Psychologiestudium und dann?

Transkript

1 Psychologiestudium und dann? Studie: Tätigkeitsfelder von Absolventinnen und Absolventen des Bachelorund Master of Science der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW von Heide Troitzsch, dipl. Berufs-, Studien - und Laufbahnberaterin (i.a.) und Melanie Höchner, lic. phil. wissenschaftliche Mitarbeiterin In welchen Branchen und Tätigkeitsfeldern finden Bachelor- und Master- Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW Arbeit? Was verdienen sie nach dem Studium? Wie lange suchen sie nach einer Stelle? Diese Fragen beschäftigen Studierende und Absolvierende im Übergang vom Studium in den Beruf. Antworten darauf geben Absolventenstudien, z.b. die Absolventenstudie des Bundesamtes für Statistik (BFS). Wenig bekannt ist bisher über Tätigkeitsfelder der Absolventinnen und Absolventen, die ihren Abschluss an der FHNW im Bereich Angewandte Psychologie erworben haben. In einer Pilotstudie befragten das Zentrum für Ausbildung gemeinsam mit Studentinnen eines Studierendenprojekts 1 im Herbstsemester 2014/15 40 Absolvierende des Bachelor-und Master-Studiengangs zu ihrer aktuellen Tätigkeit. Die Stichprobe Insgesamt nahmen 17 Bachelor- und 21 Master- Absolventinnen und Absolventen des Abschlussjahrgangs 2012 teil. Das entspricht einer Rücklaufquote von 46% bei den Bachelor-Absolvierenden und 81% bei den Master-Absolvierenden. Der überwiegende Teil ist in Bereichen der Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie tätig Absolvierende der Hochschule sind mehrheitlich in Grossunternehmen (Bachelor 71%, Master 65%) sowohl im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Sektor tätig. Am häufigsten sind Bachelor - Absolvierende im Gesundheits- und Sozialwesen beschäftigt (53%). Master - Absolvierende finden vielfach in freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen eine Stelle (43%), die Hälfte davon als wissenschaftliche Mitarbeitende an Universitäten und Fachhochschulen. Absolvierende beider Abschlussniveaus sind in der Regel als Arbeitnehmende ohne Führungsaufgaben oder im unteren Kader beschäftigt. 1 Das Studierendenprojekt wurde durchgeführt von Sandra Egli, Rahel Gugerli, Denise Moser, Daniela Nef und Franziska Sulzer. 1 Zentrum für Ausbildung, Hochschule für Angewandte Psychologie, FHNW

2 Dem überwiegenden Teil der Absolvierenden (Bachelor 65%, Master 86%) ist der Einstieg in das Berufsfeld der Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie gelungen (vgl. Tabelle 1). Der Anteil derjenigen Personen, die im nicht-psychologischen Tätigkeitsfeld arbeiten ist bei Personen mit Bachelor - Abschluss (24%) höher als Personen mit Master Abschluss (5%). Von diesen Personen verbleiben einige im ursprünglichen Erstberuf. Sie profitieren dennoch vom Studium. Häufig können sie Leitungsfunktionen übernehmen oder ihr Aufgabenfeld erweitern. Das jährliche Brutto - Erwerbseinkommen bei einem Beschäftigungsgrad von 100% liegt erwartungsgemäss für Master - Absolvierende höher als für die Bachelor - Absolvierende (Tabelle 2). Tabelle 1: Jährliches Brutto-Erwerbseinkommen (100% Tätigkeit) Absolvierende Angewandte Psychologie FHNW, zwei Jahre nach Studienabschluss Niveau N Mittelwert Standardabw. Median Min Max Bacheor of Science Master of Science 16 Fr 89'068 Fr 15'423 Fr Fr Fr Fr 100'764 Fr 18'631 Fr 96'000 Fr 60'000 Fr 140'000 2 Zentrum für Ausbildung, Hochschule für Angewandte Psychologie, FHNW

