LRS -Erklärungsmodelle
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- Lothar Bergmann
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1 LRS -Erklärungsmodelle Seminar: Entwicklungsstörungen Dozentin: Dr. Hannah Perst LMU, Wintersemester 2010/ Christine Steinböck
2 Überblick Multifaktorielle, interaktive Erklärungsmodelle mit dynamischen Wechselbeziehungen Welche Erklärungsansätze zur LRS fallen euch denn ein?
3 Gliederung 1) Genetische Vulnerabilität 2) Neurobiologische Korrelate 3) Neuropsychologische Aspekte 4) Soziale Zusammenhänge
4 1) Genetische Vulnerabilität Familiäre Häufung: autosomal-dominanter Erbgang Kind LRS Geschwister: 55 % von LRS betroffen Eltern: 30% signifikante Eltern-Kind- Korrelationen bezüglich Lesen/ Rechtschreiben: 0.07 bis 0.19
5 1) Genetische Vulnerabilität Zwillingsstudien: 100 % Konkordanz (= Übereinstimmung) bei eineiigen Zwillingen
6 1) Genetische Vulnerabilität Molekulargenetische Befunde: Identifikation von Kandidatengenen : Chromosom 6 lautsprachliches Lernen, phonologische Fähigkeiten, schnelles Benennen Chromosom 15 schriftsprachlich, Wortlesen
7 1) Genetische Vulnerabilität Kritische Aspekte: - konkrete Vererbungsmechanismus? -Mutation als funktionelle Störung im Hintergrund bisher ausgeschlossen - Was konkret wird vererbt? Schwierigkeiten der motorischen Koordination? - Größe des genetischen Einflusses auf spezifische Teilfertigkeiten (des Lesens/ Schreibens)? -Abnahme des Heriditätskoeffizienten im Alter zunehmender Umwelteinfluss
8 2) Neurobiologische Korrelate Anatomische Auffälligkeiten: - atypische Mikrostruktur der weißen Substanz (zu schwache Faserverbindungen und zu geringe Myelinisierung geringere Geschwindigkeit beim Lesen) - geringere Ausbildung des Corpus Callosum(Balken) - häufige Präsenz ektopischer Nervenzellgruppen (d.h.: an anderen Stellen, als vorgesehen Desorganisation der Hirnrinde mögliche Ursachen für fehlerhafte Migration: genetisch bedingt oder immunologische Störung)
9 2) Neurobiologische Korrelate Veränderungen in der Weiterleitungsgeschwindigkeit: EEG-Aktivität: - deutlich verlangsamt bei sprachlicher Infoweiterleitung -höhere Gesamt-EEG-Aktivität bei LRS-Patienten, jedoch geringer linksfrontal Durchblutungsauffälligkeiten
10 2) Neurobiologische Korrelate Funktionelle Störungen: Linkshemisphärische Aktivierung (besonders bei Wernicke-Areal, Gyrus angularis und striatärer Kortex)
11 2) Neurobiologische Korrelate Funktionelle Störungen: Aktivität im Temporalcortex ( Graphem-Phonem-Assoziationen) Aktivität im Gyrus temporalis superior ( Automatisierungsprozesse Lesevorgang)
12 2) Neurobiologische Korrelate Funktionelle Störungen: gesund LRS
13 2) Neurobiologische Korrelate Funktionelle Störungen: Rechtshemisphärische Aktivierung Kompensationsstrategie (auch deutlicher Alterseffekt erkennbar)
14 3) Neuropsychologische Aspekte Sprachstörungen: hohe genetischekorrelation zu niedriger Leseleistung (0.78) geringerer Wortschatz, Rückstand in der Grammatik-Beherrschung, geringere Leistung des Sprachgedächtnisses
15 3) Neuropsychologische Aspekte Fallbeispiel: Mathias Welche Einflussfaktoren wirken hier besonders?
16 3) Neuropsychologische Aspekte Schrift Zwei-Wege- Modell: Merkmalsextraktion Buchstabenidentifikation Orthographi- sches Lexikon direkt = indirekt = unmittelbar vermittelt Semantisches System Phonologisches Lexikon Graphem- Phonem- Zuordnung Phonem- System Sprache
17 3) Neuropsychologische Aspekte Schrift Zwei-Wege- Modell: Merkmalsextraktion Buchstabenidentifikation Orthographi- sches Lexikon direkt = indirekt = unmittelbar vermittelt Semantisches System Phonologisches Lexikon Phonem- System Graphem- Phonem- Zuordnung abweichende Verarbeitung/ Repräsentation Sprache
18 3) Neuropsychologische Aspekte Zwei-Wege-Modell: abweichende Verarbeitung/ Repräsentation: Störung der segmenthaften, präziseren Verarbeitungsform Unterscheidung ähnlicher Worte fällt schwerer Bildhafte/ Kreativere Gestaltung des Wortes fällt leichter als reine Zeichendarstellung Bsp.: Lehmbuchstaben
19 3) Neuropsychologische Aspekte Schrift Zwei-Wege- Modell: Merkmalsextraktion Buchstabenidentifikation Orthographi- sches Lexikon direkt = indirekt = unmittelbar vermittelt Semantisches System phonologisches Defizit Phonologisches Lexikon Phonem- System Sprache Graphem- Phonem- Zuordnung phonologisches Defizit
20 3) Neuropsychologische Aspekte Zwei-Wege-Modell: Phonologisches Defizit: Verdrehung von Vokalen: Bsp.: rinnen teuchen rennen tauchen Lautdifferenzierung: e/ i lang/ kurz ---lang kurz
