Zum Schriftspracherwerb von María Valverde: 1. Kognitive Anforderungen des Schreibens nach Wygotsky 1969:
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- Dagmar Hausler
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1 Zum Schriftspracherwerb von María Valverde: 1. Kognitive Anforderungen des Schreibens nach Wygotsky 1969: Folgende Merkmale sind nach Wygotsky wesentlich für die Schriftsprachlichkeit: - Abstraktion: Einlassen auf einen fehlenden, direkten Gesprächspartner und Vorstellung von Wörtern, durch die synonyme Umsetzung des Gedachten in eine symbolische Darstellung - Motivation: Hierzu notwendiger Rahmen muß, durch spezifische Lehr,- und Lernmethoden, geschaffen werden. - Willkürlichkeit: Bewußte Aufspaltung der Lautform in einzelne Laute - Bewußtheit: Bewußte Anwendung der Schriftsprache - Absichtlichkeit: Absichtlicher und interlektueller Gebrauch der Schriftsprache 2. Verhältnis von Laut,- und Schriftsprache: Lesen: Benennung von Wörter und Buchstaben Schreiben: Graphische Darstellung von erhörten bzw. gedachten Lauten (Brügelmann). Schwander: "approximativer Zusammenhang zwischen Schrift,- und Lautsprache (keine einheitliche Phonem Graphem Relation)" Gümbel: " Durch die falsch vermittelte Entsprechung von Phonem und Graphem, treten Fehler beim Schreiben von v.a. Fremdwörtern oder Eigennamen, auf. Z.B. Meier-Meyer-Maier-Mayer" Sassenroth: "Diskrepanz zwischen Laut,- und Schriftsprache und die damit zusammenhängenden nicht lautgetreu phonierten Buchstaben führt zu Fehlern."
2 3. Phasen des Schriftspracherwerbs nach Günter und Frith: (Präliteral symbolische Phase gestützt auf Arbeiten von Wygotzky und Lurija:) Diese, nicht immer aufgeführte Phase, sieht die Anfänge des Schriftspracherwerbs etwa im zweiten Lebensjahr, wo v.a. die Bildbetrachtung eine wesentliche Rolle spielt. Hierzu wird besonders eine hohe Abstraktionsfähigkeit vorrausgesetzt. Das Bild ist nicht nur anschaulich und daher "präliteral", es ermöglicht auch die spätere Wiedererkennung von Gegenständen auf Bildern, die das Kind, als Vorstufe zum Schreiben, zunächst graphisch bzw. malerisch, wenn auch, durch motorische Schwierigkeiten beeinträchtigt, darzustellen versucht. Daher beschränkt das Kind sich hierbei auf die markanten Merkmale des Gegenstandes, was eine symbolische Darstellung zur Folge hat. Das Kind "tut so, als ob es schreibt" (Günther/Wygotsky) und bildet einen Gegenstand dazu graphisch ab Logographemische Phase oder Semantische Strategie: Die Identifizierung des jeweiligen Wortes erfolgt durch Embleme. Visuelle Merkmale werden erkannt und das Graphische wird dem Lautlichen und der jeweiligen Bedeutung zugeordnet. Das Wiedererkannte ist meist aber nicht das ganze Wort, sondern nur Teilelemente des Wortes.
3 3.2. Alphabetische Phase oder Phonographische Strategie: Es findet eine Unterscheidung zwischen Gegenstand und seinem Namen statt. Buchstaben und Laute werden einander zugeordnet (Verlautung). Es wird eine Beziehung zwischen dem Zeichenträger und seiner Bedeutung hergestellt. Graphem Phonem Korrespondenzen (GPK) werden allmählich erkannt und Wörter, durch Aneinanderreihung der Lautfolge, aufgeschrieben. (Problematik: falsche Wortbildungen, durch Übergeneralisierungen, bei denen auf falsche Endungen gefolgert werden, z.b. "Vata" anstatt: "Vater") 3.3. Orthographische Phase oder Grammatische Strategie: Hier geht es um die Loslösung von der Lautsprache und den Aufbau eines strukturierten Systems, dessen Organisationsbasis die Etiketten, die Wörter sind, und nicht die Sachen. Die Grundeinheiten sind hier Morpheme, häufige Buchstabenkombinationen und Silben. Der wichtige Übergang zur orthographischen Phase setzt eine, vom Kind zu erlernende Erkenntnis über semantische, syntaktische und morphologische Beziehungen voraus. Einige wie z.b. Günther, sprechen nun noch von einer anschließenden "integrativ automatisierenden Phase", in der die Fähigkeit des Kompetenten Schreibens, vertieft wird. 4. Mehrebenenmodell nach Anderson: (Gibt das zur Schriftsprache nötige Wissen in einer Lernzielhierarchie, an) 4.1. Rechtschreibung: Das Rechtschreibwissen läßt sich unterteilen in deklaratives und prozedurales Wissen. Deklaratives Wissen: Wissen über Sachverhalte Prozedurales Wissen: Bezug zu Fertigkeiten Beide Wissensebenen sind notwendig, um eine erfolgreiche Rechtschreibung zu ermöglichen, da man nicht nur Kenntnis von
