Zwei-Jahres Follow-up-Studie nach stationärer Therapie chronischer Depressionen mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP)

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Zwei-Jahres Follow-up-Studie nach stationärer Therapie chronischer Depressionen mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP)"

Transkript

1 Aus dem Zentrum für Psychische Erkrankungen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg i.br. Zwei-Jahres Follow-up-Studie nach stationärer Therapie chronischer Depressionen mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) INAUGURAL-DISSERTATION zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br. Vorgelegt 2015 von Martina Radtke geboren in Albstadt

2 Dekanin: Prof. Dr. Kerstin Krieglstein 1. Gutachter: Prof. Dr. Claus Normann 2. Gutachter: Prof. Dr. Martin Hautzinger Jahr der Promotion: 2017

3 Inhaltsverzeichnis I Inhaltsverzeichnis Abkürzungen... IV Abbildungsverzeichnis... V Tabellenverzeichnis... VI 1 Einleitung Theoretischer Hintergrund Störungsbild der chronischen Depression Definition und Klassifikation Risikofaktoren, Verlauf und Prognose Charakteristika und psychopathologische Besonderheiten Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) Grundannahmen und Ziele von CBASP Techniken und zentrale Elemente von CBASP Liste prägender Bezugspersonen und Übertragungshypothesen Diszipliniert-persönliches Einlassen und Interpersonelle Diskriminationsübung Kiesler Kreis Situationsanalyse Stationäre Behandlung chronischer Depressionen Zur stationären Behandlungssituation chronischer Depressionen CBASP@5 : ein neues multidisziplinäres stationäres Behandlungskonzept für chronisch depressive Patienten Module von CBASP@ Rahmenbedingungen und Behandlungsablauf von CBASP@ Stationäre versus ambulante CBASP-Therapie Aktueller Forschungsstand in der Behandlung chronischer Depressionen Allgemein Wirksamkeit von CBASP im ambulanten Rahmen Wirksamkeit von CBASP im stationären Rahmen Zielsetzung und spezifizierte Fragestellungen Methoden Rahmen der Untersuchung Studiendesign Stichprobe Behandlungsablauf Erhebungen und Messinstrumente Depressivität...44

4 Inhaltsverzeichnis II HAMD Kriterien für Remission, Response und Rückfall BDI-II Persönlichkeitsdiagnostik nach DSM-IV Traumatisierung CBASP-bezogene Instrumente IMI-R Erfahrungs- /Erwartungs- Fragebogen Lebenszufriedenheit und Lebensumstände Fragebogen zur Anwendung von CBASP-Strategien Messzeitpunkte, Ablauf und Durchführung der Evaluation Statistische Auswertung Ergebnisse Beschreibung der Stichprobe Depressivität Veränderungen der Depressivität im HAMD Veränderungen der Depressivität im BDI-II Rückfälle Suizidalität Veränderungen der Suizidalität im HAMD Veränderungen der Suizidalität im BDI-II Deskription Suizidalität Lebenszufriedenheit Interpersonelle Charakteristika Erwarteter und tatsächlicher Nutzen von CBASP-Strategien nach der Entlassung Erwartungen bezüglich des Nutzens der erlernten CBASP-Strategien nach der Entlassung Zusammenhang zwischen Rückfällen und der Erwartungshaltung bezüglich des Nutzens der erlernten CBASP-Strategien bei Entlassung Anwendung von CBASP-Strategien nach Entlassung Zusammenhang zwischen Rückfällen und der Anwendung von CBASP-Strategien nach Entlassung Diskussion Charakteristika der Stichprobe Interpretation der Ergebnisse Befunde zur Depressivität Befunde zu Rückfällen Befunde zur Suizidalität...83

5 Inhaltsverzeichnis III Befunde zur Lebenszufriedenheit Befunde zu interpersonellen Charakteristika Befunde zu erwartetem und tatsächlichem Nutzen von CBASP-Strategien nach der Entlassung Stärken und Schwächen der Untersuchung Klinische Implikationen Fazit und Ausblick Zusammenfassung Literaturverzeichnis Anhang Danksagung Erklärung zum Eigenanteil

6 Abkürzungen IV Abkürzungen Abkürzung BDI CAU CBASP CTQ DGPPN DO DPE DSM EE HAMD ICD IDS IDÜ IMI IPT ITT KK MADRS MBCT MDE PA PS SA SKID TAU TE ÜH Bedeutung Beck Depression Inventory, Beck Depressions-Inventar Care as usual Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy Childhood Trauma Questionnnaire Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde Desired outcome, Erwünschtes Ergebnis Diszipliniertes Persönliches Einlassen Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders Erwünschtes Ergebnis Hamilton Depression Rating Scale International Classification of Diseases Inventory for Depressive Symptomatology Interpersonelle Diskriminationsübung Impact Message Inventory Interpersonelle Psychotherapie Intent-to-treat Kiesler Kreis Montgomery-Asberg-Depression Rating Scale Mindfullness-Based Cognitive Therapy Major Depressive Episode Persönlichkeitsakzentuierung Persönlichkeitsstörung Situationsanalyse Strukturiertes Klinisches Interview nach DSM-IV Treatment as usual Tatsächliches Ergebnis Übertragungshypothese

7 Abbildungsverzeichnis V Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Illustration der entkoppelten Wahrnehmung chronisch depressiver Patienten Abbildung 2: Interpersoneller Kreis nach Kiesler (1983) mit acht Verhaltensdimensionen sowie Synonymen zu den beiden Hauptachsen Abbildung 3: Module des stationären Konzepts CBASP@ Abbildung 4: Überblick über die Behandlungsphasen von CBASP@ Abbildung 5: Datenerhebung mit den verwendeten Messinstrumenten und Messzeitpunkten Abbildung 6: Häufigkeitsverteilung komorbider Störungen nach ICD Abbildung 7: Häufigkeitsverteilung der Persönlichkeitsstörungen und Persönlichkeitsakzentuierungen nach SKID-II Abbildung 8: Modellbasiert geschätzte HAMD-24 Mittelwerte und Standardabweichungen Abbildung 9: Modellbasiert geschätzte BDI-II Mittelwerte und Standardabweichungen Abbildung 10: Rückfallgefahr im Follow-up-Zeitraum Abbildung 11: Rückfallgefahr im Follow-up-Zeitraum getrennt nach Ansprechstatus (Remitter versus Responder) Abbildung 12: Häufigkeitsverteilung der Antwortmöglichkeiten im HAMD-24 Suiziditem Abbildung 13: Mittelwerte und Standardabweichungen der Lebenszufriedenheit Abbildung 14: Modellbasiert geschätzte Differenzen der Verhaltensdimensionen im IMI-R Abbildung 15: Mittlere prospektive Einschätzung der Patienten bezüglich des erwarteten Nutzens der Therapie in einem Jahr nach der Entlassung Abbildung 16: Prozentuale Verteilung der Antwortmöglichkeiten auf die Frage nach der tatsächlichen Nutzung der CBASP-Strategien nach der Entlassung... 73

8 Abbildungsverzeichnis VI Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Überblick über die zur Evaluation eingesetzten Messinstrumente Tabelle 2: Demographische und klinische Daten der Patientenstichprobe zur Baselinemessung sowie Signifikanzmaße der Vergleiche auf Unterschiede zwischen Completern und Drop-outs. 56 Tabelle 3: Darstellung der Mittelwerte und Standardabweichungen der Depressivitätsmaße HAMD-24 und BDI-II zu den Messzeitpunkten prä, post und den Follow-up Untersuchungen Tabelle 4: Häufigkeitsverteilung der Antwortmöglichkeiten des BDI-II Suiziditems zu den Messzeitpunkten prä, post sowie den Follow-up Zeitpunkten Tabelle 5: Darstellung der deskriptiven Statistik sowie teststatistischen Kennwerte der Verhaltensdimensionen im interpersonellen Kreis nach Kiesler (1983) zu den Messzeitpunkten prä, post und den Follow-up Untersuchungen

9 Einleitung 1 1 Einleitung Treating the chronically depressed adult dislodging the refractory cognitive-emotional and behavioural armor that is the disorder is analogous to breaking through a granite wall using a 10-pound sledgehammer. One hits the wall repeatedly in the same area with little or no effect until, almost imperceptibly, a slight hairline crack appears. Under continuous pounding, the crack gradually enlarges until, finally, the wall breaks and crumbles. (James P. McCullough, 2000) Die Behandlung chronisch depressiver Patienten stellt nach McCullough (2000) eine der größten Herausforderungen in der Psychotherapie dar; er vergleicht das Arbeiten mit diesen Patienten bildlich mit dem Bearbeiten einer Granitwand. Doch was macht chronisch Depressive zu einer schwer behandelbaren und die Therapeuten vor Fragen, Hilflosigkeit und Frustration stellenden Patientengruppe? Warum profitieren diese Patienten nur wenig von den herkömmlichen Therapien? Gibt es Ansätze, die kurz- und langfristig erfolgversprechender sind und wie können diese möglichst effektiv eingesetzt werden? Dies sind einige der Fragestellungen, die auftreten, wenn man sich mit dem Thema der chronischen Depression näher zu beschäftigen beginnt. Die Dringlichkeit, sich mit diesem Störungsbild genauer auseinanderzusetzen, belegen die folgenden Zahlen: Mit ungefähr einem Drittel aller Depressionen und damit schätzungsweise 1.2 Millionen Betroffenen in Deutschland stellt die chronische Depression eine weit verbreitete Erkrankung dar (Arnow & Constantino, 2003; Brakemeier, Schramm & Hautzinger, 2012; Dunner, 2001). Die Beeinträchtigungen sind für die Betroffenen sowie deren Umfeld meist beträchtlich, so ist die Störung beispielsweise häufig mit Einschränkungen der Funktionalität in den verschiedensten Lebensbereichen sowie einer erheblich reduzierten Lebensqualität verbunden (Keller et al., 2000; Ley, Helbig- Lang & Petermann, 2009; McCullough, 2000; Schweiger, Sipos & Hohagen, 2007). Überdies stellen chronische Depressionen auch für das Gesundheitssystem eine große Herausforderung dar: Patienten mit chronischer Depression weisen eine hohe

10 Einleitung 2 Rate an Komorbiditäten sowie ein erhöhtes Suizidrisiko auf, beanspruchen häufige und lange Krankenhausaufenthalte und machen damit einen wesentlichen Kostenfaktor im Gesundheitssystem aus (Arnow & Constantino, 2003; Günther et al., 2007; Satyanarayana, Enns, Cox & Sareen, 2009). Chronisch Depressive sind schwer behandelbar (Markowitz, 2003), in den meisten Fällen nach dem gängigen Kriterium (Thase & Rush, 1995) medikamentös therapieresistent und zeigen im Vergleich zu episodisch Depressiven eine geringere Response auf psychotherapeutische Behandlungsansätze (Dunner, 2001). Um den vielschichtigen Problemen und der besonderen Psychopathologie chronisch depressiver Patienten gerecht zu werden, entwickelte Prof. Dr. James P. McCullough in den USA ein bis heute einzigartiges störungsspezifisches Psychotherapieverfahren, das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP; McCullough, 2000; 2006). Das Therapieverfahren wurde von McCullough für das ambulante Setting entwickelt. Jedoch stößt die Therapie im ambulanten Rahmen nicht selten an ihre Grenzen: bei ambulanter Non-Response, bei derzeit noch häufig fehlender ambulanter Verfügbarkeit sowie bei Patienten mit starker Suizidgefährdung oder sehr widrigen Lebensumständen, die eine stationäre Behandlung erforderlich machen. Hierfür wurde an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg ein stationäres CBASP-Konzept entwickelt. Das Ziel dieser Dissertation besteht in der Evaluation der Durchführbarkeit und des Outcomes des stationären Konzeptes im Rahmen einer Pilotstudie. Der Focus soll dabei in der Untersuchung der Nachhaltigkeit der Therapieeffekte im Langzeitverlauf liegen. Im folgenden Kapitel dieser Arbeit (Kapitel 2) wird nun zunächst auf das Störungsbild der chronischen Depression eingegangen und nachfolgend die Therapieform CBASP sowie deren Implementierung im stationären Setting vorgestellt. Zusammenfassend wird zudem der aktuelle Forschungsstand zur Thematik chronischer Depressionen berichtet, worauf sich schließlich die Fundierung und Herleitung der Fragestellungen der vorliegenden Arbeit aufbaut. Im nachfolgenden dritten Kapitel wird die Methodik der Studie beschrieben und in Kapitel 4 die Ergebnisse der Evaluation vorgestellt. Im abschließenden Kapitel 5 werden die Ergebnisse interpretiert, in die bisherige Forschung eingebettet und diskutiert. Weiterhin wird auf Einschränkungen der Studie eingegangen sowie ein Ausblick auf zukünftige Studien gegeben. Die vorliegende Arbeit will damit einen Beitrag im Kampf gegen die chronische Depression leisten

11 Theoretischer Hintergrund 3 denn viele einzelne Hammerschläge bringen zusammen irgendwann die Granitwand zum Einstürzen. 2 Theoretischer Hintergrund Zunächst soll nun auf das Störungsbild der chronischen Depression eingegangen werden. Neben der Klassifikation, epidemiologischen und ätiologischen Aspekten werden dabei die psychopathologischen Besonderheiten der Gruppe chronisch depressiver Patienten herausgearbeitet und nachfolgend das störungsspezifische Behandlungskonzept Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP; McCullough, 2000) eingeführt. Anschließend wird die aktuelle Situation der stationären Behandlung chronischer Depressionen aufgezeigt und eine Möglichkeit der Implementierung von CBASP im stationären Setting beschrieben. Zum Abschluss des Kapitels wird der aktuelle Forschungsstand in der Behandlung chronischer Depressionen diskutiert und die Zielsetzungen und Fragestellungen der Studie aus den zuvor dargestellten theoretischen Grundlagen abgeleitet. 2.1 Störungsbild der chronischen Depression Depressionen gehören mit einer Lebenszeitprävalenz von 17.1% zu einer der häufigsten psychischen Störungen (Kessler & Bromet, 2013). Studien weisen darauf hin, dass die Lebenszeitprävalenz depressiver Erkrankungen im Laufe der Zeit zunimmt (Cross- National Collaborative Group, 1992; Compton, Conway, Stinson & Grant, 2006). Zu den Hauptsymptomen depressiver Erkrankungen zählen dabei Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, der Verlust von Freude und Interessen sowie verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit. Des Weiteren können Verlust des Selbstwertgefühls, gesteigerter oder geminderter Appetit, Selbstvorwürfe und Schuldgefühle, vermindertes Denk- oder Konzentrationsvermögen, Schlafstörungen sowie suizidale Gedanken und Handlungen auftreten (World Health Organization, 2005). Mit etwa 25 bis 30% nimmt ein großer Anteil depressiver Erkrankungen einen chronischen Verlauf mit einer Dauer über zwei Jahre (Arnow & Constantino, 2003; Dunner, 2001; Murphy & Byrne, 2012). Über zehn Prozent aller Depressionen bestehen länger als fünf Jahre (Nierenberg, 2001). Derzeit sind demnach in Deutschland schätzungsweise 1.2 Millionen Menschen an einer chronischen Depression erkrankt (Brakemeier et al., 2012). Das Lebenszeitrisiko, an einer chronischen Depression zu

12 Theoretischer Hintergrund 4 erkranken wird auf 5% geschätzt (Jacobi et al., 2004; Klein & Santiago, 2003). Wie bei akut verlaufenden depressiven Erkrankungen sind Frauen ungefähr doppelt so häufig betroffen wie Männer (Klein & Santiago, 2003) Definition und Klassifikation Für den Begriff der chronischen Depression existiert bislang keine einheitliche internationale Definition. Konsens besteht jedoch über das Zeitkriterium, das erfordert, dass eine depressive Symptomatik über mindestens zwei Jahre bei gleichzeitigem Fehlen einer länger als zwei Monate dauernden Vollremission vorliegen muss (Brakemeier & Normann, 2012; Gelenberg, Kocsis, McCullough, Ninan & Thase, 2006). In Abhängigkeit von Beginn, Verlaufsform, Schweregrad und dem Vorliegen bzw. Fehlen früher Traumatisierungen lassen sich chronische Depressionen in verschiedene Untergruppen unterscheiden (Brakemeier et al., 2012). Bezüglich des Beginns wird in Subtypen mit frühem (vor dem 21. Lebensjahr) oder spätem (nach dem 21. Lebensjahr) unterschieden, wobei epidemiologische Studien zeigen, dass circa 70% aller chronischen Depressionen vor dem 21. Lebensjahr beginnen (Klein et al., 1999). Im Hinblick auf die Verlaufsform werden chronische Depressionen nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual der American Psychiatric Association (DSM-IV; American Psychiatric Association, 2000) in vier Unterformen eingeteilt: (1) Eine Chronische Major Depression (296.3x) zeichnet sich durch die Ausprägung der vollen depressiven Symptomatik über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren aus. (2) Eine Dysthymie (300.4) zeichnet sich durch eine depressive Symptomatik in leichtem bis mittlerem Schweregrad über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren aus. (3) Die Diagnose einer Double Depression wird gestellt, wenn zusätzlich zu einer vorliegenden Dysthymie eine MDE ( x) auftritt. (4) Die vierte Form der chronischen Depression besteht in einer rezidivierenden Major Depression über mindestens zwei Jahre mit unvollständiger Remission zwischen den Episoden (296.3x).

