Diagnostische Möglichkeiten in der Medikamentenallergie
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- Etta Heintze
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1 Diagnostische Möglichkeiten in der Medikamentenallergie Werner J. Pichler Allergologie Klinik für Rheumatologie und klinische Immunologie/Allergologie Inselspital Bern
2 Medikamentenallergie: Diagnostik 3 wesentliche Fragen: Ist es eine Medikamenten- Allergie? Welcher Mechanismus? Welches Medikament ist der Auslöser?
3 1. Ist es eine Medikamentenallergie? Klinik: typisch (Exanthem, Eosinophilie) und/oder untypisch (nur Fieber, nur Hepatitis, nur interstitielle Nierenerkrankung): grosser Krankheitsimitator! Nur Kopfschmerzen, nur Übelkeit sind keine typischen Symptome einer Medikamentenallergie, aber als Begleitsymptome (bei Exanthem) eventuell Zeichen einer generalisierten Reaktion
4 2. Welcher Mechanismus? - immunologisch - pseudoallergisch - autoimmun
5 Diagnose der Medikamentenallergie 1. Schritt Anamnese Anamnese Anamnese Klare Beschreibung des akuten Ereignisses frühere Exposition, Zeitablauf, Symptome zugrundeliegende Krankheit Schweregrad Möglicher Mechanismus: IgE, pseudoallergisch, T-Zellen Alle Medikamente und Alternativpräparate notieren
6 3. Welches Medikament ist der Auslöser? A) Anamnese und Literatur B) Hautteste (prick, i.d., epicutan,...) C) Serologie & Lymphozytentransformationstest Kombiniert! D) Provokationstestung
7 Abklärungen Was ist der Auslöser? Verlauf, zeitlicher Zusammenhang Erfahrung (Compendium...) Referenzbücher (z.b. Zürcher & Krebs) Medline etc. Wahrscheinlichkeit...
8 Weitere Abklärungen mit Tests sind zu empfehlen bei: Schweregrad: Schwere anaphylaktische Reaktionen Schwere T-Zell Reaktionen Schuppende, infiltrierte Exantheme Pusteln, Bullae Schleimhautbeteiligung Systemreaktionen (Leber, Lunge, Niere,...) Provokation: Pseudoallergische Reaktionen: Alternativmedikament Ausschluss einer Allergie od. Kreuzreaktion
9 Weitere Abklärungen mit Tests sind zu empfehlen bei: Unklarheiten (Mehrfachtherapie) Bedarf des gleichen/ähnlichen Medikamentes (z.b. RCM) Desensibilisierungen Wunsch (Verunsicherung) des Patienten, Beratung/fragliche Kreuzreaktionen
10 Diagnostik der Medikamentenallergie (Hautteste und in vitro Teste) IgE Prick, Scratch intradermal Serologie IgE (Penizilline, SMX) Lymphozytentransformationstest (LTT) T-Zellen Epicutan I.d. Spät-Ablesung LTT
11 Wann abklären? Nichtim akuten Stadium Optimal 4-12 Wochen nach Ereignis IgE: im Serum innerhalb 1 Jahres (bei Atopikern oft länger nachweisbar), im Hauttest 1-2 Jahre T-Zellen: variabel, bis zu 20 Jahre später oft noch nachweisbar
12 Fall RB Patient 38j, m, HIV+ Seit 5d Beginn Trizivir (enthält Abacavir, Lamivudin und Zidovudin) Malaise am 5. Tag und minimes Exanthem am linken Arm Stop Therapie am Tag 5
13 Makulopapulöses Exanthem Tag 7/8: Massives Exanthem (makulopapulär) ALAT (207 U/l) Blutbild: Keine Eosinophilie, aktiv.lymphozyten 3% Dg: MPE mit Leberbeteiligung unter Trizivir
14 Fall RB - Verlauf Therapie: topische Steroide, Antihistaminika; Abheilung innerhalb von 6d Trizivir: Dreierkombination Abacavir, Lamivudin und Zidovudin welches Medikament ist Auslöser?
