Proseminar: wh-konstruktionen im Deutschen WS 2003/04 Jan Bruners. Handout 4: LF-Bewegung
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- Karola Friedrich
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1 Proseminar: wh-konstruktionen im Deutschen WS 2003/04 Jan Bruners Handout 4: LF-Bewegung Wh-Phrasen gehören zu den Ausdrücken, die Skopus über eine bestimmte Domäne haben. Skopus ist eine Beziehung zwischen einem Operator und seinem semantischen Bezugsbereich, i.e. dem Ausdruck, über dem er operiert. Diese Beziehung lässt sich am einfachsten anhand von Quantorenphrasen (QP) darstellen: (1) Jeder Gangster muss einen Polizisten schmieren. a. x x eingangster [ y yeinpolizist [x mussyschmieren]] b. y yein Polizist [ x x eingangster [x mussyschmieren]] Die Ambiguität von (1) folgt aus dem unterschiedlichen Skopusverhältnis der beiden QPs jeder Gangster und einen Polizisten: In(1a) hat die universale QP weiten(distributiven) Skopus über die existenzielle QP(d.h. es gibt mehrere korrupte Polizisten).(1b) dagegen drückt aus, dass es genau einen korrupten Polizisten gibt, den alle Gangster bestechen müssen. Hier hat die existenzielle QP weiten Skopus über den gesamten Satz. Reis (1991:217) geht davon aus, dass die obligatorische overte wh-bewegung im Deutschen dadurch erzwungen wird, dass der Skopus einer wh-phrase auf S-Struktur sichtbar (hier: identisch mit seinem c-kommando-bereich) sein muss: (2) Skopus: α hat Skopusüber β gdw. α β c-kommandiert. (3) c-kommando: αc-kommandiert β, α β gdw. a. jeder verzweigende Knoten γ, der α dominiert, auch β dominiert, b. α β nichtdominiert. In vielen Fällen trifft diese Voraussage tatsächlich zu. So hat die wh-phrase in (4a) Skopus über den eingebetteten Satz, in(4b) über den Gesamtsatz: (4) a. Mark knows[who i Jane saw t i ] b. Who i doesmark know [thatjane saw t i ] Die syntaktische Skopusdefinition (2) stößt allerdings rasch auf Probleme, wenn man sie als s- strukturelle Definition auffasst. QPs operieren häufig über einer Domäne, die sie an der syntaktischen Oberfläche nicht c-kommandieren. Folgendes Beispiel illustriert dieses Phänomen: (5) John gave agratificationtoevery salesman i after he i met theexpectations. 1
2 Obwohl QPs Variablen nur innerhalb ihrer Skopusdomäne binden können und der c-kommandobereich der universalen QP every salesman nur den Kopf der PP enthält, bindet sie das Pronomen he,sodassessichaufjedeneinzelnenverkäuferbeziehenkann.hältmandennochanderskopusdefinition(2) fest, so kann die Skopusdomäne der QP in(5) nicht mit ihrem c-kommandobereich auf S-Struktur übereinstimmen. Da die Skopusverhältnisse im Fall von QPs auf der syntaktische Oberfläche eines Satzes nicht unmittelbar abzulesen sind, wird angenommen, dass die S-Struktur eines Satzes nicht nur auf die Phonetische Form (PF), sondern auch auf eine weitere Ebene abgebildet wird, die die Grundlage für seine Interpretation liefert und damit das Bindeglied zwischen Syntax und Semantik darstellt: die Logische Form (LF). Im T-Modell(Abbildung 1) der Government & Binding Theory (GB) (vgl. Chomsky 1981) ist die LF eine Ebene der syntaktischen Derivation, auf der die semantischen Eigenschaften eines Satzes repräsentiert sind: