Pressekonferenz der SGK NRW am 13. August 2008
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- Dagmar Salzmann
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1 Pressekonferenz der SGK NRW am 13. August 2008 Teilnehmer: Bernd Scheelen MdB, stellvertretender Vorsitzender der SGK und Sprecher der Arbeitsgruppe Kommunalpolitik der SPD-Bundestagsfraktion Michael Makiolla, Vorsitzender der Expertengruppe Kommunalfinanzen der SGK und Landrat des Kreises Unna Bernhard Daldrup, Landesgeschäftsführer der SGK Positionen 1. Die Kommunen erwarten von der Landesregierung weiterhin eine nachhaltige Entlastung von ihrer überhöhten Beteiligung an den Kosten der Deutschen Einheit in einer Größenordnung von rund 700 Millionen Euro. Die durch den Verfassungsgerichtshof festgestellte Benachteiligung der Kommunen muß die Richtschnur sein. Die durch ein Gutachten der Landesregierung (Lenk- Gutachten) ins Spiel gebrachte Position, nach der die Kommunen möglicherweise keine weiteren Nachzahlungen zu erwarten haben, wird zurückgewiesen. 2. Die in Teilen festzustellende verbesserte finanzielle Situation der Kommunen ist auf konjunkturbedingte Mehreinnahmen durch höhere Gewerbesteuereinnahmen und die Beteiligung an den Gemeinschaftssteuern zurückzuführen. Das Land beteiligt die Kommunen nicht in hinreichendem Maße an seinen Mehreinnahmen, sondern hat den Kommunen in den vergangenen Jahren zusätzliche Lasten aufgebürdet. Das Land spart auf Kosten der Kommunen. 3. Ausgelöst durch das sogenannte Ifo-Gutachten, das die Finanzierungsregelungen der Vergangenheit in weiten Teilen bestätigt hat, wird eine längerfristige Neugestaltung der Finanzbeziehungen zwischen Land und Kommunen diskutiert. Auf die dramatische Situation vieler Kommunen in NRW, die sich im Nothaushaltsrecht bewegen, muss die Landesregierung mit sachgerechten Vorschlägen regieren, die diesen Kommunen eine finanzielle Perspektive bietet. Dies kann nicht allein auf dem Rücken der Kommunen geschehen, sondern muss durch zusätzliche finanzielle Unterstützung zielgerichtet für diese Gruppe der Kommunen geschehen. Hausanschrift (z. B. für Pakete/Päckchen): Elisabethstr Düsseldorf Bankverbindung: Postanschrift: Postfach Düsseldorf SEB Düsseldorf 0211 / Fax 0211 / Konto BLZ Info@sgk-nrw.de Internet:
2 Seite 2 von 7 Hintergrundmaterial Beteiligung der Kommunen an den einheitsbedingten Kosten des Landes Die Kommunen sollen an den dem Land entstehenden einheitsbedingten Kosten gemäß ihrer Steuerkraft beteiligt werden. Bis zum Haushaltsjahr 2005 erfolgte die spezifische Beteiligung über das Solidarbeitragsgesetz, das jährlich gemeinsam mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) beschlossen wurde. Dieses Gesetz wurde vom Landtag 2006 nicht mehr beschlossen. Der Ausgleich sollte über eine pauschale Berücksichtigung beim GFG erfolgen. Der hiergegen erhobenen Klage von 21 Kommunen hat der Verfassungsgerichtshof in Münster im Dezember 2007 in weiten Teilen entsprochen. Er hat den Landesgesetzgeber verpflichtet, eine konkrete Berechnung des auf die Kommunen entfallenden Anteils nach den bundesrechtlichen Vorgaben des Gemeindefinanzreformgesetzes (ca. 40 % Anteil der Kommunen) in einem förmlichen Gesetz zu beschließen. Allein für das Jahr 2006 hat das Gericht eine Überzahlung zu Lasten der Kommunen von 450 Mio. Euro angenommen. In einem ersten Schritt hat der Landesgesetzgeber zusammen mit dem 2. Nachtragsgesetz zum Landeshaushalt 2007 ein sogenanntes Abschlagsgesetz verabschiedet, mit