Scherze, Scheingeschäfte, Formerfordernisse
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- Sylvia Jasmin Flater
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1 Scherze, Scheingeschäfte, Formerfordernisse BGB BGB (Letzte Folie zur Wirksamkeit/Unwirksamkeit von Willenserklärungen) Lehrstuhl für Zivilrecht, Wirtschaftsrecht, Geistiges Eigentum Prof. Dr. Michael Hassemer
2 Wiederholung: Voraussetzungen einer wirksamen Willenserklärung 1. Tatbestand der Willenserklärung a) Objektiv und subjektiv b) Zugang c) Auslegung von Willenserklärungen 2. Wirksamkeitshindernisse a) Anfechtung b) Geschäftsfähigkeit c) Gesetz- und Sittenwidrigkeit d) Scherze, Scheingeschäft e) Form Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 2
3 Willenserklärungen in den BGB Unterscheiden: 1. Unbewusstes Auseinanderfallen von objektiv Erklärtem und subjektiv Gewolltem Irrtum, 119 I BGB bekannt seit dem Anfechtungsrecht 2. Bewusstes Auseinanderfallen von objektiv Erklärtem und subjektiv Gewolltem BGB Mangel an Ernstlichkeit, 118 BGB BGB Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 3
4 Die Auktion Fritz stößt bei Ebay auf eine Versteigerung, bei der sein Erzfeind Klaus bietet. Nur um Klaus zu ärgern, bietet Fritz in der Hoffnung, die Ware auf diese Weise für Klaus teurer machen zu können. Wider Erwarten geht Klaus nicht mit, und Fritz bekommt den Zuschlag. Gegenüber dem Versteigerer Valentin beruft Fritz sich auf seine Privatautonomie ( habe ich nicht gewollt ) und verweigert die Zahlung. Anspruch des Valentin gegen Fritz? Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 4
5 Zum Eber Stefan speist im 5-Sterne-Restaurant Zum Eber. Als der Kellner Kuno Stefans Suppe mit dem Daumen im Teller serviert, lässt Stefan den Geschäftsführer Gustav rufen und beginnt, sich bei diesem so lautstark zu beschweren, dass andere Gäste aufmerksam werden. Geschäftsführer Gustav ruft den Kellner Kuno zu sich und sagt zu ihm, nur um Stefan zu beruhigen, mit einem Augenzwinkern: Sie sind entlassen, holen sie sich ihre Papiere ab! Kuno nimmt die Kündigung ernst und geht. Ist die Kündigung wirksam? Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 5
6 BGB 116 Vorbehalt Eine Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie einem anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt. Mentalreservation ( Böser Scherz ) 116 BGB: Je nach Kenntnis des Empfängers (ähnlich natürlicher Auslegung) Hieraus die Lösung zu Die Auktion Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 6
7 Scherzerklärung, 118 BGB 118 Mangel der Ernstlichkeit Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist nichtig. Gut gemeinter Scherz 122! Hieraus: Zum Eber Worin unterscheiden sich 116 und 118 BGB? Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 7
8 Moderne Didaktik In der Vorlesung Zivilrecht kauft der Dozent Hans Hasselmeier dem Studenten Gerd Genügsam für einen Euro dessen BGB ab und lässt es sich übereignen, um den Studierenden zu erklären, wie das Abstraktionsprinzip funktioniert. Gerd Genügsam ist traurig, weil er glaubt, Hasselmeier habe ihm das BGB ernstlich abgekauft. Er besorgt sich für 5,50 ein neues. Rechtslage? Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 8
9 Scheingeschäft (1) Wird eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen Einverständnis nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig. (2) Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung. Simulationsgeschäft, Schwarzkauf Ebay: Scheinbieter. Hierzu später mehr (Notar) Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 9
10 Formerfordernisse Vorschriften BGB (AT) Sondervorschriften für die einzelnen Rechtsgeschäfte im Schuldrecht (z. B. 311 b BGB) Regel/Ausnahme (Hoeneß, Ribéry) Andere Rechtsordnungen: Kaufverträge schriftformgebunden Gesetzliche und rechtsgeschäftliche Form Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 10
11 Arten der Form Arten der Form Schriftform eigenhändige Unterschrift 126, 127 BGB Öffentliche Beglaubigung Beglaubigung der Unterschrift 129 BGB Notarielle Beurkundung Überprüfung von Inhalt und Unterschrift 127a, 128 BGB Elektronische Form Textform Unterschrift durch elektronische Signatur ersetzt (Internet) 126a, 127 I, III BGB dauerhafte Wiedergabe von Schriftzeichen ( ) Erklärender erkennbar 126b, Zivilrecht 127 I BGB 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 11
12 Formgebundene Rechtsgeschäfte Beispiele 766 BGB: Bürgschaftserklärung (Schriftform) 355 BGB: Widerruf von Verbraucherverträgen (Textform) 518 BGB: Schenkungsvertrag (notarielle Beurkundung!) 311 b BGB: Immobilien u.a. (notarielle Beurkundung!) 550 BGB: Befristete Wohnraummiete für mehr als ein Jahr (Schriftform) 623 BGB: Kündigung von Arbeitsverhältnissen (Schriftform) 1410 BGB: Ehevertrag (Notar) 2231, 2247 BGB: Testament (eigenhändig) Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 12
13 Funktionen der Form Zweck der Form Beweisfunktion Warnfunktion Beratungsfunktion Beispiele: Mietvertrag, 550 BGB Grundstückskaufvertrag, 311 b I BGB Beispiele: Bürgschaftsvertrag, 766 S. 1 BGB Grundstückskaufvertrag, 311 b I BGB Beispiele: GmbH-Gesellschaftsvertrag, 2 GmbHG Grundstückskaufvertrag, 311 b I BGB Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 13
14 von Formverstößen Nichtigkeit ( 125) Wiederum: zwingendes Recht ( Schutz vor sich selbst ) aber Heilung in Einzelfällen: 311 b I 2, 518 II BGB Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 14
15 Beim Notar Anton und Berthold schließen miteinander einen mündlichen Kaufvertrag über ein Grundstück des Anton zum Preis von Einverständlich geben sie jedoch vor dem beurkundenden Notar einen Kaufpreis von nur an: Das spart Steuern und Notarkosten. Daraufhin wird das Grundstück aufgelassen und Berthold als neuer Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Ansprüche des Anton gegen Berthold auf Bezahlung? Zivilrecht 12 Sommersemester 2015 Prof. Dr. Michael Hassemer 15
Scherze, Scheingeschäfte, Formerfordernisse
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