Ökonomische Aspekte von Preisdiskriminierung
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- Liane Geier
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1 Ökonomische Aspekte von Preisdiskriminierung Prof. Dr. Normann Lorenz Sozial- und Verteilungspolitik/Gesundheitsökonomik Universität Trier, FB IV, VWL Trierer Gespräche zu Recht und Digitalisierung Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 1 / 29
2 1. Einleitung 1.1 Vorbemerkung VWL-Perspektive: Klassifikation (Personal Pricing, Dynamic Pricing,...) Effekte Empirie Bewertung Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 2 / 29
3 1. Einleitung 1.2 Beispiel Beispiel I Verlängertes Wochenende auf Long Island/in New York Zahlungsbereitschaft für Hin- und Rückflug? Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 3 / 29
4 1. Einleitung 1.2 Beispiel Beispiel I Preis für Flug ohne Zwischenstopp (Basic mit einem Gepäckstück) Hinflug: Rückflug Lufthansa LH 400 von Frankfurt nach New York JFK Freitag, , Uhr Uhr Lufthansa LH 405 von New York JFK nach Frankfurt Mittwoch, , Uhr Uhr Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 4 / 29
5 1. Einleitung 1.2 Beispiel Beispiel I Effekte von Preisdiskriminierung: Verteilungseffekt: Konsumentenrente wird zu Produzentenrente Effizienzeffekt: Gesamtrente (Sozialer Überschuss) steigt, wenn Menge steigt Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 5 / 29
6 1. Einleitung 1.2 Beispiel Preisfunktion Falls (manche) Personen mehr als eine Einheit nachfragen: Preisfunktion P(q): Gesamtpreis in Abhängigkeit von Gesamtmenge einheitlicher Preis pro Einheit: P(q) = p q Rabatte Grundgebühr und Preis pro Einheit (GG+p) verschiedene Varianten von Grundgebühr und Preis pro Einheit Zu berücksichtigen: unterschiedliche Preisfunktionen können ökonomisch gleich sein etwas, was nicht wie PD aussieht (GG+p), kann PD sein Effekte dieser Preisdiskriminierung: gleichermaßen: Verteilungseffekt: Konsumentenrente wird zu Produzentenrente Effizienzeffekt: Gesamtrente (Sozialer Überschuss) steigt, wenn Menge steigt Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 6 / 29
7 1. Einleitung 1.2 Beispiel Unterschiedliche Varianten von Gütern Wichtige Erweiterung: Unternehmen bieten häufig mehrere Varianten eines Produkts an In diesem Fall: Preise für Varianten: p 1, p 2,... Preisfunktionen für Varianten: P 1 (q 1 ), P 2 (q 2 ),... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 7 / 29
8 2. Theorie 2.1 Definition Definition Definition von Preisdiskriminierung: ein Produkt: jede Preissetzung, außer einheitlicher Preis pro Einheit mehrere Varianten eines Produkts: unterschiedliche Preisaufschläge auf die Grenzkosten (Stigler, 1987) p i c i p j c j z.b.: , aber auch Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 8 / 29
9 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation I: Pigou (1920): The Economics of Welfare: Preisdiskriminierung 1. Grades Preisdiskriminierung 2. Grades Preisdiskriminierung 3. Grades Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 9 / 29
10 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation I: Pigou (1920): The Economics of Welfare: Preisdiskriminierung 1. Grades Vollständiges Abschöpfen der gesamten Zahlungsbereitschaft für jede Einheit bei jedem Konsumenten (egal wie) Preisdiskriminierung 2. Grades Preisdiskriminierung 3. Grades unterschiedliche Preise pro Einheit je nach Gruppenzugehörigkeit Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 10 / 29
11 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation von Preisdiskriminierung Alternative Klassifikation: direkte vs. indirekte PD direkte Preisdiskriminierung: Firma kann mindestens zwei Gruppen anhand von beobachtbaren Merkmalen M b unterscheiden Preis hängt von beobachtbaren Merkmalen M b ab indirekte Preisdiskriminierung: Firma weiß, dass es mindestens zwei Gruppen von Nachfragern gibt, weiß aber nicht, wer zu welcher Gruppe gehört Firma bietet unterschiedliche Preise an, jeder Konsument wählt Preis Preisfunktion P(q) unterschiedliche Preise für unterschiedliche Varianten unterschiedliche Preisfunktionen für unterschiedliche Varianten Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 11 / 29
12 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Klassifikation von Preisdiskriminierung Firmen können direkte und indirekte Preisdiskriminierung kombinieren. Zu untersuchen und zu bewerten ist also das vollständige Preissystem einer Firma: P 1 (M b,q 1 ) Preissystem P = P 2 (M b,q 2 )... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 12 / 29
13 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse Welche allgemeinen Ergebnisse bei Berücksichtigung aller Formen von PD? Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 13 / 29
14 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse Zu berücksichtigen: 1. Marktform: Monopol Dominantes Unternehmen Oligopol Oligopol mit Kartellabsprachen 2. Wettbewerb hauptsächlich über produzierte Menge Preis Preisfunktion Preisfunktion und Varianten 3. Nachfrage jede Person eine Einheit eine Person mit mehreren Einheiten mehrere Personen mit mehreren Einheiten Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 14 / 29
15 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse Zu berücksichtigen: 4. Unterteilung in starke und schwache Nachfrager möglich/nicht möglich 5. Wiederholter Kauf ja/nein 6. Wiederholter Kauf beobachtbar ja/nein 7. Fahrtkosten zu Anbietern nein/ja/unterschiedlich 8. Wechselkosten nein/ja/unterschiedlich 9. Markteintritt neuer Firmen möglich/nicht möglich 10. Konsumenten sind naiv/durchschauen Preissystem... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 15 / 29
