Mitarbeiterbindung: Vertrauen durch Achtsamkeit (Zwischen-) Ergebnisse der Fragebogenerhebung Praxis-Workshop Organisationale Achtsamkeit im Unternehmenswandel: Erfahrungen aus der Praxis 11. November 2011, Bremen Dr. Joachim Hafkesbrink, innowise GmbH Duisburg Gefördert von:
Was sind die zentralen Botschaften? Mitarbeiterbindung wird in Zeiten zunehmenden Fachkräftemangels immer wichtiger. Mit guten und leistungsbereiten Beschäftigten steht und fällt der Erfolg von Unternehmen. Beschäftigte, die sich eingebunden fühlen, tragen zu einem guten Betriebsklima bei, sind produktiver und innovativer, d.h. eher bereit für Veränderungen. Mitarbeiterbindung gelingt am besten mit einer gut entwickelten Vertrauenskultur, die man pflegen muss. Was heißt Vertrauenskultur? Identifikation zwischen Beschäftigten und Unternehmen Verlässlichkeit in Kompetenzen von Kollegen und Vorgesetzten Zuverlässige Regeln und Routinen Stimmige Organisationsstruktur Sicherheit in gegenseitigen Erwartungen Vertrauensbildende Maßnahmen schaffen Spielraum für mehr Innovationsfähigkeit und Effizienz
Auswirkungen der Vertrauenskultur: Ergebnisse aus den Fallstudien Überblick: 1. Die Fragebogenerhebung im Rahmen des Projekts 8iNNO: Nutzen und Kosten einer Gestaltung der Vertrauenskultur 2. Überblick über die Ergebnisse a. Ausprägung von Indikatoren der Vertrauenskultur b. Mögliche Nutzeneffekte der Vertrauenskultur für die Veränderungsfähigkeit c. Ökonomische Nutzeneffekte d. Gestaltungsansätze 3. Mitarbeiterbindung durch Vertrauensgestaltung - Empfehlungen auf Basis der Fragebogenerhebung a. Vertrauensgestaltung zum Nutzen der Innovations- und Veränderungsfähigkeit b. Vertrauensgestaltung zum Nutzen der Ergebnisqualität und der Effizienzsteigerung
1. Die Fragebogenerhebung im Rahmen des Projekts 8iNNO: Nutzen und Kosten einer Gestaltung der Vertrauenskultur Vertrauenskulturt o Erhoben Anfang 2011 Gestaltungsmaßnahmen Teambesprechung Projektreviews Mitarbeitergespräche Personalentwicklung Qualifizierung Vertrauenskulturt 1 Erhebung Anfang 2012 Nutzen Organisationale Veränderungsfähigkeit Kompetenzerwerb Umsetzung neuer Produkte und Dienstleistungen Arbeitsqualität Kooperationsfähigkeit Kreativität Prozesseffizienzt o Prozesseffizienzt 1 Erhoben Anfang 2011 Erhoben Anfang 2012 Die Erhebungen bei den Unternehmen fanden statt zwischen Januar und Juli 2011. Die Teilnahme an der Fragebogenerhebung war freiwillig. Die Teilnehmeranzahl variiert je nach Größe des Unternehmens und Beteiligung an der Fragebogenerhebung. Insgesamt beteiligten sich über alle Unternehmen 70 Mitarbeitende.