Phonetische Form (PF) Logische Form (LF) S-Struktur T-Regeln (move α) D-Struktur X-Theorie / Lexikon Abbildung 1: Das T-Modell der GB-Theorie LF stellt eine transformationelle Ableitung dar, als deren Input die S-Struktur fungiert. Da diese Ableitung unabhängig von der Umsetzung syntaktischer Strukturen in Lautmuster (SS PF) stattfindet, sind die Bewegungen zwischen SS- und LF-Positionen im Gegensatz zu den overten Bewegungen zwischen DS und SS kovert, d.h. sie spiegeln sich nicht in der hörbaren Struktur des Satzes wieder. Diesem Modell zu Folge werden Operatoren (Quantoren und wh-phrasen) spätestens auf LF in eine A-Position am linken Rand derjenigen XP bewegt, über die sie Skopus haben. In den vorangehenden Abschnitten haben wir gesehen, dass wh-phrasen häufig schon auf SS in ihre Skopusposition bewegt werden (vgl.(4)). 2
3 Allerdings entstehen durch (overte) wh-bewegung und (kovertes) Quantifier Raising (QR) 1 sehr ähnliche Strukturen. Eine Phrase in A-Position [Spec,] im Fall der (overten) wh-bewegung, eine Adjunktposition im Fall von QR bindet eine leere Kategorie in einer A-Position: (6) [ α O i [ β... t i... ]], α =, oder VP, β = Die Frage ist, ob die beiden Bewegungstypen trotz ihrer Ähnlichkeit komplementär verteilt sind: QPs werden in der Regel nicht overt bewegt aber vielleicht gibt es umgekehrt wh-bewegung auf LF? Für diese Annahme spricht folgender Kontrast: (7) a. Wer meinst Du, lässt Maria zu Illustrationszwecken in der Egon-Bar schlafen? b. Was meinst Du, wer Maria zu Illustrationszwecken in der Egon-Bar schlafen lässt? Während in(7a) die wh-phrase wer aus dem eingebetteten Satz extrahiert wird(lange wh-bewegung), bewegt sie sich in(7b) nur bis in die[spec,]-position des eingebetteten Satzes ohne dass zwischen den beiden Sätzen ein Bedeutungsunterschied festzustellen wäre. Der initialen wh-phrase was in(7b) wiederum entspricht keine Argumentposition in einer der beiden VPs, aus der sie hätte bewegt werden können. Man kann deshalb davon ausgehen, dass diese Phrase in[spec,] basisgeneriert wurde, um den Gesamtsatz als Ergänzungsfrage zu kennzeichnen. In (7a) übernimmt die fragezielkonstituierende (oder spezifische) wh-phrase diese Kennzeichnung selbst. Entscheidend ist, dass auch die nur kurz bewegte spezifische wh-phrase in (7b) Skopus über den gesamten Satz hat. Nun ist die initiale wh-phrase in(7b) offensichtlich ein reiner Skopusindikator für die spezifische wh-phrase, die nur partiell wh-bewegt wurde. Wenn statt dieses Indikators eine nicht-wh-phrase initial auftritt, hat die spezifische wh-phrase nämlich engen Skopus über den eingebetteten Satz: (8) Peter weiß nicht, wer Maria ständig zu Illustrationszwecken in der Egon-Bar schlafen lässt. Allerdings scheint die Skopusbindung noch weiteren Bedingungen zu unterliegen, wie folgendes Datumzeigt 2 : (9) a. Was glaubst du, wen Monika getroffen hat? b. *Wasglaubst du, dassmonikawen getroffen hat? 1 vgl.dazumay(1985) 2 Auchhiergiltwiederdie süddeutscheintuition. 3
