Komponentenweise Ordnung Für ( 1 % ( y1 % & # & # = & M # und y = & M # ist y :" i yi i = 1, & # & n y # ' $ ' n $ L, n Komponentenweise Ordnung mit Verschärfung p y : y i = 1,, n und < " i i L j y j für mindestens einen Inde j
Seite 5 Präferenzrelation (3/12) y 2 y { y y} ist Kegel mit Spitze y p y} ist Kegel ohne { Spitze 2 1 y1 ist asymmetrisch, denn p y # Wäre y p i " ( y p ) y i so i y = 1, y j i " L, n i " < j i = 1, y j und L j < y j für ein j, n, d.h. insbesondere Widerspruch
Seite 6 Präferenzrelation (4/12) ist transitiv, denn ist nicht negativ transitiv, denn y z z y n i z y z y y j j j j j i i i p p p L < " < = " " also und, 1, und ( ) ( ) z z y y z y p p p aber und 4 3 5 1 3 2 " # $ % & = " # $ % & = " # $ % & =
Seite 7 Präferenzrelation (5/12) Veranschaulichung Transitivität z y Kegel von Kegel von y z Kegel von Kegel von % $ " Kegel y# von z Kegel von
Seite 8 Präferenzrelation (6/12) Veranschaulichung Fehlen negativer Transitivität 5 4 3 y z Bereich des Fehlens einer Relation 1 2 3
Seite 9 Präferenzrelation (7/12) Eine asymmetrische und negativ transitive Relation ist transitiv, denn a p b und b p c a p c Annahme: b p c ( a p c) ( c p b) $ # " negativ transitiv ( a p b) Widerspruch zu a p b
Seite 10 Präferenzrelation (8/12) Definition Die zu einer (strikten) Präferenzrelation gehörende Indifferenzrelation ~ ist definiert als das Fehlen von Präferenzen d.h. a ~ b : ( a p b) und ( b p a) Von der Intuition fast die Indifferenzrelation ein bewusstes Gleichwertigkeitsurteil und ein sich nicht entscheiden können zusammen
Seite 11 Präferenzrelation (9/12) Zentrale Bedeutung der negativen Transitivität Sichert Transitivität der Indifferenz a ~ b und b ~ c ( a p b) und ( b p a) ( b p c) und ( c p b) ( a p c) und ( c p a) a~c
Seite 12 Präferenzrelation (10/12) Definition Präferenz-Indifferenzrelation oder schwache Präferenzordnung a " b : a p b oder a ~ b Alternative Formulierung a p b a p b a p b oder und ( ( a p b) und ( b p a ) ( b p a) ist transitiv
Seite 13 Präferenzrelation (11/12) Für eine strikte Präferenzrelation über einer Alternativenmenge A (abzählbar) gibt es reellwertige, ordnungserhaltende Funktionen, d.h. f: A " a p b f ( a) < f ( b). a f ( a p b) und ( b a),d.h. ( f ( a) < f ( b ) und ( f ( b) < f ( a ) ( a) = f ( b) ~ b ist p,d.h.