15 Fall RB, Trizivir-Exanthem mit Leberbeteiligung Welches Medikament ist der Auslöser?? Literatur? Hautteste prick, id patch/epicutan? Lymphozytentransformationstest Ca. 5% allergische NW mit Abacavir, seltener mit Lamivudine und Zimuvidine Keine IgE Reaktion id Präparat nicht verfügbar Positive Teste beschrieben mit Abacavir LTT nicht positiv
16 Medikamentenallergieteste Variabilität Zeitfaktor: wichtig bei IgE, manchmal T Zellreaktionen Krankheitsfaktor: je stärker die Reaktion, desto häufiger positiv, aber gewisse Ausnahmen (TEN, Vaskulitis) Art des Medikamentes: Löslichkeit, toxische Wirkung, Penetranz, Metabolismus
17 Epicutan [patch] Test Sensitivität 47% (Hari: prednisolone, acetazolamide, amoxicillin, sulfamethoxazole, ceftriaxone, metronidazole, allopurinol;) 52% (Romano: Amoxicillin) 72% (Barbaud: verschiedene) Spezifität ca. 95% (cave toxische Reaktionen, bestimmte Medikamente z.b. Celecoxib, Clavulansäure)
18 Gefährliche Symptome: 19 jährige Frau, Zoeliakie, DM I mit Neuropathie Tegretol (Carbamazepin; 2x200mg); später Neurontin (Gabapentin 3x300mg) Nach 10 Wochen:
19 Abklärung Gemäss Literatur wäre am wahrscheinlichsten Tegretol Hauttest positiv auf Gabapentin (=Neurontin), negativ auf Carbamazepin LTT positiv auf Gabapentin, negativ auf Carbamazepin Gabapentin Systemische Hypersensitivitätsreaktion (DRESS) auf Gabapentin
20 Skin-Prick/scratch Test Setzt Hapteneigenschaften des Medikamentes voraus (z.b. bei Penizillinen, Cephalosporinen, Pyrazolone); Sensitivität der Penizillintestung (Prick gefolgt von i.d.) a) BPO -PLL: 70% (Gadde, Weiss and Adkinson) b) Amoxicillin + BPO-PLL + MDM-PLL kombiniert ca. 70% (Torres MJ); abhängig von Stärke der Reaktion und Zeitpunkt des Testes, Anaphylaxie > Urtikaria Spezifität > 95%
21 P.K., 50j; Meniskus-Op; perioperativ 750mg Zinazef i.v. Plötzliche Asystolie keine Hautsymptome! Reanimation Positiver scratch Test auf Zinacef (Cefuroxim) Zinazef
22 Intradermal (i.d.) Teste Setzt intradermal applizierbare, sterile Lösung voraus a) für Sofortreaktionen Sensitivität 70 % Spezifität ca. 95% b) für Spätreaktionen (Amoxicillin) Sensitivität % Spezifität 100% Negative Reaktion schliesst eine Medikamentenallergie nicht aus
23 Lymphozyten-Transformationstest (LTT) Proliferation von T-Zellen in Zellkultur mit dem Medikament T APC T T T T T 3H-Thymidine Aufnahme (oder Zytokine-Messung) Interpretation SI > 2 (Stimulationsindex = cpm plus Medikament / cpm minus Medikament) ist Hinweis für eine Sensibilisierung
24 Sensitivität des LTT Retrospektive Analyse (n=923) sichere Allergie (n 100) 74% sehr wahrscheinlich (n 450) 47% nicht wahrscheinlich (n 271) 33% keine Allergie (n 102) 15%
25 Wertigkeit des LTT bei verschiedenen Erkrankungen Häufig positiv: DHS/DRESS (35/36= 97%) Generalisiertes maculopapulöses Exanthem bullöses Exanthema AGEP (Pustulose) Anaphylaxie (generalisierte, schwere Symptome) gelegentlich positiv: Hepatitis* Pancreatitis Nephritis (dependent on type of drug) Interstitielle Lungenerkrankung Urticaria, Angiooedem ) selten untersucht stark von Medikament abhängig
