Profilwalzen. 1. Die G&P GmbH verlangt von der H GmbH Schadensersatz.
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- Ralph Richter
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1 Profilwalzen Die G&P GmbH bestellt beim Hersteller H GmbH zwecks Anfertigung spezieller Profilwalzen eine Maschine im Wert von 1,5 Mio.. Zwischen den Parteien wird als Liefertermin der vereinbart. Bezüglich der Zahlungsmodalitäten enthält der Vertrag die Abrede Kaufpreiszahlungsfrist 20 Tagen ab Lieferung der Maschine. Kurz vor dem Liefertermin teilt die H GmbH der G&P GmbH mit, dass die Maschine aufgrund diverser Schwierigkeiten mit Zuliefererbetrieben erst am fertig gestellt und am geliefert werden könne. Aufgrund dieser Verzögerung entstehen der G&P GmbH, um einen bestehenden Lieferauftrag erfüllen zu können, Mehraufwendungen in Höhe von ,--. Überdies entgeht ihr ein lukrativer Auftrag, der ihr einen Gewinn in Höhe von ,-- beschert hätte. Nachdem die H GmbH die Maschine am liefert, zahlt die G&P GmbH den vereinbarten Kaufpreis erst 120 Tage später. 1. Die G&P GmbH verlangt von der H GmbH Schadensersatz. Zu Recht? 2. Die H GmbH möchte wissen, ob sie gegen die G&P GmbH Zinsansprüche geltend machen kann, und wenn ja, wie hoch der entsprechende Zinssatz ist.
2 2 Lösungsvorschlag: Zu Frage 1 Anspruch der G&P GmbH gegen die H GmbH auf Schadensersatz in Höhe von ,-- nach 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB Die G&P GmbH (im folgenden G genannt) könnte gegen die H GmbH (im folgenden H genannt) einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von ,-- nach 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB haben. A. Anspruch entstanden Dies setzt voraus, dass die Voraussetzungen der 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB erfüllt sind. I. Schuldverhältnis Zunächst müsste zwischen den Parteien G und H ein Schuldverhältnis bestehen. Laut Sachverhalt bestellte die G bei H eine Maschine im Wert von 1,5 Mio.. Folglich liegt zwischen den Parteien ein Schuldverhältnis in Form eines Kaufvertrages nach 433 BGB vor. II. Pflichtverletzung Des Weiteren müsste H nach 280 Abs. 1 BGB eine Pflichtverletzung begangen haben. Der Begriff der Pflichtverletzung bezeichnet nach der Konzeption des Gesetzgebers das objektive Zurückbleiben hinter dem Pflichtprogramm des Schuldverhältnisses. Beim vorliegend in Betracht kommenden Schuldnerverzug des B besteht die Pflichtverletzung nach 286 BGB in der schuldhaften Nichtleistung trotz eines wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruchs und trotz Mahnung. Es stellt sich die Frage, ob hier die Voraussetzungen des 286 BGB erfüllt sind. 1. Vorliegen eines wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruchs Fraglich ist, ob G gegen H einen wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruch gehabt hat. a) wirksamer Anspruch Durch den Kaufvertragsschluss hat G gegen H nach 433 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Maschine erworben. Dieser Anspruch ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte im Sachverhalt auch wirksam (insbesondere lag hier auch kein Fall von Unmöglichkeit im Sinne des 275 Abs. 1 BGB vor). Seite 2 von 7
3 3 b) Fälligkeit des Anspruchs Fraglich ist, ob die Forderung auch fällig war. Unter Fälligkeit versteht man den Zeitpunkt, zu dem der Schuldner leisten muss. Bei der Bestimmung des Fälligkeitszeitpunkts kommt es in erster Linie auf die ausdrücklichen oder konkludenten Parteivereinbarungen an (erst wenn solche nicht ersichtlich sind, kann der Gläubiger nach 271 BGB die Leistung sofort fordern). Zwischen den Parteien wurde als Lieferzeitpunkt der bestimmt. Folglich war der Anspruch des G auch am fällig. c) Durchsetzbarkeit des Anspruchs Weiterhin ist erforderlich, dass der Leistungsanspruch des G auch durchsetzbar ist. Ein Einrederecht seitens des H bestand hier nicht. Mithin ist der Anspruch des G auch durchsetzbar. 2. Vorliegen einer Mahnung Überdies ist nach 286 Abs. 1 BGB das Vorliegen einer Mahnung erforderlich. Die Mahnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige, an den Schuldner gerichtete, eindeutige und bestimmte Aufforderung, mit der der Gläubiger unzweideutig zum Ausdruck bringt, dass er die geschuldete Leistung verlangt. Eine solche Aufforderung ist hier seitens des G nicht erfolgt. Eine Mahnung lag demnach nicht vor. Die grundsätzlich erforderliche Mahnung könnte hier jedoch nach 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich gewesen sein. Nach 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine Mahnung entbehrlich, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Zwischen den Parteien G und H wurde als Liefertermin für die Maschine der vereinbart. Mithin ist hier die Ausnahmeregelung des 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB anwendbar. Einer Mahnung des H durch G bedurfte es wegen der Vereinbarung des Liefertermins somit nicht. 