Erbschaftsteuer ab dem 01.01.2009 Die Reform und ihre Auswirkungen Nach langem Ringen ist die Erbschaftsteuerreform zum 01.01.2009 in Kraft. Es ändern sich viele Dinge grundlegend. Das Wichtigste gleich vorweg: Für Erwerbe von Todes wegen in der Zeit vom 01.01.2007 bis zum 01.01.2009 hat der Erwerber eine Wahlmöglichkeit für das neue Recht, wenn es für ihn günstiger ist. Diese Wahlmöglichkeit erfasst allerdings nicht die Freibetragsregeln und ist bis zum 01.07.2009 befristet. Macht der Erwerber nicht innerhalb dieser Zeit von seinem Antragsrecht Gebrauch, kann es nicht mehr ausgeübt werden. Die wichtigsten Änderungen fasst Herr Rechtsanwalt Jan Ole Ewert für Sie zusammen. I. Persönliche Freibeträge Nahen Angehörigen des Erblassers/Schenkers stehen Freibeträge zu, welche sie wegen der verwandtschaftlichen Beziehung erhalten. Diese Freibeträge nennt man aus diesem Grund persönliche Freibeträge. Diese persönlichen Freibeträge werden für alle Steuerklassen erhöht. Lebenspartner, die ihre Partnerschaft eingetragen haben, stehen die gleichen Freibeträgen zu, wie Ehegatten. Es bleibt für Lebenspartner jedoch bei der ungünstigen Steuerklasse III. Folgende Veränderungen in den Freibeträgen sind zu verzeichnen: Personen Bisheriger Freibetrag Freibetrag seit dem 01.01.09 Ehegatten 307.000,00 EUR 500.000,00 EUR Eingetragene Lebensgef. 5.200,00 EUR 500.000,00 EUR Kinder, und deren Abkömmlinge im Falle des 205.000,00 EUR 400.000,00 EUR Vorversterbens des Kindes Enkel 51.200,00 EUR 200.000,00 EUR Eltern, Großeltern 51.200,00 EUR 100.000,00 EUR Geschwister, Neffen (StKl. II) 10.300,00 EUR 20.000,00 EUR Lebensgefährten und fremde Dritte 5.200,00 EUR 20.000,00 EUR Dem überlebenden Ehegatten stand nach bisherigem Recht noch ein besonderer Versorgungsfreibetrag in Höhe von 256.000,00 EUR zu. Dieser Freibetrag bleibt auch künftig erhalten. Neu ist, dass der (Versorgungs-) Freibetrag auch auf den eingetragenen Lebenspartner ausgedehnt wird. II. Sachliche Freibeträge Steuerfrei in der Steuerklasse I bleibt auch ab dem 01.01.2009 auch Hausrat im Wert von 41.000,00 EUR. Neu ist, dass dieser sachenbezogene Freibetrag auch zu Gunsten von eingetragenen
Lebenspartnern wirkt. Auch gilt die Steuerbefreiung für sonstige andere Gegenstände in Höhe von 12.000,00 EUR. Der Freibetrag lag bis zum 31.12.2008 bei 10.300,00 EUR. In den Steuerklasen II und III kommt für den Hausrat und die sonstigen Gegenstände ein Freibetrag von 12.000,00 EUR zur Anwendung. III. Steuersatz Alte und neue Regelung der Steuertarife im Überblick: Steuerpflichtige Steuerpflichtige Stkl. I Stkl. II bis Stkl. II ab Stkl. III bis Stkl. III ab Werte bis zum Werte ab dem zum zum dem zum dem 31.12. 08 01.01. 09 31.12. 08 31.12.08 01.01.09 31.12.08 01.01.09 und ab dem 01.01.09 52.000,00 EUR 75.000,00 EUR 7 12 30 17 30 256.000,00 EUR 300.000,00 EUR 11 17 30 23 30 512.000,00 EUR 600.000,00 EUR 15 22 30 29 30 5,113 Mio EUR 6 Mio EUR 19 27 30 35 30 12, 783 Mio EUR 13 Mio EUR 23 32 50 41 50 25,565 Mio EUR 26 Mio EUR 27 37 50 47 50 25,56 Mio EUR 26 Mio EUR 30 40 50 50 50 Es fällt besonders auf, dass Erwerber in den Steuerklassen II und III ganz erhebliche Verschlechterungen erfahren. IV. Einzelheiten der Besteuerung von verschiedenen Vermögensarten 1. Grundstücke mit und ohne Bebauung Das Bundesverfassungsgericht hat vorgegeben, dass Grundstücke mit dem Verkehrswert anzusetzen sind. Diesen Wert nennt man auch den gemeinen Wert. Wie der Wert ermittelt wird richtet sich nach dem Bewertungsgesetz (BewG). Wie der Wert zu ermitteln ist, ergibt sich jetzt aus den 176-197 BewG. Dem Erwerber steht es offen, wie bisher auch, nachzuweisen, dass der Verkehrswert wie er sich nach den Bewertungsvorschriften ergibt, tatsächlich niedriger ist ( 198 BewG). Der Nachweis kann ggf. durch ein Gutachten oder die Kaufpreissammlung des Katasteramts geführt werden. Bis zum 31.12.2008 ergab sich der Wert für unbebaute Grundstücke aus der Grundstücksfläche und dem jeweiligen Bodenrichtwert für die Grundstückslage. Hieran ändert sich nichts. Neu ist jedoch, dass der bisherige Abschlag von 20 % des Bodenwertes nicht mehr vorgenommen wird. Der Bodenwert wird von den Katasterausschüssen zum Ende eines jeden Jahres bestimmt. Die Bodenrichtwerte können fast für jede Gemeinde im Internet oder beim zuständigen Katasteramt abgefragt werden.