13 Theoretischer Hintergrund 5 Während in der vierten Auflage des DSM-IV (American Psychiatric Association, 2000) die verschiedenen Verlaufsformen der chronischen Depression noch ohne kategoriale Zusammenfassung beschrieben wurden, sind diese im DSM-V (American Psychiatric Association, 2013) in der Kategorie Anhaltende depressive Störung (engl. Persistent Depressive Disorder ) zusammengefasst. Das ICD-10 (International Classification of Diseases, 10th Revision; World Health Organization, 2005) dagegen nimmt nur begrenzt eine Klassifizierung chronischer Formen depressiver Erkrankungen vor. Im ICD-10 werden Depressionen nach Manifestation (Erstmanifestation F32.x, rezidivierende Störung F33.x) und nach Schweregrad in Störungen mit leichter, mittlerer oder schwerer Ausprägung der gegenwärtig vorliegenden Episode (F3x.0, F3x.1, F3x.2) unterschieden. Ein Kriterium für die Dauer der depressiven Symptomatik oder ein zusätzliche Einstufung mit chronischem Verlauf findet sich offiziell nicht. Als einzige chronisch benannte Verlaufsform der Depression kann im ICD-10 die Dysthymia (F34.1) klassifiziert werden (Schnell et al., 2016). Im Folgenden wird der Begriff der chronischen Depression entsprechend der Klassifikation nach DSM-IV verwendet Risikofaktoren, Verlauf und Prognose Frühkindliche Traumatisierungen und belastende Lebensereignisse gelten als Risikofaktoren für die Entwicklung chronischer Depressionen (z.b. Heim & Nemeroff, 2001). Studien konnten zeigen, dass bei chronisch depressiven Patienten häufiger Traumatisierungen in Kindheit und Adoleszenz vorliegen als bei episodisch Depressiven (Lizardi et al., 1995; Riso, Miyatake & Thase, 2002). Wiersma et al. ( 2009) fanden, dass frühkindliche Traumatisierungen mit einem signifikant erhöhten Risiko, eine chronische MDE zu entwickeln einhergehen. Auch Klein und Santiago (2003) zeigten eine Beziehung zwischen dem Ausmaß an Schädigung in der Kindheit und dem Grad der Chronizität der Depression auf. Es wird aktuell davon ausgegangen, dass bei ca % der chronisch depressiven Patienten frühe Traumatisierungen vorliegen, wobei die meisten davon auf emotionale Vernachlässigung bzw. emotionalen Missbrauch, resultierend aus unzureichender Zuwendung und Bedürfnisbefriedigung durch die Eltern oder andere zentrale Bezugspersonen, zurückzuführen sind (Chapman et al., 2004; Kessler & Bromet, 2013; Klein & Santiago, 2003; Lizardi et al., 1995; Wiersma et al., 2009). Dies gilt vor allem für die chronische Depression mit frühem Beginn. Im Vergleich zu chronischen Verläufen mit spätem Beginn und zu episodischen Depressionen zeigen

14 Theoretischer Hintergrund 6 sich bei chronisch Depressiven mit frühem Beginn häufiger eine schwierige Kindheit bzw. frühe negative Beziehungserfahrungen (McCullough, 2003). Als weiterer Risikofaktor für die Entwicklung chronischer Depressionen gilt eine genetische Veranlagung. Nach Mondimore et al. (2006) tritt bei chronischen Depressionsformen eine vermehrte familiäre Häufung auf: Im Vergleich zu Patienten mit episodischer Depression, von denen 29% mindestens einen Verwandten ersten Grades hatten, der ebenfalls erkrankt war, lag bei 49% der chronisch depressiven Patienten eine positive Familienanamnese vor. Dies zeigte sich speziell bei Patienten mit frühem Beginn der chronisch depressiven Erkrankung. Klein & Santiago (2003) fanden verglichen mit episodisch Depressiven - ebenfalls eine höhere Rate an affektiven Erkrankungen bei Verwandten ersten Grades bei chronisch depressiven Patienten. Eine spontane Remission der Symptomatik bei chronischen Depressionen ist selten. Über 90% der Fälle weisen nach Jahren noch unverändert depressive Symptome auf und erfüllen weiterhin die Diagnosekriterien der chronischen Depression. Die Responseraten für Placebo fallen bei chronischer Depression deutlich geringer aus als bei episodischen Depressionen. Behandlungen weisen oft zahlreiche Fehlschläge auf und zeigen häufig keinen oder keinen lang anhaltenden Erfolg (Brakemeier et al., 2012). Insgesamt betrachtet erscheint die Prognose chronisch verlaufender Depressionen im Vergleich zu episodischen Depressionen ungünstiger und die Wahrscheinlichkeit eines Behandlungserfolges deutlich geringer (Dunner, 2001). Insbesondere für Patienten mit Dysthymie sowie mit wiederkehrenden schweren depressiven Episoden in der Vorgeschichte oder lange unbehandelter Erkrankung ist die Prognose schlecht (Agosti, 1999; Agosti & Ocepek-Welikson, 1997; Brakemeier et al., 2012; Kocsis, 2003) Charakteristika und psychopathologische Besonderheiten Verschiedene Studien geben Hinweise darauf, dass sich chronisch depressive und episodisch depressive Patienten - abgesehen von ätiologischen Variablen und dem Verlauf der Erkrankung - auch im Hinblick auf Komorbiditäten, klinische Charakteristika sowie psychosoziale und psychopathologische Aspekte unterscheiden (z.b. Klein, Shankman, & Rose, 2006; Lavretsky, Lesser, Wohl, Miller & Mehringer, 1999; Miller et al., 1998; Satyanarayana, Enns, Cox & Sareen, 2009). Etliche Untersuchungen zeigten bei chronisch verlaufenden Depressionen höhere Komorbiditätsraten mit anderen psychischen und somatischen Erkrankungen (Angst, Gamma, Rössler, Ajdacic & Klein,

15 Theoretischer Hintergrund ; Gilmer et al., 2005; Klein & Santiago, 2003). Unter den psychischen Komorbiditäten sind Angsterkrankungen (insbesondere Soziale Phobie, Panikstörung und Agoraphobie), Abhängigkeitserkrankungen (insbesondere Missbrauch von Alkohol und Benzodiazepinen), Essstörungen und Persönlichkeitsstörungen am häufigsten (Angst et al., 2009; Mondimore et al., 2006; Riso et al., 2002). Nach Russell et al. (2003) leidet knapp die Hälfte der chronisch depressiven Patienten zusätzlich an mindestens einer und circa ein Fünftel an mindestens zwei komorbiden Persönlichkeitsstörungen. Am häufigsten sind dabei die Borderline, die histrionische, die selbstunsichere, die dependente, die zwanghafte und die depressive Persönlichkeitsstörung (Klein et al., 1999; Klein & Santiago, 2003; Russell et al., 2003). Im Hinblick auf somatische Komorbiditäten fanden Satyanarayana et al. (2009), dass 46% der chronisch depressiven Patienten zusätzlich an mindestens drei körperlichen Störungen wie z.b. Rheuma, Arthritis, Rückenschmerzen und Bluthochdruck erkrankt waren. Angst et al. (2009) stellten fest, dass chronisch Depressive im Vergleich zu episodisch Depressiven häufiger unter Schmerzen sowie komorbiden Herz- und Atemwegserkrankungen leiden. Die Chronizität sowie die beschriebene Multimorbidität chronisch depressiver Erkrankungen führen häufig zu erheblichen Beeinträchtigungen in den verschiedensten Lebensbereichen (Schnell et al., 2016). Bei der Mehrzahl der Patienten kommt es zu einer Reduktion des allgemeinen subjektiven Wohlbefindens und der Lebensqualität sowie zu Einschränkungen der körperlichen, psychosozialen, interpersonellen und beruflichen Funktionsfähigkeit. Sowohl für die Patienten, als auch für deren Angehörige geht die Erkrankung oftmals mit großem Leid einher (Angst et al., 2009; Hung, Wang, Yang & Liu, 2008; Keller et al., 2000; Lavretsky et al., 1999; Ley et al., 2009; Miller et al., 1998). Studien zeigen, dass Patienten mit chronischer Depression signifikant stärker psychosozial beeinträchtigt sind als Patienten mit episodischem Verlauf (Evans et al., 1996; Leader & Klein, 1996). Nach einer Untersuchung von Gilmer et al. (2005) sind darüber hinaus auch demographische und sozio-ökonomische Faktoren wie höheres Alter, niedrigeres Bildungsniveau, niedrigeres Einkommen und ethnischer Minderheitenstatus signifikant häufiger mit chronischen Verläufen verbunden (vgl. auch Satyanarayana et al., 2009). Chronisch Depressive sind zudem seltener verheiratet und häufiger getrennt oder geschieden lebend, haben weniger Kinder, sind seltener vollzeitbeschäftigt, häufiger arbeitslos und häufiger auf Sozialhilfe bzw. früher auf Rente angewiesen (Angst et al., 2009; Satyanarayana et al., 2009). Es bleibt jedoch bislang unklar, ob es sich bei den genannten multiplen, mit der chronischen Depression

16 Theoretischer Hintergrund 8 einhergehenden Beeinträchtigungen ausschließlich um Begleit- und Folgeerscheinungen oder auch um ätiologische Faktoren handelt (Schnell et al., 2016). Chronisch depressive Patienten berichten im Vergleich zu Patienten mit episodischem Verlauf signifikant häufiger über gestörte Gedächtnisfunktionen, dysfunktionale Gedanken, Insuffizienzerleben, Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Angst vor alltäglichen Aufgaben und vor dem Alleinsein (Angst et al., 2009; Riso et al., 2002). Gedanken an Tod und Suizid sind bei chronisch Depressiven ebenso wie Suizidversuche häufiger als bei episodischen Depressionen (Gilmer et al., 2005; Klein, Schwartz, Rose & Leader, 2000; Szádóczky, Fazekas, Rihmer & Arató, 1994). Bezüglich psychopathologischer Charakteristika bei chronisch depressiven Patienten hebt McCullough (2000) zudem die folgenden hervor: wiederholter Ausdruck von Hilflosigkeit und Elend; eine kaum korrigierbare Überzeugung, dass nichts getan werden kann, um die Depression unter Kontrolle zu bringen; unterwürfiges, feindseliges und überfordertes Verhalten; rigide und verfestigte Verhaltensmuster, die durch Ereignisse nicht beeinflussbar scheinen sowie auffälliges Misstrauen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Daher stellen chronisch depressive Patienten gerade auch aus psychotherapeutischer Sicht interaktionelle Herausforderungen für ihre Therapeuten dar (Brakemeier et al., 2012). Neuere Untersuchungen weisen zudem auf Überschneidungspunkte zwischen chronischen Depressionen und Autismus-Spektrum-Störungen hin. Beide Störungen sind gekennzeichnet durch einen Mangel an sozialer Empathie, Defizite in der sozialen Interaktion und Kommunikation sowie eine gestörte Wahrnehmung für Reaktionen der Umwelt (Baron-Cohen, 2000; Lee, Harkness, Sabbagh, & Jacobson, 2005; McCullough, 2000; Riedel, 2013; Wang, Wang, Chen, Zhu, & Wang, 2008). In einem systematischen Vergleich autistischer und chronisch depressiver Patienten sowie gesunder Kontrollen wiesen 48.4% der chronisch Depressiven autistische Merkmale auf, während sich bei nur 3.2% der gesunden Kontrollprobanden erhöhte Werte zeigten. Unklar blieb bislang, ob dies auf den Zustand der chronischen Depression zurückgeführt werden kann oder ob eher prämorbide autistische Persönlichkeitseigenschaften hierfür verantwortlich sind (Radtke et al., 2015). Zusammenfassend handelt es sich bei der chronischen Depression um ein weit verbreitetes, eigenständig anzusehendes Störungsbild, das mit schwerwiegenden gesundheitlichen, psychosozialen und soziökonomischen Konsequenzen verbunden ist (vgl. Satyanarayana et al., 2009). Die beschriebenen Unterschiede zwischen akut und

17 Theoretischer Hintergrund 9 chronisch Depressiven sind sowohl für die Therapie als auch die Prognose wesentlich, da herkömmliche Therapien erfahrungsgemäß häufig an ihre Grenzen stoßen: Eine höhere Rate an Klinikaufenthalten und ein deutlich geringeres Ansprechen auf psychopharmakologische und psychotherapeutische Behandlungen (Arnow & Constantino, 2003; Satyanarayana et al., 2009) verdeutlichen die Brisanz (Schnell et al., 2016). Um den Charakteristika und psychopathologischen Besonderheiten chronisch depressiver Patienten gerecht zu werden, entwickelte McCullough (2000) ein störungsspezifisches Therapieverfahren, das im nachfolgenden Kapitel beschrieben wird. 2.2 Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) Grundannahmen und Ziele von CBASP Der Name Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy, kurz CBASP, steht für eine von James P. McCullough (1984, 2000, 2003, 2006) in den USA zur Behandlung chronisch depressiver Patienten entwickelte Psychotherapieform. Als störungsspezifische Therapie integriert sie dabei schulenübergreifend kognitive, behaviorale, interpersonelle sowie psychodynamische Theorien, Techniken und Strategien. Die aus diesem integrativen Ansatz resultierenden spezifischen therapeutischen Annahmen, Techniken und Strategien der Therapie sollen nun in den folgenden beiden Kapiteln vorgestellt werden. Auf der Basis seiner langjährigen klinischen Erfahrung mit therapierefraktären chronisch depressiven Patienten geht McCullough (2000) davon aus, dass die kognitivemotionale Entwicklung chronisch depressiver Patienten durch negative Lernerfahrungen wie z.b. traumatisierende Beziehungserfahrungen in der frühen Kindheit und Jugend gestört und in einem frühen Stadium blockiert bzw. zum Stillstand gekommen ist. McCullough vergleicht dabei den kognitiv-emotionalen Entwicklungsstand chronisch depressiver Patienten mit dem Niveau von vier- bis siebenjährigen Kindern, die sich entsprechend Piagets Entwicklungstheorie (Piaget, 1981) in der präoperatorischen Phase befinden. Die präoperatorische Phase ist gekennzeichnet durch monologisierende verbale Kommunikation, Egozentrik, präkausales und prälogisches Denken, geringe Beeinflussbarkeit der Denkweise durch Rückmeldung

18 Theoretischer Hintergrund 10 anderer, geringe Fähigkeit zu authentischer interpersoneller Empathie und geringe affektive Kontrolle unter Stress (McCullough, 2000, 2006). Ähnlich wie bei posttraumatischen bzw. dissoziativen Störungen kann es bei chronisch Depressiven zu einer Abtrennung und Verzerrung der Wahrnehmung kommen (Brakemeier & Normann, 2012). McCullough (2000, 2013) geht dabei von einem Entkopplung der Wahrnehmung bei den Patienten aus: Die Patienten bauen eine Art unsichtbare Mauer zwischen ihnen und der Umwelt auf, um nicht weiterhin oder noch mehr verletzt zu werden (s. Abbildung 1). Abbildung 1: Illustration der entkoppelten Wahrnehmung chronisch depressiver Patienten, nach McCullough (2000). Dies bedeutet, dass chronisch depressive Patienten bezüglich ihrer Wahrnehmung von ihrer Umwelt abgelöst sind, d.h. dass ihr Verhalten nicht durch die Konsequenzen, sondern durch ihre voreingenommene, verzerrte, präoperatorische Denkweise gesteuert wird. Durch die entkoppelte Wahrnehmung von der Umwelt werden neue Lernprozesse mit korrigierenden positiven Beziehungserfahrungen erschwert bzw. verhindert, was zu einer chronischen zwischenmenschlichen Ineffektivität und einem chronischen Gefühl der Hilf- und Hoffnungslosigkeit bei den Patienten führt. Dadurch wird die chronische Depression nicht nur ausgelöst, sondern auch langfristig aufrechterhalten. Dieser sogenannte Teufelskreis der Hilflosigkeit bei chronischen Depressionen ist bislang wissenschaftlich noch unzureichend untersucht und noch nicht hinreichend empirisch belegt (Brakemeier & Normann, 2012). Belegt ist, dass es eine Häufung an traumatisierenden Beziehungserfahrungen bei der Patientengruppe der chronisch Depressiven gibt (Wiersma et al., 2009), jedoch existieren ebenso Untergruppen von Patienten, deren depressive Episoden und Chronifizierung erst spät einsetzen oder die keine traumatisierenden Beziehungserfahrungen erlebt haben. Aus klinischer Sicht erscheinen die Grundannahmen von McCullough jedoch überaus einleuchtend und

19 Theoretischer Hintergrund 11 durch vielfache therapeutische Erfahrungen mit dieser Patientengruppe belegt (Brakemeier & Normann, 2012). Aus diesen Grundüberlegungen zur Psychopathologie chronisch Depressiver heraus ergeben sich für den therapeutischen Prozess als zentrale Ziele die Anregung der stagnierten kognitiv-emotionalen Entwicklung hin zum formaloperatorischen Denken sowie die Arbeit an den interpersonellen Defiziten der Patienten (McCullough, 2003; Schweiger & Sipos, 2009; Schweiger, Sipos & Hohagen, 2007; Schweiger, Sipos, Rudolf, Steinlechner & Hohagen, 2007). Die Therapie zielt darauf ab, den chronisch depressiven Patienten die interpersonellen Auswirkungen ihres Verhaltens zu verdeutlichen. Die Patienten sollen lernen zu erkennen, dass ihr Verhalten entgegen ihrer Erwartungen und früheren Lernerfahrungen Konsequenzen hat und dadurch die Wahrnehmung der eigenen Funktionalität ( perceived functionality ) stärken (McCullough, 2000; McCullough, 2006; Schweiger et al., 2007). Um dies zu erreichen sollen die Patienten im Rahmen sogenannter mismatching-tasks gezielt Aufgaben lösen, die formaloperatorisches Denken verlangen und die Patienten zunächst überfordern. Durch die Konfrontation mit den eigenen Defiziten wird Stress erzeugt. Durch das schrittweise Anleiten zur Lösung durch den Therapeuten wird im Lösungsprozess durch die Reduktion der Anspannung eine negative Verstärkung erreicht und somit die Lernprozesse und die kausale Denkweise schließlich konsolidiert (McCullough, 2003; Zobel et al., 2010). Auf diese Weise sollen die Patienten lernen, ihr eigenes Verhalten besser einzuschätzen und im zweiten Schritt durch den Erwerb sozialer Problemlösefertigkeiten und den Aufbau positiver Bewältigungsstrategien ihre interpersonelle Defizite zu überwinden und ihre zwischenmenschliche Probleme auf formaloperatorischem Niveau zu lösen. Ein weiteres Ziel von CBASP ist das Anstoßen interpersoneller Heilungsprozesse bezüglich früherer traumatisierender Beziehungserfahrungen. Hierfür maßgeblich ist die besondere therapeutische Beziehungsgestaltung in CBASP, die durch die Aufhebung des Neutralitätsprinzips einen innovativen Aspekt darstellt (vgl. Kapitel ). Der CBASP-Therapeut ist explizit aufgefordert, sich in einer disziplinierten, kontrollierten, aber doch sehr persönlichen, authentischen und menschlichen Art und Weise auf den Patienten einzulassen (Brakemeier & Normann, 2012). Durch das Erreichen der oben aufgeführten Ziele soll es den Patienten möglich werden, ihre erlernte chronische Hilf- und Hoffnungslosigkeit, Passivität, Isolation, ihr Misstrauen und ihre Feindseligkeit, die infolge traumatischer Beziehungserfahrungen