1. Mögliche Auswirkungen einer nicht optimalen Vertrauenskultur Unsicherheit bei Beschäftigten über Arbeitsabläufe und Verlässlichkeit von Routinen und Strukturen Höhere Zeitaufwendungen für Kontrollen und Konfliktbearbeitung Fehlende Identifikation mit dem Unternehmen und eine höhere Fluktuation Behinderung von Veränderungsprozessen Verringerung der Qualität (Arbeitsqualität, Produkt- und Dienstleistungsqualität) Absenkung von unternehmensinternen Kooperationen Kernüberlegungen für die Vertrauensgestaltung Verbesserung der Vertrauenskultur ermöglicht eine Steigerung verschiedener Erfolgsfaktoren (Nutzeneffekte), z.b. der organisationalen Veränderungsfähigkeit, der Kooperationsfähigkeit, des Kompetenzerwerbs oder der Arbeitsqualität. Verbesserung der Vertrauenskultur führt zu Effizienzgewinnen (da unnötige Koordinierungsprozesse wegfallen können). (Siehe auch: Beckert, Metzner, Roehl, 1998)
Beurteilung der Vertrauenskultur durch die Beschäftigten 5 4 3 2 U1 Mitarbeitende U2 Mitarbeitende U3 Mitarbeitende U4 Mitarbeitende 1 0 Vertrauen aufgrund von Nutzenerwägungen Vertrauen aufgrund stabiler Strukturen Vertrauen aufgrund verlässlicher Routinen Vertrauen aufgrund von wahrgenommenen Kompetenzen Vertrauen aufgrund von Identifikation 5=stimme zu 4=stimme eher zu 3=teils-teils 2=stimme eher nicht zu 1=stimme nicht zu 0=keine Bedeutung
Zwischenergebnis I: Gestaltung der Vertrauenskultur Die Vertrauenskultur ist bei den teilnehmenden Unternehmen insgesamt im mittleren Niveau ausgeprägt. Leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt ist die Vertrauenskultur aufgrund stabiler Strukturen und aufgrund von Identifikation. Dies kann je nach Unternehmen verschiedene Gründe haben: Strukturen unterliegen in Innovations- und Veränderungsprozessen ebenfalls einem Veränderungsdruck (z.b. in Restrukturierungsprozessen, Fusionierungen) Vertrauen aufgrund von Identifikation bildet sich in einem längeren Zeitraum aus, z.b. in langfristig zusammengestellten Teams. Ein gering ausgeprägtes identifikationsbasiertes Vertrauen kann z.b. durch eine Neuzusammenstellung von Teams oder einen tiefgreifenden Unternehmensveränderung bedingt sein. Insgesamt ist bei allen Dimensionen der Vertrauenskultur noch Platz nach oben zur Umsetzung von Gestaltungsmöglichkeiten.
Wirkungen der Vertrauenskultur auf Arbeitsqualität Umsetzung neuer Produkte bzw. Services Ökonomische Effekte (Kosten und Nutzen) Innovationsfähigkeit
Verbesserung der Arbeitsqualität durch: 1 Vertrauen aufgrund von Nutzenerwägungen Vertrauen aufgrund stabiler Strukturen 0,5 Vertrauen aufgrund verlässlicher Routinen 0 U1 U2 U3 U4 Vertrauen aufgrund von wahrgenommenen 0,64 Kompetenzen 0,58 Vertrauen aufgrund von Identifikation 0,55 1=es gibt eine Verbesserung 0=es gibt keine Veränderung Teilnehmende Mitarbeitende: n = 68 0,59
Verbesserung der Umsetzung neuer Produkte und Dienstleistungen durch: 1 Vertrauen aufgrund von Nutzenerwägungen Vertrauen aufgrund stabiler Strukturen 0,5 Vertrauen aufgrund verlässlicher Routinen Vertrauen aufgrund von wahrgenommenen Kompetenzen Vertrauen aufgrund von Identifikation 0 U1 U2 U3 U4 1=es gibt eine Verbesserung 0=es gibt keine Veränderung
Wie erfassen wir die ökonomischen Effekte? Nochmal zur Erinnerung: fehlende Vertrauenskultur führt zu Unsicherheit bei Beschäftigten über Arbeitsabläufe und Verlässlichkeit von Routinen und Strukturen Höheren Zeitaufwendungen für Kontrollen und Konfliktbearbeitung Fehlender Identifikation mit dem Unternehmen und höherer Fluktuation Behinderung von Veränderungsprozessen Verringerung der Qualität (Arbeitsqualität, Produkt- und Dienstleistungsqualität) Absenkung von unternehmensinterner Kooperationen Das alles kostet Geld und/oder führt zu Unzufriedenheit! Analyse der sogenannten Transaktionskosten
Tagesgeschäft, Handwerkertätigkeiten 1. Aufgaben im Rahmen des Tagesgeschäfts Durchführung von Arbeiten am Fahrzeug / Betriebsanfertigungen / Tauschteile davon ungeplant in %, z.b. Z-Schäden, ES Projektarbeiten davon ungeplant in % Ungeplante Tätigkeiten im Rahmen der Handwerkertätigkeiten, z.b. Beschaffung von Werkzeugen und Materialien Pflege der Anlagen, Maschinen, Werkzeuge davon ungeplant in % Qualitätssicherung davon ungeplant in % Anteil der Arbeitszeit für (in %) = 100 % Erkenntnisziel: WievielArbeitszeit wird verbraucht für echte wertschöpfende und für unterstützende Tätigkeiten Was davon ist geplant Nennen Sie bitte die Gründe für ungeplante Tätigkeiten im Rahmen des Tagesgeschäfts: Es gibt häufiger als geplant die Notwendigkeit des Informationsaustauschs. Unsere Beteiligungsprozesse sind nicht ausreichend. Das Miteinander und die Verlässlichkeit sind nicht gut. Ungeplantes entsteht aufgrund von Kompetenzmängeln auf verschiedenen Ebenen. Es gibt eine zu geringe Identifikation mit der Arbeit. Sonstiges: Hohe Bedeutung Mittlere Bedeutung Geringe Bedeutung Keine Bedeutung und ungeplant? Was sind die Ursachen für ungeplante Tätigkeiten?
