Whitepaper. Wie erstellt man ein gutes FEM-Modell?
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- Babette Goldschmidt
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1 Whitepaper Wie erstellt man ein gutes FEM-Modell?
2 Wie erstellt man ein gutes FEM-Modell? Die Finite-Elemente-Methode (FEM) wird immer häufiger für Strukturberechnungen eingesetzt. Meistens werden damit Verformungen, Spannungen, Lebensdauer, Schwingungen oder Temperaturen berechnet. Auch die Herstellung des Produktes kann simuliert werden, man kann die Akustik berechnen, das Crashverhalten und viele weitere Effekte. Die FEM beantwortet Fragestellungen wie Wird das Produkt die Designanforderungen erfüllen?, Wird das Produkt halten? oder nachträglich Warum hat es nicht gehalten?. FEM eignet sich für Strukturen, die über eine einfache mit einer analytischen Formel abbildbare Geometrie hinausgehen. Die Geometrie wird vernetzt, das heißt in viele kleine Teile aufgeteilt. Diese Teile heißen Finite Elemente also nicht unendlich kleine, sondern endlich kleine Elemente. Intern wird das Modell durch Differentialgleichungen abgebildet und mit numerischen Verfahren gelöst. Nicht nur FEM-Experten, sondern auch Konstrukteure und Entwickler können mit FEM schnell Ergebnisse liefern. Aber einiges Hintergrundwissen ist nötig, damit die Ergebnisse zuverlässig sind. Eine linear statische FEM-Berechnung benötigt als Input mindestens: Die vernetzte Geometrie Materialwerte (E-Modul und Querdehnzahl) Lasten, z.b. Druck oder Kraft Lagerungen. Normalerweise muss das FEM-Modell statisch bestimmt gelagert sein. In der Praxis ist es meist statisch überbestimmt. Eine linear statische FEM-Berechnung liefert als Ergebnis: Verformungen Spannungen. Bei Metallteilen werden meist Vergleichsspannungen wie von Mises ausgewertet. Lagerkräfte Dehnungen, innere Kräfte und weitere aus den obigen Ergebnissen abgeleitete Ergebnisse Abweichungen von diesem System gibt es bei der Optimierung, z.b.: Man kann als Ergebnis die maximale Kraft ermitteln, die das Design aushält Man kann einen Designraum vorgeben, also einen groben Umriss der Struktur, und die Software schlägt das optimale Design vor Häufig beginnt die Modellerstellung also mit dem Import einer CAD-Geometrie in einen FEM-Preprocessor und mit dem Vernetzen der Geometrie. Es können verschiedene Elementtypen verwendet werden. Bild 1: Die am häufigsten verwendeten Elementtypen Seite 1 von 12
3 Bild 2: Verwendung von 1D-Elementen Bild 3: Verwendung von 2D-Elementen Bild 4: Verwendung von 3D-Elementen Bei Strukturen, wo eine Abmessung deutlich größer ist als die beiden anderen, eignen sich Balkenelemente. Beispiele sind Kräne, Hochregallager oder Versteifungen (Spanten, Stringer) in Flugzeugs- und Schiffsrümpfen. Bei Strukturen, wo eine Abmessung deutlich kleiner ist als die beiden anderen, eignen sich Schalenelemente. Diese Strukturen kommen sehr häufig vor: Flugzeug- und Schiffsrümpfe, Auto-Karosserien, Schweißkonstruktionen im Maschinenbau. Ist keine der Abmessungen einer Struktur deutlich kleiner als die anderen, verwendet man dreidimensionale Elemente. Seite 2 von 12
4 Normalerweise ist eine 3D-Geometrie aus dem CAD verfügbar, die sich auf Knopfdruck automatisch mit Tetraederelementen vernetzen lässt. Warum wählt man also nicht immer diesen einfachsten Weg? - Wegen der Kriterien Rechenzeit und Genauigkeit. Wenn man die Struktur extrem fein mit Tetraederelementen vernetzt, erhält man sicherlich zuverlässige Ergebnisse (abgesehen von Spannungssingularitäten, siehe später). Mit steigender Anzahl der Elemente im Modell steigt jedoch auch die Rechenzeit. Sie ist etwa proportional dem Quadrat der Anzahl der Freiheitsgrade. Freiheitsgrade sind die möglichen Bewegungsrichtungen der Knoten. Jeder Knoten hat zunächst 6 Bewegungsrichtungen: 3 Translationen und 3 Rotationen. Je nach den Elementen, die mit diesem Knoten verbunden sind, gibt es jedoch nur für