20 Theoretischer Hintergrund 12 und Vermeidungsprozessen sowie Abkapselung entstanden sind, zu überwinden und sich in sozialen Beziehungen empathisch aufgeschlossener zu verhalten (McCullough, 2000, 2013) Techniken und zentrale Elemente von CBASP Aus den im vorherigen Abschnitt (2.2.1) beschriebenen Theorien und Grundannahmen leitete McCullough (2000) Therapiestrategien ab, die nachfolgend im Einzelnen ausgeführt werden Liste prägender Bezugspersonen und Übertragungshypothesen Wenn Kinder in ihrer Entwicklung missbräuchliche Erfahrungen machen oder einem depriviert-vernachlässigenden Umfeld ausgesetzt sind, können diese frühen verletzenden Erlebnisse eine normale Entwicklung verhindern, da die Energien und Verhaltensweisen der Kinder darauf ausgerichtet sind, die widrigen Umstände zu überleben und sie sich nicht auf die Entwicklung und das Wachstum konzentrieren können (McCullough, 2000). Studien legen nahe, dass bei ca % der chronisch depressiven Patienten frühe Traumatisierungen vorliegen (Chapman et al., 2004; Kessler & Bromet, 2013; Klein & Santiago, 2003; Lizardi et al., 1995; Wiersma et al., 2009). Der Begriff der frühen Traumatisierung umfasst dabei in Anlehnung an das gut etablierte Messinstrument Childhood Trauma Questionnaire (Bernstein et al., 2003; Bernstein & Fink, 1998) negative belastende Beziehungserfahrungen in den fünf Bereichen emotionaler Missbrauch, emotionale Vernachlässigung, sexuelle Gewalt, körperlicher Missbrauch und körperliche Vernachlässigung. Chronisch depressive Patienten weisen häufig hohe Werte in den Bereichen emotionaler Missbrauch bzw. emotionale Vernachlässigung resultierend aus unzureichender Zuwendung und Bedürfnisbefriedigung durch die Eltern auf. Die frühen traumatisierenden Beziehungserfahrungen des Patienten werden zu Beginn der Therapie im Rahmen der Liste der prägenden Bezugspersonen festgehalten. Der Therapeut soll dadurch möglichst frühzeitig Informationen über die Beziehungsgeschichte des Patienten gewinnen, um die misstrauischen, teilweise feindseligen Verhaltensweisen (z.b. nur auf den Boden schauen; Äußerungen, dass die Therapie nutzlos ist und sowieso nichts bringt ) besser einordnen und verstehen zu können. Im Rahmen der Liste prägender Bezugspersonen werden für circa drei bis maximal sechs Bezugspersonen die Prägungen bzw. so genannte Stempel herausgearbeitet, die der Patient durch das

21 Theoretischer Hintergrund 13 Zusammenleben und die Kontakte zu der jeweiligen Person ausgebildet hat. Durch die wie oben beschriebenen gehäuft vorliegenden frühkindlichen Traumatisierungen sind die Prägungen meist negativ bzw. dysfunktional gefärbt [Bsp.: Ich darf keine Emotionen zeigen, denn dann werde ich abgelehnt. oder Ich kann mich nicht wehren und muss alles allein aushalten. ] (Brakemeier & Normann, 2012). Der Therapeut ermittelt dann anhand der zuvor erstellten Liste der prägenden Bezugspersonen eine interpersonelle Übertragungshypothese (ÜH). Anhand der wichtigsten negativen Prägungen wird die zentrale interpersonelle Angst identifiziert, die der Patient in die Therapiebeziehung mitbringt und im Rahmen eines Satzes, der ÜH festgehalten. Die ÜH wird in Form einer Beziehungserwartung formuliert, die der Patient an die therapeutische Beziehung hat: Wenn der Patient sich in einer bestimmten Art und Weise verhält, dann wird der Therapeut mit einem erwarteten negativen Verhalten reagieren [z.b. Wenn ich negative Emotionen zeige, dann wird meine Therapeutin mich ablehnen. ] (Brakemeier & Normann, 2012; McCullough, 2013). Die zentrale Angst der ÜH kann sich in vier möglichen Bereichen ausdrücken: interpersonelle Nähe, Äußern persönlicher emotionaler Bedürfnisse, Scheitern/Fehler machen, Ausdruck negativer Affekte (McCullough, 2000). Das interpersonelle Ziel, diese zentrale Angst zu mildern wird durch die besondere, transparente Beziehungsgestaltung und die Diskrimination des Therapeuten von früheren missbräuchlichen prägenden Bezugspersonen angestrebt (McCullough, 2013). Im folgenden Kapitel sind die spezifisch hierfür verwendeten Techniken näher beschrieben Diszipliniert-persönliches Einlassen und Interpersonelle Diskriminationsübung Innovativ in CBASP ist die besondere Berücksichtigung der Beziehung zwischen Therapeut und Patient. McCullough (1984, 2000, 2006) machte in der Arbeit mit chronisch depressiven Patienten die Erfahrung, dass eine distanzierte, unpersönliche Beziehungsgestaltung rasch an ihre Grenzen stößt: So gelingt es weder, die Patienten aus ihrem Wahrnehmungsdilemma herauszuholen, noch die präoperatorische Denkweise zu beeinflussen oder korrigierende, heilsame Beziehungserfahrungen zu ermöglichen und damit einen Heilungsprozess bezüglich früher Traumata anzustoßen (Brakemeier & Normann, 2012). Um die therapeutische Beziehung als Beispiel interpersoneller Beziehungen so zu nutzen, dass diese zentralen Ziele in der Therapie chronisch Depressiver erreichbar

22 Theoretischer Hintergrund 14 werden, hat McCullough (2000) das disciplined personal involvement entwickelt. Eine möglichst wortgetreue Übersetzung hierfür lautet Diszipliniertes Persönliches Einlassen (DPE). McCullough verwendet in seinen Publikationen auch den Terminus kontingente persönliche Reaktion ( contingent personal reponsivity ) beim Beschreiben der therapeutischen Rolle (McCullough, 2000, 2013). Von Schweiger und Kollegen wird diese neue und besondere Art der Beziehungsgestaltung als hochprofessionelle Form der Beziehungsgestaltung, welche den Therapeuten und seine persönliche Innenwelt, sein Denken, seine Emotionen und seine Reaktionen auf das Verhalten des Patienten mit einschließt beschrieben (McCullough, 2011). Nach dem Aufbau einer vertrauensvollen Therapiebeziehung dient das DPE dem Therapeuten als wichtige Technik, den Patienten auf die Folgen seines Verhaltens hinzuweisen und somit selbst zur interpersonellen Konsequenz für den Patienten zu werden. Dies ist eine effektive psychotherapeutische Taktik zur Verhaltensänderung, die direkt in den Sitzungen stattfindet (McCullough, 2013). Der Therapeut offenbart dabei dem Patient authentisch und offen seine eigenen Gefühle und Gedanken, die durch das Verhalten des Patienten in der gemeinsamen Interaktion ausgelöst werden (z.b. Was denken Sie, was Ihre Aussage bei mir bewirkt? Es macht mich traurig/wütend/frustriert/usw., wenn Sie das sagen. ). DPE kann beispielsweise in Situationen angewendet werden, in denen Prägungen bzw. Bereiche aus der ÜH in der Therapie auftauchen. Weitere Einsatzbereiche sind Situationen, in denen der Patient therapieschädigendes Verhalten (wie z.b. vermehrtes unentschuldigtes Fehlen, Nichterfüllen von Therapieaufgaben, feindseliges Verhalten gegenüber dem Therapeuten) zeigt (Brakemeier & Normann, 2012). Diese bewusst und reflektiert eingesetzte Transparenz hinsichtlich der emotionalen und kognitiven Reaktionen des Therapeuten ermöglicht es, den egozentrischen Denkstil des Patienten zu durchbrechen. Dadurch wird wiederum eine Modifikation des Denkstils, eine Entwicklung zwischenmenschlicher Empathie sowie ein Erkennen eigener Interaktionsmuster und langfristig einer Veränderung des die chronische Depression aufrechterhaltendes Denkens und Interaktionsverhaltens der Patienten möglich. Im Anschluss an das DPE leitet der Therapeut meist eine sogenannte interpersonelle Diskriminationsübung (IDÜ) ein. Durch diese sollen Patienten die Unterschiede zwischen der Reaktion ihrer prägenden Bezugspersonen und der Reaktion des Therapeuten auf ihr Verhalten erkennen. Sie sollen dabei lernen, dass ihre aktuellen Mitmenschen, in diesem Fall der Therapeut, anders auf ihr Verhalten reagieren, dass sie

23 Theoretischer Hintergrund 15 heute nicht mehr ihren zentralen Ängsten und Befürchtungen entsprechend verletzt, missbraucht, geschlagen oder alleine gelassen werden (Brakemeier & Normann, 2012). Der Therapeut fragt den Patienten im Rahmen dieser Übung gezielt danach, welche Reaktion der Therapeut bzgl. einer Situation gezeigt hat und wie im Gegenzug entsprechende prägende Bezugspersonen reagiert hätten. Durch das Herausstellen der unterschiedlichen Reaktionstendenzen des Therapeuten im Gegensatz zu denen der prägenden Bezugspersonen des Patienten sollen alte emotionale Verstrickungen aufgelöst und heilende Beziehungserfahrungen ermöglicht werden (McCullough, 2011) Kiesler Kreis Der interpersonelle Kreis nach dem amerikanischen Psychologen Donald J. Kiesler (1983) ist ein sozialpsychologisches Modell, das der Operationalisierung und Darstellung von interpersonellem Verhalten dient. Es erlaubt die Einschätzung des sogenannten Stimuluscharakters von Personen. Der Begriff Stimuluscharakter bezeichnet typische Verhaltenstendenzen einer Person, die verdeckte emotionale, kognitive oder verhaltensbezogene Reaktionen bei anderen Menschen hervorruft (Brakemeier & Normann, 2012). Kiesler (1983) teilt die Verhaltensweisen in die folgenden vier Dimensionen, die in komplementärem Verhältnis zueinander stehen, ein: dominant vs. submissiv, freundlich vs. feindselig. Weiterhin unterscheidet er die folgenden vier Zwischendimensionen: freundlich-dominant, freundlich-submissiv, feindselig-dominant und feindselig-submissiv (s. Abbildung 2). Freundliche Verhaltenstendenzen gehen mit Nähe, feindselige mit Distanz einher; dominantes Verhalten zeichnet sich durch Offenheit und Aktivität, submissives durch Verschlossenheit und Passivität aus.

24 Theoretischer Hintergrund 16 DOMINANT FEINDSELIG- FREUNDLICH- DOMINANT DOMINANT OFFEN FEINDSELIG DISTANZ NÄHE FREUNDLICH FEINDSELIG- SUBMISSIV VERSCHLOSSEN SUBMISSIV FREUNDLICH- SUBMISSIV Abbildung 2: Interpersoneller Kreis nach Kiesler (1983) mit acht Verhaltensdimensionen (außerhalb des Kreises) sowie Synonymen zu den beiden Hauptachsen (Kästen innerhalb des Kreises). Schwarze Pfeile illustrieren die Komplementärreaktionen. Die Verhaltensdimensionen Dominanz und Submissivität verhalten sich komplementär zu einander, d.h. dominantes Verhalten löst beim Gegenüber eher submissives Verhalten aus und umgekehrt. Auf der Nähe-Distanz Dimension verhalten sich die Pole gleich gerichtet: Freundliches Verhalten löst demzufolge wahrscheinlicher eine freundliche Reaktion, feindseliges Verhalten eher eine feindselige Reaktion beim Gegenüber aus. Bezüglich der Zwischendimensionen gilt: feindselig-dominantes Verhalten führt zu feindselig-submissiver Verhaltensreaktion und umgekehrt. Analog dazu verhalten sich die Verhaltensdimensionen freundlich-dominant und freundlichsubmissiv (Kiesler, 1983). Der Stimuluscharakter chronisch depressiver Patienten liegt häufig im distanzierten und verschlossenen Bereich (McCullough, 2000). In einer Untersuchung konnten Constantino et al. (2008) zeigen, dass chronisch depressive Patienten (N=442) im Vergleich zu einer Kontrollpopulation (N=66) signifikant höhere Werte in den Dimensionen feindselig, feindselig-submissiv und feindselig-dominant sowie signifikant niedrigere Werte in den Dimensionen freundlich und freundlichdominant aufwiesen. Ein Therapieziel in CBASP ist, dass die Patienten ihre oftmals festgefahrenen feindseligen und submissiven Verhaltensmuster ablegen und eine größere Variabilität und Flexibilität sowie mehr Nähe und Offenheit in

25 Theoretischer Hintergrund 17 zwischenmenschlichen Situationen erwerben. Der Kiesler Kreis wird dafür beispielsweise im Rahmen der Bearbeitung der SA und in Situationen des Disziplinierten Persönlichen Einlassens (DPE) eingesetzt Situationsanalyse Die Situationsanalyse (SA) ist eine hoch strukturierte, mehrstufige interpersonelle Problemlöseaufgabe, die ihre Wurzeln in der Verhaltensanalyse von Kanfer und Saslow (1969) hat (Brakemeier et al., 2012; Schweiger & Sipos, 2009). Patienten sollen durch die SA lernen, dass ihr Verhalten Konsequenzen hat (perceived functionality) und sie somit mit ihrer Umwelt in Verbindung treten können (McCullough, 2000). Durch die SA wird die Aufmerksamkeit der Patienten auf eine spezifische interpersonelle Situation der (jüngsten) Vergangenheit gelenkt und im Folgenden eine Analyse der Interpretationen, des Verhaltens der Patienten sowie des tatsächlichen und erwünschten Ergebnisses der Situation durchgeführt. Die SA teilt sich dabei in zwei Schritte auf: Die Explorationsphase und die Lösungsphase (s. Arbeitsblatt zur Durchführung der SA, Anhang A, S. 115). In der Explorationsphase wird die Situation zunächst objektiv und rein deskriptiv beschrieben. Darauf folgt eine Sammlung der wichtigsten Interpretationen, die der Patient während der Situation hatte. Im Anschluss wird das Verhalten des Patienten in der Situation erfasst und das erreichte tatsächliche Ergebnis definiert, welches am Ende der Situation beobachtbar war. Im nachfolgenden Schritt wird der Patient dazu aufgefordert, sein erwünschtes Ergebnis in dieser konkreten Situation zu benennen, wobei dieses realistisch und im Patienten verankert sein soll (Brakemeier & Normann, 2012). Abschließend wird dann das tatsächliche Ergebnis (TE) mit dem erwünschten Ergebnis (EE) verglichen. Da chronisch Depressive in sozialen Situationen oftmals nicht das erreichen (TE), was sie eigentlich wollten (EE), erzeugt dieser Ist-Soll-Abgleich einen Leidensdruck. Dies ist insofern von Bedeutung, dass hierdurch der Mechanismus der negativen Verstärkung (Skinner, 1953) genutzt werden kann. Demnach wird die Auftretenswahrscheinlichkeit eines Verhaltens erhöht, wenn durch ein Verhalten unangenehme Reize verhindert oder beendet werden können. Da chronisch depressive Patienten als Folge der Entkopplung von ihrer Umwelt meist nicht auf positive Verstärkung reagieren, ist das Nutzen dieses Mechanismus für das Erlernen zielführenden Verhaltens entscheidend: Die Patienten lernen durch die SA, wie sie durch Veränderung ihrer Interpretationen und ihres Verhaltens emotionales Leid abbauen

26 Theoretischer Hintergrund 18 können. Bei Nicht-Erreichen des EE wird daher die Lösungsphase angeschlossen. Hier werden zunächst die vom Patient angegebenen Interpretationen dahingehend überprüft, ob sie in der spezifischen Situation verankert und hilfreich für das Erreichen des EE sind. Im zweiten Schritt der Lösungsphase soll das Verhalten des Patienten modifiziert werden. Dabei wird das neue Zielverhalten des Patienten definiert und in zumeist mehreren Rollenspielen erprobt. Schließlich soll der Patient zusammenfassen, was er durch die SA gelernt hat und überlegen, ob er dies auch auf ähnliche Situationen übertragen kann. Diese Schritte dienen dem Lerntransfer und der Generalisierung (Brakemeier & Normann, 2012; McCullough, 2000). Diverse Autoren, z.b. McCullough (2010), Manber et al. (2003), Santiago et al. (2006) und Klein et al. (2011) gehen davon aus, dass die Technik der SA einen bedeutenden Anteil am Behandlungserfolg hat und zusätzlich rückfallpräventiv wirkt. Die Behandlung zielt daher darauf ab, dass die Patienten am Ende der Therapie nach Möglichkeit selbständig und ohne therapeutische Hilfe Situationsanalysen durchführen können. Um dies zu erreichen, sollte ein Großteil der Therapiezeit der CBASP- Behandlung idealerweise 75-80% mit Situationsanalysen gearbeitet werden (Brakemeier & Normann, 2012). 2.3 Stationäre Behandlung chronischer Depressionen Aufgrund der zunehmenden Prävalenz (Arnow & Constantino, 2003; Dunner, 2001), den schwerwiegenden Beeinträchtigungen (Angst et al., 2009; Satyanarayana et al., 2009) sowie den hohen direkten und indirekten Krankheitskosten (Kessler et al., 1999; Wittchen et al., 2011) treten chronisch depressive Erkrankungen immer mehr in den Fokus der Aufmerksamkeit. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass chronisch depressive Patienten sich häufig in stationärer Behandlung befinden (Brakemeier et al. 2012), wirft dies auch die Frage nach möglichst effektiven und kosteneffizienten Therapiemodellen auf. Im Folgenden wird nun anhand von verschiedenen Studien zunächst die bisherige Situation der stationären Behandlung chronischer Depressionen beschrieben. Anschließend wird eine Möglichkeit der stationären Implementierung der störungsspezifischen Therapie CBASP als neuartiges multidisziplinäres Behandlungskonzept vorgestellt und Unterschiede der stationären CBASP-Behandlung gegenüber einer ambulanten Therapie mit CBASP herausgearbeitet.