3 Tabelle 2: Tätigkeitsfelder Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW Abschlussjahrgang 2012, zwei Jahre nach Studienabschluss (Bachelor: N=17, Master: N=21) Tätigkeitsfelder Stellenbezeichnung (Beispiele) Tätigkeiten (Beispiele) Human Factors Sicherheitsmanagement BSc: Sicherheitskoordinator/in MSc: Senior Safety Management Expert, Leiter/in Kultur und Arbeitssicherheit Sicherheitskonzepte, Arbeitssicherheit Prozesssicherheit (Ereignisanalyse, Meldewesen, Patientensicherheit) Mensch Maschine Interaktion (MMI) BSc: Expert Validation & Compliance MSc: Usability Consultant Kundenbedürfnisse erfassen, Prototypen entwickeln und testen, Usability- Tests, Interviews, Fokusgruppen, Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) BSc: Fachexpert/in BGM MSc: Projektleiter BGM, Spezialist Gesundheitsmanagement Fehlzeitenmanagement, Schulungen, Gesundheitsförderung, Gesundheitsmanagement, Wiedereingliederung von erkrankten Mitarbeitenden, Präventionsprojekte Organisationsund Personalpsychologie Organisations- und Personalentwicklung BSc: Projektleiter/in Personalentwicklung, Leiterin Fach- und Lernendenausbildung MSc: Fachspezialist Personal- und Organisationsentwicklung, Führungs- und Kaderentwicklung, Beratung von MA und Organisationseinheiten, Trainings, Ausbildungskonzeption, Unterricht, Teamführung Personalauswahl, Rekrutierung BSc: Personalverantwortliche Rekrutierung, Rekrutierungsspezialistin MSc: Recruiting Manager/in Personalauswahl, Prozesse und Abläufe definieren, Mitarbeitergespräche, Assessment Qualitätsmanagement BSc: Mitarbeiterin Qualität und Prozesse, Assistentin Qualitätsmanagement Prozessabläufe erfassen und optimieren, Datenaufbereitung und -qualität, Fragebogenkonzeption, Auswertung, Berufs-, Studienund Laufbahnberatung, Integration Arbeitsintegration, Wiedereingliederung Berufs-, Studien-, Laufbahnberatung BSc: Case Managerin Arbeitsintegration MSc: Fachperson Integrationsmassnahmen MSc: Berufs-, Studien- und Laufbahnberater Arbeitseinstieg, Fallabklärung, Fachliche Abklärung mit Spezialisten, Interinstitut. Zusammenarbeit, Beratung von Unternehmen, Klienten Berufsberatung, Organisationsentwicklung Markt- und Werbepsychologie Forschung und Evaluation Verkehrspsychologie Klinische Psychologie nichtpsychologisch Werbepsychologie, Marketing Psychosozialer Bereich, Notfallpsychologie Konstruktion, IT Beratung, Ausbildung BSc: Kommunikationsberatung und Konzeption, Geschäftsleitung MSc: wissenschaftliche Mitarbeiter/in MSc: Verkehrspsychologe auf Honorarbasis BSc: Personensuchdienst BSc: Lehrmeister, Teamleiter, Professional Consultant, Sachbearbeitung Ausbildung MSc: Lehrer/in Werbekampagnen entwickeln, umsetzen, Konzepte entwickeln, Auftragsforschung, Schul- und Unterrichtsevaluation, Managementforschung, Evaluationen Gesundheitsbereich, Patientensicherheit verkehrspsychologische Gutachten psychosoziale Beratung, Projektarbeit (Vernetzung), Case-Betreuung, Rechtspsychologie, Forensik Prozessüberwachung (Maschinenbau, Terminüberwachung u. -koordination Produktion, Montage und Verkauf), Unterricht, Anforderungsanalyse, Raumplanung, Kursadministration, Wirtschaft BSc: Analyse und Integration von Organisationseinheiten Management, Marktanalysen, Kaufkraft, Markteinstieg, * Insgesamt drei Personen (MSc Abschluss) werden zwei Arbeitsgebieten zugeordnet. Sie haben zwei berufliche Standbeine (Portfolio). 3 Zentrum für Ausbildung, Hochschule für Angewandte Psychologie, FHNW

