Computergrundlagen Boolesche Logik, Zahlensysteme und Arithmetik
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- Emil Albrecht
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1 Computergrundlagen Boolesche Logik, Zahlensysteme und Arithmetik Axel Arnold Institut für Computerphysik Universität Stuttgart Wintersemester 2011/12
2 Wie rechnet ein Computer? Ein Mikroprozessor ist ein Netz von Transistoren, Widerständen und Kondensatoren Leitungen kennen nur zwei Zustände: Spannung oder nicht Interpretation als ja/nein, 0/1, an/aus,... Schaltungen entsprechen logischen Operationen ( Spannung an Pin a und Spannung an Pin b Spannung am Ausgang ) Wie kann ich damit rechnen? A. Arnold Computergrundlagen 2/24
3 Aussagenlogik G. Boole, erlaubt formale Beweise über logische Aussagen Grundlage der Computerlogik kann mathematisch als Algebra formalisiert werden als eine boolesche Algebra A. Arnold Computergrundlagen 3/24
4 Die zweielementige boolesche Algebra Wir betrachten eine Menge mit zwei Elementen 1 ( wahr ) und 0 ( falsch ) mit zwei Verknüpfungen ( oder ) und ( und ) mit einer einstelligen Verknüpfung ( nicht, Negation) Ferner gilt für beliebige a, b, c {0, 1}: 1. a (b c) = (a b) c, a (b c) = (a b) c 2. a (b c) = (a b) (a c), a (b c) = (a b) (a c) (Assoziativität) (Distributivität) 3. a b = b a, a b = b a (Kommutativität) 4. a (a b) = a, a (a b) = a (Adsorption) 5. a a = 1, a a = 0 (Komplemente) A. Arnold Computergrundlagen 4/24
5 Abgeleitete Gesetze Neutralität: a 0 = a, a 1 = a Idempotenz: a a = a, a a = a Extremalgesetze: a 1 = 1, a 0 = 0 Doppelnegation: ( a) = a Dualität: 0 = 1, 1 = 0 De Morgansche Gesetze: (a b) = a b, (a b) = a b Die zweielementige boolesche Algebra entspricht genau der Aussagenlogik und unserem Verständnis von Logik. A. Arnold Computergrundlagen 5/24
6 Zahlensysteme Wie kann ich mit nur zwei Elementen Zahlen darstellen? Sei B > 0 eine natürliche Zahl. Dann kann jede natürliche Zahl z eindeutig dargestellt werden als z = B n z k, i=0 wobei für alle k 0 z k < B und nur endliche viele z k 0. Beispiel B = 10 entspricht unserem Dezimalsystem: 1042 = = 1042d B = 8 ergibt das Oktalsystem: 1042 = = 2022o A. Arnold Computergrundlagen 6/24
7 Binärsystem Wie kann ich mit nur zwei Elementen Zahlen darstellen? Beispiele Wir benutzen das Binärsystem mit B = 2 und Ziffern 0 und 1 (Bits) 1042 = = b Umrechnung von Binär- auf Dezimalzahlen ist umständlich Binär oktal ist einfach: b = 2022o Hexadezimal (B = 16, Ziffern 1 9, A F) auch: b = 812h b = AFFEh A. Arnold Computergrundlagen 7/24
8 Addieren/Subtrahieren im Binärsystem Genau wie im Dezimalsystem: (Summand a) (Summand b) 1110 (Übertrag c) = (Ergebnis e) (1. Summand a) (2. Summand b) (geborgt c) = (Ergebnis e) Betrachten wir die Ziffern als Wahrheitswerte, so gilt: e 0 = (a 0 b 0 ) (a 0 b 0 ) =: a 0 b 0 c 1 = a 0 b 0 e i = (a i b i ) c i c i+1 = (a i b i ) (a i c i ) (b i c i ) Damit kann die Addition als Schleifen-Schaltkreis realisiert werden! A. Arnold Computergrundlagen 8/24
9 Komplementdarstellung negativer Zahlen Was ist z.b. -5 = 0-5? = im Prinzip unendlich viele führende 1er in der Praxis endliche Darstellung (z.b. 32 Bit) Bei n Bit-Darstellung wird z als 2 n z dargestellt Bei 8 Bit z.b. ist 5 = = 251 = b Addition und Subtraktion funktionieren ohne Änderung, solange module 2 n gerechnet wird A. Arnold Computergrundlagen 9/24