dem er die Rückzahlung von insgesamt 650 Mio. Euro (280 Mio. für 2006, 220 Mio. für 2007 und 150 Mio. für 2008) an die Kommunen regelt. Eine endgültige Regelung nach den Vorgeben des Verfassungsgerichts steht noch aus. Nach den bisherigen Grundsätzen der Beteiligung der Kommunen an den einheitsbedingten Lasten erwarten die Kommunen eine weitere Erstattung von bis zu 700 Mio. Euro! Der Versuch des Finanzministers das Urteil durch fragwürdige Gutachten (Lenk- Gutachten) zu unterlaufen wird zurückgewiesen. Die SGK fordert von der Landesregierung die Vorlage eines Abrechnungsgesetzes, das den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofes entspricht. Steuereinnahmen der Kommunen und des Landes In einer Pressemitteilung des Finanzministeriums vom 8. August 2008 wird auf die durchaus erfreuliche Entwicklung der kommunalen Steuereinnahmen des ersten Halbjahrs 2008 hingewiesen. Danach ist bei der Gewerbesteuer eine Steigerung von 5,5 % und bei der Einkommensteuer eine Steigerung von rund 9 % zu verzeichnen. Zur Bewertung dieser Zahlen muss man jedoch berücksichtigen, dass der Anteil der Gewerbesteuer an den Gesamteinnahmen der Kommunen nur ca. 21 %, der des Einkommensteueranteils nur ca. 15 % beträgt. (Die weiteren kommunalen Einnahmen sind im Wesentlichen Zuweisungen, Gebühren und weitere Steuern.) Insofern trägt die steuerliche Dynamik nur zu einem vergleichsweise geringen Teil zur Verbesserung der Finanzlage bei. Die Einnahmen aus den übrigen kommunalen Steuern zeigen einen deutlich schwächeren Verlauf, ebenso die Verwaltungseinnahmen (Gebühren, Beiträge). Die ebenfalls äußerst dynamische Entwicklung der Steuereinnahmen des Landes mit einem Zuwachs bei den Gemeinschaftssteuern (Einkommen-, Körperschafts-, Kapitalertrag- und Umsatzsteuer) von 4,3 % im ersten Halbjahr verschafft dem Land eine wesentlich bessere Finanzlage.
3 Seite 3 von 7 Der Anteil der Gemeinschaftssteuern an den Gesamteinnahmen des Landes beträgt nämlich gut 71 %. Bezogen auf die Gesamteinnahmen ergibt sich für das Land daher eine Verbesserung von gut 3 % (784 Mio. Euro) während die Steuermehreinnahmen der Kommunen nur zu einer Gesamtverbesserung ihrer Haushalte von 2,5 % (470 Mio. Euro) führen. Die finanziellen Spielräume des Landes wachsen also deutlich stärker. Hinzu kommt, dass die Steuereinnahmen bei den Kommunen sehr unterschiedlich ankommen. Die Entwicklung des kommunalen Steuerverbundes ist keine Wohltat des Landes, sondern ein verfassungsrechtlich verbürgter Anspruch der Kommunen und hängt ausschließlich mit der deutlichen Steigerung der Gemeinschaftssteuern zusammen. An diesen Steuern sind die Kommunen zu 23 % beteiligt. Das Land behält jedoch mit 77 % den Löwenanteil. Nicht nachvollziehbar ist die Behauptung des FM, mehr als ein Viertel der Ausgaben des Landeshaushalts 2008 seien für die Kommunen bestimmt. Nach der Gruppierungsübersicht für den Haushalt 2008 beträgt die Summe aller Zahlungen an die Kommunen im Jahr 2008 insgesamt 12,13 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Anteil an den Gesamtausgaben von 23,68 %. Zu berücksichtigen ist bei dieser Quote auch, dass das Land massiv Aufgaben auf die Kommunale Ebene abgeschoben hat ohne für eine ausreichende Finanzierung zu sorgen (Versorgungs- und Umweltverwaltung). Beteiligung der Kommunen an den Steuereinnahmen des Landes Im Haushalt 2005 betrug der Anteil des GFG an den Landessteuereinnahmen noch 20 %. In den Folgejahren 2006 bis 2008 erreichte er dagegen nur noch