bestimmte Freiheitsgrade Steifigkeiten. Freiheitsgrade ohne Steifigkeit werden normalerweise intern gleich vor der Berechnung entfernt, so dass sie kaum Rechenzeit verursachen. Dann verbleiben folgende Freiheitsgrade: Solid-Elemente (Tetraeder, Pentaeder, Hexaeder): 3 Freiheitsgrade (3 Translationen) Schalenelemente (Dreieck, Viereck): 6 Freiheitsgrade, wobei es für die Drehung um die Schalennormale je nach Software und Einstellungen ggf. keine Steifigkeit gibt, so dass sich die Anzahl der Freiheitsgrade auf 5 reduziert Balkenelemente: 6 Freiheitsgrade. Es gibt aber auch Stabelemente, die nur 2 Freiheitsgrade (Translation in Längsrichtung und Torsion) haben Ein mit Tetraedern oder Hexaedern vernetztes Modell, das Knoten hat, hat also Freiheitsgrade. Wenn man bei einem Hexaedermodell die vorgegebene Elementkantenlänge halbiert, verdoppelt sich die Elementanzahl in jeder der 3 Richtungen, und man erhält die achtfache Elementanzahl. Es gibt auch quadratische Elemente, die nicht nur Knoten an den Ecken, sondern auch in der Mitte jeder Kante haben und einen quadratischen Berechnungsansatz verwenden. Je nach Software werden häufiger oder weniger häufig quadratische Elemente verwendet. Bei Tetraedermodellen jedoch werden für die Strukturberechnung praktisch immer quadratische Elemente empfohlen, da lineare Tetraeder zu steif sind. Wenn es sich um eine dünnwandige Geometrie handelt, gibt es den Grundsatz, dass mindestens 3 Solid-Elemente durch die Wandstärke verwendet werden müssen, um die Biegespannungen zu berechnen. Das Beispiel in Bild 5 zeigt eine auf beiden Seiten fest eingespannte Platte mit einer Drucklast. Die resultierenden Verformungen sind übertrieben dargestellt. In der Mitte der Platte (weißer Pfeil) werden die Biegespannungen ausgewertet. Bild 5: Beispiel für dünnwandige Geometrie Modell und Ergebnis Seite 3 von 12
5 Die Bilder zeigen die Variante mit nur einem Hexaederelement durch die Wandstärke. Es wurden weitere Varianten mit 3, 6 oder 8 Hexaedern durch die Wandstärke betrachtet, und schließlich zum Vergleich die Vernetzung mit Schalenelementen. Bild 6: Biegespannung über der Dicke für die dünnwandige Geometrie aus Bild 5 Anmerkung: Im Beispiel wird die im Elementmittelpunkt berechnete Spannung verwendet. Verwendet man die auf die Eckpunkte extrapolierte Spannung, sind die Ergebnisse bereits mit einem Hexaeder durch die Wandstärke im korrekten Bereich. Die extrapolierte Spannung wird jedoch nicht immer verwendet, z.b. bei nichtlinearer Berechnung wird die plastische Verformung anhand der Spannung im Elementmittelpunkt evaluiert. Das Beispiel zeigt, dass Schalenelemente bei dieser Art von Modellen bei geringerer Elementanzahl genauere Ergebnisse liefern. Bild 7 zeigt eine dünnwandige Struktur. Würde man sie einfach mit Tetraedern vernetzen, bekäme man über 2 Millionen Elemente und hätte, wie das gelbe Detailbild zeigt, trotzdem noch nicht überall drei Elemente durch die Wandstärke. Verwendet man Schalenelemente, kommt man mit Elementen aus, und die Rechenzeit liegt im Sekundenbereich. Bild 7: Beispiel einer Schottwand. Oben die Geometrie, unten wird die Vernetzung mit Solid- und Schalenelementen gegenübergestellt Seite 4 von 12
6 Daher wird für dünnwandige Strukturen die Verwendung von Schalenelementen empfohlen. Aber wie macht man aus dem 3D-CAD-Modell ein Schalenmodell? Die Schalenelemente müssen in der Mitte der jeweiligen Wand liegen, sonst entstehen künstliche Trägheitseffekte entsprechend dem Steinerschen Satz. Daher ist die Erzeugung von Mittelflächen ein wichtiges Thema in der FEM-Berechnung. In der FEM-Software MSC Apex gibt es verschiedene effiziente Methoden, Mittelflächen zu erzeugen. In diesem Beispiel wird die inkrementelle Mittelflächenmethode verwendet. Der Anwender wählt das Solid aus, Apex schlägt Flächenpaare vor, zwischen denen Mittelflächen erzeugt werden sollen. Der Anwender kann diese editieren oder wie hier einfach bestätigen, dann werden die Mittelflächen erzeugt und automatisch zueinander verlängert. Bild 8: Von MSC Apex identifizierte Flächenpaare für die Erzeugung von Mittelflächen dazwischen Bild 9: Mittelflächen Bild 10: Mit Schalenelementen vernetzte Mittelflächen Seite 5 von 12