Für bebaute Grundstücke wird der Verkehrswert mit einem sog. typisierenden Bewertungsverfahren festgestellt. Welches Verfahren zur Anwendung kommt, entscheidet sich nach der Art des Grundstückes und seiner Nutzung. Das Bewertungsgesetz unterscheidet drei Verfahren: Vergleichswertverfahren, 182 II, 183 BewG, (Es gilt für Wohnungen, Ein- und Zweifamilienhäuser. Der Verkehrswert wird aus dem Vergleich mit anderen Häusern in der Region ermittelt, welche verkauft worden sind. Eine Basis für solche Vergleiche bildet die Kaufpreissammlung bei den Gutachterausschüssen. Voraussetzung für die Anwendung des Verfahrens ist jedoch, dass es vergleichbare Immobilien gibt, deren Faktoren sich vergleichen lassen. Faktoren sind bspw. Grundstücksfläche, Größe, Ausstattung etc.) Ertragswertverfahren, 182 III, 184 bis 188 BewG und (Es findet Anwendung, wenn nicht das eigene Wohnen, sondern das Einnehmen von Miete im Vordergrund steht, wie bspw. bei Mietwohngrundstücken, Hallen oder Geschäftshäusern. Berechnungsgrundlagen sind der Bodenwert des Grundstücks und der Ertrag des Gebäudes.) Sachwertverfahren, 182 IV, 189 bis 191 BewG. (Das Sachwertverfahren findet Anwendung, wenn entweder kein Vergleich angestellt werden kann oder sich ein ortüblicher Mietzins nicht feststellen lässt. Auch für besondere Immobilien, die nicht typisch sind, findet es Anwendung. Auch hier werden Boden- und Gebäudewert getrennt voneinander ermittelt und dann addiert. Maßgeblich für den Gebäudewert werden die Herstellungskosten oder der umbaute Raum sein.) 2. Betriebe, Unternehmen und Land- und Forstwirtschaft Die Erbschaftsteuerreform bringt einschneidende Änderungen bei der Bewertung von Betriebsvermögen. Auch neu ist die Unterscheidungen zwischen begünstigungsfähigem Unternehmensvermögen und solchem bei dem eine Begünstigung versagt wird. Die neue Definition von begünstigungsfähigen Unternehmensvermögen wird in 13 I ErbStG gegeben. Es zählt zum begünstigungsfähigen Betriebsvermögen (wie bisher) land- und forstwirtschaftliches Vermögen, das Betriebsvermögen von Einzelunternehmen, Kapitalgesellschaftsanteile und Unternehmensanteile von mehr als 25 % der Gesamtanteile. Neu ist dabei, dass auch diejenigen Gesellschaftsanteile einbezogen werden können, die in den EU-Mitgliedsstaaten gehalten werden. Sind die Anteile kleiner als 25 % können sie nur mit anderen Anteilen zusammenaddiert werden, wenn sie einer Stimmbindungsvereinbarung und einer Verfügungsbeschränkung unterliegen. Begünstigt wird nur echtes unternehmerisches Vermögen. Das Gegenteil hiervon ist das sog. Verwaltungsvermögen (siehe unten Ziffer 3.). Bei der Bewertung der Betriebe sind also die unterschiedlichen Vermögensarten festzustellen.
