Lösungsskizze zum Abschlußfall Bürgschaft
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- Lieselotte Roth
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1 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig Lösungsskizze zum Abschlußfall Bürgschaft 1 A. Allgemeines Die Klausur beschäftigt sich im wesentlichen mit der Bürgenhaftung sowie den Rückgriffsansprüchen des Bürgen gegenüber dem Schuldner und einem weiteren Bürgen. Diese Klausur ist von mittlerem Schwierigkeitsgrad. Die Aufgabestellung und die Reihenfolge der Bearbeitung ergeben sich aus den zwei gestellten Fragen, wobei die Reihenfolge einzuhalten war, da die Fragen aufeinander aufbauen. Der Umfang der Aufgabe orientiert sich an einer fünfstündigen Bearbeitungszeit, jedoch liegt sie an der Grenze dessen, was insgesamt bearbeitet werden kann. B. Lösungsskizze 1. Frage: Ansprüche der S gegen B und O. I. Ansprüche der S gegen B Abs. 1 BGB a) Bürgschaftsvertrag zwischen S und B. Durch den Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge nach 765 Abs.1 BGB gegenüber dem Gläubiger eines Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen. Die Einstandspflicht kann auch für eine künftige Verbindlichkeit übernommen werden ( 765 Abs. 2 BGB). Dabei kennzeichnet sich die Haftung des Bürgen dadurch, daß eine selbständige Schuld des Bürgen entsteht, die sich aber als akzessorische Verbindlichkeit an eine fremde, die Hauptschuld, anlehnt (vgl. Abgrenzung des Schuldbeitritts zur Bürgschaft Reinicke/Tiedtke Kreditsicherung, 4. Aufl. Rd. 4; Palandt/Heinrichs Überbl. v. 414 Rd. 4.). Inhalt des Bürgschaftsvertrages ist die Einigung zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger über die Person des Hauptschuldners sowie die fremde Schuld, für die gebürgt werden soll. aa) Einigung am Fraglich ist, ob B bereits am eine wirksame Bürgschaftserklärung abgegeben hat. Die Bürgschaftserklärung als Angebot ( 145 BGB) setzt voraus, daß in ihr sämtliche Bestandteile enthalten sind, die zur Schließung des Vertrages notwendig sind. Das Angebot muß inhaltlich so bestimmt sein, daß die Annahme durch eine bloße Zustimmung des anderen erfolgen kann. Wesentliche Bestandteile des Bürgschaftsvertrages (essentialia negotii) sind der Verbürgungswille des Bürgen, die Person des Hauptschuldners und des Gläubigers sowie die fremde Schuld, für die gebürgt werden soll (vgl. Palandt/Sprau 765 Rd. 6.). Am hat B lediglich ein Bürgschaftsformular ohne die Angabe des Betrages, für den er sich verbürgen wollte, unterschrieben. Für ein wirksames Angebot fehlte damit die Angabe der Bürgschaftssumme, so daß kein wirksames Angebot auf Abschluß eines Bürgschaftsvertrages vorlag. bb) Einigung am
2 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 2 B könnte jedoch am eine den inhaltlichen Anforderungen entsprechende Bürgschaftserklärung abgegeben haben. B teilt S am mit, daß er sich in Höhe von Euro gegenüber S für die Hauptschuld des M verbürgen will. In dieser Bürgschaftserklärung sind alle wesentlichen Bestandteile einer Bürgschaft enthalten, so daß B ein Angebot im Sinne des 145 BGB abgegeben hat. Dieses Angebot hat S durch die entsprechende Ergänzung des Bürgschaftsformulars zumindest konkludent angenommen. b) Schriftform gem. 766 S. 1 BGB Grundsätzlich bedarf die Bürgschaftserklärung der Schriftform gem. 766 S. 1, 126 Abs. 1 BGB. Wird die Schriftform nicht eingehalten, ist die Erklärung gem. 125 S. 1 BGB nichtig. Ausnahmsweise ist die Schriftform jedoch gem. 350 HGB entbehrlich. aa) Entbehrlichkeit der Schriftform gem. 350 HGB Die Bürgschaftserklärung bedarf gem. 350 HGB nicht der Schriftform des 766 S. 1 BGB, wenn die Bürgschaft auf der Seite des Bürgen ein Handelsgeschäft i.s.d. 343, 344 HGB ist. Gem. 343 Abs. 1 HGB sind Handelsgeschäfte alle Geschäfte eines Kaufmanns, die zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehören. B ist als Gemüsegroßhändler gem. 1 Abs. 1 u. Abs. 2 HGB Kaufmann. Gem. 344 