4 Rechtschreibregeln, sondern auch das Wissen darüber haben muß, wann und wie man die besagten Regeln anwenden muß Phase der interpretativen Anwendung deklarierten Wissens: Hierbei geht es um das Erlernen der Beschreibung einer Prozedur als deklaratives Wissen. An einem Beispiel zur Rechtschreibung heißt das, daß man sich in einem Wörterbuch erst orientieren muß, ehe man dort ein Wort sucht Phase der Wissenskompilierung: Die Regel zur Ausführung einer Fertigkeit wird in dieser Phase, je nach den situativen Bedürfnissen, kombiniert und prozedualisiert. Am Beispiel müßte z.b. die Erkenntnis darüber gewonnen werden, daß man, um ein Wort das mit dem Laut "f" beginnt nachschlagen zu können, auch unter diesem Buchstaben nachschlagen muß Phase der Wissensoptimierung: Hier ist besonders die Optimierung von Produktionsregeln kennzeichnend. Die Automatisierung der Fertigkeit befähigt dazu, daß man im erwähnten Beispiel einfach unter dem jeweiligen Anfangsbuchstaben im Wörterbuch nachschlägt Schreibprozeß: Feike und Augst unterteilen den Schreibprozeß in Konzeptionswissen, Realisierungswissen und Routinewissen, ein. Konzeptionswissen: Wissen zur Textsorte und Weltwissen Realisierungswissen: sprachliches Wissen Routinewissen: bezieht sich auf die Rechtschreibung 4.3. Überprüfung des eigenen Schreibproduktes: Überprüfung ist abhängig vom Rechtschreibwissen und der Kenntnis über geeignete Prüfstrategien.
5 5. Die zu überwindenden Hürden für die Beherrschung der deutschen Orthographie: 5.1. Die phonematische Verschriftung versucht die phonetische Darstellung lautgetreu aufzuschreiben 5.2. Das morphematische Prinzip ist darauf bedacht, ein Morphem, trotz lautlicher Veränderung, stets gleich zu schreiben Das semantische Prinzip beschreibt die verschiedene Verschriftung lautgleicher aber inhaltsfremder Wörter wie Lärche vs. Lerche 5.4. Das grammatische Prinzip regelt die Groß,- und Kleinschreibung, durch die "Zugehörigkeit von Wörtern zu verschiedenen Wortklassen" 5.5. Das historische Prinzip meint die schriftliche Darstellung von Wörtern gemäß der früheren Sprechweise 5.6. Das graphisch formale Prinzip versucht die Lesbarkeit von Wörtern mit weniger als vier Buchstaben, durch Betonung der Dehnung, zu verbessern z.b. Sohn 6. Ermittlung des Schriftspracherwerbs bei Erwachsenen: - Grundlegende Fähigkeiten und Kenntnisse im Bereich der Schriftsprache sind vorhanden - Schwierigkeit liegt in der Prozedualisierung bzw. in der Anwendung dieser Fähigkeiten und Kenntnisse in entsprechenden Situationen - Der Grund dafür ist das lückenhafte Vorhandensein von deklarativem Wissen Nach Rumelhart interagiert das individuelle Vorwissen und das Wissen über Semantik, Syntax, Orthographie.... Stanovich erklärt aber in seinem "interaktiv kompensatorischem Modell", daß jeweilige Wis senslücken auf anderen Stufen
6 kompensiert werden können. So kann z.b. jemand, der schlecht liest, obwohl er großes Vorwissen zum Text - Thema verfügt, durch "top down" Prozesse kompensiert werden Top down Prozeß: Der Vorgang des Lesens und das Aufstellen eines Bedeutungsinhaltes kommt an erster Stelle vor dem Analysieren der Buchstaben Bottom up Prozeß: Die Buchstaben des jeweiligen Wortes werden visuell wahrgenommen, bevor dem Wort ein Bedeutungsgehalt zuerkannt wird. 7. Dyslexien Legasthenie (Rechtschreibschwäche:) 7.1. Die erkennbaren Störungen: acquired dyslexia: Ausfälle, die nach dem Erwerb der Schriftsprache einsetzen developmental dyslexia: Wenn es nicht zur Erwerb der Schriftsprache gekommen ist 7.2. Die jeweils auftretende Fehlerart: Tiefendyslexie: Es werden semantische Fehler begangen Oberflächendyslexie: Beachtung von Phonem Graphem Korrespondenzen, ehe eine semantische Rückkoppelung vorgenommen wird. Die Erklärung für derartige Störungen liegt in einem Defizit, das in einer Phase des Schriftspracherwerbs stattgefunden hat.
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