27 Theoretischer Hintergrund Zur stationären Behandlungssituation chronischer Depressionen Depressionen stellen mit bis zu 40% der stationären psychiatrischpsychotherapeutischen Versorgung einen Großteil der Behandlungsanlässe dar (Sitta et al., 2006). Die Zahl der stationären Behandlungen depressiver Störungen zeigt dabei in den letzten Jahren eine Zunahme: Während im Jahr 2006 ca Patienten mit unipolaren depressiven Erkrankungen vollstationär behandelt wurden, lag die Behandlungsrate 2013 bei über Fällen (Statistisches Bundesamt, 2015). Unter Berücksichtigung der Prävalenzraten ist davon auszugehen, dass ungefähr chronisch depressive Patienten pro Jahr in deutschen psychiatrischpsychotherapeutischen Krankenhäusern stationär behandelt werden und Kosten in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro verursachen (Schnell et al., 2016). Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern existieren in Deutschland insgesamt betrachtet weit mehr stationäre psychiatrische Versorgungsplätze. Es zeigte sich, dass beispielsweise in Großbritannien und Frankreich psychiatrische Erkrankungen vorwiegend in allgemeinärztlichen Praxen psychopharmakologisch behandelt werden. Trotz der Verkürzung der durchschnittlichen Dauer der stationären Therapien affektiver Störungen in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken in Deutschland in den letzten Jahren (Spießl, Binder, Cording, Klein & Hajak, 2006; Zielke, 2009) ist die stationäre Behandlungsdauer in Deutschland im Vergleich zu anderen westlichen Ländern vergleichsweise lang (Hölzel, Kriston, Weiser & Härter, 2011). In einer Analyse von Hölzel et al. (2014) lag die mittlere Verweildauer depressiver Patienten (N=184) in verschiedenen Kliniken in Deutschland zwischen 40.6 und 72.3 Tagen. Zur Qualität und Effektivität der stationären Depressionsbehandlung in Deutschland existieren diverse Studien (z.b. Härter et al., 2004; Schneider et al., 2005; Wolfersdorf & Müller, 2007). Dabei zeigte sich die Behandlungsqualität in Deutschland als insgesamt zufriedenstellend und von hohem Standard (Köhler et al. 2015; Schneider et al., 2005; Wolfersdorf & Müller, 2007). In einer Untersuchung von Härter et al. (2004) an 24 psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachkliniken in Baden-Württemberg mit über 3000 depressiven Patienten zeigten sich eine hohe Behandlungszufriedenheit und hohe Prä- Post-Effektstärken. Circa 4/5 aller untersuchten Patienten, unter denen sich auch schwer und chronisch depressiv Erkrankte befanden, erlebten durch die Behandlung eine klinisch bedeutsame Besserung ihrer depressiven Symptomatik. Die Kombination aus

28 Theoretischer Hintergrund 20 Pharmako- und Psychotherapie erzielte den höchsten Behandlungserfolg. Bei Betrachtung der Responseraten durch Fremdeinschätzung mittels HAMD konnte bei der Hälfte aller Patienten eine Vollremission (>75% Verbesserung im Vergleich zum Aufnahmewert) der Symptomatik festgestellt werden. Eine partielle Remission (50 75% Verbesserung im Vergleich zum Aufnahmewert) wurde bei einem Drittel der Patienten festgestellt. Aufgrund fehlender Katamnesedaten konnten in der Studie von Härter et al. (2004) keine Aussagen über einen langfristigen Behandlungserfolg getroffen werden. Die stationäre Behandlungssituation speziell chronischer Verlaufsformen von Depressionen dagegen ist bislang nur wenig erforscht. Die nachfolgend aufgeführten drei Studien berichten jeweils Subgruppenanalysen größerer randomisiert-kontrollierter Studien, wodurch sich die teils sehr geringen Fallzahlen erklären. Miller et al. (1999) untersuchte 26 Patienten mit Double Depression, die mittels Pharmakotherapie oder Pharmakotherapie plus Kognitiver Verhaltenstherapie zunächst stationär und anschließend 20 Wochen lang ambulant weiter behandelt wurden. In der Gesamtstichprobe lag die Remissionsrate am Ende der gesamten Behandlung (stationär und ambulant) bei 38%. Die Kombinationsgruppe war der Pharmakotherapiegruppe bezüglich der Reduktion depressiver Symptome, gemessen anhand einer modifizierten 25 Item-Version der HAMD und anhand des BDI sowie bezüglich des sozialen Funktionsniveaus überlegen. Sechs und zwölf Monate später waren die Unterschiede zwischen den Gruppen nicht mehr nachweisbar. Eine weitere Studie von Schramm et al. (2008) verglich an 45 chronisch depressiven Patienten eine 5-wöchige stationäre Behandlung mit Interpersoneller Psychotherapie und einer Clinical Management Bedingung mit psychoedukativen und supportiven Arztgesprächen. Beide Gruppen erhielten zudem eine standardisierte Pharmakotherapie. Die IPT Bedingung zeigte sich im Hinblick auf Depressivität, gemessen anhand des HAMD-17 und auf das globale Funktionsniveau der Behandlung mit Clinical Management überlegen: In der IPT Bedingung lag die Remissionsrate bei 67%, in der Clinical Management Bedingung bei 32%. Nach 12 Monaten hatten nur 7% der Patienten, die IPT erhalten hatten, einen Rückfall erlitten. Demgegenüber stehen 25% Rückfälle in der Gruppe mit Clinical Management. In einer Reanalyse von Daten des Berliner Algorithmusprojekts (Adli et al., 2002; Adli, Bauer & Rush, 2006; Bauer et al., 2009) von Köhler et al. (2015) zeigte sich anhand einer Stichprobe von 412 stationär medikamentös behandelter depressiven Patienten, dass die Untergruppe chronisch Depressiver (n=56) im Vergleich zu den episodisch Depressiven (n=356) eine höhere Symptomschwere sowie Rate an

29 Theoretischer Hintergrund 21 komorbiden Achse-I Störungen aufwies und die stationäre Behandlung länger dauerte. Chronisch depressive Patienten waren durchschnittlich 64.8 Tage in stationärer Behandlung, während der Durchschnitt bei den episodisch Depressiven bei 53.3 Tagen lag. Im Gegensatz zu den episodisch Erkrankten zeigten die chronisch depressiven Patienten im HAMD-21 geringere Response- (72.0% vs. 60.0%) und Remissionsraten (56.7% vs. 49.1%). Nichtsdestotrotz wurde in beiden Gruppen eine vergleichbare Reduktion der depressiven Symptomatik im HAMD-21 und BDI erreicht. Die Effektstärken lagen für chronisch Depressive bei 1.68 im HAMD-21 und bei 1.1 im BDI; bei den episodisch Depressiven wurden Effektstärken von 1.89 (HAMD-21) und 1.2 (BDI) erreicht. Ein Einfluss der verschiedenen medikamentösen Strategien auf das Outcome der chronisch depressiven Patienten zeigte sich nicht. In einer Untersuchung von Hölzel et al. (2010) zu Prädiktoren für Nonresponse stationärer Depressionsbehandlungen schien abgesehen von der Anzahl psychischer Komorbitäten, dem Schweregrad der Depression sowie dem Ausmaß der Beeinträchtigung der Lebensführung und der Medikamentencompliance auch die Dauer der depressiven Störung für den Behandlungserfolg ausschlaggebend. Allerdings zeigte sich der Zusammenhang zwischen Störungsdauer und Behandlungserfolg nicht linear und wies nur eine statistische Tendenz (p =.075) auf. Eine systematische Unterscheidung nach Chronifizierungsgrad (episodisch versus chronisch) erfolgte in dieser Studie nicht. Weiterhin wurden in zwei Metaanalysen auch Studien zur stationären Depressionsbehandlung chronischer Depressionen berücksichtigt. Huber et al. (2005) schlussfolgerte in seiner Untersuchung, in der drei Studien zur stationären Depressionsbehandlung chronisch Depressiver berichtet werden, dass eine Kombinationsbehandlung aus Medikation und Psychotherapie bei stationären, chronisch depressiven Patienten den Monotherapien wahrscheinlich überlegen ist. Von den insgesamt 12 analysierten Studien in einer Metaanalyse zur Effektivität verschiedener stationärer psychotherapeutischer Interventionen von Cuijpers et al. (2011) bezogen sich zwei speziell auf Patienten mit chronischer Depression. Diese unterschieden sich wesentlich in den berichteten Effektstärken (Standardpharmakotherapie plus Kognitive Verhaltenstherapie versus Standardpharmakotherapie allein, g = 0.00, Barker, Scott & Eccleston, 1987; Kombinierte Kognitive Verhaltenstherapie aus Behavioral Activation, Skillstraining & Kognitiver Umstrukturierung versus unspezifische Kontrollbedingung (Ergotherapie, Entspannungstraining und Körperübungen), g = 0.98 bzw. Kognitive

30 Theoretischer Hintergrund 22 Verhaltenstherapie versus unspezifische Kontrollbedingung, g = 0.54, De Jong, Treiber & Henrich, 1986). Damit wurde prinzipiell die Wirksamkeit psychotherapeutischer Methoden zur stationären Depressionsbehandlung zumindest in einer Studie bestätigt (Schnell et al., 2016). Weitere existierende Studien zur stationären Behandlung depressiver Erkrankungen differenzieren zumeist nicht klar bezüglich des Schweregrades und der Chronifizierung der depressiven Erkrankungen, so dass systematische stationäre Behandlungsdaten speziell chronischer Depressionen weitgehend fehlen. Dies liegt vermutlich auch mit darin begründet, dass in der stationären Versorgung bislang keine oder nur geringe Unterschiede bezüglich der Behandlung episodischer und chronischer Depressionen der genannten Störungsgruppen gemacht werden und es an störungsspezifischen stationären Behandlungskonzepten für chronische Depressionen mangelt. Insbesondere fehlen auch Studien, die speziell die Zufriedenheit und Behandlungsqualität der stationären Behandlung chronisch Depressiver untersuchen. Aus den ätiologischen und psychopathologischen Besonderheiten chronischer Depressionen heraus (vgl. Kapitel 2.1.3) erscheint eine spezifische Behandlung und Evaluation jedoch auch im stationären Rahmen sehr sinnvoll. Im folgenden Kapitel wird mit der Implementierung von CBASP im stationären Setting ein solches Konzept beispielhaft vorgestellt CBASP@5 : ein neues multidisziplinäres stationäres Behandlungskonzept für chronisch depressive Patienten Das 2008 in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg eingeführte Konzept CBASP@5 stellt ein innovatives stationäres multidisziplinäres Behandlungskonzept speziell für chronisch depressiv erkrankte Patienten dar (Brakemeier et al., 2011; Brakemeier & Normann, 2012; Brakemeier, 2013). CBASP@5 wurde als Name gewählt, da das Konzept auf der Schwerpunktstation für affektive Störungen, Station 5, eingeführt wurde. Es bietet den Patienten eine spezifisch auf das Störungsbild der chronischen Depression ausgerichtete multiprofessionelle Behandlung. Sämtliche Berufsgruppen mit denen die Patienten während der Behandlung zusammenarbeiten und in Kontakt kommen, also Ärzte, Psychologen, Pflegepersonal, Fachtherapeuten (aus Ergotherapie, Gestalttherapie, Physio- und Körpertherapie) und Sozialdienstmitarbeiter wurden durch spezielle Teamfortbildungen in CBASP eingeführt und in den Techniken, Strategien sowie Spezifika geschult und trainiert. Dadurch können die Patienten nicht nur im Rahmen der

31 Theoretischer Hintergrund 23 Einzel- und Gruppenpsychotherapie sondern auch darüber hinaus in jedem Behandlungssetting spezifisch nach den Grundlagen und Techniken von CBASP betreut werden. Im Folgenden sollen nun zunächst die Module und Rahmenbedingungen des stationären Behandlungskonzepts beschrieben und nachfolgend die Unterschiede sowie die Vor- und Nachteile einer stationären Behandlung mit CBASP im Vergleich zur ambulanten Therapie herausgearbeitet werden Module von Das Behandlungskonzept beinhaltet verschiedene Module: Einzel- und Gruppenpsychotherapie, Bezugspflege-Gespräche, Gestaltungstherapie, Körper- und Bewegungstherapie, Ergotherapie, Sozialdienst und Pharmakotherapie (s. Abbildung 3). An der Gruppenpsychotherapie, Gestaltungstherapie und der Körper- und Bewegungstherapie nehmen nur Patienten aus dem CBASP-Konzept teil, während in der Ergotherapie auch Patienten der Station, die nicht nach dem CBASP-Konzept behandelt werden partizipieren. Abbildung 3: Module des stationären Konzepts modifiziert nach Brakemeier & Normann (2012).

32 Theoretischer Hintergrund 24 Die CBASP-Einzeltherapie beinhaltet therapeutische Gespräche nach den Prinzipien und beschriebenen Strategien von CBASP und wird von psychologischen oder ärztlichen, in CBASP geschulten Therapeuten durchgeführt. Daneben nimmt die CBASP Gruppentherapie einen wichtigen Stellenwert im stationären Konzept ein. Die CBASP Gruppentherapie ist eine halboffene Gruppe, was bedeutet, dass die Patienten nach einer Einführungsphase von zwei Wochen, in denen zunächst die Prägungen und Übertragungshypothesen erhoben werden, bis zur Entlassung an der Gruppe teilnehmen und sich die Patienten aufgrund unterschiedlichen Aufnahmezeitpunkten dann auch in unterschiedlichen Therapiephasen befinden. Inhaltlich werden in der Gruppentherapie vor allem SAs bearbeitet, wobei der Fokus auf dem Üben des erwünschten Zielverhaltens in Rollenspielen unter Zuhilfenahme des KK liegt. Für diese Gruppe besteht ein manualisiertes Konzept im ambulanten Bereich (Schramm, 2012). Jedem Patienten wird zu Beginn der Behandlung eine so genannte Bezugspflegeperson zugewiesen, die den Patient während des gesamten Klinikaufenthalts kontinuierlich unterstützt. Dies geschieht durch wiederholte kurze meist spontane Kontakte beispielsweise in Bezug auf Fragen zur Regelung und Bewältigung des Alltags während der CBASP-Therapie sowie darüber hinaus im Rahmen von geplanten Bezugspflegegesprächen. Diese dienen insbesondere der Intensivierung der CBASP-Strategien wie z.b. der Arbeit mit dem Kiesler Kreis und den Situationsanalysen. Durch die häufigen Kontakte in engen zeitlichen Abständen und verschiedensten Situationen des täglichen Lebens stellt die Bezugspflege für die Patienten eine wichtige Bezugsperson im Stationsalltag dar (Brakemeier & Normann, 2012). Das geschulte Pflegepersonal kann darüber hinaus in den Gruppentherapien eine co-therapeutische Rolle einnehmen. Weiteres Element des stationären multidisziplinären CBASP-Konzepts ist die CBASP-Gestaltungstherapie. Durch die Arbeit mit verschiedenen Materialien (z.b. Malfarbe, Aquarell, Ton) sollen hier die Patienten dazu angeregt werden, eigene Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken und interpersonelle Fertigkeiten wie z.b. Selbstabgrenzung und -behauptung zu üben. Elemente der Situationsanalyse fließen über die Formulierung eines Ziels im Sinne eines erwünschten Ergebnisses zu Beginn der Sitzung ein. Im Rahmen der Nachbesprechung kann der Gestaltungstherapeut situationsabhängig DPE anwenden und den Patient zu IDÜs anregen (Brakemeier & Normann, 2012).

