Musterlösung Arbeitsblatt 2 - Wachstum und Easy ModelWorks
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- Sophie Hertha Becker
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1 ETH Zürich, FS 2009 Musterlösung Arbeitsblatt 2 - Wachstum und Easy ModelWorks Dieses Arbeitsblatt dient dem näheren Kennenlernen des Modellierungs- und Simulationswerkzeugs Easy ModelWorks. Hierzu dient die Auseinandersetzung mit dem klassischen Modell für logistisches Wachstum. Fragen und Antworten 1) Falls nicht schon vorgängig passiert, installieren Sie Easy ModelWorks gemäss den Hinweisen, die Sie auf dem Website zur Lehrveranstaltung finden... 2) Aktivieren Sie von den Beispielmodellen (Sample Models) das Modell zum logistischen Wachstum Logistic Growth (cont.). Seine Zustandsvariable x1 steht für die Populationsgrösse und es gilt: x 0, a,b > 0. a) Untersuchen Sie das Modellverhalten für kleine Werte der Zustandsvariablen x (Hinweis: Menübefehl Edit model... benutzen). Erklären Sie durch analytische Betrachtung der zugrundeliegenden Differentialgleichung, warum das beobachtete Verhalten auftritt. Wie lautet die Differentialgleichung, welche diese Form des Wachstums annähernd beschreibt? Wie nennt man diese Art des Wachstums (Konsultieren Sie die Courseware «Unterrichtsprogramm Drosophila» S. 2-5)? Welches Symbol verwendet man häufig für den hierbei wichtigen Modellparameter? Was ist dessen Einheit und ökologische Bedeutung? Die zugrundeliegende Differentialgleichung ist vom Typ zeitkontinuierlich (DESS Differential Equation System Specification) und lautet: x (t) = dx(t) / dt = a x(t) b x(t) 2 = x = a x b x 2 (1) Dass die Zustandsvariable x(t) eine Funktion von der Zeit t ist, wird oft unterschlagen. Statt x(t) schreibt man dann bloss x und statt x (t) bloss x. Diese Art des Wachstums wird logistisches Wachstum genannt. Der Kurvenverlauf der Lösung ist symmetrisch-sigmoid. Der wichtige Modellparameter heisst r, die relative Wachstumsrate. Seine Einheit ist pro Zeiteinheit, hier pro Tag (d -1 ). Er bestimmt, ob die Population wächst (r > 0) oder zerfällt (r < 0). In der vorliegenden Modellvariante wird er a genannt und soll auf positive Werte beschränkt bleiben. In (1) ist b ein zweiter Modellparameter (s. hierzu auch Teilaufgabe 2c) Um kleine Werte der Zustandsvariablen x zu untersuchen, sind erniedrigte Anfangswerte x 0 zu verwenden. Hierzu wählen Sie im Menü Modelling den Befehl Edit model... aus und geben den gewünschten, neuen Wert für x 0 ein (Abbildung 1). Abbildung 1: Der mit dem Befehl Edit Model... (Menü Modelling ) aufgerufene Dialog, um den Anfangswert x 0 der Populationsgrösse (hier im Simulationsmodell x10 = 0.001) zu verändern. Das Eingabefeld befindet sich unterhalb x.(0), jeweils rechts von der zugehörigen Differentialgleichung der jeweiligen Zustandsvariable x (hier im Simulationsmodell x1 genannt). 1
2 Die Grösse x 0 steht für den Ausgangszustand einer Population. Je kleiner diese Grösse wird, umso mehr Zeit braucht die Population, einen gleichgewichtsähnlichen Zustand zu erreichen. Der Grund dafür liegt darin, dass die Ausgangsgrösse den eigentlichen Kurvenverlauf nicht verändert. Beginnt man die Simulation mit einer kleineren Population, so verstreicht eine gewisse Zeit, bis sie exakt diejenige Grösse erreicht, die dem vorherigen Anfangswert entspricht. Es ergibt sich durch Verkleinerung des Anfangswertes also lediglich eine zeitliche Verzögerung und es dauert länger, bis die Population sich stabilisiert hat (Abbildung 2 links). Abbildung 2: Simulationsexperimente mit Modell Logistic Growth (cont.) für verschiedene Anfangswerte x 0 der Populationsgrösse, d.h. x 0 = 0.001, 0.5 und 1.0 (links) und vereinfachtes Gleichungssystem, d.h. b = 0 (rechts, Menübefehl Set time... und tend = 10, b = 0 und 0.001). Für kleine Populationsgrössen, x << 1, gilt auch, dass der quadratische Term in (1) 0 wird, d.h. die logistische Differentialgleichung (1) kann zu der eines exponentiellen Wachstums vereinfacht werden: x a x. Dies trifft für alle Kurven in Abbildung 