4 Stechow & Sternefeld (1988:355) schließen daraus, dass nur wh-phrasen, die selbst in [Spec,] stehen, von dem lexikalischen Skopusindikator was skopusgebunden werden können (und müssen). Wh-Phrasen in A-Positionen verlangen dagegen nach der Bindung durch eine andere spezifische wh-phrase. Eine wh-phrase, die durch den Skopusindikator was gebunden ist, darf nicht in situ verbleiben. Ein noch stärkeres Argument für LF-Bewegung von wh-phrasen ergibt sich aus dem Vergleich englischer und chinesischer Daten. Im Chinesischen gibt es keine overte wh-bewegung; dennoch können wh-phrasen in diesen Sprachen Skopus über den Gesamtsatz haben. (10) a. Zhangsan xiang-zhidao [ ta muqin kanjian shei ] Zhangsan fragen seine Mutter sehen wen Zhangsan fragt sich, wen seine Mutter gesehen hat b. Zhangsan xiangxin [ ta muqin kanjian shei ] Zhangsan glauben seine Mutter sehen wen Wen glaubt Zhangsan dass seine Mutter gesehen hat? c. Zhangsan zhidao [ ta muqin kanjian shei ] Zhangsan wissen seine Mutter sehen wen Zhangsan weiß, wen seine Mutter gesehen hat Von wem weiß Zhangsan, dass seine Mutter ihn gesehen hat? Obwohl sich die drei Sätze (10a 10c) an der syntaktischen Oberfläche nicht unterscheiden, entsprechen die möglichen Interpretationen genau der Verteilung der englischen Daten: fragen verlangt ein Fragesatz-Komplement, glauben ein Aussagesatz-Komplement, und wissen ist mit beiden Typen kompatibel. Nimmt man an, dass die Selektionseigenschaften der Matrixverben auf LF erfüllt werden muss und dass auch im Chinesischen wh-phrasen auf LF bewegt werden, folgen die möglichen Interpretationen der Sätze(10a 10c) aus folgenden LF-Strukturen in(11 13): (11) a. Zhangsan xiang-zhidao[ shei i [ tamuqinkanjian t i ]] b. *[ shei i [ 1 Zhangsan xiang-zhidao[ 2 tamuqinkanjian t i ]]] (12) a. *Zhangsan xiangxin[ shei i [ tamuqinkanjian t i ]] b. [ shei i [ 1 Zhangsan xiangxin [ 2 tamuqinkanjian t i ]]] (13) a. Zhangsan zhidao[ shei i [ tamuqinkanjian t i ]] b. [ shei i [ 1 Zhangsan zhidao[ 2 tamuqinkanjian t i ]]] Auf der Basis dieser und ähnlicher Daten unterscheidet May (1985:31ff) (vgl. auch Fanselow & Felix 1993:196) zwischen zwei koverten Bewegungsprozessen Quantifier Raising (QR) und wh-bewegung. Die Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Prozessen wird durch (6) erfasst, der Unterschied liegt nach May im Landeplatz der jeweiligen Bewegung: QR führt in eine an adjungierte Position 4
5 Wh-Bewegung führt nach[spec,](comp in der damaligen Terminologie) bzw. in eine an[spec,] adjungierte Position. Ich werde May zunächst folgen und annehmen, dass LF-bewegte wh-phrasen an adjungiert werden. Die Annahme von koverter wh-bewegung macht verständlich, warum in situ wh-phrasen sich bezüglich ihrer Skopuseigenschaften genau wie wh-phrasen [verhalten], die über bewege α nach Comp bewegt worden sind (Fanselow & Felix 1993:184): Wenn die Skopusverhältnisse gemäß der Definition(2) auf LF und nicht auf S-Struktur ablesbar sind, sollten auch overt nicht bewegte wh-phrasen auf LF in einer A-Position erscheinen. Unter einer solchen Analyse hat (7b) folgende LF 3 : (14) [ wer i [ meinst du [ t i [ C [ t i Maria ständig zu Illustrationszwecken in der Egon- Bar schlafen lässt ]]]]] Die LF-Bewegung der wh-phrase wer löst auch ein weiteres Problem. Das Matrixverb meinen erlaubt normalerweise keinen Fragesatz als Komplement: (15) * Peter meint, wer Maria ständig zu Illustrationszwecken in