Am Ende der Bewertung von Betriebsvermögen soll der Verkehrswert eines Unternehmens ermittelt sein. Hierfür stehen mehrere Bewertungsmethoden zur Verfügung: Börsenkurs, bei börsennotierten Unternehmen zum Stichtag, Kaufpreis, eines Unternehmens, wenn der Kaufvertrag wie bei einem fremden Dritten gestaltet ist und der Verkauf weniger als 10 Jahre zurückliegt, Vereinfachtes Ertragswertverfahren, soweit ein Wert weder über den Börsenkurs noch über den Kaufpreis ermittelt werden kann, dann ist gem. 199-203 BewG der Mindestwert des Betriebes aus der Summe der Werte der Einzelwirtschaftsgüter unter Abzug der zum Betriebsvermögen gehörenden Verbindlichkeiten zu ermitteln. Anderes anerkanntes Bewertungsverfahren, soweit das vereinfachte Ertragswertverfahren zu ungerechten Ergebnissen führt oder eine andere Bewertungsmethode einschlägig ist. 3. Verwaltungsvermögen Neu ist der Begriff des Verwaltungsvermögens, gem. 13 II ErbStG. Hierunter versteht man bspw. Grundstücke die anderen zur Nutzung überlassen werden, Anteile an Kapitalgesellschaften, wen die unmittelbare Beteiligung weniger als 25 % beträgt und keine Ausnahme (Stimmbindungsvereinbarung etc.) vorliegt, Beteiligungen an Personengesellschaften, wenn das Verwaltungsvermögen (Anmerk. d. Verf.: Es wird also nichts hergestellt. Das klassische Beispiel ist die Vermögensverwaltungs-GmbH & Co.KG), Wertpapiere und vergleichbare Forderungen, die nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebes (Bank, Versicherung oder sonstiges Finanzierungsgewerbe) und Kunst und weitere Kostbarkeiten, soweit die Vorhaltung nicht Hauptzweck des Gewerbes sind. Die Feststellung des Verwaltungsvermögens erfolgt, indem man die Summe der Verkehrswerte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens in ein Verhältnis zum Verkehrswert des Betriebes setzt. Die Schulden, die im Zusammenhang mit dem Verwaltungsvermögen bestehen, sind nicht zu berücksichtigen. 4. Lebensversicherungen Nach altem Recht wurden für die Wertermittlung von nicht fälligen Lebensversicherungen stets die Versicherungsprämien herangezogen. Überschussanteile waren somit unberücksichtigt. Jetzt ist nach Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts der Rückkaufwert maßgeblich. 5. Nutzungsrechte Waren nach alten Recht Nutzungs- und Rentenlasten nicht abzugsfähig, stellen sie nach neuem Recht eine abzugsfähige Belastung dar und mindern somit den steuerrechtlich relevanten Erwerb, weshalb auch die Stundung und das Abzinsen entfallen. Für die Bewertung solcher Rechte sind die Kapitalwerte und die jeweils aktuelle Sterbetafel maßgeblich.
V. Steuerbefreiung, Begünstigung 1. Selbstgenutztes Eigenheim Auch nach dem alten Recht war es möglich die schenkweise Übertragung des selbstgenutzten Eigenheims zu erreichen. Dies war dann möglich, wenn ein Ehegatte seinem Partner die selbst bewohnte Immobilie in Deutschland teilweise oder ganz schenkte. Diese Möglichkeit bleibt erhalten und wird auch noch ausgeweitet. Neu ist, dass die Regelung nun auch für eingetragene Lebenspartner gilt. Besondere Relevanz hat der neue 13 I Nr. 4a ErbStG aber insoweit, als auch das innerhalb der EU gelegene Familienwohnheim steuerfrei an den Ehepartner oder an den eingetragenen Lebensgefährten übertragen werden kann, wobei die Belegenheitssteuern nicht vernachlässigt werden dürften. Bedingungslos geht es selbstverständlich nicht. So muss die Immobilie vom Erwerber mindestens 10 Jahre selbst zu Wohnzwecken genutzt werden. Wird die Selbstnutzung aufgegeben, entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend. Als Aufgeben wird bspw. angesehen, dass man vermietet, den Zweitwohnsitz nimmt oder die Immobilie verkauft. Zwingende Gründe für den Auszug (Krankenhaus oder Pflegeheim) gelten nicht als Aufgabe. Neu ist auch, dass die Befreiung auch für die Kinder im Falle des Erwerbes von Todes wegen gilt, wenn die