Abs. 1 HGB gelten die von einem Kaufmann vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betriebe seines Handelsgewerbes gehörig. Diese Vermutung ist jedoch widerlegbar. Die Widerlegung zum Nachteil des Geschäftspartners, hier S, setzt voraus, daß dieser den privaten Charakter des Geschäfts kannte oder kennen mußte (BGH WM 1976, 424, 425; Baumbach/Hopt, 30. Aufl. 344, Rd.3). Zwar hat B die Verhandlungen in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang zu seinen eigenen Bankgeschäften getätigt, jedoch weiß S, daß die Bürgschaft allein im Interesse des M abgegeben wurde. Daher ist davon auszugehen, daß die Bürgschaft eine Privatangelegenheit des B ist. Folglich greift 350 HGB nicht ein, so daß die Bürgschaftserklärung des B der Schriftform gem. 766 S. 1 BGB bedarf. bb) Form des 766 S. 1. i.v.m. 126 Abs. 1 BGB Zur Wahrung der Schriftform i.s.d. 766 S. 1 BGB ist die eigenhändige Unterschrift des Bürgen unter die Bürgschaftserklärung erforderlich ( 126 Abs. 1 BGB). Fraglich ist, ob die Bürgschaftserklärung des M diesen Anforderungen genügt, da B die Unterschrift bereits am leistete, eine Einigung über die Bürgschaft aber erst telefonisch am vorlag. Ob die Bürgschaftserklärung aufgrund der vorweg blanko gegebenen Unterschrift ohne die Eintragung eines Bürgschaftsbetrages der Schriftform genügt und damit wirksam ist, ist zweifelhaft. Die Schriftform setzt voraus, daß die zu unterschreibende Urkunde inhaltlich vollständig ist und daß der Aussteller die Urkunde unterzeichnet hat. Ist der zu unterschreibende Text nicht vollständig, so wird von einer Blankounterschrift gesprochen (vgl. Palandt/Heinrichs 126 Rd. 6.). Da B die Bürgschaftserklärung bereits am unterschrieben hat, obwohl der Bürgschaftsbetrag in der Erklärung noch nicht eingetragen war, liegt eine sog. Blankettbürgschaft vor. Zwar ist eine Blankounterschrift grundsätzlich zulässig und genügt grundsätzlich der Form des 126 S.1 BGB (BGHZ 22, 128, 132.). Jedoch kann sich aus dem Schutzzweck der Formvorschriften etwas anderes
3 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 3 ergeben. 766 S. 1 BGB stellt besondere Anforderungen an die Form bei einer Bürgschaft. Dem Bürgen soll vor der Unterschriftsleistung bewußt gemacht werden, in welcher Höhe er sich gegenüber dem Gläubiger verbürgt (vgl. BGH NJW 1996, 1467, 1468.). Danach genügt für eine wirksame Bürgschaft die Blankounterschrift des B unter das Bürgschaftsformular nicht. Durch das nachträgliche Einfügen der Bürgschaftssumme von Euro durch einen Mitarbeiter der S könnte nachträglich eine wirksame Bürgschafteerklärung entstanden sein. Zur Vervollständigung der Bürgschaftsurkunde kann der Bürge sich eines Vertreters bedienen, wenn er selbst die Vervollständigung nicht eigenhändig vornehmen kann. Dieser Vertreter bedarf einer Vollmacht ( 167 BGB), die grundsätzlich nicht der Form bedarf und damit formfrei ist, ( 167 Abs. 2 BGB). 167 Abs. 2 BGB ist im Falle der Bürgschaft jedoch teleologisch zu reduzieren. 766 S. 1 BGB dient ausschließlich dem Zweck, den zukünftigen Bürgen vor einer Übereilung zu schützen, nämlich den Bürgen vor den Gefahren der Haftung zu warnen. Daher bedarf auch die Vollmacht zur Eingehung einer Bürgschaft oder die Befugnis zur Ergänzung des Blanketts der Schriftform ( BGH NJW 1996, 1467, 1468 = BGHZ 132, 119ff.). B hat S lediglich telefonisch eine sog. Ausfüllungsermächtigung gegeben, so daß diese Vollmacht nicht der Schriftform genügte. Die Bürgschaftserklärung ist demnach unwirksam komplettiert worden. Folge der fehlenden Schriftform ist die Formnichtigkeit gem. 125 Satz 1. Sollten die Bearbeiter die Formwirksamkeit, entgegen der BGH-Rechtsprechung, angenommen haben, wäre noch 181 BGB anzusprechen gewesen (BGH NJW 1996, 1467, 1468, 181 BGB ist dort als zusätzliches Argument für die vorgenommene Wertung genannt). Denn dadurch, daß ein Mitarbeiter der S das Bürgschaftsformular ausfüllt, könnte ein unzulässiges