Seite 14 Präferenzrelation (12/12) Gleichheit reeller Zahlen ist transitiv f(a) = f(b) und f(b) = f(c) f(a) = f(c), d.h. Indifferenzrelation ist transitiv, sofern strikte Ordnung mit reellwertigen Funktionen darstellbar. dies im nachhinein Erklärung für entsprechenden Aufwand deterministischer und stochastischer Fall gleich behandelt
Seite 15 Referenzpunktansatz (1/5) Referenzpunkt A
Seite 16 Referenzpunktansatz (2/5) Vorteil Man kann auch die komponentenweise Ordnung darstellen, wenn die Indifferenzen speziell beachtet werden. Dazu Begriff der Dominanz oder Pareto-Optimalität Alternative a A wenn es kein b A a b komponentenweise Ordung a heisst dominiert wenn es b A gibt mit
Seite 17 Referenzpunktansatz (3/5) Pareto-optimal dominiert vier Pareto-optimale Punkte = Paretorand
Seite 18 Referenzpunktansatz (4/5) Im kontinuierlichen Fall Paretorand A
Seite 19 Referenzpunktansatz (5/5) Beim Referenzpunktansatz kann eine dominierte Alternative gewählt werden, wenn Referenzpunkt ungeschickt gewählt: b a Referenzpunkt c A = {a,b,c} aber A pareto = {b,c}
Seite 20 Referenzpunktmethode (Zusammenfassung) (1/1) 1. Für Alternativemenge A Bestimmung des Paretorands A pareto 2. Wahl Referenzpunkt Ref 3. Bestimmung argmin a A pareto Dist(a,Ref) Zu beachten a Ref A pareto Dist kann Euklidischer Abstand o.a. sein. Diese Distanz ist, bis auf das Vorzeichen, eine ordnungserhaltende Funktion a p b Dist " Dist ( a, Ref ) > Dist( b, Ref ) ( a, Ref ) < " Dist( b, Ref ) f = = ( a) < f ( b)
Seite 21 Distanzfunktion (1/7) Dist(a,Ref) kann Euklidischer Abstand, d.h. Dist (, ) Ref = ' Ref = ' Ref 2 = ( ' ) ( ) + L+ ' 1 Ref,1 2 n Ref, n 2 mit & $ = $ M $ % 1 n # " Ref & $ = $ M $ % Ref,1 Ref, n # " Aber auch andere (Lipschitz-)Normen, vor allem die 1-Norm (, Ref ) = Ref = 1 Ref,1 + L+ n Ref n Dist, 1 Für n=2 sind Punkte gleichen Abstands Kreise für die Euklidsche Norm und Rauten für die 1-Norm
Seite 22 Distanzfunktion (2/7) Ref,2 1 Ref K 2 K 1 K K 2 1 = = { } = 1 Ref { } = 1 Ref 1 2 Ref,1 Der Unterschied zwischen 2-Norm und 1-Norm in Bezug auf den Referenzpunkt ist nicht so sehr die Kugel, sondern die Robustheit der ausgewählten Alternative.
Seite 23 Distanzfunktion (3/7) Ref Paretorand Wird der Referenzpunkt verschoben, so dass er auch in neuer Lage den gesamten Paretorand dominiert, kann sich die beste Alternative im Sinne der 2 -Norm ändern. Bei der 1 -Norm bleibt die beste Alternative bestehen
Seite 24 Distanzfunktion (4/7) Ref 45 Linie Von der Raute kommt nur die südwestliche 45 Linie zum Tragen. Die beste Alternative ist für alle sinnvollen Referenzpunkte identisch. Die Distanzwerte ändern sich, sofern sich der Referenzpunkt ändert, nicht aber die beste Alternative. Warum also 1-Norm beim Referenzpunktansatz?
Seite 25 Distanzfunktion (5/7) 1. Nicht alle Kriterien sind monoton, z.b. Raumtemperatur (ideal 18,, 20 C) d.h. Paretorand sieht anders aus Ref Paretorand 1. Kriterium ist nicht monoton 2. Kriterium ist monoton 1 ideal Die Änderung des Referenzpunktes beschreibt tatsächlich eine andere Alternativenwahl
Seite 26 Distanzfunktion (6/7) 2. Die Distanzfunktion kann mit Gewichten versetzen werden Ref 1 " Ref 1, w = w 1 * 1 Ref,1 + w 2 * 2 Ref,2 + L+ w n * n Ref, n Beispiel Ref 1, w = 2* 1 Ref,1 + 3* 2 Ref,2
Seite 27 Distanzfunktion (7/7) Beispiel Ref 1, w = 2* 1 Ref,1 + 3* 2 Ref,2 4 3 4 3 Ref 2 2 Raute wird gestaucht
Seite 28 Design von PCR Primerpaaren* (1/3) PCR = polymerase chain reaction Ziel Bestimmung eines Abschnitts eines DNA Moleküls bzw. eines in geringer Konzentration vorliegenden DNA Moleküls. Vorgehen Abschnitt wird festgelegt Abschnitt wird vervielfacht ( Konzentrationserhöhung) Abschnitt wird analysiert (erst aufgrund Konzentrationserhöhung möglich) interessierender Abschnitt z.b. 1400bp lang DNA Molekül Eon eines Gens Teil eines Eons Teil eines Introns, d.h nicht kodierenden Bereichs *Quelle: T. Kämpke, The reference point method in primer design, in: PCR Primer Design, Humana Press, Totowa, NJ, 2007.
