Arbeitsmaterialien. Gesetzestext: BGB (DTV). Hans-Joachim Musielak, Grundkurs BGB, 6. Auflage, München 1999.
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1 Arbeitsmaterialien Gesetzestext: BGB (DTV). Lehrbuch: Hans-Joachim Musielak, Grundkurs BGB, 6. Auflage, München 1999.
2 Juristische Kernaufgabe fl Bewertung eines rechtlichen Lebenssachverhalts 1. Perspektiven bei dieser Bewertung a) ex post-perspektive (= nachträglich), dergestalt arbeitet insbesondere der Richter b) ex ante-perspektive (= im voraus), dergestalt arbeiten vor allem Rechtsanwälte, Notare und Firmenjuristen bei der Vertragsgestaltung 2. Grundlagen dieser Bewertung a) Normen (Gesetze) des Privatrechts b) Normen (Gesetze) des Strafrechts c) Normen (Gesetze) des öffentlichen Rechts d) Normen (Gesetze) des europäischen Rechts
3 Schwierigkeiten beim Umgang mit Gesetzen 1. Richtiges Verständnis (Interpretation) des Gesetzeswortlauts, d.h. insbesondere, daß der Gesetzgeber Worte in einem anderen Sinn gebrauchen kann, als es üblicher Weise in der Umgangssprache geschieht. 2. Zusammenspiel der einschlägigen Normen, d.h. kein Fall läßt sich nur anhand einer einzigen Norm lösen. Vielmehr ergibt sich die Lösung regelmäßig erst aus einem komplexen Zusammenspiel von Normen.
4 Ausgangspunkt jeder Fallösung fl Anspruchsgrundlagen = Normen, die besagen daß einer Person (Gläubiger) unter bestimmten Voraussetzungen (Tatbestandsmerkmalen) ein Anspruch auf einen bestimmten Gegenstand (Rechtsfolge) gegen eine andere Person (Schuldner) zusteht. Diese Orientierung führt zu drei wesentlichen Arbeitsschritten: 1. Aus der Menge der Anspruchsgrundlagen, die im BGB enthalten sind, wählen wir zur näheren Prüfung diejenige aus, die den Zielen des Gläubiger entspricht. 2. Danach prüfen wir, ob der gegebene Lebenssachverhalt alle Tatbestandsmerkmale der (mit Blick auf die Rechtsfolgen passend) passenden Anspruchsgrundlage erfüllt. 3. Gegebenenfalls prüfen wir weiter, ob der zunächst bejahte Anspruch letztlich daran scheitert, daß eine (Gegen-)Norm die Anwendung der Anspruchsgrundlage ausschließt (diese quasi neutralisiert).
5 Zwei unterschiedliche Hauptgruppen von Anspruchsgrundlagen vertragliche Anspruchsgrundlagen deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen
6 823 BGB: Schadensersatz als Anspruchsziel (1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. 635 BGB: Schadensersatz als Anspruchsziel Beruht der Mangel des Werkes auf einem Umstand, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Besteller statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. 276 BGB: Keine Anspruchsgrundlage (1) Der Schuldner hat, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt. (...) 249 BGB: Keine Anspruchsgrundlage Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist wegen einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen.
7 Gliederung des BGB in fünf Bücher 1. Allgemeiner Teil 2. Recht der Schuldverhältnisse 3. Sachenrecht 4. Familienrecht 5. Erbrecht
8 Insbesondere das zweite Buch: Recht der Schuldverhältnisse 1. Erster Abschnitt und Dritter bis sechster Abschnitt gelten für vertragliche und gesetzliche Schuldverhältnisse (Klammerprinzip) 2. Zweiter Abschnitt gilt nur für vertragliche Schuldverhältnisse 3. Siebenter Abschnitt a) Erster bis zehnter Titel besondere Vertragstypen b) Elfter bis vierundzwanzigste Titel (blenden wir einstweilen aus) c) Fünfundzwanzigste Titel unerlaubte Handlungen
9 Zustandkommen von Verträgen Frage: Wo ist das Zustandekommen von Verträgen geregelt? Antwort: Naheliegender Irrtum: zweites Buch, zweiter Abschnitt Richtige Lösung: erstes Buch, dritter Abschnitt Erklärung: Verträge fallen unter den Oberbegriff des Rechtsgeschäfts Rechtsgeschäfte sind in allen fünf Büchern des BGB geregelt (Bsp.: Kaufvertrag im zweiten Buch, Bestellung einer Hypothek im dritten Buch, Ehevertrag im vierten Buch, Testament im fünften Buch) Klammerprinzip: Regelungen die im Ersten Buch des BGB stehen, gelten für alle weiteren Bücher des BGB.
10 Willenserklärung Rechtsgeschäft Vertrag Willenserklärung bedeutet die Äußerung eines Rechtsfolgewillens Rechtsgeschäft ist der Gesamttatbestand, der vorliegen muß, damit eine bestimmte Rechtsfolge eintritt (= mindestens eine Willenserklärung plus weitere Tatbestandsmerkmale) Vertrag ist ein Unterfall des Rechtsgeschäfts; ein Vertrag kommt durch zwei korrespondierende (auf einander bezogene) Willenserklärungen zustande. Der Vertrag ist also ein mehrseitiges Rechtsgeschäft. Die mit der 1. Willenserklärung geäußerte Rechtsfolge (z.b. Abschluß eines Kaufvertrages) tritt erst ein, wenn eine andere Person im Rahmen der 2. Willenserklärung einen dazu korrespondierenden Rechtsfolgewillen geäußert hat.
11 Tatbestand der Willenserklärung objektiver Tatbestand Der objektive Tatbestand der Willenserklärung ist dann gegeben, wenn sich eine Äußerung (schriftlich, mündlich oder konkludent) aus der Sicht eines objektiven Betrachters als Kundgabe eines Willens darstellt, der auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtet ist (Rechtsbindungswille). subjektiver Tatbestand 1) Handlungswille = das Verhalten ist vom Willen gesteuert + 2) Erklärungsbewußtsein = der Erklärende ist sich des rechtsgeschäftlichen Charakters seiner Äußerung bewußt + 3) Geschäftswille = der Erklärende will innerlich genau dasjenige, was er äußerlich erklärt
12 Abgabe der Willenserklärung bei nicht-empfangsbedürftigen Willenserklärungen Vollendung der Erklärungshandlung (z.b. Fertigstellung eines Schriftstücks) bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen Vollendung der Erklärungshandlung + Der Erklärende hat das seinerseits erforderliche getan, damit die Erklärung den Adressaten erreichen kann (z.b. Absenden einer ). fl Zugang der Willenserklärung erforderlich Zugang der Willenserklärung Zugang unter Abwesenden Die Erklärung muß in verkehrsüblicher Weise dergestalt in den Machtbereich des Empfängers gelangen, daß er unter normalen Umständen davon Kenntnis nehmen kann. Zugang unter Anwesenden Der Empfänger hat sie nicht nur irgendwie vernommen, sondern auch verstanden. Jedoch genügt es, wenn für den Erklärenden nach der Art seiner Erklärung vernünftiger Weise keine Zweifel an der richtigen Vernehmung bestehen konnten.
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