der Egon-Bar schlafen lässt. Stechow & Sternefeld (1988:290) nehmen deshalb an, dass in (7b) kein Fragesatz, sondern eine (offene) Proposition eingebettet wird. Die spezifische wh-phrase muss auf LF in ihre Skopusposition ([Spec,] des Matrixsatzes) bewegt werden, so dass die [Spec,]-Position des eingebetteten Satzes nur zur Zwischenlandung auf SS dient. Es handelt sich also in (7b) wie in (7a) um mehrfache (zyklische) wh-bewegung. Der Unterschied besteht darin, dass in (7a) beide Bewegungsschritte overt stattfinden, während die wh-phrase in (7b) teils overt, teils kovert bewegt wird: 3 DerinitialeSkopusindikator istalssemantischleereselementausgelassen. 5
6 [Spec,] C Wer i C 0 meinst Du... [Spec,] C overt t i overt t i lässtmaria... Abbildung 2: Overte zyklische wh-bewegung [Spec,] C Wer i C 0 meinst Du... [Spec,] C kovert t i overt t i Maria... lässt Abbildung 3: Overte und koverte zyklische wh-bewegung Wenn wh-phrasen kovert auf dieselbe Weise bewegt werden wie in der overten Syntax, sollte man davon ausgehen, dass auch dieselben Beschränkungen gelten. Subjazenz Betrachten wir zunächst die Subjazenz. Geht man davon aus, dass auch LF-bewegte wh-phrasen nicht mehr als einen NP- oder -Grenzknoten überschreiten dürfen, würde die (grammatische) Extraktion eines Subjektes aus einem V/2-Komplement in folgendem Beispiel auf LF scheitern: 6
7 (16) a. Wer glaubst Du hat was gekauft? b. [ was j [ wer i [ C glaubst [ du [ t i [ C hat [ t i t j gekauft? ]]]]]]] Auch die Ambiguität des folgenden Satzes(die beiden Lesarten werden durch die darunter aufgeführten LF repräsentiert) spricht dafür, dass in situ wh-phrasen, die auf LF bewegt werden, immun gegen Inseleffekte sind: (17) Who knows who bought what? a. [ what k who i [ t i knows[ who j [ t j bought t k t ]]]]] b. [ who i [ t i knows[ what k who j [ t j bought t k t ]]]]] (17b) stellt eine einfache wh-frage dar, mit der nur der Name dessen erfragt wird, der über alle Einkäufe Bescheid weiß. Die LF(17a) dagegen repräsentiert eine pair list-lesart. Eigentlich sollte diese Lesart auf Grund der Subjazenzbedingung ausgeschlossen sein, weil die wh-phrase what bei der Ableitung der LF zwei -Knoten überschreitet. Dennoch ist die Lesart akzeptabel, folglich sollte man annehmen, dass die Subjazenzbedingung für koverte LF-Bewegung nicht gilt. Dass aber auch die LF-Bewegung von wh-phrasen keine unbegrenzte Reichweite hat, zeigen Büring& Hartmann (1994). Sie verweisen auf u.a. auf folgende Daten: (18) a. *Ichfrage mich, wer denmannkennt, der welche Wahl gewonnen hat. b. [ DPi welche Wahl ] wer den Mannkennt [ der t i gewonnen hat ] (19) a. *Wer sagt, denwagen wasche Peter wann? b. [ AdvPi wann ] wer sagt [ den Wagen wasche Petert i ] (20) a. *Wer fragt ob Mariawomit gerechnet hat? b. [ PPi womit ]wer fragt [ ob Mariat i gerechnet hat ] In allen drei Fällen kann die wh-phrase offenbar nicht wie für eine Interpretation der Sätze als multiple Fragen notwendig auf LF aus der eingeklammerten extrahiert werden. Büring & Hartmann (1994:61) nehmen an, dass Relativoperatoren (18a), topikalisierte Phrasen (19a) und der Komplementierer ob (20a) zu einer Klasse von Elementen gehören, die die Spur einer wh- Phrase nicht c-kommandieren dürfen, d.h. deren Anwesenheit in COMP (C 0 oder [Spec,]) die von ihnen eingeleitete zu einer Insel auch für LF-Bewegung von wh-phrasen macht. Die LF der Sätze in (18) stellen demnach eine Subjazenzverletzung dar, da die LF-bewegten Phrasen einen solchen Insel-Knoten überqueren. Da in diesem Fall nur ein solcher Grenzknoten überquert wird, ist eine entsprechende Neuformulierung der Subjazenzbedingung notwendig. 7