16 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse Sehr viele Kombinationen möglich. Nur sehr wenige allgemeine Ergebnisse: 1. Preisfunktion wo immer möglich; 2. Unterschiede im Produkt (wo immer möglich) verstärkt; 3. direkte statt indirekter Preisdiskriminierung wo immer möglich. Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 16 / 29
17 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse: Preisfunktion 1. Preisfunktion statt Preis: Rabatte Kombination von Grundgebühr und Preis pro Einheit Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 17 / 29
18 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse: Unterschiede im Produkt 2. Unterschiede im Produkt werden verstärkt: Beispiel: Zwei Qualitätsstufen niedrigere Qualitätsstufe wird gesenkt verhindert, dass Personen mit hoher Zahlungsbereitschaft Variante mit niedrigerer Qualität wählen Qualitätsverzerrung erzeugt Wohlfahrtsverlust Zahlungsbereitschaft wird bei Personen, die niedrigere Qualität nachfragen, relativ stärker abgeschöpft (verstärkt Ungleichheit) Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 18 / 29
19 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Allgemeine Ergebnisse: Direkte PD 3. Direkte statt indirekter PD: Kosten, um Merkmale M b zu beobachten aber indirekte Kosten (z.b. Qualitätsverzerrung) entfallen Monopol: Gewinn steigt Oligopol: Effekt auf Gewinn unklar (Gefangenendilemma) Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 19 / 29
20 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Dynamic Pricing Dynamic Pricing: häufige Preisänderungen im Zeitablauf (um sich den Marktgegebenheiten anzupassen): muss nichts mit Preisdifferenzierung zu tun haben (z.b. Preisanstieg, wenn ein Anbieter ausfällt) Indirekte PD mit systematischen Preisunterschieden (z.b. Wochentag) Personen, die abends oder am Wochenende (online) einkaufen, sind häufiger berufstätig und haben höhere ZB Indirekte PD mit zufälligen Preisen: Personen, die weniger Zeit zur genauen Beobachtung der Preisentwicklung haben, sind häufiger berufstätig und haben höhere ZB Direkte PD: Anbieter sieht zu unterschiedlichen Zeitpunkten Personen mit unterschiedlicher ZB nachfragen (Amazon?) Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 20 / 29
21 2. Theorie 2.2 Klassifikation von Preisdiskriminierung Personal/Individual Pricing Personal/Individual Pricing: Jede Person erhält ihren eigenen Preis, den keine andere Person erhält. So viele unterschiedliche Preise gibt es gar nicht! Personal/Individual Pricing (juristische Definition?): Direkte PD? Personal/Individual Pricing (VWL-Definition): Jede Form von PD führt zu personalisierten Preisen (außer alle Personen wählen bei einer Preisfunktion dieselbe Menge). Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 21 / 29
22 3. Empirie Empirie Bekannte direkte PD: Studentenrabatt, Seniorenrabatt Geburtstagsrabatt Preise für Medikamente in unterschiedlichen Ländern... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 22 / 29
23 3. Empirie Empirie Direkte PD im Online-Handel: Endgerät: Smartphone, PC, Tablet Betriebssystem Suchhistorie Kaufhistorie... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 23 / 29
24 3. Empirie Empirie Direkte PD im stationären Handel: Preisverhandlungen Personalisierte Rabattkarten Preise in Abhängigkeit von Kunden, die sich im Geschäft aufhalten (digitale Preisschilder) Erkennung anhand von Smartphone Gesichtserkennung Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 24 / 29
25 3. Empirie Empirie Indirekte PD: Drogerie: Unterschiedliche Preise für Männer und Frauen (durch unterschiedliche Verpackungen) Flüge: niedrigerer Preis bei Zwischenstopps mit langen Wartezeiten... Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 25 / 29
26 3. Empirie Empirie Häufiges Fazit der empirischen Studien: Personalisierte Preise sind vielleicht in der Zukunft relevant, derzeit aber viel seltener, als in der öffentlichen Diskussion vermutet. Gemeint ist wahrscheinlich: Direke PD ist viel seltener... Fazit gerechtfertig? Untersuchungsmethoden angemessen? Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 26 / 29
27 3. Empirie Empirie Untersuchung von Personal Pricing (direkter PD) bei Amazon: gleiche Smartphones, unterschiedliche Suchhistorien gleiche Suchhistorie, unterschiedliche Smartphones gleiche Suchhistorie, Smartphone vs. PC... Nur selten unterschiedliche Preise beobachtbar: wissenschaftliches Vorgehen (Änderung eines Parameters) wird aber vermutlich von Amazon erkannt Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 27 / 29
28 4. Bewertung Bewertung Indirekte PD: Wohlfahrtsverlust durch Qualitätsverzerrung (starke) Umverteilung zwischen Kunden und von Kunden zu Unternehmen Direkte PD: ggf. Wohlfahrtsgewinn durch höhere Menge noch stärkere Umverteilung von Kunden zu Unternehmen (höhere Gewinne, Anstieg der Marktmacht, Anstieg der politischen Einflussnahme,...) Anreiz zu exzessiver Datenerhebung (Gefangenendilemma) Unterscheidung direkte vs. indirekte PD unwichtig, wenn beide Formen der PD zu gleichem Ergebnis führen direkt: Alleinerziehende Mutter zahlt mehr, wenn sie arbeitet indirekt: Alleinerziehende Mutter zahlt mehr, weil sie nur abends einkaufen kann Normann Lorenz Preisdiskriminierung Trierer Gespräche 28 / 29
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