Ergebnis: Transaktionskosten und Wertschöpfung im Fallstudienvergleich 100% 90% 80% 28,27 48,40 31,32 42,39 70% 19,27 61,56 60% Unterstützungsprozesse 50% 14,12 46,74 26,51 Wertschöpfungsnah Direkte Wertschöpfung 40% 52,45 30% 20% 10% 37,49 25,90 12,54 21,94 31,10 0% Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende U1 U2 U3 U4 Mittelwert Angaben in % der Arbeitszeit, Teilnehmende über alle Unternehmen: n=70
Ergebnis: Verhältnis von geplanter und ungeplanter Koordinierung Geplante Koordinierung überwiegt bei allen Unternehmen 100% 90% 6,84 15,35 19,50 10,52 13,05 80% 70% 40,70 46,11 60% 50% 67,95 67,54 55,58 Ungeplante Koordinierung Geplante Koordinierung 40% 30% 52,45 38,54 Direkte Wertschöpfung 20% 10% 12,54 21,94 31,37 0% Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende Mitarbeitende U1 U2 U3 U4 Mittelwerte Angaben in % der Arbeitszeit, Teilnehmende über alle Unternehmen: n=70
Verhältnis von geplanter und ungeplanter Koordinierung - Die wichtigsten Gründe für ungeplante Tätigkeiten im Fallstudienvergleich Ungeplante Tätigkeiten über alle Unternehmen: 13,05%, davon entfallen 49% Tagesgeschäft Gründe: Häufig notwendiger Informationsaustausch Kompetenzmängel auf verschiedenen Ebenen 38% Koordinierung Gründe: Unklare Verantwortlichkeiten Informationsmängel 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 88,10% 4,64% 13,05 55,58 31,37 Ungeplante Koordinierung Geplante Koordinierung Direkte Wertschöpfung 13% Veränderungsprozesse Gründe: Unkenntnis über Ziele Fehlende Routinen der Zusammenarbeit 10% 0% Mittelwerte
Ergebnis Bei Mitarbeitenden liegt der Anteil des gesamten Koordinierungsaufwands (geplant und ungeplant) bei knapp 69%. Insgesamt überwiegt hier der Anteil geplanter Koordinierung (55,58%). Bereits eine geringe Absenkung der (ungeplanten) Koordinierungszeiten (Ist-Analyse 13,05%!) kann (1) zu einer Effizienzverbesserung (Erhöhung der wertschöpfenden Tätigkeiten) führen und (2) den Zeitdruck aus der Arbeit herausnehmen (zur Verbesserung der Qualität bzw. zur Schaffung von Spielraum für Veränderungsprozesse). Frage: wieviel sind 13,05% der Lohnsumme in Ihrem Unternehmen? und: kann man die Spannungen im Tagesgeschäft durch Verbesserung der Vertrauenskultur abbauen?