3. Nichtleistung Mit der Nichtleistung nach 286 BGB ist die Nichtvornahme der Leistungshandlung gemeint. Hier hat H zum benannten Liefertermin nicht geliefert. Eine Nichtleistung i.s.d. 286 BGB lag folglich vor. Hinweis: Vertretenmüssen nach 286 Abs. 4 BGB Letzte Voraussetzung des Schuldnerverzugs ist nach 286 Abs. 4 BGB, dass der Schuldner die Leistungsverzögerung zu vertreten hat. 286 Abs. 4 BGB wiederholt im Kern nur die Regel des 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Daher geht die h.m. davon aus, dass 286 Abs. 4 BGB im Rahmen der Schadensersatzhaftung nach 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB nicht relevant ist. Seite 3 von 7
4 4 III. IV. Vertretenmüssen Gemäß 280 Abs. 1 S. 2 BGB ist erforderlich, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat, wobei die Beweislast beim Schuldner liegt. Was der Schuldner zu vertreten hat, ergibt sich im Einzelnen aus 276 bis 278 BGB. Vorliegend macht H geltend, dass die verspätete Lieferung ihre Ursache in diversen Lieferschwierigkeiten der Zuliefererbetriebe hatte. Nach 278 BGB könnte H das Verschulden der Zuliefererbetriebe zugerechnet werden. Dazu ist erforderlich, dass die Zuliefererbetriebe als Erfüllungsgehilfen des H fungiert haben und dass diese wiederum schuldhaft gehandelt haben. Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als dessen Hilfsperson tätig wird (im Gegensatz zu 831 BGB ist nicht Voraussetzung, dass der Gehilfe weisungsabhängig ist, so dass auch selbstständige Unternehmer Erfüllungsgehilfen sein können). H bediente sich der Zuliefererbetriebe, um (u.a.) die Maschine für G anzufertigen. Die Zuliefererbetriebe sind somit als Erfüllungsgehilfe des H zu klassifizieren. Weiter müssten die Zulieferbetriebe schuldhaft gehandelt haben. In Anbetracht der Tatsache, dass Betriebe so organisiert werden müssen, dass Verpflichtungen pünktlich erfüllt werden können, ist hier davon auszugehen, dass den Zuliefererbetrieben zumindest fahrlässiges Verhalten i.s.d. 276 Abs. 2 BGB zur Last fällt. Darüber hinausgehend ist auch hier wiederum die Beweislastumkehr des 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu beachten, so dass H das fehlende Verschulden der Zuliefererbetriebe hätte nachweisen müssen. Dies ist nicht geschehen. H hat seine Pflichtverletzung demnach auch zu vertreten. Schaden Liegen die Voraussetzungen der 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB vor, so kann der Gläubiger vom Schuldner Ersatz des Verzögerungsschadens verlangen. Fraglich ist, ob die hier geltend gemachten Posten als Verzögerungsschaden zu klassifizieren sind. Der Verzögerungsschaden ist jede unfreiwillige Vermögenseinbuße, die dem Gläubiger dadurch entsteht, dass der Schuldner nicht rechtzeitig leistet. Sowohl die Mehraufwendungen als auch der entgangene Gewinn sind unfreiwillige Vermögenseinbußen, die durch die verspätete Lieferung der Maschine auch adäquat kausal verursacht wurden. Seite 4 von 7
5 5 Nach 249 Abs. 1 BGB ist der Gläubiger so zu stellen, wie er stünde, wenn das schädigende Ereignis (der Verzug) nicht eingetreten wäre. Dementsprechend sind hier die Mehraufwendungen i.h.v ,-- zu ersetzen. Nach 252 BGB umfasst der zu ersetzende Schaden auch den entgangenen Gewinn, vorliegend ,--. B. Anspruch untergegangen / durchsetzbar Der Anspruch ist weder untergegangen, noch steht laut Sachverhalt seiner Durchsetzbarkeit etwas im Wege. Ergebnis: G hat gegen H einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von ,-- nach 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB. Zu Frage 2* Anspruch des H gegen G auf Zinszahlung nach 288 Abs. 1 S. 1 BGB H könnte gegen G ein Anspruch auf Zinszahlung nach 288 Abs. 1 S. 1 BGB haben. A. Anspruch entstanden Tatbestandsvoraussetzungen für den Anspruch auf Verzugszinsen nach 288 Abs. 1 S. 1 BGB sind der Verzug nach 286 BGB sowie das Vorliegen einer Geldschuld. I. Vorliegen eines Verzugs nach 286 BGB Mithin müsste sich G mit seiner Leistungspflicht in Verzug i.s.d. 286 BGB befunden haben. 1. Vorliegen eines wirksamen, fälligen und durchsetzbaren Anspruchs Aus dem Kaufvertrag mit B resultiert die Pflicht des G nach 433 II BGB zur Kaufpreiszahlung. Dieser Anspruch des B ist wirksam. Als Fälligkeitstermin bestimmten die Vertragsparteien 20 Tage ab Lieferung, folglich hier den Der Anspruch des B war auch durchsetzbar. 2. Vorliegen einer Mahnung Überdies ist nach 286 Abs. 1 BGB das Vorliegen einer Mahnung erforderlich. Eine Mahnung des B liegt hier nicht vor. Eine Mahnung könnte durch die Vertragsabrede Kaufpreiszahlungsfrist 20 Tage ab Lieferung der Maschine nach 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB entbehrlich sein. Seite 5 von 7