Wohnfläche nicht größer ist als 200 Qm. Übersteigt die Wohnfläche die Größe von 200 Qm, wird anteilig Steuer fällig. Auch hier ist Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die Immobilie für 10 Jahre selbst genutzt wird. Bei Aufgabe der Selbstnutzung entfällt auch hier die Steuerbefreiung ersatzlos. (Anmerkung des Verf.: Gerade dieser Punkt wird künftig zu heftigen Verwerfungen führen, wenn sich eines von mehreren Kindern für die Übernahme des elterlichen Hauses entscheidet, den sachlichen Freibetrag für sich beansprucht oder dieser vom Erblasser zugewiesen wird, die weichenden Erben ausbezahlt und später die Eigennutzung aufgeben muss, das Finanzamt aber die Gründe für die Aufgabe der Selbstnutzung nicht anerkennt und dann Steuer fällig wird.) 2. Mehrfamilienhäuser Begünstigt werden auch Mehrfamilienhäuser durch den neu eingefügten 13 c ErbStG. Für die Bewertung von Mehrfamilienhäusern ist grds. das Ertragswertverfahren anzuwenden. Von dem ermittelten Ertragswert (s.o.) wird ein Abschlag von 10 % gewährt. Dieser Abschlag wird nicht vorgenommen, wenn das Mehrfamilienhaus nicht in der BRD, der EU oder dem Gebiet der EWR liegt oder es zu einem begünstigten Betriebsvermögen oder zu begünstigtem Vermögen eines land- und fortwirtschaftlichen Betriebes gehört. Schulden aus Anschaffung, Renovierung oder sonstige, die im Zusammenhang mit der Immobilie stehen werden nur mit 90 % berücksichtigt. Dies war vor dem 31.12.2008 anders. Das Gesetz gewährt für solche Immobilie auch die Möglichkeit einer Stundung (Aufschieben der Steuerzahlung) der Steuer für 10 Jahre, wenn die Immobilie veräußert werden müsste, um die Steuerschuld zu begleichen. 3. Unternehmen Die Frage nach der Begünstigung beantwortet sich bei Unternehmen stets mit einem Blick auf die Quote des Verwaltungsvermögens. Eine Steuerbegünstigung wird nämlich nur gewährt, wenn die
Quote des Verwaltungsvermögens weniger als 50 % beträgt. Ist die Quote höher als 50 % ist das gesamte Unternehmensvermögen zu besteuern. Ist die Quote unterhalb der 50 % Grenze und beträgt das Verwaltungsvermögen weniger als 10 %, dann kann sich auf unwiderruflichen Antrag (anzugeben mit der Steuererklärung) folgende Begünstigung ergeben: - 100% des Betriebsvermögens steuerfrei, wenn: o Weiterführung des Unternehmens für 10 Jahre, o 10 Jahre gleiches Lohnsummenlevel, wie im Ausgangsjahr (Greift nur ein wenn die Lohnsumme > 0,00 EUR und mehr als 10 Beschäftige im Betrieb beschäftigt sind. Letzteres ist für die landwirtschaftlichen Betriebe von besonderer Bedeutung!) Ist die Quote unterhalb der 50 % Grenze, aber beträgt das Verwaltungsvermögen mehr als 10 %, dann ergibt sich folgende Begünstigung: - 15 % des Betriebsvermögens sind unter Berücksichtigung des gleitenden Abzugbetrags von 150.000,00 EUR sofort zu versteuern, gem. 13 b IV, 13 a II ErbStG. - 85 % des Betriebsvermögens unterliegen dem Verschonungsabschlag und sind steuerfrei, wenn: o Das Unternehmen 7 Jahre weitergeführt wird, o Die Mindestlohnsumme eingehalten wird, d.h. 7 Jahre auf dem Ausgangslevel der Beschäftigungszahl (650%) Verstößt man gegen die Lohnsummenregelung oder gegen die Fortführungsregelungen, dann entfällt die Befreiung anteilig. Besonders wichtig ist, dass die Unterschreitungen oder die Veräußerungen anzuzeigen sind und zwar innerhalb von einem Monat für Veräußerungen und für die Unterschreitung der Mindestlohnsumme innerhalb von 6 Monaten. Wir haben diese Informationen für Sie gefälligkeitshalber zusammengestellt. Sie entbinden nicht von einer umfassenden Betrachtung eines jeden Einzelfalls und haben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und abschließende Richtigkeit, weshalb wir für die Ausführungen auch keine Gewähr für die Rechtsfolgen und Schlussfolgerungen übernehmen können, wenn sie ohne eine individuelle Beratung angewendet werden. Jan Ole Ewert Rechtsanwalt