10 Multiplizieren im Binärsystem * = Binäre Multiplikation ist sehr einfach: Eine Zahl wird bitweise nach links geschoben (Multiplikation mit 2) ist das entsprechende Bit der andere Zahl gesetzt, wird die erste addiert, sonst nicht A. Arnold Computergrundlagen 10/24
11 Dividieren im Binärsystem / 101 = 1001 (Ergebnis) = = = = 10 (Rest) Binäre Division analog zur Multiplikation: Der Divisor wird zunächst ganz nach links geschoben Und dann bitweise wieder nach links Wenn der Rest größer als der Divisor ist, abziehen, und das entsprechende Bit des Ergebnisses setzen A. Arnold Computergrundlagen 11/24
12 Darstellung reeller Zahlen ±1, ±123 Eine Fließkommazahl besteht aus: Vorzeichen Mantisse (10er-)Exponent Stellen daher nur einen Teil der rationalen Zahlen exakt dar Alle anderen Zahlen werden angenähert Die Mantissenlänge bestimmt die Genauigkeit der Näherung Binär entsprechend: ±1, ± A. Arnold Computergrundlagen 12/24
13 IEEE-Fließkommazahlen Speicherung einer 64-Bit-Fließkommazahl nach IEEE 754-Standard: Bit ± Exponent e Mantisse m Keine Komplementdarstellung von Mantisse oder Exponent Mantisse wird ohne führende Stelle gespeichert, die immer 1 ist Der 11-bittige Exponent e ist um 1023 verschoben gespeichert und nimmt Werte von (e = 1) bis 1023 (e = 2046) an Der Wert einer Zahl ist also: ±1, m 2 e A. Arnold Computergrundlagen 13/24
14 Spezielle Werte Was ist mit den Exponenten 1023 (e = 0) und 1024 (e = 2047)? Diese stellen spezielle Werte dar: e = 0 und m = 0 ±0 e = 0 und m 0 Zahlen der Form ±0, m e = 2047 und m = 0 ± e = 2047 und m 0 ±NaN (not a number) Da die erste Stelle immer 1 ist, kann 0 nur so dargestellt werden ± ergibt sich z.b. bei Berechnung von ±1/0 ±NaN ergibt sich z.b. bei Berechnung von 1 Python fängt NaNs mit Fehlern ab, nicht aber z.b. C A. Arnold Computergrundlagen 14/24
15 Subtraktion/Addition von Fließkommazahlen Beispiele: 1, , = 1, , = 1, , , = 0, = 1, Verschieben der Mantisse der kleineren Zahl, bis beide denselben Exponenten haben Dabei gehen Stellen der kleineren Zahl verloren Dann gewöhnliche Addition/Subtraktion der Mantissen Schließlich den Exponenten verringern, bis die Mantisse keine führenden Nullen hat A. Arnold Computergrundlagen 15/24
16 Auslöschung Ist x < 2 lm, wobei l m die Bitlänge der Mantisse ist, so ist in Fliesskommaarithmetik x x (x + 1) Auslöschung der vorderen Stellen bei Subtraktion ungefähr gleich großer Zahlen führt zu fehlenden hinteren Stellen im Ergebnis Im Beispiel verschwindet die kleinere Zahl x komplett Ist x 2 lm, verliert x fast alle signifikanten Stellen Formeln daher wenn möglich stets so umformen, dass keine Auslöschung passieren kann A. Arnold Computergrundlagen 16/24
17 Beispiel: quadratische Gleichung Lösen der quadratischen Gleichung x 2 + ax + b = 0: x ± = a 2 ± (a 2) 2 b ( Bei kleinem b ist a ) 2 2 b a 2 a > 0: Auslöschung bei der größeren Nullstelle x + a < 0: Auslöschung bei der kleineren Nullstelle x Ausweg: Es gilt ( x + x = a ) ( (a ) b a ) (a ) b = b 2 Berechne also nur die stabile Summe (x bei a > 0, sonst x + ), und die zweite Nullstelle durch x + = b/x bzw. x = b/x + A. Arnold Computergrundlagen 17/24
18 Multiplikation von Fließkommazahlen Beispiel: 1, , = 1, = 1, Multiplikation und Division sind unkritisch, es kann zu keiner Auslöschung kommmen Allerdings zu Über- oder Unterläufen des Exponenten In diesem Fall ist das Ergebnis bzw. 0 Meist kann man dies aber durch geeignete Umformungen auch vermeiden, z.b. durch logarithmisches Rechnen A. Arnold Computergrundlagen 18/24