26 Wertigkeit des LTT bei verschiedenen Erkrankungen selten positiv: TEN (- > +) Vasculitis (- > +) Makulöses Exanthem (ohne Zellinfiltration) Guillain-Barré Bluterkrankungen wie ITP, hämolytische Anämie Fixes Arzneimittelexanthem
27 geeignete Medikamente für LTT antibiotics: β-lactams, quinolones, macrolids, sulfonamides, tetracycline, vancomycin+ ) antiepileptics: phenytoin, carbamazepin, lamotrigine, ACE-inhibitors: enalapril, Antituberculous drugs: isoniazid, rifampicin Diuretics: hydrochlorothiazide, furosemide, indapamid, NSAID (Cox 1 and Cox 2 inhibitors): diclofenac, celecoxib, mefenaminic acid, acetaminophen Pyrazolones: propyphenazone HMG-CoA-reductase inhibitors: acrivastatin Morphin-derivatives: pethidin, codein, Radio-contrast media+: iohexol, iopamiro,. Muscle relaxants: suxamethoniumchlorid, Vitamins: cyancobalamin (Vit. B12), folic acid, Contact allergens: p- phenylendiamine, Varia: hydroxymethylcellulose * immer als REINSUBSTANZEN
28 Lymphozyten Transformationstest (LTT) 21 Patienten mit gut dokumentierter Medikamentenallergie; Prospektive Evaluation von LTT und Epikutantests Sensitivität : 67% 14/21 (positiv) 3/4 mit bullösen Hauterkrankungen 1/1 mit urticariellem Exanthem 10/16 mit MPE Spezifität : 98% 1/78 Kontrollkulturen positiv
29 Medikamenten-spezifische T-Zellen sind in 76% der Patienten mit verzögerten Reaktionen nachweisbar LTT: 67% Epicutan: 47% 76% Hari Y. et al., Clin Exp.Allergy 2001
30 Teste kombinieren Medikamentenallergie-Teste haben meist eine geringe Sensitivität, aber sehr gute Spezifität positive Teste sind aussagekräftig - negative Teste sind mit Vorsicht zu interpretieren! - kombiniert eingesetzt gelingt es in einem Grossteil der Patienten (ca 70%) das relevante Medikament zu identifizieren Prick i.d. Patch LTT Identifikation des Auslösers
31 Provokationstest Nur unter kontrollierten Bedingungen Selten positiv - da wegen ethischen Überlegungen selten zum Nachweis, fast stets zum Ausschluss einer Allergie durchgeführt Wichtig um Alternativmedikament zu testen Ein negativer Provokationstest schliesst eine Allergie nicht absolut aus: Neusensibilisierung Fehlende Kofaktoren während der Provokation Dosis und Dauer der Therapie: einmalige gegenüber mehrmaliger Verabreichung
32 Diagnostische Teste in der Medikamentenallergie- - wichtige Grundsätze - 1. Am wichtigsten ist die Anamnese welche Medikamente/Alternativpräparate, Zeitablauf, zugrundeliegende Krankheit 2. Art und Schweregrad der Reaktion gut dokumentieren (LABOR!) 3. Zugrundeliegenden Pathomechanismus (prick bei MPE?, etc.) und Eigenschaften/Nebenwirkungsprofil des Medikamentes beachten 4. Die Sensitivität und Spezifität der diagnostischen Teste ist abhängig vom Zeitintervall seit der Reaktion, vom Medikamenten und der Klinik positive Resultate eher relevant als negative Kein Testresultat, auch keine Provokationstestung ist verlässlich genug um eine eindeutige Klinik in Frage zu stellen
33 Bestellung: SGAI-Sekretariat, Gryphenhübeliweg 40, 3000 Bern
34 Allergiepass (Notfallausweis) Medikament(e) Art, Zeitpunkt, Schweregrad der Reaktion Nachweis der Allergie durch: Anamnese, Hautteste, LTT, Serologie Kreuzreaktionen geprüfte Alternativmedikamente
35 Visit the first drug hypersensitivity conference
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