33 Theoretischer Hintergrund 25 Neben der Gestaltungstherapie ist die CBASP-Körper- und Bewegungstherapie eine weitere konzeptspezifische Fachtherapie, die relevante Elemente von CBASP mittels körperlichem Einsatz auf spielerische und teils sportliche Art aufgreift. Bei den durchgeführten Übungen werden dabei die Dimensionen des Kiesler Kreismodells auf den Körper und die Bewegungen sowie auf das Erleben bezogen und interpersonelle Fertigkeiten trainiert. Die Patienten lernen auf diese Art, ihr eigenes Verhalten besser einzuschätzen und neue Verhaltensdimensionen des Kiesler Kreises auszuprobieren und anzuwenden. Weiterhin werden Übungen zum Aufbau von Vertrauen und zum Training der Empathiefähigkeit eingesetzt. Analog zur Gestaltungstherapie werden darüber hinaus mit dem Formulieren eines erwünschten Ergebnisses und durch das DPE durch den Körpertherapeuten CBASP-spezifische Werkzeuge eingesetzt (Brakemeier et al., 2011; Brakemeier & Normann, 2012). Die CBASP-spezifischen Fachtherapien werden darüber hinaus um die Ergotherapie ergänzt. Diese wird ebenfalls durch in CBASP geschulte Therapeuten durchgeführt; im Gegensatz zur Gestaltungstherapie enthält diese jedoch keine speziellen CBASP- Elemente und erfolgt nach üblichen Maßstäben gemeinsam mit weiteren Patienten der Station, die nicht ins CBASP-Konzept eingebunden sind. Zusätzlich finden tägliche Visiten durch die in CBASP geschulten Ärzte der Station sowie einmal pro Woche eine Visite mit einem ebenfalls in CBASP trainierten Oberarzt statt. In diesem Rahmen wird auch eine individuell auf den Patienten angepasste Pharmakotherapie gewährleistet. Als Richtlinien für die Pharmakotherapie gelten dabei die gängigen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN, BÄK, KBV & AWMF, 2011). Ein weiteres Modul der stationären CBASP-Therapie sind Kontakte zum Sozialdienst, der ebenfalls CBASP geschult ist, um individuell und entsprechend der Prägungen auf die Patienten eingehen zu können. Da chronisch depressive Patienten oft schwere Beeinträchtigungen im psychosozialen Bereich haben (Angst et al., 2009; Evans et al., 1996; Leader & Klein, 1996; Satyanarayana et al., 2009), sind diese für die Patienten häufig sehr bedeutsam. Während des gesamten stationären Aufenthalts besteht daher Kontakt zwischen Sozialdienst und Patient. Der Sozialdienst unterstützt den Patient dabei je nach Bedarf und in enger Zusammenarbeit und Austausch mit dem Einzeltherapeuten sowie der Bezugspflege in den Bereichen Wohnen, Beruf, Finanzen, soziales Netzwerk und Tagesstrukturierung. So kann er beispielsweise die Planung und Einleitung eines beruflichen Wiedereinstiegs inklusive vorangehender Arbeitsversuche

34 Theoretischer Hintergrund 26 übernehmen, wenn dies indiziert ist (Brakemeier & Normann, 2012; Brakemeier et al., 2012). Ergänzend zu den bisher beschriebenen therapeutischen Bausteinen erfolgt eine pharmakotherapeutische Behandlung der Patienten durch die Stationsärzte unter Supervision des Oberarztes. Bei einem hohen Anteil von chronisch depressiven Patienten besteht eine medikamentöse Therapieresistenz (d.h. zwei oder mehr erfolglose Therapieversuche mit Antidepressiva) (Thase & Rush,1995). Basierend auf den Ergebnissen der Keller-Studie (2000), in der die Kombinationsbehandlung aus Pharmakotherapie und CBASP den beiden Monotherapien überlegen war und synergistischen Effekten in vergleichbaren Depressionsstudien (z.b. Cuijpers, Andersson, Donker & van Straten, 2011; Oestergaard & Møldrup, 2011), wird eine medikamentöse Begleitbehandlung während der CBASP-Therapie dennoch angestrebt. In Fällen der kompletten Ablehnung einer medikamentösen Behandlung wird den Patienten eine pharmakotherapeutische Behandlung jedoch nicht zur Bedingung gemacht, sondern - nach ausführlicher Aufklärung - auch eine Nicht-Medikation akzeptiert Rahmenbedingungen und Behandlungsablauf von CBASP@5 In Anlehnung an die Rahmenbedingungen des stationären DBT-Konzepts (Bohus et al., 2000, 2004) wurden CBASP@5 die im Folgenden beschriebenen Bedingungen und Abläufe der stationären Behandlung zugrunde gelegt. Zielgruppe der stationären Behandlung durch CBASP@5 sind chronisch depressive Patienten nach DSM-IV (American Psychiatric Association, 2000), vgl. Kapitel 3.3. Die Behandlungsdauer ist auf 12 Wochen ausgelegt, was bei einer Frequenz von zwei Einzelsitzungen pro Woche 24 einzeltherapeutische Interventionen im Rahmen der stationären Behandlung beinhaltet. Diese Dauer wird bislang durch die Pilotdaten (Brakemeier et al., 2011) und andere Studien, die eine Mindestdauer von 18 einzeltherapeutischen Sitzungen bei der Behandlung chronischer Depressionen nahe legen (Cuijpers et al., 2010; Kocsis et al., 2009) bestätigt. Bei weiterer tagesklinischer, nachstationärer oder ambulanter CBASP- Behandlung im Anschluss an die stationäre Therapie kann die stationäre Behandlungsdauer auch verkürzt werden (Brakemeier & Normann, 2012). Bezüglich der Behandlungsplätze wird empfohlen, nicht mehr als neun CBASP-Therapieplätze auf einer Station gleichzeitig zu belegen. Dies ergibt sich aus der Limitation der CBASP- Gruppen, die in der Durchführung mit mehr als neun Patienten deutlich schwieriger und

35 Theoretischer Hintergrund 27 weniger effektiv erscheinen. Eine Begrenzung nach unten ergibt sich ebenfalls aus der Anzahl der Gruppenteilnehmer: Um eine arbeitsfähige CBASP-Gruppe zusammenzustellen, erscheint die Teilnahme von mindestens vier Patienten als notwendig (Brakemeier & Normann, 2012). Auf Station 5 gibt es daher derzeit sechs bis neun CBASP-Behandlungsplätze (abhängig von der aktuellen Anzahl und Verfügbarkeit der Einzeltherapeuten). Bezüglich des Aufnahmeprocedere wurde folgendes Vorgehen festgelegt: Im Vorfeld der stationären Behandlung erfolgt ein persönliches oder telefonisches Vorgespräch zur Abklärung der Indikation und der Motivation. Bei Aufnahme unterschreibt der Patient einen Behandlungsvertrag, in dem die grundlegenden Voraussetzungen der Behandlung festgehalten sind. Eingeschlossen sind unter anderem der Umgang mit Suizidalität, Teilnahme an Therapien und sozialpsychiatrische Absprachen (siehe Anhang B, S. 117). Die Therapie umfasst drei Behandlungsphasen, die in Abbildung 4 dargestellt sind. In der Einführungsphase, die ca. zwei Wochen dauert, erarbeitet der Einzeltherapeut mit dem Patienten die Liste prägender Bezugspersonen und die Übertragungshypothesen. Die Bezugspflege bespricht dies vertiefend mit dem Patienten. Inhaltlich liegen die Schwerpunkte der Einführungsphase damit auf dem genauen Kennenlernen des Patienten mit seinen bisherigen Beziehungserfahrungen und zwischenmenschlichen Erwartungen sowie auf dem therapeutischen Beziehungs- und Vertrauensaufbau, der der gesamten Behandlung zugrunde liegt und die Technik des DPE ermöglicht.

36 Theoretischer Hintergrund 28 Abbildung 4: Überblick über die Behandlungsphasen von modifiziert nach Brakemeier & Normann (2012). In der Anfangsphase nimmt der Patient noch nicht an den CBASP-spezifischen Gruppeninterventionen (CBASP-Gruppenpsychotherapie, CBASP-Gestaltungs-therapie, CBASP-Körper- und Bewegungstherapie) teil. Die Einführungsphase endet mit einer Fallbesprechung im Behandlungsteam, in der der Einzeltherapeut dem Team die Liste der prägenden Bezugspersonen vorstellt. Zudem werden gemeinsam die Übertragungshypothesen reflektiert und entschieden, ob die weitere Psychotherapie für den Patienten indiziert ist. In diesen beiden Wochen hat der Patient zudem die Gelegenheit, das Behandlungsprogramm kennenzulernen und sich für oder gegen die Behandlung mit zu entscheiden; somit wird die Motivation des Patienten erneut geprüft. (Brakemeier, 2013; Brakemeier & Normann, 2012). An die Einführungsphase schließt sich die ca. 8-wöchige Hauptphase mit Einzeltherapie und Bezugspflegegesprächen sowie Teilnahme an allen CBASPspezifischen Gruppentherapien (vgl. Kapitel ) an. Inhaltlich geht es in der Hauptphase vor allem um die Bearbeitung von SA und Modifikation von Verhaltensweisen durch Rollenspiele mit Hilfe des KK; die Umsetzung erfolgt sowohl in Einzel- als auch Gruppentherapie sowie in den Bezugspflegegesprächen. Zusätzlich kommen in der Hauptphase die Technik des DPE und die IDÜ zum Einsatz. Nach circa zwei Dritteln der Therapiezeit findet ein Standortgespräch, das sogenannte DO -Gespräch (Terminus in

37 Theoretischer Hintergrund 29 Anlehnung an die englische Abkürzung des EE aus der Situationsanalyse (desired outcome, DO) mit dem Oberarzt, dem Einzeltherapeuten, der Bezugspflege sowie optional auch dem behandelnden Assistenzarzt und dem Sozialdienst statt. Etwa zwei Wochen vor Entlassung schließt sich an die Hauptphase die Abschiedsphase an. Während dieser Zeit nehmen die Patienten weiterhin an allen CBASP-Gruppen teil. Ziel der Abschiedsphase ist es, die bisherige Therapie zu reflektieren, fokussiert die Zeit nach der Entlassung und den Transfer des Gelernten auf den Alltag vorzubereiten (Brakemeier & Normann, 2012). Um die optimale Umsetzung dieser Ziele zu gewährleisten wurde eine Operationalisierung in Form eines spezifisch erstellten Arbeitsblattes für die Schritte Therapiereflexion sowie Antizipation und Umgang mit zukünftigen Schwierigkeiten erstellt (siehe Arbeitsblatt Therapierückblick und Ausblick, Anhang C, S.120) Stationäre versus ambulante CBASP-Therapie Ursprünglich für das ambulante Setting entwickelt, wurde in den vergangenen beiden Kapiteln nun ein neues Konzept zur Implementierung einer stationären CBASP-Therapie vorgestellt. Im Folgenden sollen nun die Merkmale und Unterschiede der beiden verschiedenen Behandlungssettings (stationär versus ambulant) näher beschrieben werden. Unabhängig von der Therapieform existieren generelle Unterschiede zwischen ambulanten und stationären psychotherapeutischen Behandlungen dahingehend, dass die Dosis der Therapie und Sitzungen im stationären Kontext zumeist deutlich höher ist: Im Kliniksetting wird häufig eine Kombination aus einzel- und gruppentherapeutischen Maßnahmen angeboten (Härter et al., 2004), so dass additiv zu psychotherapeutischen Sitzungen mit dem Einzeltherapeuten zumeist gruppentherapeutische sowie optional weitere einzeltherapeutische Interventionen wie z.b. Musiktherapie- oder Ergotherapie- Einzelsitzungen stattfinden. Im Hinblick auf die stationäre CBASP-Therapie ergibt sich dadurch bei der Anwendung von CBASP- Strategien durch zusätzliche CBASP-Gruppentherapien, Miteinbeziehen des gesamten Behandlungsteams, Formulierung von Übertragungshypothesen für das Behandlungsteam und Mitpatienten eine im Vergleich zur ambulanten CBASP-Therapie intensivere Behandlung. Dadurch können Strategien in multiplen interpersonellen Kontexten (Einzel- und Gruppentherapie, Behandlungsteam und Mitpatienten) geübt und heilsame Beziehungserfahrungen internalisiert werden (Brakemeier & Normann, 2012).

38 Theoretischer Hintergrund 30 Im ambulanten Setting werden häufig ausschließlich einzel- oder gruppentherapeutische Behandlungen angeboten, so dass sich die Patienten zumeist entweder in Einzel - oder Gruppentherapie und nicht zeitgleich in beiden Behandlungen befinden. Falls dies doch der Fall sein sollte, ist im Gegensatz zur stationären Behandlung eine kontinuierliche Vernetzung der parallel laufenden Therapien im ambulanten Rahmen aus zeitlichen Gründen häufig nicht möglich. Dies bedeutet jedoch auch, dass wichtige und relevante Informationen verloren gehen können. Insbesondere im Hinblick auf die zuvor beschriebene Psychopathologie chronisch depressiver Patienten und die Grundannahmen, Elemente und Strategien der CBASP-Therapie kann dies eine zielgerichtete Therapie erschweren. Im stationären Behandlungssetting kann dadurch, dass sämtliche Teammitglieder über Prägungen und ÜH der Patienten informiert sind und sich über die aktuellen therapeutischen Behandlungsinhalte eng austauschen, eine sehr individuelle Behandlung entsprechend der Vorgeschichte sowie der aktuellen Bedürfnisse der Patienten erfolgen und mit schwierigen Situationen gemäß der CBASP-spezifischen Strategien umgegangen werden. Die enge Vernetzung und besonders zielorientierte Behandlung kann sich auch positiv auf die Zufriedenheit des Teams auswirken: In einer Befragung des Behandlungsteams konnte gezeigt werden, dass sich die Zufriedenheit der Teammitglieder in der stationären Behandlung chronisch depressiver Patienten mit der Einführung des strukturierten Behandlungskonzepts verbessert hat (Schmidt et al., 2011). Ein stationärer Rahmen, in dem das gesamte Behandlungsteam geschult ist und somit mit dysfunktionalem Patientenverhalten umzugehen weiß, ohne dies zu verstärken und falsche Kontingenzen zu schaffen, bietet möglicherweise auch neue Chancen für besonders schwer betroffene Patienten, bei denen die ambulante Therapie nicht ausreicht und an ihre Grenzen stößt (Brakemeier & Normann, 2012). Wie in Kapitel beschrieben, gehören chronisch depressive Patienten zu einer häufig sehr schwer und komplex belasteten Patientengruppe mit Therapieresistenzen und multiplen psychosozialen Belastungsfaktoren und Komorbiditäten (vgl. Angst et al. 2009; Evans et al., 1996; Gilmer et al., 2005; Klein & Santiago, 2003; Ley, Helbig-Lang & Petermann, 2009). Da diese Faktoren eine ambulante Therapie stark erschweren bis hin zu unmöglich machen können, wie z.b. bei massiven häuslichen Belastungen oder beim (drohenden) Auftreten suizidaler Krisen birgt die stationäre Therapie oft die einzige alternative Behandlungsmöglichkeit. Weiterhin können Patienten, in deren Umfeld keine

39 Theoretischer Hintergrund 31 in CBASP geschulten Therapeuten praktizieren, dadurch auch ortsunabhängig eine spezifische CBASP-Therapie wahrnehmen. Im Gegensatz zum stationären Setting können Patienten im ambulanten Rahmen alltägliche schwierige Situationen direkt bearbeiten und neu erworbene Strategien in ihrem häuslichen Umfeld erproben. Insbesondere für Patienten, die nicht aus dem näheren Umfeld der Klinik stammen, ist eine Erprobung der Strategien im Alltag aufgrund der Entfernung dagegen oft nur eingeschränkt möglich. Dadurch erstreckt sich der Aktionsradius häufig zunächst auf das Personal und Mitpatienten oder Telefonate und Besuche (Brakemeier & Normann, 2012). In der stationären Therapie können durch eine Probeentlassung, in der der Patient für einen festgelegten Zeitraum ins häusliche Umfeld fährt und anschließend in die Klinik zur weiteren Therapie zurückkehrt, die beschriebenen Probleme zumindest teilweise umgangen werden. Weiterhin bietet das Miteinbeziehen von Angehörigen in Gespräche die Möglichkeit einer möglichst alltagsnahen Therapie auch im stationären Setting. Über die Unterschiede im Transfer hinaus bedingt eine stationäre Behandlung auch andere Rahmenbedingungen. Zumeist erfolgt eine Unterbringung in Mehrbettzimmern und ein enges Zusammenleben mit einer Gruppe anderer Personen. Dadurch können Konflikte mit Mitpatienten und damit verbundene Krisen auftreten. Als weiterer - zentraler - Punkt sind kostenökonomische Unterschiede der Behandlungssettings zu nennen. Bezüglich dieser Gesichtspunkte berichtet Brakemeier (2013) in einer individuellen Kosten-Nutzen"-Analyse des stationären CBASP-Konzepts anhand des Fallbeispiels einer remittierten Patientin, dass sich die zunächst hoch erscheinenden Kosten des dreimonatigen stationären Aufenthaltes durch eine langfristig deutlich geringere Inanspruchnahme ambulanter sowie stationärer Folgetherapien ausgleichen können. Wie oben erwähnt entstehen in der Behandlung chronisch depressiver Patienten aus gesundheitsökonomischer Sicht durch langjährige oft erfolglose ambulante Therapien, häufige Klinikaufenthalte und zum Teil schwerwiegende Einschränkungen im sozialen und beruflichen Umfeld (wie z.b. Frühberentungen) hohe direkte und indirekte Kosten (Arnow & Constantino, 2003; Günther et al., 2007; Satyanarayana et al., 2009). Durch eine störungsspezifische stationäre CBASP-Therapie könnten sich wenn sich diese als effektiv herausstellt Folgekosten reduzieren: Durch die hohe Intensität und Dosis der stationären Therapie könnte die Gesamtbehandlungsdauer verringert werden. Zudem ist denkbar, dass auch Folgekosten (z.b. durch das Vermeiden einer

40 Theoretischer Hintergrund 32 erneuten Hospitalisierung) sowie indirekte Kosten (z.b. durch eine raschere Reintegration der Patienten in den Arbeitsmarkt) relativiert werden könnten. 2.4 Aktueller Forschungsstand in der Behandlung chronischer Depressionen Allgemein Bislang existiert eine im Vergleich zur Behandlung episodischer Depressionen geringe Anzahl an kontrollierten Therapiestudien für Patienten mit chronischer Depression. Klassische Psychotherapien wie die kognitive Verhaltenstherapie oder die Interpersonelle Psychotherapie erweisen sich dabei bei chronisch depressiven Patienten als weniger effektiv im Vergleich zu episodisch depressiven Patienten (De Jong-Meyer, Hautzinger, Kühner & Schramm, 2007). In einer Metaanalyse kommen Cuijpers et al. (2010) zu der Schlussfolgerung, dass psychotherapeutische Interventionen bei chronischen Depressionen erst ab einer Mindestanzahl von 18 Sitzungen wirksam sind. Im Folgenden werden nun die bis zum aktuellen Zeitpunkt veröffentlichen Studien zur Wirksamkeit von CBASP im ambulanten und stationären Setting berichtet Wirksamkeit von CBASP im ambulanten Rahmen Im Folgenden wird nun der aktuelle Forschungsstand zur psychotherapeutischen Behandlung chronischer Depressionen mit CBASP vorgestellt. Bislang wurde CBASP im Rahmen verschiedener Studien im ambulanten Setting in den USA und Europa evaluiert. Im Jahr 2000 erlangte CBASP durch die Studie von Keller et al. (2000) erstmalig breitere Aufmerksamkeit. In dieser randomisierten kontrollierten Multizenterstudie in den USA mit zwölf Zentren unter Einschluss von 681 ambulanten chronisch depressiven Patienten wurde die Effektivität von CBASP gegenüber einem Antidepressivum und der Kombinationsbehandlung aus beiden überprüft. Die Patienten erhielten dabei entweder zwölf Wochen Nefazodon (200 mg bis maximal 600 mg/tag), 16 bis 20 CBASP-Einzelsitzungen oder eine Kombination aus Nefazodon und CBASP. Nach vier Wochen zeigten sich die Behandlung durch Nefazodon und die Kombinationsbehandlung der reinen Behandlung durch CBASP signifikant (p <.001) überlegen. Nach zwölf Wochen unterschieden sich die beiden Monotherapien CBASP