Insichgeschäft vorliegen. Nach 181 BGB kann ein Vertreter, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht. Da S, vertreten durch ihren Mitarbeiter, als Gläubigerin und zugleich Vertreterin des B handelte, liegt ein unzulässiges Insichgeschäft vor. Eine Ausnahme, etwa durch eine Gestattung des B oder die Erfüllung einer Verbindlichkeit, ist nicht anzunehmen. Daher ist der Bürgschaftsvertrag auch unter dem Gesichtpunkt der Stellvertretung des B durch den Mitarbeiter der S unwirksam, so daß keine wirksame Einigung über die Bürgschaft zustande gekommen ist. cc) Unzulässige Berufung auf die Formunwirksamkeit, 242 BGB Eine mißbräuchliche Berufung des B auf die Formunwirksamkeit der Bürgschaft liegt nicht vor. Nur wenn der Gläubiger auf die Formwirksamkeit der Urkunde vertraute, etwa weil die nachträgliche Hinzufügung des Betrages durch einen Dritten erfolgte, müßte der Bürge die Erklärung aus Vertrauensschutzgesichtspunkten analog 172 Abs. 2 BGB gegen sich gelten lassen (vgl. BGHZ 132, 119, 127f.). Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gläubiger selbst die Ausfüllung, wie im vorliegenden Fall nach dem Telefonat, vorgenommen hat. 2. Ergebnis: S hat gegenüber B keinen Anspruch auf Zahlung von Euro.
4 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 4 Anmerkung: Die Umdeutung ( 140 BGB) einer formunwirksamen Bürgschaft in einen Schuldbeitritt verstößt gegen den Schutzzweck des 766 BGB und ist daher ausgeschlossen (Palandt/Heinrichs Überbl. v. 414 Rd. 4 a. E.). II. Ansprüche S gegen O Abs. 1 BGB a) Bürgschaftsvertrag (+) b) Schriftform gem. 766 S. 1 BGB (+) c) Unwirksamkeit des Bürgschaftsvertrages wegen Anfechtung, 142 Abs. 1 BGB aa) Anfechtungserklärung gem. 143 Abs. 1 BGB, (+) bb) Anfechtungsgründe gem. 119 Abs. 2 und 123 Abs. 1 BGB (1) 119 Abs. 2 BGB O ficht an, weil er sich über die Kreditwürdigkeit des M geirrt habe. Es handelt sich um einen Irrtum über die Eigenschaft einer Person, mithin die Kreditwürdigkeit des M. Fraglich erscheint jedoch, ob der Bürge die Bürgschaft wegen eines Irrtums über die Kreditwürdigkeit des Schuldners anfechten kann. Im Hinblick auf die Bürgschaft ist das Anfechtungsrecht gem. 119 Abs. 2 BGB dahingehend einzuschränken, daß der Bürge nicht wegen eines Irrtums hinsichtlich der Kreditwürdigkeit des Schuldners anfechten kann, da die Bürgschaft gegenüber dem Gläubiger gerade dieses Risiko abdecken soll. Insoweit ist das Anfechtungsrecht nach 119 Abs. 2 BGB durch die Besonderheiten der Bürgschaft abbedungen. Damit besteht kein Anfechtungsgrund gem. 119 Abs. 2 BGB (zur überwiegenden Ansicht vgl. MünchKomm/Habersack 3. Aufl. 765 Rd. 37; Palandt/Sprau 765 Rd. 4; widersprüchlich dazu Palandt/Heinrichs 119 Rd. 26 mit Bezug auf BayOblG DB 1988, 1846, 1847, das in einem Nebensatz die Anfechtungsmöglichkeit nach 119 Abs. 2 BGB anspricht.) (2) 123 Abs. 1 und Abs. 2 BGB O kann den Bürgschaftsvertrag mit S gem. 123 BGB nur dann anfechten, wenn ihr die Täuschung des M, also eines Dritten, zuzurechnen ist. Die Täuschung des Dritten ist dem anderen Vertragspartner dann zuzurechnen, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte ( 123 Abs. 2 S. 1 BGB). Da S weder Kenntnis noch fahrlässige Unkenntnis von der fehlenden Kreditwürdigkeit des M hatte, muß S sich die Täuschung des M nicht zurechnen lassen. d) Wegfall der Geschäftsgrundlage Unter dem Gesichtspunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage stellt sich die Frage, ob der Bürge sich darauf berufen kann, daß der Hauptschuldner das Darlehen nicht zurückzahlen kann. Dabei ist zunächst zu fragen, ob die Kreditwürdigkeit des M Geschäftsgrundlage des Bürgschaftsvertrages geworden ist. Dies ist wohl zu verneinen, da die Bürgschaft gerade das Risiko der Kreditwürdigkeit des Hauptschuldners auf den Bürgen abwälzt. Würde man diesen Gesichtspunkt zur beachtlichen Geschäftsgrundlage machen, würde sich die Risikoverteilung umkehren (vgl. Palandt/Sprau 765 Rd. 11.).