21 3) Neuropsychologische Aspekte Schrift Zwei-Wege- Modell: Merkmalsextraktion Buchstabenidentifikation Orthographi- sches Lexikon direkt = indirekt = unmittelbar vermittelt Semantisches System Phonologisches Lexikon Graphem- Phonem- Zuordnung mangelndes orthographisches Wissen Phonem- System Sprache
22 3) Neuropsychologische Aspekte Zwei-Wege-Modell: mangelndes orthographisches Wissen: Verharren im indirekten Zugangsweg (Graphem- Phonem-Zuordnung) FehlerhaftesErkennen von Regelmäßigkeiten und entsprechender Abruf (orthographisches Lexikon) Bsp.: Pseudohomophon-Aufgaben Boot Boht
23 3) Neuropsychologische Aspekte Schrift Zwei-Wege- Modell: Merkmalsextraktion Buchstabenidentifikation Orthographi- sches Lexikon direkt = indirekt = unmittelbar vermittelt Semantisches System Phonologisches Lexikon Graphem- Phonem- Zuordnung Verlangsamte Benennung Phonem- System Sprache
24 3) Neuropsychologische Aspekte Fallbeispiel: Mathias abweichende phonologisches mangelndes ortho- verlangsamte Repräsentation Defizit -graphisches Wissen Benennung Welche konkreten neuropsychologischen Abweichungen könnten hier bestehen? abweichende Repräsentation in der Graphem-Phonem-Zuordnung st / sp schdreiche = streiche; schprind = springt defizitäres phonologisches Bewusstsein Regelfehler, mangelhafte alphabetische Strategie Bsp.: Möke = Mücke verlangsamte Benennung
25 4) Soziale Zusammenhänge Fallbeispiel: Simon Welche sozialen Moderatorvariablenfallen euch hier besonders auf?
26 4) Soziale Zusammenhänge Die Mutter: neuen Lebensgefährten Simon kommt werde mit ihm noch mit dessen Sohn zurecht Konflikt mit Mutter/ diese völlig überfordert. Familiäre Situation/ Mutter-Kind-Interaktion
27 4) Soziale Zusammenhänge Die Mutter: neuen Lebensgefährten Simon kommt werde mit ihm noch mit dessen Sohn zurecht Konflikt mit Mutter/ diese völlig überfordert. Familiäre Situation/ Mutter-Kind-Interaktion Seit Simon in Nachmittagsbetreuung: zuverlässigere Hausaufgabenerledigung. Wohnbedingungen
28 4) Soziale Zusammenhänge Die Mutter: neuen Lebensgefährten Simon kommt werde mit ihm noch mit dessen Sohn zurecht Konflikt mit Mutter/ diese völlig überfordert. Familiäre Situation/ Mutter-Kind-Interaktion Seit Simon in Nachmittagsbetreuung: zuverlässigere Hausaufgabenerledigung. Wohnbedingungen Simon sehr viel Zeit alleine zu Hause: vor Computer bei Kriegs-/ Strategiespielen. Häufigkeit außerschulischen Lesens/ Fernsehund PC-Konsum
29 4) Soziale Zusammenhänge weitere soziale Moderatorvariablen: Sozioökonomischer Status Dauer und Ausmaß der Armut entscheidend Begrenztheit der zeitlichen/ personellen Ressourcen, Anzahl der Bücher zu Hause, Familiengröße Bildungsniveau der Eltern kognitive Förderung Lesegewohnheiten in der Familie
30 Vom Verständnis zum Handeln Literatur: Hasselhorn, M., Schuchardt, K. & Mähler, C. (2010). Phonologisches Arbeitsgedächtnis bei Kindern mit diagnostizierter Lese- und/ oder Rechtschreibstörung. Zum Einfluss von Wortlänge und Lexikalität auf die Gedächtnisspanne. Zeitschrift für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie, 42 (4), Klicpera, C., Schabmann, A. & Gasteiger-Klicpera, B. (2007). Legasthenie Modelle, Diagnose, Therapie und Förderung. München: Ernst Reinhardt Verlag, S Lenhard, W. & Küspert, P. (2009). Legasthenie und Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Fallgeschichten aus der Praxis. Würzburg: Edition Bentheim. Ligges, C. & Blanz, B. (2007). Übersicht über Bildgebungsbefunde zum phonologischen Defizit der Lese- Rechtschreibstörung bei Kindern und Erwachsenen: Grundlegende Defizite oder Anzeichen von Kompensation? Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 35 (2), Schneider, A., Esser, G. & Sommerfeld, G. (2003). EEG-Kohärenzanalyse zur Untersuchung eines Automatisierungsdefizits bei Lese-Rechtschreibstörung eine Pilotstudie. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 31 (4), Schulte-Körner, G., Warnke, A. & Remschmidt, H. (2006). Zur Genetik der Lese-Rechtschreibschwäche. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 34 (6), Schulte-Körner, G. (2011). Lese- und Rechtschreibstörung im Schulalter. Neuropsychologische Aspekte. Zeitschrift für Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie, 59 (1), Warnke, A., Hemminger, U., Roth, E. & Schneck, S. (2002). Ursachen der Legasthenie wie können wir die Lese-Rechtschreibstörung erklären. In A. Warnke, U. Hemminger, E., Roth & S. Schneck (Hrsg.), Legasthenie Leitfaden für die Praxis, Göttingen: Hogrefe-Verlag, S
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