8 Crossover Nicht nur Subjazenz-, sondern auch Crossover-Effekte (SCO in (21a/22a), WCO in (21b/22b)) lassen sich für overt nicht bewegte wh-phrasen und QPs feststellen: (21) a. *Whosaid he i gave abook towho i? b. *Whosaid his i mother gave abook towho i? (22) a. *He i gave everyone i abook. b. *His i mother gave everyone i abook. Eine naheliegende Erklärung für SCO/WCO in diesen Sätzen sind koverte wh-bewegung bzw. QR: (23) a. [ who i who[ saidhe i gave abook tot i ]] b. [ who i who[ saidhis i mother gave abook tot i ]] (24) a. [ everyone i [ he i gave t i abook ]] b. [ everyone i [ he i gave t i abook ]] E Dass das E auch für LF-Bewegung gilt, wurde erstmals von Kayne (1981) im Zusammenhang mit dem französischen personne festgestellt. Kayne verglich folgende Sätze: (25) a. Je n ai exigé qu ils arrêtent personne Ich NEG habe verlangt dass siefestnehmen niemand Ich habe nicht verlangt, dass sie jemanden festnehmen b. *Je n ai exigé qu personne soit arrêté Ich NEG habe verlangt dass niemand werde festgenommen Ich habe nicht verlangt, dass jemand festgenommen wird Wenn personne kovert bewegt wird, ergibt sich der Kontrast aus dem that-trace-effekt und damit ausdem E: (26) a. personne i [je n ai exigé qu ilsarrêtent t i ] b. personne i [je n ai exigé qu t i soit arrêté] Die Subjektspur kann, anders als die Objektspur, nicht durch das Verb regiert werden, und der Komplementierer que inc 0 verhindert dielokalebindung durchdasantezedens personne. Dieser that-trace-effekt bei QR lässt sich auch bei koverter wh-bewegung im Französischen und im Englischen nachweisen: 8
9 (27) a. Pierre a dit que Jean a vu qui Pierre hat gesagt dass Jean hat gesehen wen Von wem hat Pierre gesagt, dass Jean ihn gesehen hat? b. *Pierre a dit que qui a vu Jean Pierre hat gesagt dass wer hat gesehen Jean Von wem hat Pierregesagt, dass er Jean gesehen hat? (28) a. Who believes that Bill bought what? b. *Whoknows thatwhat happened? Die LF-Strukturen von (27b) und (28b) zeigen die E-Verletzung: (29) a. [ 1 qui i [ 1 Pierreadit[ 2 t i que[ 2 t i avu Jean ]]]] b. [ 1 what i who j [ 1 t j [ 1 knows [ 2 t j that [ 2 t j happened ]]]] Die overte Extraktion eines Subjekts aus einem konjunktional eingeleiteten Nebensatz wie (30a) verstößt gegen das E, da die Ausgangsspur nicht streng regiert ist: (30) a. *Wer i glaubstdu, dasst i wievieleleuteeingeladen hat? b. * Wer erzählt, dass wieviele Leute eingeladen wurden? In(30b) wird dagegen auf S-Struktur nur die wh-phrase im Matrixsatz bewegt, so dass der Satz unter E-Aspekten auf S-Struktur grammatisch ist. Geht man aber davon aus, dass das eingebettete Subjekt auf LF in die Matrix-[Spec,] bewegt wird, stellt die LF des Satzes eine E-Verletzung dar: wieviele Leute i [Spec,] C wer j C 0 erzählt XXX t j... dass t i eingeladen wurden Abbildung 4: E-Verletzung auf LF 9