5 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 5 e) Einwendungen aus 242 BGB Möglicherweise hat S gegenüber B eine vorvertragliche Aufklärungspflicht aus der Anbahnung des Bürgschaftsverhältnisses durch die nicht erfolgte Information über die desolate finanzielle Lage des M verletzt, die B gem. c.i.c. ein Schadenersatzrecht geben würden. (vgl. Palandt/Sprau 768 Rd. 1.) Eine Pflichtverletzung der S in Form einer Aufklärungspflichtverletzung ist aber nicht ersichtlich, da S die Insolvenz des M nicht kannte. 2. Bürgschaftsfall (+) 3. Einrede aus 771 BGB Grundsätzlich kann der Bürge die Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange der Gläubiger nicht eine Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede der Vorausklage). Die Einrede der Vorausklage ist in Nr. 7 des Bürgschaftsvertrages abbedungen. Fraglich ist, ob diese Vereinbarung wirksam ist und einer Kontrolle dem Recht der AGB standhält. Es handelt sich um AGB gem. 305 Abs. 1 BGB, früher 1 AGBG, die auch wirksam in den Bürgschaftsvertrag einbezogen ist. In dem Verzicht auf die Einrede der Vorausklage kann keine unangemessene Benachteiligung gem. 307 Abs. 1 BGB, fürher 9 Abs. 1 AGBG gesehen werden, da das Gesetz selbst in 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage als mögliche Gestaltungsform vorsieht (vgl. BGHZ 95, 350, 361.), so daß es sich nicht um einen wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ( 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB, früher 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG) handelt. 4. Rechtsfolge: S hat gegen O einen Anspruch aus der Bürgschaft gem. 765 Abs. 1 BGB in Höhe von Euro. 2. Frage: Ansprüche des B gegen M und O I. Ansprüche des B gegen M 1. Anspruch gem. 670 BGB Zwischen O und M besteht ein Auftragsverhältnis und nicht lediglich ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis, da in der Regel nicht anzunehmen ist, daß der Bürge die Bürgschaft ohne rechtsgeschäftliche Bindung übernimmt. Auch wenn B ursprünglich nicht wirksam Bürge geworden ist, handelt es sich bei seiner Zahlung auch um ein freiwilliges Vermögensopfer im Auftrag des M an S. B hat gegen M daher einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. 670 BGB in Höhe von Euro. 2. Anspruch gem. 774 Abs. 1 S. 1, 488 Abs. 1, früher 607 Abs. 1 BGB B müßte als Bürge gezahlt haben. Wegen der Formunwirksamkeit der Bürgschaft bestand für ihn zwar keine Verpflichtung zur Zahlung. Fraglich ist jedoch, ob B durch die Zahlung der Euro an S Bürge geworden ist. Gem. 766 S. 2 BGB wird durch die Zahlung des Bürgen der Mangel der Form geheilt, so daß B auch der Rückgriffsanspruch des Bürgen gem. 774 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht.