19 Fehlerquellen bei numerischen Rechnungen Numerische Fehler Auslöschung Rundungsfehler durch endliche Mantissenlänge Algorithmische (Verfahrens-) Fehler Abschneidefehler: Unendliche Summen müssen durch endliche Summen ersetzt werden Diskretisierungsfehler: Funktionsauswertung immer nur an endlich vielen Punkten Modellierungsfehler Das der Rechnung zugrundeliegende Modell erfasst wesentliche Details des Experiments nicht Datenfehler Genauigkeit der Anfangswerte (z.b. aus einem Experiment) A. Arnold Computergrundlagen 19/24
20 Beispiel: klassische Lennard-Jones- Simulation Modellierungsfehler: entspricht keinem bekannten Atom/Molekül vernachlässigt quantenmechanische Effekte periodische Randbedingungen ersetzen unendliches Volumen Algorithmische Fehler: Das Potential U LJ (r) wird für r 0 rasch klein, daher betrachtet man nur Teilchenpaare mit kleiner Distanz Fehler durch die weggelassenen Wechselwirkungen? Wie klein kann man den Abschneideradius wählen? Simulation mit diskretem Zeitschritt Wie groß darf der Zeitschritt sein? Wie lange muss man simulieren? Numerische Fehler: Trajektorien instabil bei kleinen Störungen = Lyapunov-Instabilität Für die Statistik meist unwesentlich A. Arnold Computergrundlagen 20/24
21 Was kann man tun? Datenfehler Bessere Messverfahren entwickeln Algorithmen wählen, die mit Störungen zurechtkommen Stabilität Numerische Fehler und algorithmische Fehler Algorithmen nutzen, die numerische Fehler minimieren Algorithmen mit bekannten Fehlerabschätzungen einsetzen Konvergenz Modellierungsfehler Das Modell verfeinern Dazu sind leistungsfähigere Algorithmen nötig Effizienz Wie kann ich Stabilität, Konvergenz und Effizienz eines Verfahrens beschreiben? A. Arnold Computergrundlagen 21/24
22 Landau-Symbole Seien f, g zwei Funktionen. Falls f (x) lim x a g(x) <, so schreiben wir kurz f = O x a (g) ( f ist von der Ordnung g ). Es gilt zum Beispiel e x (1 + x + 12 ) x 2 = O x 0 (x 3 ), bzw e x x - 1/2x 2 x 3 e x = 1 + x x 2 + O x 0 (x 3 ) Bubble-Sort hat einen asymptotischen Aufwand von O(N 2 ) für Listenlängen N. A. Arnold Computergrundlagen 22/24
23 Beispiel: Verlet-Integrator Taylorentwicklung für die Position eines Teilchens gemäß der Newtonschen Gleichung: x(t + t) = x(t) + ẋ(t) t ẍ(t) t x (t) t 3 + O( t 4 ) 6 und analog x(t t) = x(t) ẋ(t) t ẍ(t) t 1... x (t) t 3 + O( t 4 ) 6 Addition ergibt das Verlet-Verfahren zur numerischen Integration der Bewegungsgleichung: x(t + t) = 2x(t) x(t t) + a(t) t 2 + O t 0 ( t 4 ) Fehler ist von der Ordnung O t 0 ( t 4 ) Mit beliebig kleinem Zeitschritt t wird das Verfahren exakt Man sagt, das Verfahren konvergiert A. Arnold Computergrundlagen 23/24
24 Eigenschaften von Algorithmen Die wesentlichen Eigenschaften eines Algorithmus können mit Hilfe der Landau-Symbole charakterisiert werden: Stabilität: Wir betrachten den Fehler f (x) in Abhängigkeit von der Genauigkeit x der Eingabedaten. Dann soll mit möglichst großem n sein. f (x) = O x 0 ( x n ) Konvergenz: Z.B. der Fehler als Funktion des Zeitschritts t. Dann soll f (x) = O t 0 ( t n ) sein mit möglichst großem n. Effizienz: Die Rechenzeit T (N) z.b. bei N Teilchen. Dann soll mit möglichst kleinem n sein. T (N) = O N (N n ) A. Arnold Computergrundlagen 24/24
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