2 (links) zu Beginn, t ~5, zu. Sie können dies überprüfen, indem Sie die Gleichung ändern und den Selbsthemmungsterm löschen oder b = 0 setzen (Menübefehl Edit model... ) und die Simulationszeit auf 10 d verkürzen (Menübefehl Set time..., Abbildung 2 rechts). b) Welche Rolle spielt der Parameter a? Bitte machen Sie mittels einer Bleistiftsskizze eine Voraussage, bevor Sie eine Simulation machen. Wie ändert sich das Modellverhalten, wenn Sie a von 0.7 auf 1.2 erhöhen? Machen Sie jetzt diese Änderung an Ihrem Simulationsmodell, indem Sie den Menübefehl Edit model... benutzen und lösen Sie das neue Gleichungssystem. Stimmte Ihre Aussage? oder? Abbildung 3: Zwei mögliche Skizzen zur Voraussage über das Verhalten des Modells bei Erhöhung des Modellparameters a von 0.7 auf 1.2 (Teilaufgabe 2b, vgl. Abbildung 4). Der Parameter a, also die relative Wachstumsrate r, ist als Nettowachstumsrate zu interpretieren. Sie ergibt sich aus der Differenz zwischen den Vorgängen, welche die 2
3 Population anwachsen lassen, d.h. die Natalität und Immigration, sowie den Vorgängen, welche die Population abnehmen lassen, d.h. Mortalität und Emigration (s. Beilage zum Arbeitsblatt, d.h. Fig. 1 im Kapitel «Theorie»). Durch das Erhöhen des Parameters a von 0.7 auf ergab sich tatsächlich folgende Kurve (Abbildung 4): a b c Abbildung 4: Die Zunahme der relativen Wachstumsrate a von 0.7 auf 1.2 d -1 ergibt ein schnelleres Wachstum und eine erhöhte Gleichgewichtslage (vgl. Abbildung 3). a: vorgegebene Achsenskalierung; b: exakt gleiche Simulationsergebnisse wie a, jedoch angepasste Darstellung durch Veränderung der Achsenskalierung. Sie wurde mittels dem Dialog (c) durch Erhöhung des Maximums von 1000 auf 1200 (Eingabefeld unnterhalb max) vorgenommen. Dieser Dialog wird durch den Menübefehl Set monitoring... im Menü Simulation aufgerufen. Je nachdem, welche Voraussage Sie gemacht haben (Abb. 3 links od. rechts), stimmt sie mit dem erhaltenen Kurvenverlauf überein oder nicht (Abb. 4). Seien Sie beruhigt, es macht nichts, falls Ihre Voraussage nicht mit dem simulierten Resultat übereinstimmt. Dies geschieht oft und ist ganz normal. Dieser Fall ist sogar besonders interessant, insbesondere wenn Sie zu verstehen versuchen, warum Ihre Voraussage nicht stimmte. Die folgenden Teilaufgaben helfen Ihnen, eine Erklärung dafür zu finden. Merken Sie sich allgemein, wenn es gelingt, zu verstehen, warum ein intuitiv erwartetes Modellverhalten nicht mit dem tatsächlichen übereinstimmte, so hat man besonders viel über ein Modell gelernt. c) Untersuchen Sie empirisch das Modellverhalten für Werte der Zustandsvariablen in der Nähe von a/b = 0.7/0.001 (Hinweis: Zuerst alle gemachten Änderungen zurücksetzen, indem Sie dasselbe Beispielmodell nochmals aktivieren und Ihre Änderungen nicht sichern). Erklären Sie durch analytische Betrachtung der zugrundeliegenden Differentialgleichung, warum das beobachtete Verhalten auftritt. Wie sieht die Differentialgleichung aus, welche diese Form des Modellverhaltens annähernd beschreibt? Durch das Erhöhen des Anfangswertes x 0 der Zustandsvariable x(t) auf einen Wert von 0.7/0.001 = 700, ergibt sich eine waagrechte Gerade entlang der Gleichgewichtslage x(t ). Das Nettowachstum der Population ist offensichtlich gleich 0, das heisst, Zuwachs und Abnahme gleichen sich aus und die Populationsgrösse verändert sich nicht (Abbildung 5). 1 Hierzu den gleichen Dialog benützen, den Sie für die Veränderung der Anfangswerte verwendet haben, Menübefehl Edit Model (s. Abbildung 1) 3