41 Theoretischer Hintergrund 33 und Nefazodon nicht bezüglich ihrer Wirksamkeit, wobei die Kombinationsbehandlung beiden signifikant überlegen war. In der ITT Stichprobe lag die Responserate (Reduktion HAMD %) nach zwölf Wochen für beide Monotherapien bei 48% und für die Kombinationstherapie aus Nefazodon und CBASP bei 73%. Eine Remission (Post HAMD-24-Summe 8 zu den Zeitpunkten Woche 10 und Woche 12) wurde von 48% der Patienten in der Gruppe mit der Kombinationsbehandlung und von 29% der Patienten mit Nefazodon-Monotherapie sowie von 33% mit CBASP-Monotherapie erreicht. In der Completerstichprobe lagen die Responseraten bei 85% für die Kombinationsbehandlung, 55% für die Nefazodon-Monotherapie und 52% für die CBASP-Monotherapie. Die Effektstärken der ITT Stichprobe lagen im Vergleich zur Kombinationstherapie bei der Monotherapie Nefazodon bei d= 0.54 und bei der CBASP-Monotherapie bei d= Einschränkend muss angemerkt werden, dass das Antidepressivum Nefazodon mittlerweile wegen schwerer Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen wurde. In einer Reanalyse der Daten dieser Studie durch Nemeroff et al. (2003) zeigte sich die für die Subgruppe von Patienten mit frühkindlichen Traumatisierungen (Verlust der Eltern vor dem 15. Lebensjahr, körperlicher oder sexueller Missbrauch, Vernachlässigung) eine signifikante Überlegenheit der Behandlung mit CBASP (mit oder ohne Kombination mit Nefazodon) gegenüber der reinen medikamentösen Therapie. Demgegenüber profitierten Patienten ohne frühkindliche Traumatisierungen von der rein medikamentösen Behandlung eher als von CBASP, wobei die Kombinationsbehandlung den beiden Monotherapien signifikant überlegen war. Die Ergebnisse von Nemeroff et al. (2003) legen somit nahe, dass vor allem chronisch depressive Patienten mit frühen Traumatisierungen von einer Therapie mit CBASP profitieren können und eine Indikation zu CBASP demzufolge unter besonderer Berücksichtigung der Pathogenese gestellt werden sollte. In einem Erratum (Nemeroff et al., 2003) merken die Autoren allerdings nachträglich an, dass die Überlegenheit sich ausschließlich in Bezug auf die das Kriterium der Remission, nicht aber im Hinblick auf die Depressionsskalen oder das Responsekriterium zeigte. Eine weitere Reanalyse der Daten von Keller et al. (2000) von Hirschfeld et al. (2002) zeigte, dass die Kombinationsbehandlung aus Nefazodon und CBASP mit einer signifikant stärkeren Verbesserung der allgemeinen psychosozialen Leistungsfähigkeit einhergeht als die beiden Monotherapien, wobei im Vergleich zur Normalbevölkerung weiterhin Beeinträchtigungen bestanden. Zwischen Nefazodon und CBASP waren keine signifikanten Unterschiede bezüglich der psychosozialen Fähigkeiten feststellbar. Nach

42 Theoretischer Hintergrund 34 statistischer Kontrolle der depressiven Symptomatik war die Kombinationsbehandlung der Nefazodonbehandlung in den Funktionsbereichen Beruf und Soziales sowie der allgemeinen Funktionsfähigkeit überlegen; gegenüber der CBASP-Monotherapie zeigte sich die kombinierte Therapie jedoch im Hinblick auf Beruf und allgemeine psychosoziale Funktion nicht mehr überlegen. Beobachtet wurde zudem, dass die psychosozialen Bereiche sich langsamer verbesserten als die affektive Symptomatik. Nach Ende der akuten, 12-wöchigen Behandlungsphase der Keller-Studie wurden entsprechend des Response-/ Remissionsstatus verschiedene Weiterbehandlungsformen angeschlossen: 324 Patienten in Response oder Remission erhielten eine 16- wöchige Weiterbehandlung derselben Behandlungsform (CBASP, Nefazodon oder Kombination) wie in der akuten Behandlungsphase (Kocsis et al., 2003). Die Autoren fanden dabei, dass von den Patienten, die am Ende der Akutbehandlung remittiert waren, 73.3% den Remissionsstatus erhielten. Von den initialen Respondern erreichten nach 16 Wochen 52.9% Remissionsstatus. Im Gruppenvergleich war, analog zur Akutphase, die Kombinationsbehandlung aus CBASP und Nefazodon den beiden Monotherapien überlegen: Patienten, die mit der Kombination aus CBASP und Nefazodon behandelt wurden, konnten ihre Remission eher erhalten als Patienten, die einzeln mit CBASP oder Nefazodon behandelt wurden. Dies zeigte sich vor allem bei initial nur partieller Remission (= Response). Die Rückfallraten lagen bei 5.4% in der Kombinationsgruppe, bei 8.1% in der CBASP-Gruppe und bei 6.7% in der Nefazodongruppe. Die Unterschiede bezüglich der Rückfallraten waren nicht signifikant (p =.55). Die Weiterbehandlung der initialen Non-Responder der Akutphase der Keller- Studie (2000) erfolgte dagegen nach einem Cross-over Design: 140 Non-Responder der beiden Monotherapiegruppen (CBASP oder Nefazodon) wurden dabei einer 12- wöchigen Weiterbehandlung des jeweils anderen Armes zugewiesen (Schatzberg et al., 2005). Non-Responder der Kombinationsbehandlung wurden von der Weiterbehandlung ausgeschlossen. In beiden Behandlungsgruppen zeigten sich signifikante Verbesserungen der depressiven Symptomatik. Der Wechsel von Nefazodon in der akuten Behandlungsphase zu CBASP in der Anschlussbehandlung und umgekehrt erwies sich in der Completerstichprobe mit Responseraten von 64% (Nefazodon CBASP) und 53% (CBASP Nefazodon) und Remissionsraten von 25% (Nefazodon CBASP) und 28% (CBASP Nefazodon) als gleich effektiv (p =.09 bzw. p =.92). Zusammenfassend profitierten ungefähr die Hälfte der initialen Non-Responder von dem

43 Theoretischer Hintergrund 35 Wechsel in die andere Behandlungsform; circa ein Viertel erreichte am Ende der Anschlussbehandlung Remission. Nach Ende der 16-wöchigen Weiterbehandlungsphase schloss sich für 82 der Responder auf CBASP Monotherapie eine einjährige Erhaltungstherapiephase an, in der 42 Patienten einmal monatliche CBASP-Sitzungen erhielten, während 40 Patienten zu reinen Untersuchungsterminen einbestellt wurden (Klein et al., 2004). Es zeigte sich eine Überlegenheit der CBASP-Erhaltungstherapie gegenüber der Kontrollbedingung mit Rückfallraten von 2.6% in der CBASP-Bedingung versus 20.9% in der Kontrollbedingung. Demgegenüber untersuchten Gelenberg et al. (2003), inwiefern sich eine einjährige Erhaltungstherapie mit Nefazodon von einer Placebobedingung unterscheidet. Eingeschlossen wurden 165 Responder auf Nefazodon-Monotherapie oder Nefazodon in Kombination mit CBASP. Es zeigte sich eine Überlegenheit der Nefazodon-Erhaltungstherapie im Vergleich zur Placebokontrollbedingung mit geringeren Rückfallraten in der Nefazodongruppe (30% vs. 48%). In einer weiteren großen amerikanischen Studie an chronisch depressiven Patienten evaluierten Kocsis et al. (2009) eine ambulante CBASP-Therapie im Vergleich zu einer algorithmusgesteuerten Medikamentenoptimierung und einer Supportiven Psychotherapie (englisch: Brief Supportive Psychotherapy). Nach einer ersten initialen, rein medikamentösen Behandlungsphase von 12 Wochen wurden 491 Patienten, die keine Remission erreicht hatten zufällig drei Behandlungsarmen zugewiesen: Medikation plus CBASP, Medikation plus Supportive Psychotherapie oder Medikation alleine. Diese zweite Behandlungsphase dauerte ebenfalls 12 Wochen. Zwischen den drei Behandlungsbedingungen konnten keine signifikanten Unterschiede bezüglich Symptomverbesserung und Response-/ Remissionsraten festgestellt werden: Die Remissionsraten lagen bei 39.5% in der rein medikamentösen Gruppe, bei 31.0% in der Gruppe Medikation plus Supportive Psychotherapie und bei 38.5% im Behandlungsarm Medikation plus CBASP. Einschränkend ist zu erwähnen, dass die Anzahl der psychotherapeutischen Sitzungen in dieser Studie gering war (im Durchschnitt 12.6 Sitzungen CBASP bzw Sitzungen Supportive Psychotherapie) und die Autoren spekulieren, dass sich eine längere und/oder höher frequente psychotherapeutische Behandlung zugunsten der Psychotherapiesitzungen hätte auswirken können. In Europa wurde 2011 erstmals eine randomisierte kontrollierte Studie zur Wirksamkeit einer ambulanten CBASP-Therapie durchgeführt. Schramm et al. (2011) verglichen Unterschiede einer ambulanten Behandlung 30 chronisch depressiver

44 Theoretischer Hintergrund 36 Patienten mit 22 Sitzungen CBASP bzw. Interpersoneller Psychotherapie (IPT). In der Intent-to-treat-Analyse zeigte sich, dass sich CBASP und IPT am Ende der Behandlungsphase im primären Outcomeparameter HAMD-24 nicht signifikant voneinander unterschieden. Dagegen zeigte sich im BDI eine Überlegenheit der CBASP Gruppe gegenüber der IPT Gruppe (p =.047). Weiterhin unterschieden sich auch die Response- und Remissionsraten der beiden Gruppen der ITT Stichprobe signifikant voneinander: 64.3% Response und 57.1% Remission im CBASP-Arm versus 26.7% Response und 20.0% Remission im IPT Arm (p =.042 bzw. p =.039). Bezüglich des globalen Funktionsniveaus zeigten sich keine Gruppenunterschiede. Im naturalistischen Follow-up ein Jahr nach der Akutbehandlung zeigten sich keine Unterschiede mehr zwischen den beiden Gruppen. In einer schottischen Stichprobe mit 74 chronisch depressiven ambulanten Patienten, die 20 Sitzungen CBASP über einen Zeitraum von 6 Monaten erhielten, fanden Swan et al. (2014), dass 30.4% der 46 Patienten, die die Behandlung beendet hatten, die Remissionskritierien ( 8 HAMD-24 Summenwert) erfüllten. Weitere 30.4% (n=14) erfüllten die Kriterien für eine klinisch relevante Veränderung (>8 und 15 HAMD-24 Summenwert plus 50% Reduktion im Vergleich zum Baselinewert). Keine klinisch relevante Veränderung wurde bei 18 Patienten (39.4%) beobachtet. Wiersma et al. (2014) untersuchten an einer ambulanten niederländischen Stichprobe chronisch depressiver Patienten die Wirksamkeit von CBASP im Vergleich zu herkömmlichen Behandlungsmethoden, Care as usual (CAU). Diese beinhalteten psychotherapeutische Behandlungsmethoden wie Kognitive Verhaltenstherapie, Interpersonelle Psychotherapie, Kurzzeit-Psychoanalytische Therapie bzw. Pharmakotherapie. In drei Zentren in den Niederlanden wurden 67 Patienten über 52 Wochen mit CBASP und 72 Patienten mit CAU behandelt. Im Durchschnitt fanden in diesem Zeitraum 23 Therapiesitzungen statt. Nach 8 Wochen Behandlung zeigten sich die beiden Behandlungsbedingungen im Hauptoutcome-Kriterium Inventory for Depressive Symptomatology (IDS) gleichwertig (p =.63). Auch nach 16 und 32 Wochen unterschieden sich die beiden Bedingungen nicht signifikant. Im Langzeitverlauf nach 52 Wochen war die CBASP-Behandlungsbedingung der CAU-Bedingung überlegen (p=.05). Zusammenfassend zeigte sich CBASP damit gegenüber herkömmlichen Behandlungsstrategien gleichwertig und im Langzeitverlauf überlegen. In einer randomisierten kontrollierten Studie von Schramm et al. (2015) wurden 60 ambulante chronisch depressive Patienten aus zwei deutschen klinischen Zentren

45 Theoretischer Hintergrund 37 (Freiburg und Bonn) zwei Bedingungen zugeteilt: 22 Sitzungen CBASP oder antidepressive Medikation mit Escitalopram plus Clinical Management. Nach 8 und 28 Wochen zeigten sich in beiden Bedingungen signifikante Verbesserungen, gemessen anhand der Montgomery-Asberg-Depression Rating Scale (MADRS), wobei sich die Gruppen nicht signifikant voneinander unterschieden. Die Responseraten nach 28 Wochen Behandlung lagen bei 68.4% in der CBASP-Bedingung und bei 60.0% in der Escitalopram plus Clinical Management-Bedingung, die Remissionsraten bei 36.6% (CBASP) und 50.0% (Escitalopram plus Clinical Management). Damit zeigte sich CBASP nach 28 Wochen Behandlung der Escitalopram plus Clinical Management- Bedingung gleichwertig. Eine weitere randomisierte kontrollierte Studie von Michalak et al. (2015) verglich anhand von insgesamt 106 Patienten eine gruppentherapeutische Behandlung mit CBASP plus treatment as usual (TAU) mit einer gruppentherapeutischen Behandlung mit einer Achtsamkeitsbasierten Kognitiven Therapie (Mindfulness-Based Cognitive Therapy, kurz MBCT) plus TAU und TAU alleine im Rahmen einer bizentrischen Studie in Deutschland. TAU beinhaltete eine herkömmliche ambulante psychiatrische oder psychotherapeutische Anbindung. Im primären Outcomeparameter HAMD-24 zeigte sich eine Überlegenheit von CBASP plus TAU gegenüber der alleinigen TAU Bedingung. Weiterhin zeigte sich MBCT plus TAU der alleinigen TAU Behandlung gleichwertig. Die CBASP plus TAU Bedingung zeigte im Trend eine Überlegenheit gegenüber MBCT plus TAU, dieser Unterschied wurde jedoch nicht statistisch signifikant (p =.06). In der Zusammenschau der bislang vorliegenden Untersuchungen erwies sich CBASP im ambulanten Rahmen für chronisch depressive Patienten anderen Therapieverfahren äquivalent oder überlegen. Insbesondere in Kombination mit einer medikamentösen Behandlung (Keller et al., 2000), bei längerer Behandlungsdauer (Wiersma et al., 2014) und für Patienten mit frühen Traumatisierungen (Nemeroff et al., 2003) und Krankheitsbeginn vor dem 21. Lebensjahr (Schramm et al., 2011) scheint eine ambulante CBASP Behandlung besonders wirksam Wirksamkeit von CBASP im stationären Rahmen Die Wirksamkeit von CBASP als stationäres Behandlungskonzept wurde bis zum aktuellen Zeitpunkt in zwei Zentren in Deutschland (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg und Klinik für Psychiatrie und

46 Theoretischer Hintergrund 38 Psychotherapie der Charité-Universitätsmedizin Berlin) im Rahmen von Pilotuntersuchungen evaluiert. Eine detaillierte Beschreibung der Elemente und einzelnen Module des Freiburger stationären 12-wöchigen CBASP-Konzepts findet sich in Kapitel In der Evaluation der ersten zehn in Freiburg behandelten Patienten zeigte sich eine signifikante Reduktion der Depressivität sowohl im Fremdurteil (HAMD-24) als auch in der Eigenbeurteilung (BDI-II) vom Aufnahmezeitpunkt (prä) zur Entlassung (post). Die Effektstärken lagen bei d = 2.26 (HAMD-24) und d = 1.95 (BDI-II). Remission wurde als HAMD-24 Summenwert 10 Punkten bei Entlassung definiert, Response als Reduktion im HAMD-24 Summenwert 50% von prä zu post. Sechs der untersuchten 10 Patienten erfüllten zum Entlasszeitpunkt das Responsekriterium, vier Patienten remittierten. In einer Follow-up Untersuchung 6 Monate nach Entlassung erfüllten alle der vier remittierten Patienten weiterhin das Remissionskriterium. Von den beiden Patienten, die bei Entlassung die Response- aber nicht die Remissionskriterien erfüllten, blieb ein Patient rückfallfrei, während der andere einen depressiven Rückfall erlitt (Brakemeier et al., 2011). In den 2015 von Brakemeier et al. veröffentlichten Datenanalysen der Gesamtstichprobe (N=70) zeigten sich in der Intent-to-treat Analyse eine Responserate von 75.7% und eine Remissionsrate von 40.0% (von Prä- zu Postmesszeitpunkt). In der Completerstichprobe (n=65) lag die Responserate bei 81.5% und die Remissionsrate bei 43.1%. 12 Patienten (18.5%) respondierten nicht. Die Drop-out Rate lag bei 7.1% (n=5). Die Akzeptanz des stationären CBASP-Konzepts war hoch; 90.4% der Patientin schätzten das CBASP-Gesamtkonzept als hilfreich oder sehr hilfreich ein. Auch im Hinblick auf interpersonelle Aspekte zeigten sich Veränderungen: die Patienten wurden in der Fremdbeurteilung (dominanter) offener und weniger distanziert wahrgenommen. Sechs bzw. zwölf Monate nach Entlassung waren 75.0% bzw. 48.0% der bei Entlassung respondierten Patienten rückfallfrei. Als Rückfall wurde ein erneuter stationärer Aufenthalt aufgrund von Symptomverschlechterung und/oder ein Anstieg von 10 Punkten im HAMD-24 seit Entlassung sowie ein aktueller Summenwert von 18 definiert. Eine erste Evaluation der in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité-Universitätsmedizin in Berlin im stationären 12-wöchigen CBASP-Konzept behandelten Patienten (n=18) ergab signifikante Veränderungen von Beginn der Behandlung im Vergleich zur Entlassung in den Depressivitätsmaßen HAMD (p <.001), MADRS (p <.001) und BDI-II (p <.05) (Radtke & Köhler, 2015). Insbesondere Patienten