4 Viele kombinieren Studium und Berufserfahrungen aus dem Erstberuf in der heutigen Tätigkeit Die Absolventinnen und Absolventen schreiben sowohl dem Studium als auch ihrem Erstberuf und früherer Berufserfahrung eine hohe Bedeutung für die erfolgreiche Bewältigung ihrer heutigen beruflichen Aufgaben zu. In der Studie zeigte sich, dass sie zwei übergeordneten Gruppen zugeordnet werden können: Den "Neustartern" und den "Kombinieren". Kombinierer stellen die Mehrheit der Absolventinnen und Absolventen dar: Sie gehen einer Tätigkeit nach, in der sie Studium und Berufserfahrung bzw. Erstberuf verbinden können. Unter den Personen mit Master - Abschluss trifft dies auf zwei Drittel der Personen zu und bei denjenigen mit Bachelor - Abschluss auf die Hälfte der Personen. Zu den Neustartern gehören etwa ein Drittel beider Absolventengruppen. Sie üben eine Tätigkeit im psychologischen Bereich aus, für die der Erstberuf oder bestehende Berufserfahrungen keine Relevanz haben. Die Kombination von Studium, Erstausbildung und Berufserfahrung scheint sich finanziell zu lohnen. Es ist eine Tendenz feststellbar, dass Kombinierer mehr verdienen als Neustarter und Personen, die im Erstberuf verbleiben. Die Lohnunterschiede konnten jedoch statistisch nicht bestätigt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass die Lohnunterschiede auch auf das höhere Alter und längere Berufserfahrung der Kombinierer zurückgeführt werden könnten. Auf die Dauer der Stellensuche scheint die Art der Kombination keinen Einfluss zu haben. Fazit & Ausblick Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Absolventinnen und Absolventen der Angewandten Psychologie FHNW zwei Jahre nach Abschluss gut in den Tätigkeitsgebieten der Arbeits- Organisations- und Personalpsychologie Fuss fassen konnten. Für die Mehrheit ist die Kombination von bestehender Berufserfahrung und Studium in ihrer heutigen Tätigkeit von grosser Bedeutung. Personen die einer Tätigkeit im nicht-psychologischen Tätigkeitsfeld nachgehen (z.b. im Erstberuf verbleiben), profitieren in der Regel dennoch vom Studium. Sie übernehmen beispielsweise Leitungsfunktionen oder können ihr Aufgabenprofil erweitern. Neben der Perspektive der Absolvierenden ist die Hochschule für Angewandte Psychologie FHNW auch an den Einschätzungen der Arbeitgeber interessiert: Was schätzen Arbeitgeber an Absolvierenden? Welche Fähigkeiten sind im Berufsleben besonders wichtig? Wo sehen sie zukünftige Tätigkeitsfelder? Diese und andere Fragen stellen Mitarbeitende des Zentrums für Ausbildung aktuell verschiedenen Arbeitgebern unserer Absolventinnen und Absolventen. Die Ergebnisse beider Studien werden genutzt, um Studierende auch zukünftig angemessen auf den Übertritt in den Beruf und die Anforderungen der Arbeitgeber vorzubereiten. 4 Zentrum für Ausbildung, Hochschule für Angewandte Psychologie, FHNW

5 Beispiele Steckbrief Absolventin Bachelor of Science in Angewandter Psychologie Stellenbezeichnung Tätigkeit und Aufgaben (Quelle: Interview mit Absolventin) Ausbildungsstationen Assistentin Qualitätsmanagement (Gesundheitswesen) Qualitätsmanagement Hauptaufgaben: - Umfragen Qualitätsmanagement: Beschwerde- und Konfliktmanagement, Prozessabläufe - Betreuung der Umfragen: von der Erstellung des Fragebogens bis zur Auswertung - Weiterentwickelung der Umfragesoftware Arzt- und Spitalsekretärin Mehrjährige Berufserfahrung als Rezeptionistin Bachelor of Science Angewandte Psychologie FHNW Steckbrief Absolvent Master of Science in Angewandter Psychologie Stellenbezeichnung Tätigkeit und Aufgaben (Quelle: Interview mit Absolvent) Ausbildungsstationen Spezialist Gesundheitsmanagement (öffentliches Unternehmen) Betriebliches Gesundheitsmanagement, Stabsstelle, angegliedert an Personalabteilung Aufgaben: - Themen zur Gesundheitsförderung, und Arbeitssicherheit konzernweit vorantreiben: Kampagnen organisieren, koordinieren. Z.B.: Schichtarbeit und Schlafen, Bewegung, Essverhalten - Beratung im Konzern zum Thema Gesundheitsförderung und Arbeitssicherheit - Moderation zu Themen der Team- und Personalentwicklung, gesunde Führung, Führungs- und Teamentwicklung, Teamleiterausbildung - Gremienarbeit: teilnehmen an HR -Leitungssitzungen, Vorhaben und Ergebnisse im Ausschuss präsentieren, Sicherheitszirkel, Teamleitertreffen - Projektmanagement Automatiker Mehrjährige Berufserfahrung als Steuerungs- und Schaltanlagenbauer Bachelor und Master of Science Angewandte Psychologie FHNW Trainee Programm 5 Zentrum für Ausbildung, Hochschule für Angewandte Psychologie, FHNW