Anteile zwischen 17,1 und 17,7 %. Die kumulierten Steuermehreinnahmen der Jahre 2006 bis 2008 betrugen für das Land gegenüber der Basis 2005 insgesamt gut 15 Mrd. Euro. Die kumulierten Mehreinnahmen des GFG betrugen dagegen im Vergleich nur 192 Mio. Euro. Dies entspricht einem Anteil von nur 1,3 %. Selbst wenn man berücksichtigt, dass mit dem GFG 2006 eine negative Abrechnung für das Jahr 2004 verbunden war (660 Mio. Euro) und das Land mit dem Abschlaggesetz wegen überzahlter kommunaler Anteile an den einheitsbedingten Lasten den Kommunen 650 Mio. Euro zurückgezahlt hat, kommt man auf eine Beteiligung von lediglich 10 % der Landessteuereinnahmen. In beigefügter Grafik ist die Entwicklung der Landessteuereinnahmen und der Gesamtzuweisungen (einschließlich aller Förderprogramme aller Ressorts) des Landes an die Gemeinden dargestellt. Auch hier zeigt sich, dass nach einem Rückgang im Jahr 2006 der Zuwachs des Finanztransfers an die Kommunen deutlich hinter der positiven Einnahmeentwicklung des Landes zurückbleibt. Das Land spart auf Kosten der Kommunen! (Chart 1)
4 Seite 4 von 7 Schuldenabbau der Kommunen und des Landes Die Pro-Kopf-Verschuldung der NRW Kommunen (einschließlich Unternehmen) ist von 2000 bis 2007 um 46,6 % gestiegen. Selbst im Jahr 2007, in dem bundesweit ein Kassenüberschuss der Kommunalhaushalte festzustellen war, stiegen allein die Kassenkredite der NRW- Kommunen um 1,1 Mrd. Euro (69 Euro/Einwohner), während vor allem in den Südländern (Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Hessen) ein deutlicher Rückgang der Verschuldung eintrat. (Quelle: Bertelsmann Schuldenreport 2008) Das Land hat den Zuwachs der Verschuldung in den letzten Jahren aufgrund der konjunkturbedingten Steuermehreinnahmen deutlich reduzieren können. Der Zuwachs an Schulden sank von 7,9 % im Jahr 2003 (gegenüber 2002) auf 1,4 % im Jahr 2007 (gegenüber 2006). Bei den Kommunen verlief die Entwicklung dagegen uneinheitlich. Nach einem Anstieg im Jahr 2005, in dem die kommunalen Schulden um 7 % anstiegen, ist auch hier eine positive Entwicklung eingetreten, die aber deutlich hinter der des Landes zurückbleibt. Auch hier ist darauf hinzuweisen, dass die Entwicklung in den einzelnen Städten sehr unterschiedlich verläuft. (Chart 2) Ifo-Gutachten Das vom Innenminister vor der Sommerpause vorgelegte Gutachten zur Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs (ifo-gutachten) bestätigt im Wesentlichen die bisherigen gesetzlichen Regelungen. Über Detailvorschläge wie die Einbeziehung eines demografischen Faktors oder der Gemeindefläche kann man diskutieren. Keinerlei Lösungsansätze enthält das Gutachten aber für die immer drängendere Frage der Hilfe für die Nothaushaltskommunen. Hier bleibt das Innenministerium gefordert Vorschläge zu entwickeln. Weitere Entscheidungen des Landes zu Lasten der Kommunen Herausnahme der Grunderwerbsteuer aus der Verbundgrundlage des GFG Bis zum Jahr 2006 waren die Gemeinden an den Einnahmen des Landes aus der Grunderwerbsteuer beteiligt. Vier Siebtel dieser Einnahmen flossen in die Berechnung für die jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetze ein. Ab dem Jahr 2007 bedeutet dies einen jährlichen Verlust von ca. 170 Mio. Euro für die Gemeinden. Verdopplung der Krankenhausumlage Die Beteiligung der Kommunen an den Investitionen für Krankenhäuser wurde mit dem Haushalt 2007 von bislang 20% auf 40 % verdoppelt. Dies bedeutet für die Kommunen eine jährliche Mehrausgabe von gut 100 Mio. Euro.