47 Theoretischer Hintergrund 39 mit introvertierten und vermeidenden, abweisenden und streitsüchtigen Interaktionsstilen profitierten besonders von der Behandlung. Neben der Reduktion der Depressivität ließen sich auch signifikante Veränderungen im interpersonellen Stil der Patienten nachweisen. Die Patienten erschienen weniger feindselig und submissiv (Guhn, Köhler, Brakemeier, Siewert-Siegmund & Sterzer, 2015). Bestandteile des stationären Berliner CBASP-Konzepts sind Einzel- und Gruppenpsychotherapeutische Sitzungen, Bezugspflegegespräche sowie ein Interpersonelles Training, das anhand einer Subgruppe (n=12) gesondert evaluiert wurde. Das Interpersonelle Training beinhaltet eine offen Gruppentherapie mit Kiesler-Kreis-Training, Empathietraining, Übungen zum Aufbau und Kontakt von Verhalten sowie Konflikttraining. Es wurde von den Patienten gut akzeptiert und als hilfreich erlebt (Kleschnitzki, Sterzer, Köhler, Brakemeier & Guhn, 2015). Zusammenfassend zeigten sich anhand der in Freiburg und Berlin durchgeführten Pilotuntersuchungen signifikante Verbesserungen im Hinblick auf Depressivität und interpersonelle Charakteristika. Bislang liegen jedoch keine Daten aus randomisiertkontrollierten Studien zur stationären CBASP-Behandlung vor. 2.5 Zielsetzung und spezifizierte Fragestellungen Das Hauptziel der vorliegenden Dissertation besteht darin, die Effektivität eines stationären CBASP-Konzepts im Langzeitverlauf im Sinne einer Pilotuntersuchung erstmalig zu evaluieren. Anhand der eingesetzten Messinstrumente sollen verschiedene Parameter bis 24 Monate nach Entlassung überprüft werden. Zum einen werden der Verlauf der depressiven Symptomatik sowie die Response-Überlebenswahrscheinlichkeit bzw. die Rückfallraten untersucht. Weiterhin wird geprüft, ob sich in den Bereichen Suizidalität, Lebenszufriedenheit und im Hinblick auf interpersonelle Charakteristika Veränderungen zeigen. Zudem wird ein möglicher Zusammenhang des erwarteten und tatsächlichen Nutzens von CBASP-Strategien mit dem Rückfallstatus exploriert. Im Folgenden werden nun die spezifizierten Fragestellungen der Dissertation dargestellt. Aufgrund des explorativen Charakters der zugrunde liegenden Studie wurde von einer gezielten Hypothesenkonstruktion abgesehen.

48 Methoden 40 Fragestellungen: (1) Verändert sich der Schweregrad der depressiven Symptomatik in der Fremd- und Eigenbeurteilung (operationalisiert durch HAMD-24 und BDI-II) von prä zu post und den Follow-up-Messzeitpunkten (6, 12 und 24 Monate nach Entlassung)? (2) Wie hoch sind die Effektstärken im Vergleich von prä zu post und dem Follow-up? (3) Wie hoch ist die Rückfallgefahr bzw. wie viele Patienten erleiden nach Entlassung einen Rückfall? (4) Zeigen sich Veränderungen im Hinblick auf Suizidalität (operationalisiert durch HAMD-24 und BDI-II) von prä zu post und dem Follow-up? (5) Zeigen sich Veränderungen im Hinblick auf die Lebenszufriedenheit (operationalisiert durch den Fragebogen zu Lebensqualität und Lebensumständen) von prä zum Follow-up? (6) Zeigen sich Veränderungen im Hinblick auf interpersonelle Charakteristika (operationalisiert durch IMI-R) von prä zu post und dem Follow-up? (7) Besteht ein Zusammenhang zwischen dem erwarteten Nutzen von CBASP- Strategien zum Zeitpunkt der Entlassung (operationalisiert durch den Erfahrungs- /Erwartungs- Fragebogen) und dem Rückfallstatus? (8) Besteht ein Zusammenhang zwischen dem tatsächlichen Nutzen von CBASP- Strategien nach der Entlassung (operationalisiert durch Fragebogen zur Anwendung von CBASP-Strategien) und dem Rückfallstatus? Die Evaluation der stationären CBASP-Behandlung hat sowohl hohe klinische als auch wissenschaftlicher Relevanz, da eine erstmalig durchgeführte Überprüfung der Effektivität des Konzepts die Verbreitung und Weiterentwicklung maßgeblich unterstützt und dadurch die Behandlung chronisch depressiver Patienten national und international optimiert werden kann. Weiterhin leistet die Untersuchung auch einen wesentlichen Beitrag zur Evaluation der CBASP-Therapie im Allgemeinen, da stationäre Daten bislang weitgehend fehlen (vgl. Kapitel 2.4.3). 3 Methoden Zunächst erfolgt eine Beschreibung des zugrunde liegenden Rahmens der Untersuchung (Kapitel 3.1), des Studiendesigns (3.2), der Patientenstichprobe (3.3) und des Ablaufs der Behandlung (3.4). Weiterhin werden die verwendeten Messinstrumente erläutert (3.5) und im Anschluss die Datenerhebung anhand der Messzeitpunkte, des

49 Methoden 41 Ablaufs und der Durchführung der Patientenevaluation (3.6) dargestellt. Abschließend erfolgt eine Beschreibung der Auswertung der Daten (3.7). 3.1 Rahmen der Untersuchung Die vorliegende Dissertation erfolgte im Rahmen einer prospektiven klinischen Pilotstudie, die von März 2009 bis April 2015 an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg durchgeführt wurde. Ziel der Studie ist die Überprüfung der Durchführbarkeit und der kurz- und langfristigen Wirksamkeit der stationären CBASP-Behandlung. 3.2 Studiendesign Die der Dissertation zugrunde liegende Untersuchung ist eine prospektive, offene, nicht randomisierte Pilotstudie. Sie wurde monozentrisch in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg mit einem Ein-Gruppen-Design durchgeführt. Die Untersuchung beinhaltet eine Evaluation der Akutphase der stationären Behandlung sowie Nachuntersuchungen in einem naturalistischen Follow-up bis 24 Monate nach Ende der stationären Behandlung. Die Studie wird unter der Projektnummer 136/09 bei der Ethik-Kommission der Albert-Ludwigs Universität Freiburg geführt. Die Projektleitung haben Prof. Dr. Claus Normann und Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier inne. 3.3 Stichprobe Die Stichprobe dieser Dissertation bilden 70 chronisch depressive Patienten, die im Zeitraum von März 2009 bis April 2013 auf Station 5 der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg im CBASP-Konzept stationär behandelt wurden. Diese waren entweder durch die ambulanten Behandler (Psychiater bzw. psychologische Psychotherapeuten) zugewiesen worden oder hatten selbstständig Kontakt aufgenommen. Weitere Patienten wurden von anderen Stationen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsklinik Freiburg zugewiesen. Alle Patienten wurden vor Aufnahme zu einem ambulanten Vorgespräch einbestellt, in dem die Eignung für das CBASP-Konzept entsprechend der unten aufgeführten Ein- und Ausschlusskriterien vorab abgeklärt wurde. Bei vorhandener Eignung und erhielten die Patienten einen Wartelisten-Platz und schließlich einen Aufnahmetermin zur stationären

50 Methoden 42 CBASP-Behandlung. In den ersten beiden Wochen nach Aufnahme hatten alle Patienten die Gelegenheit, das Behandlungsprogramm kennenzulernen und sich für oder gegen die Behandlung mit zu entscheiden. Patienten, die die Behandlung während dieser Einführungsphase abbrachen, wurden nicht als Drop-Outs behandelt, da der endgültige Studieneinschluss erst im Anschluss erfolgte. Da es sich bei der vorliegenden Untersuchung um eine Pilotstudie handelt, wurden die Ein- und Ausschlusskriterien wenig restriktiv festgelegt. Einschlusskriterien der Studie waren die Diagnose einer chronischen Depression gemäß DSM-IV Kriterien (American Psychiatric Association, 2000), Alter zwischen 18 und 70 Jahren sowie ausreichendes Verständnis der deutschen Sprache und Behandlungsresistenz auf bisherige ambulante Therapieversuche. Diese wurde definiert als Nicht-Ansprechen auf Medikation gemäß des Kriteriums nach Thase & Rush (1995) (fehlendes Ansprechen auf zwei oder mehr adäquate Therapieversuche mit Antidepressiva) und/oder psychotherapeutische Behandlungsresistenz (Nicht-Ansprechen auf mindestens zwei von der Krankenkasse erstattungsfähige Psychotherapiebehandlungen mit einer Mindestdauer von jeweils 22 Sitzungen). Ausschlusskriterien waren eine vorliegende Bipolar I Störung in der Vorgeschichte, komorbide Substanzabhängigkeit mit weniger als drei Monaten Abstinenz, antisoziale Persönlichkeitsstörung, schwere Ausprägung einer komorbiden autistischen Störung sowie organische psychische Störungen. Alle Patienten wurden über das Ziel und den Ablauf der Untersuchung aufgeklärt und gaben eine schriftliche Einverständniserklärung vor Einschluss in die Studie. 3.4 Behandlungsablauf Die Behandlung im Rahmen von CBASP@5, die in Kapitel 2.3 ausführlich beschrieben wird, umfasst 24 einzeltherapeutische Sitzungen (zwei Sitzungen à 50 Minuten pro Woche, Beginn ab Woche 1) und 20 psychotherapeutische Gruppensitzungen (zwei Sitzung à 90 Minuten pro Woche, ab der dritten Behandlungswoche). Bezugspflegegespräche finden die in der Regel einmal pro Woche mit einer Dauer von Minuten statt. Die psychotherapeutischen Einzelsitzungen sowie Gruppentherapien wurden von einer approbierten und in CBASP-zertifizierten Psychotherapeutin sowie einer weiteren Psychologin und zwei Ärztinnen in psychotherapeutischer Weiterbildung durchgeführt, die eine CBASP-Ausbildung absolvierten und supervidiert wurden. Aufgrund der Rahmenbedingungen der psychotherapeutischen Weiterbildung und der Klinik wechselte das Therapeutenteam

51 Methoden 43 während der Gesamtdauer der Studie. Insgesamt waren drei approbierte psychologische Psychotherapeuten, sieben Psychologen in psychotherapeutischer Weiterbildung, vier Ärzte in psychotherapeutischer Weiterbildung und ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie an der Studie als Einzeltherapeuten beteiligt. Das gesamte Behandlungsteam der Station 5 wurde im Vorfeld der Studie in CBASP geschult, trainiert und regelmäßig supervidiert. Die Dauer der stationären Behandlung wurde auf 12 Wochen festgelegt. In Einzelfällen wurde die Behandlungsdauer aufgrund von verkomplizierenden Verläufen mit Verlust des Arbeitsplatzes, der Wohnung oder schweren somatischen Erkrankungen verlängert. Über die CBASP-spezifischen Therapien hinaus nehmen die Patienten an verschiedenen tagesstrukturierenden Aktivitäten und Fachtherapien (z.b. Ergotherapie, Sporttherapien) teil. Es erfolgt eine individuelle Medikation nach den gängigen Leitlinien supervidiert durch den Oberarzt der Station für affektive Störungen. Einen Überblick über die Medikation bei Aufnahme und bei Entlassung geben Anhang D und E, S. 122ff. 3.5 Erhebungen und Messinstrumente Die im Rahmen der vorliegenden Dissertation zur Evaluation der stationären CBASP- Studie eingesetzten Messinstrumente sind in Tabelle 1 im Überblick dargestellt. Eine detaillierte Ausführung der Messinstrumente folgt in den nächsten Kapiteln.

52 Methoden 44 Tabelle 1: Überblick über die zur Evaluation eingesetzten Messinstrumente. Kategorie Instrument Autoren Depressivität Persönlichkeitsdiagnostik Traumatisierung CBASP-bezogene Instrumente Hamilton Rating Scale for Depression (HAMD-24) Becks Depressions-Inventar (BDI-II) Strukturiertes Klinisches Interview nach DSM-IV, Achse II (SKID-II) Childhood Trauma Questionnaire (CTQ) Impact Message Inventory (IMI-R) Erfahrungs- / Erwartungs- Fragebogen Fragebogen zu Lebensqualität und Lebensumständen Fragebogen zur Anwendung von CBASP-Strategien Hamilton (1960), Williams (2001) Beck, Steer & Brown (1996), Hautzinger, Keller & Kühner (2006) Fydrich, Renneberg, Schmitz & Wittchen (1997) Bernstein und Fink (1998), Bernstein et al. (2003), Wingenfeld (2010) Kiesler & Schmidt (1993), Caspar (2002) Brakemeier, Engel und Normann (2009) Brakemeier, Engel und Normann (2009) Brakemeier, Gutgsell, Engel, Radtke & Normann (2011) Depressivität HAMD-24 Die HAMD ist ein vollstrukturiertes Interviewverfahren zur Erfassung der depressiven Symptomatik und des Schweregrads der Depressivität (Hamilton, 1960), das breite Anwendung in der Forschung findet (Hautzinger & Meyer, 2002). Ein Fremdrater stuft dabei die Aussagen des Patienten zu affektiven, kognitiven und somatischen Symptomen auf unterschiedlichen Antwortskalen und -kategorien ein. Die Ausprägung wird dabei jeweils auf einer drei- bzw. vierstufigen Skala (von 0 keine bis 3 schwer, vollständig, extrem usw. ), bei 9 weiteren Items auf einer fünfstufigen Skala quantifiziert. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung verwendete 24-Items-Version enthält zusätzlich zu den 21 gängigen Items drei Items zu Hilflosigkeit, Hoffnungslosigkeit und

53 Methoden 45 Wertlosigkeit (Williams, 2001). Da Hoffnungslosigkeit bei chronisch Depressiven häufig ein zentrales Thema ist (Hecht & van Calker, 2008; Riso, Miyatake & Thase, 2002), erschien die Verwendung dieses erweiterten Fragebogens vorteilhaft. Bezüglich der Testgütekriterien existieren unterschiedliche Meinungen. Faktorenanalytische Studien erbrachten sehr widersprüchliche Ergebnisse (Hautzinger & Meyer, 2002). Je nach Stichprobe erreicht die interne Konsistenz Werte von.52 bis.95 (Hamilton, 1986; Hedlund & Vieweg, 1979). In einem Review von über 70 Studien zur Reliabilität und Validität der HAMD bewerten Bagby et al. (2004) die interne Reliabilität (Cronbachs α 0.70 in 10 von 13 Studien) sowie die konvergente, diskriminante und prädiktive Validität als adäquat. Dagegen wurde die die inhaltliche Validität als gering beurteilt, da die Kriterien der HAMD nicht mit denen des DSM-IV (American Psychiatric Association, 2000) übereinstimmen. Weitere Kritikpunkte waren die teilweise nur geringen Retest- Reliabilitäten auf Itemebene und die uneinheitliche Skalierung der Items. Andere Validierungsstudien wiederum berichten bezüglich der Interrater- und Retest-Reliabilität, der konvergenten Validität sowie bezüglich Sensitivität und Spezifität der HAMD befriedigende bis gute Ergebnisse (Morriss, Leese, Chatwin, Baldwin & THREAD Study Group, 2008; Olden, Rosenfeld, Pessin & Breitbart, 2009). Trotz der inhomogenen Bewertungen wurde die HAMD-24 im Hinblick auf eine bessere Vergleichbarkeit mit anderen Interventionsstudien (z.b. Keller et al., 2000) in der vorliegenden Studie als primäres Outcome-Kriterium gewählt. Durch Einsatz eines Interviewleitfadens, wie in der vorliegenden Studie verwendet, kann die Interrater-Reliabilität und die Retest-Realibilität der HAMD erhöht werden (Demitrack, Faries, Herrera, DeBrota & Potter, 1998) Kriterien für Remission, Response und Rückfall Nach einem Review von Zimmermann et al. (2004) erreichen 84% der gesunden Probanden in der HAMD-24 einen Punktwert von 7 und 97.5% einen Punktwert von 10. Daher wird empfohlen, den Cut-off-Wert für Remission zwischen 7 und 10 Punkten anzusetzen. Angesichts der Schwere der Erkrankung in der untersuchten Stichprobe chronisch depressiver Patienten wurde als Remissionskriterium ein HAMD-24- Summenwert 10 definiert. Als Response wurde eine Reduktion der Symptomatik von Prä- zu Post-Messung um 50% festgelegt. Als Kriterium für einen Rückfall wurde ein erneuter stationärer Aufenthalt aufgrund von Symptomverschlechterung und/oder ein Anstieg von 10 Punkten im HAMD-24 seit Entlassung sowie ein aktueller Summenwert von 18 zum Zeitpunkt der Katamnesenerhebung definiert.