7 Diesen Schalenelementen muss man nun noch die Wandstärke zuordnen. Vorher sollte man jedoch das Schalennetz an Stellen, wo sich die Wandstärke ändert, splitten, damit es eine korrekte Begrenzung zwischen verschiedenen Wandstärken gibt. In Bild 11 wird die rosa Teilfläche z.b. an der schwarzen Linie gesplittet. Das Netz aktualisiert sich direkt mit. Bild 11: Fläche splitten Die Wandstärken findet MSC Apex automatisch. Bild 12: 3D-Darstellung der Wandstärken Analog lohnt sich natürlich die Modellierung von balkenförmigen Strukturen mit Balkenelementen, weil wesentlich weniger Elemente benötigt werden und man die Balkenkräfte und Momente als übersichtliche Ergebnisse erhält. Aber auch wenn man eine echte 3D-Geometrie hat und sie mit Tetraedern vernetzt, lohnt sich eine Bereinigung der Geometrie vor dem Vernetzen, um die Anzahl der Elemente zu reduzieren und damit die Rechengeschwindigkeit zu erhöhen, und um die Elementqualität zu verbessern. MSC Apex zeigt kurze Kanten, kleine Flächen, Splitterflächen und andere Geometrieprobleme an und entfernt sie wenn gewünscht. Bild 14 zeigt das Netz vor und nach dem Bereinigen der Geometrie. Vorher wurde an der kurzen Kante ein sehr kleines Element erzeugt, hinterher nicht mehr. Seite 6 von 12
8 Bild 13: Identifizierung von Geometrieproblemen Bild 14: Einfluss der Geometriebereinigung auf das Netz Neben dem Entfernen sehr kleiner Features ist es auch nützlich, geometrische Features, die für die Berechnung nicht wichtig sind, zu entfernen. Z.B. das Entfernen von Fillets, Fasen oder kleinen Löchern führt zu einem übersichtlicheren Netz mit weniger Elementen. Bild 15 zeigt das automatische Identifizieren der Fillets mit MSC Apex. Es können alle oder ausgewählte Fillets entfernt werden. Bild 15: Identifizieren und Entfernen von Fillets Andererseits kann in Bereichen, wo die berechneten Spannungen interessant sind, das Netz lokal verfeinert werden und z.b. um Löcher herum ein gleichmäßiges Netz erzeugt werden. Seite 7 von 12
9 Bild 16: Links konzentrisches Netz um das Loch herum, rechts verfeinertes Netz um das Loch herum Besonders in Bereichen, die für die Spannungsberechnung interessant sind, sollten die Elemente auch eine gute Qualität haben. Viele Solver sind zwar robust und verarbeiten auch Elemente mit schlechter Qualität, aber in speziellen Belastungsfällen und bei grobem Netz kann die Elementqualität die Ergebnisse verfälschen. Eine Sammlung solcher Fälle hat die NAFEMS zusammengestellt. Ein Beispiel ist die in Bild 17 gezeigte schmale Platte, die in ihrer Ebene belastet wird. Bild 17: Beispielmodell für Einfluss der Elementqualität auf das Ergebnis Werden rechtwinklige Viereckselemente verwendet, ist das Ergebnis korrekt (entspricht der analytisch berechneten Lösung). Werden jedoch schiefe Viereckselemente verwendet oder Dreieckselemente, ist das Verformungsergebnis sehr weit daneben. Bild 18: Ergebnisse für das Beispielmodell aus Bild 17 (Verformung übertrieben skaliert) Seite 8 von 12
10 Dieses Problem kann man auf verschiedene Arten lösen: Feiner vernetzen Ideal geformte Viereckselemente verwenden (hohe Elementqualität) Das Modell ist sichtlich zu grob vernetzt, da es ein akademisches Beispiel ist. Empirisch würde man hier ca. 5 Elemente in der Breite verwenden. Aber da solche Effekte auch in echten Modellen auftreten können, sollte man auf die Elementqualität achten. Bild 19 zeigt typische Qualitätskriterien. Bild 19: Die häufigsten Qualitätsabweichungen bei Viereckselementen MSC Apex zeigt die Elementqualität farbig an und unterscheidet vier Kategorien: ungültige, schlechte, mäßige und gute Elementqualität. Es können verschiedene Kriterien angezeigt werden oder ein allgemeiner Qualitätsindex, der ein gewichteter Durchschnitt der einzelnen Kriterien ist. Die Qualität kann MSC Apex dann automatisch für das gesamte Modell oder einzelne Bereiche verbessern, oder man kann einzelne Knoten verschieben oder Flächen splitten. Bild 20: Anzeige der Elementqualität in MSC Apex Seite 9 von 12