4 Es gilt: dx(t )/dt = a*x(t ) b*x(t ) 2 (1) = 0.7* *700 2 = = 0 Dieser Gleichgewichtszustand kann dahingehend interpretiert werden, dass bei der Populationsdichte x(t ) der Wachstumsterm gleich gross wie der dichteabhängige Selbsthemmungsterm ist. Ob dabei mit steigender Populationsgrösse Geburten und Immigration zurückgegangen sind oder ob die Sterberate bzw. Auswanderung zugenommen hat, lässt sich nicht sagen, da das Modell in grober Weise lediglich den Nettoeffekt all dieser Vorgänge beschreibt. Die Differentialgleichung, welche dieses Modellverhalten annähernd beschreibt, lautet: dx(t)/dt = g m = 0 wobei: g m mit x 0 = x(t ) = 700 g: absolute Wachstumsrate m: absolute Sterberate Erzeugen Sie künstlich besonders hohe Populationsgrössen, x(t) > x(t ), so ist der Selbsthemmungsterm m grösser als der Wachstumsterm g. Solch hohe Werte könnten z.b. als Folge von Immigration in eine Population in der Gleichgewichtslage x(t ) entstehen. Dann beschreibt das Modell sogar eine Populationsabnahme, und beachten Sie, dies ist der Fall, obwohl die Wachstumsrate a positiv ist (Abbildung 4, z.b. x 0 = 900)! Abbildung 5: Setzt man den Anfangswert x 0 auf den Gleichgewichtswert x(t ) = 700, so erhält man eine horizontale Gerade. Weitere hier verwendete Anfangswerte x 0 waren 900, 800, 675, 300 und 1. 4
5 d) Bitte formen Sie die ursprüngliche Differentialgleichung so um, dass daraus eine Differentialgleichung resultiert, in der lediglich 2 Parameter, nämlich a und a/b, auftreten. Wie bezeichnet man üblicherweise den neuen Parameter a/b? Was ist dessen Einheit und ökologische Bedeutung? Bitte geben Sie die erhaltene Gleichung samt dem neuen Parameter ein. Erhalten Sie wirklich dasselbe Modellverhalten? dx(t)/dt = a x b x 2 (1) = a (1 b/a*x) x = a (1 1 a/b *x) x = a ( a/b a/b x a/b ) x = a ( a/b x a/b ) x dx(t)/dt = a ( K x K ) x = r (K x K ) x (2) = a*([k x(t)]/k)*x(t) = r*([k x(t)]/k)*x(t) (s. Theorie) bzw. mit a = r in Easy ModelWorks implementiert (Abbildung 6): Abbildung 6: Die Formel der Differentialgleichung wird im Eingabefeld rechts vom Text x1dot =, der für die gegebene Ableitung der Zustandsvariable x = x1 steht, eingetragen (Menübefehl Edit model... im Menü Modelling ). Der neue Parameter K (= a/b) stellt die Tragekapazität einer Population dar, die sich aus Division des Wachstumskoeffizienten a bzw. der Wachstumsrate r durch den Selbsthemmungskoeffizienten b ergibt und entspricht exakt dem Gleichgewichtswert x(t ). Je grösser die Wachstumskoeffizient a oder je kleiner der Selbsthemmungskoeffizient b, umso grösser wird K und umso höher kommt die maximale Populationgrösse zu liegen (a/b = K = x(t )). Die Einheit von K muss als Tragekapazität natürlich die gleiche sein wie diejenige der Population. Also lautet die Einheitengleichung: a b = d -1 d -1 * Individuen-1 = Individuen In der neuen Form der Differentialgleichung (2) lässt sich auch gut erkennen, warum die Gleichgewichtslage x(t ) existiert. Ist nämlich die Population x = K so wird der Zähler und damit die ganze Gleichung Null (vgl. Teilaufgabe 2c). 5
6 e) Wiederholen Sie die Teilaufgabe b). Welche Rolle spielt der Parameter a jetzt? Bitte machen Sie mittels einer Bleistiftsskizze nochmals eine Voraussage, bevor Sie eine Simulation machen. Was geschieht, wenn Sie a von 0.7 auf 1.2 erhöhen? Machen Sie jetzt diese Änderung und lösen Sie das neue Gleichungssystem. Stimmte Ihre Aussage? Abbildung 7: Skizze zur Voraussage über das Verhalten der neuen Modellvariante bei Erhöhung des Modellparameters a von 0.7 auf 1.2 (Teilaufgabe 2e, vgl. Abbildung 8). Aus der Skizze geht hervor, dass davon ausgegangen wird, dass die Kurve steiler verlaufen wird, sich aber an der Gleichgewichtslage nichts ändert, da die Tragekapazität K gleich bleibt. K wurde ja unabhängig von a (= r) formuliert (s. Abbildung 6). Durch die Erhöhung des Modellparameters a von 0.7 auf 1.2 zeigt sich: a beeinflusst tatsächlich nur noch die Steigung der Kurve und nicht mehr die Gleichgewichtslage (Abbildung 8). Die Kurve ist steiler und der Wert K wird früher erreicht. Man beachte, dies ist nicht bloss eine zeitliche Verschiebung, sondern auch die Form der Kurve verändert sich. Beachten Sie, die maximale Steigung bei der Populationsgrösse x(t) = K/2 ist bei a = 1.2 d -1 grösser als bei a = 0.7 d -1. Abbildung 8: Durch die Veränderung der Wachstumsrate, d.h. des Modellparameters a von 0.7 auf 1.2 d -1, wird der Populationsanstieg steiler, die Tragekapazität K bleibt sich jedoch gleich (vgl. Abbildung 7). 6
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