10 Da auch alle Fälle von E-Verletzung, die bereits auf S-Struktur auftreten, auf LF erhalten bleiben, kann man das E allgemein als LF-Bedingung betrachten. Superiorität Auch eine Reihe von Superioritätsfällen, in denen das E als S-Struktur-Bedingung nicht einschlägig war, lassen sich damit auf das E zurückführen. Dazu zählen etwa Superiority-Effekte in multiplen wh-fragen (vgl. Chomsky (1981), Aoun et al. (1981)): (31) a. I wonder who bought what. b. I wonder [ what j who i [ t i bought t j ]] (32) a. *I wonder what whobought. b. I wonder [ who i what j [ t i bought t j ]] In (32a) ist es die wh-phrase what in [Spec,], die die strenge Rektion der Subjektspur in [Spec,] verhindert und dadurch die E-Verletzung verursacht. wer i [Spec,] C wen j C 0 glaubst Du... dasst i t i verlassen hat XXX XXX Abbildung 5: Superioritäts- und E-Verletzung Trotzdem wird die Superioritätsbedingung nicht überflüssig, denn nicht alle Superioritätsfälle im Deutschen lassen sich auf das E als LF-Bedingung zurückführen: (33) a. Wer glaubt, dass Hans wen gesehen hat? b. *Wen glaubtwer, dasshans gesehen hat? Unter der Annahme koverter und overter wh-bewegung ergeben sich für die beiden Sätze folgende LF: 10
11 (34) a. [ 1 wen j [ 1 wer i glaubt t i [ 2 dasshans t j gesehen hat ]]] b. [ 1 wer j [ 1 wen i glaubt t j [ 2 t i dasshans t i gesehen hat ]]] Der Unterschied zwischen den LF(34a) und(34b) und damit der Kontrast zwischen(33a) und (33b) lässt sich mit der folgenden Bedingung beschreiben: (35) Path Containment Condition: Überlappen sich zwei Pfade, so enthält ein Pfad den anderen. (vgl. Pesetzky 1982) Diese Bedingung ist in(34a) erfüllt, in(34b) dagegen nicht. Wenn allerdings die Pfadbedingung eine allgemeine Wohlgeformtheitsbedingung für deutsche Sätze wäre, so müssten im Deutschen (wie im Englischen) auch Fälle von kurzer Superiorität auftreten wasnicht der Fallist: (36) a. Wer aßwas? b. Who atewhat? (37) a. Was aßwer? b. wer i was j t i aßt j c. *What didwhoeat? Literatur Aoun, J. et al.(1981). Some aspects of wide scope quantification. In: Journal of Linguistic Research 1:69 95 Büring, Daniel& Hartmann, Katharina(1994). The dark side of wh-movement. In: Linguistische Berichte 149:56 74 Chomsky, Noam (1981). Lectures on government and binding. Dordrecht: Foris Fanselow, Gisbert & Felix, Sascha W. (1993). Sprachtheorie 2: Die Rektions- und Bindungstheorie. Tübingen: Francke(UTB) Kayne, Richard S. (1981). E extensions. In: Linguistic Inquiry 12: May, Robert(1985). Logical Form. Its Structure and Derivation, Bd. 12 der Reihe Linguistic Inquiry Monography. Cambridge, Mass.: MIT Press Pesetzky, David(1982). Paths and Categories. Dissertation, MIT, Cambridge, Mass. 11
12 Reis, Marga(1991). Was konstituiert w-interrogativsätze? Gegen Paschs Überlegungen zur Syntax und Semantik interrogativer w-konstruktionen. In: Deutsche Sprache 19: Stechow, Arnim von& Sternefeld, Wolfgang(1988). Bausteine syntaktischen Wissens. Ein Lehrbuch der generativen Grammatik. Opladen: Westdeutscher Verlag 12
SpecIP Hans i. t i t j inden Brunnen. Abbildung 1: wh-bewegung und ihre Spur
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