Gestaltungsansätze: Absenkung ungeplanter Koordinierung durch Vertrauensgestaltung Ist-Situation Maßnahmen zur Verbesserung der Vertrauenskultur Ziel: 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 13,05 Maßnahmen: Was steht dahinter: Teambesprechungen Reviews wir investieren zu in vertrauensbildende Maßnah- 80% Veränderungsprozessen 55,58 Ungeplante Koordinierung 70% 55,58 Gezielte men, um den Spannungen Geplante Koordinierung 60% Mittelwerte Direkte Wertschöpfung Personalentwicklung aus dem Tagesgeschäft zu holen 30% 31,37 35,37 20% können d.h. ungeplante zu einer Absenkung der Transaktionskosten Koordination abzubauen für ungeplante Ziel: Vermeidung Tätigkeiten von führen Unsicherheiten und Konflikten gleichzeitig Arbeitsqualität und Kontrollaufwand Veränderungsbereitschaft Verbessern. Fluktuation Etc. 100% 90% 50% 40% 9,05 10% 0% Mittelwerte (Beispiel) Erhebung t o (Anfang 2011) Erhebung t 1 (Anfang 2012)
Zusammenfassung I: Vertrauensgestaltung zum Nutzen der Ergebnisqualität und der Effizienzsteigerung Durch eine Umsetzung vertrauensförderlicher Maßnahmen können Transaktionskosten abgesenkt werden. Dies schafft Zeitanteile für die Umsetzung eines Innovations-und / oder Wissensmanagements und bietet das Potenzial der Effizienzsteigerung. Maßnahmen zur Verbesserung der Vertrauenskultur Absenkung der Transaktionskosten Verbesserung der Qualität Ergebnisse von Produkten oder DL Effizienzsteigerung
Zusammenfassung II: Vertrauensgestaltung zum Nutzen der Innovationsfähigkeit Eine Gestaltung von Vertrauen, z.b. durch Wissensmanagement oder eine stärkere Beteiligung von Mitarbeitenden an Innovations-und Veränderungsprozessen, kann die Innovationsfähigkeit des Unternehmens stärken. Mitarbeitende sehen z.b. (1) eine Stärkung der organisationalen Veränderungsfähigkeit und der Arbeitsqualitätals Nutzeneffekte einer Vertrauenskultur aufgrund von wahrgenommenen Kompetenzen und (2) eine Verbesserung im Hinblick auf die Umsetzung neuer Produkte oder Dienstleistungen durch den Aufbau stabiler (Innovations-)Routinen. Wahrgenommene Kompetenzen Stärkung der Vertrauenskultur Organisationale Veränderungsfähigkeit Arbeitsqualität Etablierung stabiler (Innovations-) Routinen Stärkung der Vertrauenskultur Umsetzung neuer Produkte oder Dienstleistungen
Kontaktinformationen: Dr. Joachim Hafkesbrink innowise GmbH Bürgerstraße 15 47057 Duisburg Tel.: 0203-39 37 64 0
Back-Up
2. Kurzauswertung der Fragebogenerhebung a. Ausprägung von Indikatoren der Vertrauenskultur Beispiel aus dem Fragebogen Die Strukturen und Prozesse des Unternehmens vermitteln uns eine hohe Verlässlichkeit. Man merkt, dass sich KollegInnen völlig mit ihrer Arbeit identifizieren. Es ist unproblematisch möglich, dass KollegInnen sich untereinander vertreten und Entscheidungen im Sinne der Anderen treffen können. Man kann davon ausgehen, dass KollegInnen ihre Arbeitsaufgaben immer zuverlässig erfüllen können. Bei uns ist es üblich, den KollegInnen die Erfüllung einer Aufgabe zuzutrauen, ohne dass deren Qualifikationen vorher überprüft werden. Es zeigt sich oft, dass sich die KollegInnen mit dem nach außen kommunizierten Unternehmensleitbild identifizieren. Es ist offensichtlich, dass die KollegInnen die Ziele und Bedürfnisse des Anderen vertreten und dies im Arbeitshandeln berücksichtigen. Wir entwickeln in der Zusammenarbeit mit KollegInnen schnell routinisierte Arbeitsprozesse. Man lernt bei uns vom Hören-Sagen und aus der täglichen Zusammenarbeit schnell, mit welchen KollegInnen man gut zusammenarbeiten kann. Uns werden genügend Freiräume in der Zusammenarbeit mit KollegInnen im Team, in der Abteilung und Führungskräften gewährt, um auch mal neue Ideen zu diskutieren. Zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden herrscht die Meinung vor, dass es von Vorteil ist, sich aufeinander zu verlassen. Stimme nicht zu Stimme eher nicht zu Teils-teils Stimme eher zu Stimme zu Keine Bedeutung
2. Gesamtauswertung b. Mögliche Nutzeneffekte der Vertrauenskultur für die Veränderungsfähigkeit Beispiel aus dem Fragebogen Eine gute und verlässliche Informationsbasis über Strukturen, Prozesse und (informelle) Regelungen des Unternehmens führt zu einer Verbesserung Ja, es kommt zu einer Verbesserung Es gibt keine Veränderung Im Gegenteil: Es kommt zu einer Verschlechterung der Organisationalen Veränderungsfähigkeit im Hinblick auf neue (Arbeits-) Prozesse, Strukturen, Technologien des Kompetenzerwerbs und der Motivation, neue Qualifikationen zu erlangen der Fähigkeit, neue Produkte oder Dienstleistungen umzusetzen der Arbeitsqualität, z.b. der Ressourcennutzung, Gesundheit, Freude an der Arbeit der internen und externen Kooperationsfähigkeit der Kreativität