Seite 29 Design von PCR Primerpaaren (Video)
Seite 30 Design von PCR Primerpaaren (2/3) 3` 5` Vorwärtsfenster Interessierender Bereich Rückwärtsfenster 5` 3` 3` 5` 5` 3` Vorwärtsprimer Rückwärtsprimer DNA Stränge gerichtet Primer immer paarweise, jeder Primer ist einsträngig Größenverhältnisse Primerlänge z.b. 19 Fenster z.b. 39 interessierender Bereiche z.b. 1400 Primer heißen Primer, weil sie prime (der Anfang) für einen naturnahen Kopierprozess sind.
Seite 31 Design von PCR Primerpaaren (3/3) 3` 5` Ein String A T T C G G A C C 5` T A A G C C T G G Primer Primer Fortsetzung ( Kopien ) (Länge 6) Fortsetzen wird durch ein Enzym, die Tac Polymerase, ermöglicht. Viele chemische Tricks und Edukte notwendig, Temperaturzyklen. Kandidaten für Primerpaare durch Abschnitte in Fenster erzeugt. 12 Kriterien für gute Primerpaare (p,q) fünf für jeden Primer zwei für das Zusammenwirken
Seite 32 Vorwärtsprimer p (1/1) G G A T T G A T A A T G T A A T A G G Länge p 19 GC(p) [in%] 32 Tm(p) [in C] 50 sa(p) 12 sea(p) 0 Tm(p): kritische Temperatur Tm(p) = 2 * 2# G(p) + 2# C(p) +1# T(p) + 1# A(p) sa sea self anreal self end anreal sollen verhindern, dass sich Primer an sich selbst anlagern ( primer dimer )
Seite 33 Rückwärtsprimer q (1/1) C A T T A T G G G T G G T A T G T T G G Länge q 20 GC(q) [in%] 45 Tm(q) [in C] 58 sa(q) 20 sea(q) 4 sea(q): 5`- C A T T G G - 3` 3`- G G A C - 5` wird im end anreal nicht gezählt, da schon am Anfang erfasst.
Seite 34 Primerwechselwirkung (1/4) pa (p,q) 16 pea(p,q) 4 pea(p,q) p: 5` - G G A G G - 3` q: 3` - G G A C - 5` " 4
Seite 35 Primerwechselwirkung (2/4) Bewertung jedes Paares (p,q) im 12 mittels Vektoren p q GC(p) GC(q) Tm(p) Tm(q) (p,q) = = sa(p) Ref = 0 sa(q) 0 sea(p) 0 sea(q) 0 pa(p,q) 0 pea(p,q) 0 l vorw l rück GC vorw GC rück Tm vorw Tm rück Die ersten sechs Koordinaten werden manuell vergeben; Tm vorw = Tm rück
Seite 36 Primerwechselwirkung (3/4) Nicht alle Einzelkriterien sind monoton z.b. gilt bei Primerlänge nicht: je länger desto besser oder je kürzer desto besser Mit Dist(, Ref ) = 12 i= 1 w i * i " Ref i Anstelle von Euklidscher Distanz w = w = 0.5 1 2 w 3 = w 4 = 1 w w 5 7 = w = w 6 8 = 1 = 0.1 Bestimme argnin(p,q) Dist((p,q),Ref) w 9 = w 10 = 0.2 w w 11 12 = 0.1 = 0.2
Seite 37 Primerwechselwirkung (4/4) Verfahren wird durch Zusatzkriterien beschleunigt, z.b. " p, q " l Keine Garantie auf Ergebnisqualität: u 1 1 1 " in Bioinformatik" 3 3 3 PCR Primerdesign: eine der häufigsten Anwendungen von Entscheidungstheorie Verfahren, wahrscheinlich die häufigste. Viele Varianten Mulitiple PCR (mehr als 2 Primerpaare) Biochipdesign