11 Bild 21: Verbesserung der Elementqualität in MSC Apex Nun hat man das Netz erstellt und kann die restlichen Eingaben machen. Neben der vernetzten Geometrie wird für eine linear statische FEM-Berechnung mindestens folgender Input benötigt: Materialwerte Lasten Lagerungen MSC Apex zeigt durch ein grünes, gelbes oder rotes Symbol an, ob das Modell rechenfähig ist. Grün bedeutet, dass alle benötigten Inputs vorhanden sind. Bei Gelb ist das Modell ebenfalls rechenfähig, sollte jedoch geprüft werden ein Grund kann z.b. sein, dass es keine Lasten gibt, so dass sich am Ende keine Verformung ergeben würde. Bei Rot wird das Modell nicht berechnet - z.b. wenn es keine Lagerung gibt, so dass sich das gesamte Modell als Starrkörper bewegen kann. Apex gibt im Modellbaum einen Hinweis auf das Problem. Bild 22: Prüfung, ob das Modell rechenfähig ist Nun ist das Modell berechnet und das Ergebnis wird angezeigt. Dann sind wieder verschiedene Plausibilitätsprüfungen zu empfehlen, z.b.: Größenordnung der Verformungen mit einer Handrechnung nachzuvollziehen Prüfen, ob die Lasten und Reaktionskräfte im Gleichgewicht stehen, siehe Bild 23 Bild 23: Vergleich der aufgebrachten Lasten und der Reaktionskräfte Spannungsergebnisse sind mit mehr Vorsicht zu betrachten als Verformungsergebnisse. Für die Darstellung werden die Ergebnisse, die eigentlich für jedes einzelne Element berechnet werden, normalerweise an den Knoten gemittelt. Dadurch erscheinen oft nicht mehr die wirklichen Maximalwerte in der Ergebnisdarstellung. Es wird empfohlen, die Spannungsdifferenzen zwischen den Elementen anzusehen. Seite 10 von 12
12 Bei dem Modell in Bild 24 ist das die Differenz zwischen dem größten und kleinsten Wert, der an einem Knoten von den angrenzenden Elementen ankommt. Wenn diese Differenzen groß sind größer als 5-10% des Spannungswertes ist ein Richtwert, der aber nicht allgemeingültig ist sollte man das Netz verfeinern. Bild 24: Spannungen und Spannungsdifferenzen Bild 25: Spannungen mit stark und sehr stark verfeinertem Netz (rechts Elementkanten nicht dargestellt) Es lohnt sich bei neuen Modellen auch zu testen, wie stark sich die Spannungswerte ändern, wenn man das Netz verfeinert. Bild 25 zeigt die Spannungsergebnisse für das Modell aus Bild 24 mit verfeinertem Netz. Die Spannungen konvergieren offenbar gegen einen Wert um 165 MPa. Bei vielen Modellen konvergieren die Spannungen jedoch nicht, sondern werden bei weiterer Netzverfeinerung immer höher. Ursachen sind z.b.: Innere scharfe Kanten (Hinterschneidungen) Last wird nur auf einen Knoten aufgebracht Punktkontakt Bild 27 zeigt ein Beispiel, bei dem die Spannung an der Lagerung nicht konvergiert. Seite 11 von 12
13 Bild 27: Beispiel für Spannungssingularitäten Was kann man in solchen Fällen tun? Statt der Spannungsergebnisse am Lager die Kraftergebnisse betrachten und daraus Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit ziehen Die betreffenden Kanten ausrunden, da sie auch in der Realität nicht unendlich scharf sind Plastisches Materialverhalten berücksichtigen Trotzdem man um die Singularität weiß, die Spannungen für qualitative Variantenvergleiche heranziehen (bei immer gleicher Elementgröße) Spannungsbewertung nach FKM oder ähnlichen Methoden, bei denen die Spannung in einem definierten Abstand von der Kante ausgewertet wird Mehr Informationen zur Erstellung von FEM-Modellen erhalten Sie unter Mehr Informationen über MSC Apex finden Sie unter Fragen beantworten wir Ihnen gerne unter Seite 12 von 12
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