5 Seite 5 von 7 Kindertagesstätten 1. Kürzung der Sachmittelpauschale Für die Haushaltsjahre 2006 bis 2008 (in Kraft treten des Kinderbildungsgesetzes) wurde die pauschale Sachkostenförderung des Landes nach dem Kindertagesstättengesetz um Beträge zwischen und 2838 Euro je Gruppe gekürzt. Für die kommunalen Einrichtungen bedeutet dies eine Mindereinnahme von ca. 20 Mio. Euro jährlich. Die Tageseinrichtungen anderer Träger sind mit gut 40 Mio. Euro jährlicher Mindereinnahmen betroffen. 2. Ausgleich der Elternbeiträge Bis zum Jahr 2005 wurde nach den gesetzlichen Vorschriften des Kindertagesstättengesetzes den örtlichen Jugendämtern ein hälftiger Ausgleich aus dem Landeshaushalt gezahlt, wenn die nach der landeseinheitlichen Staffelung eingenommenen Elternbeiträge nicht den angenommenen Anteil von 19 % der Gesamtkosten der Tageseinrichtungen erreichten. Diese Regelung wurde mit dem Haushalt 2006 außer Kraft gesetzt und stattdessen die Festlegung der Höhe der Elternbeiträge in die Zuständigkeit der örtlichen Jugendhilfeträger (Städte und Kreise) übergeben. Hierdurch kommt es seit 2006 zu jährlichen Mindereinnahmen der Jugendhilfeträger von ca. 85 Mio. Euro. Besonders betroffen sind hier Kommunen mit hoher Arbeitslosigkeit. 3. Finanzbeteiligung Kinderbildungsgesetz Mit dem am 1. August 2008 in Kraft getretenen Kinderbildungsgesetz erfolgte eine vollkommene Neugestaltung der finanziellen Grundlagen für die Finanzierung von Tageseinrichtungen. Die Umstellung auf gruppenspezifische Kindpauschalen und die Absenkung der Trägeranteile der Kirchen führt in fast allen Jugendamtsbezirken zu deutlichen Mehrausgaben. Beispiele: - Kreis Gütersloh: Erhöhung des kommunalen Anteils an den Betriebskosten um gut Euro nur für die fünf Monate des laufenden Jahres. Künftige Mehrkosten ca. 1,2 Mio. Euro - Hagen: Mehrkosten der Stadt für ein komplettes Kindergartenjahr liegen bei 1,8 Mio. Euro - Oberhausen: Mehrkosten der Stadt für das neue Kindergartenjahr von 1,0 Mio. Euro - Herten: Mehrkosten der Stadt für das neue Kindergartenjahr von Euro - Unna: Mehrkosten der Stadt für das neue Kindergartenjahr von Euro - Bergkamen: Mehrkosten der Stadt für das neue Kindergartenjahr von Euro (+12,6%) Inwieweit diese über Erhöhungen der Elternbeiträge weitergegeben oder aus den kommunalen Haushalten finanziert werden, hängt in erster Linie von der Haushaltslage der jeweiligen Gebietskörperschaft ab.
6 Seite 6 von 7 Weiterbildungsgesetz Mit den Haushaltsgesetzen seit 2006 wurden die gesetzlich festgesetzten Zuschüsse nach dem Weiterbildungsgesetz mehrfach gekürzt. Dies bedeutet für die kommunalen Volkshochschulen eine Mindereinnahme von jährlich knapp 8 Mio. Euro gegenüber dem Jahr 2005.
7 Seite 7 von 7 Steuereinnahmen des Landes und kommunale Zuweisungen Mio. Euro Steuereinnahmen des Landes Zuweisungen Kommunen Jahr Entwicklung der Schuldenaufnahme Land/Kommunen , , , , in % 6 5, , , , , , Gemeinden 9, , , , , Land 7, , , , , Jahr
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