6 6 Eine Mahnung ist nach 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht erforderlich, wenn der Leistung ein bestimmtes Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von diesem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt. Als derartiges Ereignis kommt auch die Lieferung von Waren in Betracht. Die Voraussetzungen des 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB liegen vor. Das Mahnungserfordernis ist im konkreten Fall mithin entbehrlich. Hinweis: Die Mahnung ist nur die regelmäßige Voraussetzung des Verzuges; tatsächlich dürften in der Praxis zahlenmäßig die Fälle überwiegen, in denen aus unterschiedlichen Gründen eine Mahnung entbehrlich ist. 3. Nichtleistung Mit der Nichtleistung nach 286 BGB ist die Nichtvornahme der Leistungshandlung gemeint. Vorliegend hat G erst 100 Tage später gezahlt. 4. Vertretenmüssen nach 286 Abs. 4 BGB Letzte Voraussetzung des Schuldnerverzugs ist nach 286 Abs. 4 BGB, dass der Schuldner die Leistungsverzögerung zu vertreten hat, wobei das Vertretenmüssen wie bei 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet wird. G hat hier nichts zur Entlastung vorgetragen. Mithin ist davon auszugehen, dass er die Nichtzahlung zu vertreten hat. II. III. Vorliegen einer Geldschuld Die Verpflichtung des G lag in der Zahlung von 1,5 Mio.. Zinsberechnung Eine Geldschuld ist nach 288 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB während des Verzugs grundsätzlich mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Nur wenn es sich um Entgeltforderungen aus einem Rechtsgeschäft handelt, an denen kein Verbraucher i.s.d. 13 BGB beteiligt ist, beträgt der Zinssatz nach 288 Abs. 2 BGB neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Vorliegend sind sowohl G als auch H Unternehmer i.s.d. 14 BGB. Der Zinssatz beträgt hier folglich neun Prozentpunkte über dem Basiszins. Der Basiszins beträgt nach 247 Abs. 1 BGB 3,62%. 1 Demnach ist die Geldschuld des G mit 12,62% zu verzinsen. 1 Für die Klausur reicht dieser Wert. Exkurs (nicht klausurrelevant!): Tatsächlich sind die 3,62 % nur eine Ausgangsgröße, von der aus der Basiszinssatz halbjährlich neu berechnet wird, vgl. 247 Abs. 1 S. 2 und 3. Schon bei Inkrafttreten der Norm ( ) betrug der Basiszinssatz lediglich für eine logische Sekunde 3,62 % und ab 0.00 Uhr 2,57 % (vgl. MüKo BGB/Grundmann, 247, Rn. 8). Entscheidend ist gem. Abs. 1 S. 2 und 3 die absolute Veränderung des Zinssatzes der EZB für Hauptrefinanzierungsgeschäfte, der der Basiszinssatz Seite 6 von 7
7 7 (In absoluten Zahlen: ((0,1262 * ,--) / 360) * 100 = , 33 ) B. Anspruch untergegangen / durchsetzbar Der Anspruch ist weder untergegangen, noch steht laut Sachverhalt seiner Durchsetzbarkeit etwas im Wege. Ergebnis: H hat gegen G nach 288 Abs. 1 S. 1 BGB einen Anspruch auf Verzinsung der 1,5 Mio mit 12,62 % p.a., dies entspricht einem Anspruch i.h.v ,33 Euro. *) Frage 2 fragt nur nach Zinsansprüchen. Wäre die Frage offener formuliert (etwa: Kann H den Ersatz seiner Verzugsschäden verlangen? ), müsste auch noch der Anspruch aus 288 Abs. 5 geprüft werden: H könnte gegen G einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale i.h.v. 40 Euro aus 288 Abs. 5 S. 1 BGB haben. I. Entgeltforderung (+) s.o. II. Verzug des Schuldners -> Voraussetzungen des 286 (+) s.o. III. Schuldner muss Unternehmer i.s.d. 14 BGB sein (+) Ergebnis: H hat gegen G einen Anspruch auf Zahlung der Verzugspauschale i.h.v. 40 Euro aus 288 Abs. 5 S. 1 BGB. (Dieser Anspruch besteht neben dem Anspruch auf Verzugszinsen, sodass H letztlich ,33 Euro verlangen kann.) folgt. Die Bekanntgabe durch die DBB im Bundesanzeiger ( 247 Abs. 2 BGB) hat nur deklaratorische Bedeutung. Den geltenden Basiszinssatz können Sie unter abrufen. Er ist derzeit negativ (-0,83 %). Im vorliegenden Fall muss G daher 9% - 0,83 %, also 8,17 % Zinsen p.a. zahlen (was angesichts der aktuell niedrigen Zinsen für Kapitalanlagen kein schlechtes Geschäft für H ist). Seite 7 von 7
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