6 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig B hat als Bürge den Gläubiger S befriedigt. Damit geht die Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner im Wege der cessio legis auf ihn über, jedoch nur in Höhe der geleisteten Zahlung (vgl. 774 Abs. 1 S. 1 BGB soweit ). Damit hat B gegen M einen Anspruch auf Zahlung von Euro. 6 II. Ansprüche des B gegen O 1. Anspruch gem. 774 Abs. 2, 426 Abs. 1 S. 1 BGB Ein solcher Rückgriffsanspruch setzt voraus, daß B und O Mitbürgen sind. Ob B und O jedoch Mitbürgen sind ist aber zweifelhaft, da beide nur einen Teil der Forderung der S gegen M durch ihre Bürgschaft sichern. Möglich erscheint daher auch, daß B und O für unterschiedliche Teile der Hauptschuld bürgen. a) B und O als Mitbürgen Nach 769 BGB kann der Gläubiger gem. 421 BGB jeden der Mitbürgen auf die gesamte Bürgschaftssumme in Anspruch nehmen, soweit denn von beiden Bürgen eine solche eingegangen wurde. Dies gilt selbst dann, wenn die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernommen sein sollte. Als Voraussetzungen der Mitbürgschaft verlangt 769 BGB im Gegensatz zu 427 BGB, daß sich mehrere für dieselbe Verbindlichkeit verbürgen. Voraussetzung ist daher die Identität der gesicherten Forderung (vgl. Münch- Komm/Habersack 769 Rd. 2). An der Identität der gesicherten Forderung können schon Zweifel bestehen, da jeder der Bürgen nur für einen Teil der Darlehensumme von Euro haftet. Andererseits soll hier ein und dieselbe Forderung, nämlich die aus dem Darlehensvertrag des M mit S, gesichert werden. 769 BGB kann jedoch auch dahingehend ausgelegt werden, daß die beiden Bürgschaften nicht addiert werden (vgl. Hadding/Häuser/Welter Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts S. 630), d.h. daß der Darlehensbetrag von Euro nur zu Euro besichert ist, allerdings dann gesamtschuldnerisch durch B und O. Gerade dieses Ergebnis wollte S jedoch durch die beiden Bürgschaften über Euro jedoch verhindern. Daher läßt sich die Mitbürgschaft durch die Berücksichtigung der Interessenlage der S mit guter Begründung ablehnen. Werden B und O als Mitbürgen angesehen, hat B gegen O einen Ausgleichsanspruch. Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bemißt sich nach 426 Abs. 1 S. 1 BGB, der den Gesamtschuldnern einen gleichen Anteil auferlegt, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. Damit hätte B gegen O einen Anspruch auf Euro. b) B und O als Bürgen unterschiedlicher Teile der Hauptschuld Eine Teilbürgschaft ist anzunehmen, wenn für Teilbeträge einer einheitlichen, nicht in selbständige Einzelforderungen zerlegte Verbindlichkeit, eine Bürgschaft übernommen wurde. Im Hinblick auf das Bestimmtheitserfordernis müssen Gläubiger und Teilbürge von der Gesamtforderung einen gegenständlich individualisierbaren Teil abgrenzen (vgl. MünchKomm/Habersack 765 Rd. 122.). Die Annahme einer Teilbürgschaft ist aufgrund der oben genannten Erwägungen, nämlich die vollständige Besicherung des gesamten Darlehensbetrages, vorzuziehen. Wenn B und O lediglich Teilbürgen sind, hat B gegen O keinen Ausgleichsanspruch. Denn B hat seine Bürgschaft für den Teil der Hauptverbindlichkeit in Höhe von Euro erfüllt. c) Stellungnahme
7 LEO WS 2004/2005, Kreditsicherungsrecht/Bürgschaft Gunther Thomas / LS Prof. Häuser / Universität Leipzig 7 Beide Ansichten können vertreten werden. Bei der Argumentation sind die Konsequenzen für die Ausgleichsansprüche zu beachten. Einfacher zu vertreten und mit Rücksicht auf das Interesse des Gläubigers wohl auch überzeugender ist die Lösung, daß B und O Bürgen unterschiedlicher Teile sind. 2. Anspruch gem. 774 Abs. 1 S. 1 i.v.m. 412, 401 Abs. 1 und 765 BGB Mit dem Übergang der Hauptforderung gehen auch die für die Forderung bestellten Sicherungsrechte kraft Gesetzes gem. 412, 401 Abs. 1 BGB auf den Bürgen über. Fraglich ist nur, unter welchen Voraussetzungen. Auch hier kommt es auf die Unterscheidung zwischen Mit- und Teilbürgschaft an. a) B und O als Mitbürgen Sind B und O Mitbürgen, geht die Bürgschaft des O auf B in Abweichung von 401 Abs. 1, 412 BGB nur im Verhältnis eines entsprechenden Ausgleichsanspruches über (vgl. MünchKomm/Habersack 774 Rd. 22). Diese Einschränkung ergibt sich aus 426 BGB, der nach 774 Abs. 2 BGB bei Mitbürgen gilt. Danach wäre die Bürgschaft des O in Höhe von Euro auf B übergangen. b) B und O als Teilbürgen Wenn B und O Teilbürgen sind, dann besteht kein Ausgleichsanspruch zwischen den Bürgen, da für den Teil, für den die eigene Sicherheit besteht, keine weitere Sicherheit bestellt wurde, die gem. 412, 401 Abs. 1 BGB übergehen könnte.
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