54 Methoden BDI-II Der Schweregrad der depressiven Symptomatik im Selbsturteil der Patienten wurde mit Hilfe des Becks Depressions-Inventar (Beck & Steer, 1987; Beck et al., 1996) erfasst. Zur Anwendung kam dabei die deutsche Ausgabe der revidierten zweiten Version, das BDI-II (Hautzinger et al., 2006). Es umfasst 21 Items, die auf einer vierstufigen Skala von 0 bis 3 nach aufsteigendem Schweregrad angeordnet sind. Hohe Symptom- Ausprägungen spiegeln sich somit in einem hohen Itemwert wider. Die Gesamtsumme gilt als Maß für die Depressivität. Beck und Kollegen (1996) berechneten für das BDI-II folgende Cut-Off-Werte: 0-13 Punkte = keine oder minimale, Punkte = milde, Punkte = moderate und Punkte = schwere depressive Symptomatik. In Anlehnung an das DSM-IV (American Psychiatric Association, 2000) bezieht sich der Beurteilungszeitraum der Fragen auf die letzten zwei Wochen. Die Bearbeitungsdauer des Fragebogens liegt bei ca. 5 bis 10 Minuten. Das BDI wird international breitflächig verwendet. Studien bestätigen gute Reliabilitäts- und Validitätskennwerte. Die internen Konsistenzwerte lassen auf eine ausreichende Homogenität des Verfahrens schließen (Cronbachs α 0,84). Die Retestreliabilität in nicht-klinischen Stichproben kann mit r >.75 (3 Wochen, 5 Monate) als zufriedenstellend bewertet werden. Durch die genaue Abbildung der DSM-IV-Kriterien für depressive Episoden verfügt das BDI außerdem über eine hohe inhaltliche Validität (Kühner, Bürger, Keller & Hautzinger, 2007). Die Korrelation mit anderen Selbstbeurteilungsmaßen wird mit r =.76 bis.80 angegeben. Zudem hat sich das BDI in vielfachen Interventionsstudien als veränderungssensitives Messinstrument erwiesen (Hautzinger & Meyer, 2002) Persönlichkeitsdiagnostik nach DSM-IV Die Persönlichkeitsdiagnostik erfolgte mit Hilfe des Strukturierten Klinischen Interviews nach DSM-IV, Achse II: Persönlichkeitsstörungen (SKID-II; Fydrich, Renneberg, Schmitz & Wittchen, 1997). Die Kriterien des SKID-II entsprechen den Diagnosekriterien des DSM-IV (American Psychiatric Association, 2000). Im zweistufigen Verfahren, das aus Fragebogen (Selbstbeurteilung durch den Patienten) und strukturiertem Interview (Fremdbeurteilung) besteht, werden hiermit Persönlichkeitsstörungen (PS) sowie Persönlichkeitsakzentuierungen (PA) erfasst. In der vorliegenden Studie erhielten alle Patienten obligatorisch den SKID-II Fragebogen. Im nachfolgenden Interview wurden dann die Störungskategorien nochmals erfragt, bei denen der Patient mindestens drei Fragen im Fragebogen mit Ja beantwortet hat. Der Fremdrater beurteilt dabei die

55 Methoden 47 Antworten des Patienten auf einer dreistufige Skala (1 = Kriterium nicht erfüllt, 2 = Kriterium teilweise erfüllt, 3 = Kriterium erfüllt). Für jeden Störungsbereich kann neben der kategorialen Diagnosestellung ein dimensionaler Summenwert errechnet werden, der sogenannte D-Score. Dieser repräsentiert das Ausmaß des jeweiligen Persönlichkeitsstils. In der vorliegenden Studie wurde eine PA definiert, wenn 50% des höchstmöglichen D-Scores der betreffenden Störung, aber nicht ausreichend Kriterien für eine PS erfüllt sind. Das SKID-II Verfahren, welches über eine adäquate Interraterreliabilität und eine zufriedenstellende interne Konsistenz verfügt (z.b. Maffei et al., 1997), wird in der Diagnostik von PS als Gold-Standard angesehen Traumatisierung Zur Operationalisierung des Grades frühkindlicher Traumatisierungen wird das Childhood Trauma Questionnaire (CTQ; Bernstein et al., 2003; Bernstein & Fink, 1998; deutsche Version von Wingenfeld et al., 2010) eingesetzt. Das CTQ ist ein retrospektives Selbstbeurteilungsinstrument, mit dem auf einer fünfstufigen Likertskala von 1 (überhaupt nicht) bis 5 (sehr häufig) erfasst wird, wie häufig Traumatisierungen in den Bereichen emotionaler Missbrauch, körperliche Misshandlung, sexuelle Gewalt, emotionale Vernachlässigung und körperliche Vernachlässigung in Kindheit und Jugendalter auftraten (Maercker & Bromberger, 2005). In der vorliegenden Studie wird die deutsche Version der Kurzform des CTQ, bestehend aus 28 Items verwendet (Wingenfeld et al., 2010). Für jede Traumatisierungsart werden ein Summenwert sowie ein Mittelwert erstellt. Durch Addition der Summenwerte ergibt sich ein Gesamttraumatisierungswert, anhand dessen mithilfe von Cut-Offs (Bernstein & Fink, 1998) die Schwere bzw. das Vorliegen einer Traumatisierung bestimmt werden kann. Wingenfeld und Kollegen konnten für die deutsche Version des CTQ mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse die 5-Skalen-Struktur des amerikanischen Originals (Traumatisierungsarten) replizieren und für diese Skalen eine hohe interne Konsistenz (Cronbachs α.89) bestätigen CBASP-bezogene Instrumente IMI-R Beim Impact Message Inventory (Kiesler & Schmidt, 1993; deutsche Übersetzung IMI-R von Caspar, 2002) handelt es sich um ein Fremdbeurteilungsinstrument, das typische

56 Methoden 48 Verhaltenstendenzen von Personen im interpersonellen Kontext - den sogenannten Stimuluscharakter- erfasst. Theoretischer Hintergrund des IMI-R bildet der interpersonelle Kreis nach Kiesler (1983), der eine Operationalisierung der Verhaltenstendenzen mittels acht Dimensionen ermöglicht. Auf 64 Items wird dabei eine Einschätzung der interpersonellen Wirkung des Gegenübers vorgenommen. Alle Items beginnen dabei mit den Worten Wenn ich mit ihr/ihm zusammen bin, habe ich das Gefühl,.... Die Subskalen lautet dominant, freundlich-dominant, freundlich, freundlich-submissiv, submissiv, feindselig-submissiv, feindselig und feindseligdominant und entsprechen wiederum den acht Dimensionen des Circumplexmodell von Kiesler (1983) (vgl. Kapitel ). Ein Beispiel für ein Item der Subskala dominant stellt Wenn ich mit ihr/ ihm zusammen bin, habe ich das Gefühl, er/sie gibt häufig den Ton an dar. Fremdbeurteiler ist im Falle der vorliegenden Studie der behandelnde CBASP-Einzeltherapeut. Er beurteilt auf einer vierstufigen Skala (von 1 = stimmt gar nicht bis 4 = stimmt genau ) Aussagen darüber, welche Gefühle und Handlungsimpulse der Patient bei ihm auslöst. Jeweils acht Items bilden zusammen einen durchschnittlichen Wert auf einer Subskala. Das Ausfüllen des Fragebogens nimmt ca. 10 bis 15 Minuten in Anspruch. Locke (2011) bestätigt dem IMI konvergente Validität mit anderen interpersonalen Messinstrumenten und eine akzeptable interne Konsistenz der einzelnen Skalen untereinander CBASP@5 Erfahrungs- /Erwartungs- Fragebogen Anhand des selbst konstruierten CBASP@5 Erfahrungs- /Erwartungs- Fragebogens (Brakemeier, Engel & Normann, 2009a); siehe Anhang F, S. 128) werden zum einen die Erfahrungen der Patienten mit der stationären CBASP-Behandlung zum Zeitpunkt der Entlassung erfasst. Hierfür werden die einzelnen Module wie Einzeltherapie, Gruppenpsychotherapie, Bezugspflegegespräche etc. auf einer fünfstufigen Likertskala von 1 (sehr hilfreich) bis 5 (überhaupt nicht hilfreich) bewertet. Weiterhin können die Patienten positive und negative Aspekte der Therapie in einem offenen Antwortformat beschreiben. Zum anderen erfasst der Fragebogen die Erwartungen bezüglich des voraussichtlichen Nutzens der in der Therapie erlernten CBASP-Strategien. Hierfür werden die Patienten um Einschätzungen gebeten, wie hilfreich die erlernten Techniken jeweils in einem Jahr für sie sein werden. Diese werden ebenfalls auf einer fünfstufigen Likertskala erfasst. Der letzte Unterpunkt des Fragebogens erfasst die Einschätzung der subjektiven Rückfallwahrscheinlichkeit. Die Patienten werden gebeten, ihre

57 Methoden 49 Rückfallquote auf einer visuellen Analogskala von 0 bis 100 Prozent einzuschätzen. Sie werden dabei instruiert, die Prozentzahl anzugeben, die am ehesten zutreffend angibt, wie wahrscheinlich es ist, dass sie innerhalb des nächsten Jahres einen Rückfall in eine Depression haben. Für den CBASP@5 Erfahrungs- /Erwartungsfragebogen erfolgte bislang keine Validierung oder Normierung Lebenszufriedenheit und Lebensumstände Der eigens entwickelte Fragebogen zu Lebensqualität und Lebensumständen (Brakemeier, Engel & Normann, 2009b; siehe Anhang G, S. 136) zielt auf die Erhebung der Lebensqualität und Lebensumstände der Patienten nach der Entlassung ab. Zum einen wird die Lebenszufriedenheit in verschiedenen psychosozialen Bereichen erfasst. Zum anderen werden die Nutzung ambulanter Therapieangebote (Psychotherapie, Selbsthilfegruppen, Sozialpsychiatrischer Dienst etc.) und die Zufriedenheit mit diesen Angeboten erhoben. Weiterhin sind Selbstauskünfte zu Rückfällen während der Zeit nach Entlassung enthalten, die Daten zu Dauer und Zeitraum des Rückfalles sowie eine erneute Hospitalisierung erfragen. Der Abschnitt zur Lebenszufriedenheit enthält subjektive retrospektive Angaben des Niveaus vor der stationären Behandlung sowie zum aktuellen Zeitpunkt der Katamnesenuntersuchung. Dabei wird die Zufriedenheit mit dem Beruf, der Partnerschaft, den sozialen Kontakten und der Freizeitgestaltung für jeden Bereich jeweils mit einem Item separat erfasst. Die Einschätzung der Patienten erfolgt dabei analog zum Schulnotensystem von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend) auf einer sechsstufigen Likertskala. Der Fragebogen zur Lebensqualität und Lebensumständen wurden bisher nicht validiert und normiert Fragebogen zur Anwendung von CBASP-Strategien Mit Hilfe des eigens konstruierten Fragebogens zur Anwendung von CBASP-Strategien (Brakemeier, Gutgsell, Engel, Radtke & Normann, 2011; siehe Anhang H, S. 144) werden die Häufigkeit und der subjektive Nutzen der Anwendung von CBASP-Strategien nach der Entlassung im Selbsturteil der Patienten erfasst. Eingeschlossen sind die Gesamtheit der Strategien sowie die einzelnen Bausteine SA, Prägungen, ÜH und KK. Die durchschnittliche Häufigkeit der Nutzung wird dabei in vier Antwortkategorien (mehrmals pro Woche, einmal pro Woche, mind. zweimal pro Monat oder seltener als zweimal pro Monat) erfasst. Der subjektive Nutzen der Gesamtheit der Strategien sowie

58 Methoden 50 der einzelnen Bausteine wird auf einer sechsstufigen Likertskala von -3 (gar nicht) bis +3 (sehr gut) eingestuft. Weiterhin beinhaltet der Fragebogen Items zu den inhaltlichen Bereichen der durchgeführten Situationsanalysen (z.b. Familie, Partnerschaft, Freunde, Beruf). In einem offenen Antwortformat wird zudem erfasst, wie die Beziehungserfahrung mit dem CBASP-Therapeut die Gestaltung anderer zwischenmenschlicher Beziehungen beeinflusst hat. 3.6 Messzeitpunkte, Ablauf und Durchführung der Evaluation Für die vorliegende Untersuchung erfolgte die Datenerhebung zu den folgenden fünf Messzeitpunkten: Die erste Befragung fand in der ersten Woche der stationären Behandlung statt (im Folgenden als prä bzw. Baseline bezeichnet). Die zweite Erhebung erfolgte in der letzten Woche der stationären Therapie ( post ). In einem naturalistischen Follow-up wurden die Patienten zu den Zeitpunkten 6, 12 und 24 Monate nach Ende der stationären Behandlung befragt. Die Durchführung der Follow-up Untersuchung erfolgte persönlich bzw. im Falle größerer räumlicher Entfernung zur Universitätsklinik Freiburg durch ein telefonisches Interview. Zur Einschätzung relevanter Komorbiditäten auf Achse II wurde im Rahmen der Baseline-Messung eine Diagnostik nach SKID-II (Fydrich et al., 1997) durchgeführt. Zur Erfassung früherer Traumatisierungen füllten die Patienten ebenfalls zum Prä - Messzeitpunkt den CTQ (Bernstein et al., 2003; Wingenfeld et al., 2010) aus. Die Erfassung der Depressivität erfolgte zu allen fünf Messzeitpunkten mittels HAMD-24 (Hamilton, 1960; Williams, 2001) und BDI-II (Beck et al., 1996; Hautzinger et al., 2006). Der Erfahrungs- /Erwartungs- Fragebogen (Brakemeier et al., 2009a) wurde einmalig zum Zeitpunkt der Entlassung und der Fragebogen zu Lebensqualität und Lebensumständen (Brakemeier et al., 2009b) jeweils zu den drei Follow-up- Messzeitpunkten eingesetzt. Die Beurteilung des Stimuluscharakters der Patienten mittels IMI-R (Caspar, 2002; Kiesler & Schmidt, 1993) erfolgte ebenfalls zu allen fünf Messzeitpunkten (siehe Abbildung 5). Der Fragebogen zur Anwendung von CBASP Strategien (Brakemeier, et al., 2011) wurde im Rahmen einer schriftlichen Nachbefragung, die den Patienten postalisch zugesendet wurde, erfasst. Die Patienten befanden sich zu diesem Zeitpunkt in unterschiedlichen zeitlichen Abständen zum

59 Methoden 51 Entlasszeitpunkt, wobei die Befragung frühestens 6 Monate nach Entlassung und spätestens 24 Monate nach Entlassung stattfand. Abbildung 5: Datenerhebung mit den verwendeten Messinstrumenten und den Messzeitpunkten prä, post und den Katamnesen nach 6, 12 und 24 Monaten nach Entlassung. Abkürzungen siehe Abkürzungsverzeichnis. 3.7 Statistische Auswertung Die Datenanalyse erfolgte mit Hilfe der Statistikprogramme SPSS für Windows, Version 20.0, R 3.1 und Microsoft Excel. Die Subskalenwerte des IMI-R wurden in Microsoft Excel ermittelt und in SPSS übertragen. Die für die Auswertung benötigten aggregierten, summierten bzw. transformierten Werte wurden mit Hilfe einer erstellen SPSS Syntax errechnet. Das Signifikanzniveau für die Datenanalyse wurde auf α =.05 festgelegt. Demographische und klinische Parameter wurden entsprechend des Skalenniveaus und der Verteilung als Anzahl mit Prozentangaben oder Mittelwerte mit Standardabweichung deskriptiv dargestellt. Gruppenvergleiche der klinischen und demographischen Daten der Baseline von Completern und Drop-Outs erfolgten entsprechend des Skalenniveaus mittels T-Tests für unabhängige Stichproben bzw. Chi- Quadrat Tests. Die Veränderungen in den Depressionsmaßen HAMD-24 und BDI-II sowie den interpersonellen Charakteristika, erfasst durch IMI-R wurden mit Hilfe von linearen gemischten Modellen geprüft. Fehlende Werte wurden mittels multipler Imputation imputiert (basierend auf dem R-Paket mice ). Um Aussagen über Bedeutsamkeit und

Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy zur Behandlung der chronischen Depression

Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy zur Behandlung der chronischen Depression 98 8 Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy zur Behandlung der chronischen Depression Elisabeth Schramm In der Vergangenheit galt die chronische Depression als behandlungsresistente

Mehr

DEPRESSIONEN. Referat von Sophia Seitz und Ester Linz

DEPRESSIONEN. Referat von Sophia Seitz und Ester Linz DEPRESSIONEN Referat von Sophia Seitz und Ester Linz ÜBERSICHT 1. Klassifikation 2. Symptomatik 3. Gruppenarbeit 4. Diagnostische Verfahren 5. Epidemiologie 6. Ätiologische Modelle 7. Fallbeispiel KLASSIFIKATION

Mehr

Das Alter hat nichts Schönes oder doch. Depressionen im Alter Ende oder Anfang?

Das Alter hat nichts Schönes oder doch. Depressionen im Alter Ende oder Anfang? Das Alter hat nichts Schönes oder doch Depressionen im Alter Ende oder Anfang? Depressionen im Alter Gedanken zum Alter was bedeutet höheres Alter Depressionen im Alter Häufigkeit Was ist eigentlich eine

Mehr

Titel der Dissertation Interpersonale Beziehungsgestaltung und Depression: Eine kulturvergleichende Untersuchung in Chile und Deutschland

Titel der Dissertation Interpersonale Beziehungsgestaltung und Depression: Eine kulturvergleichende Untersuchung in Chile und Deutschland Inauguraldissertation zur Erlangung des akademischen Doktorgrades (Dr. phil.) im Fach Psychologie an der Fakultät für Verhaltens- und Empirische Kulturwissenschaften der Ruprecht-Karls-U niversität Heidelberg

Mehr

1.2.1 Kategoriales vs. dimensionales Konzept der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung 5

1.2.1 Kategoriales vs. dimensionales Konzept der Narzisstischen Persönlichkeitsstörung 5 VII 1 Narzissmus: Psychopathologie und Psychologie 3 1.1 Der Begriff»Narzissmus«: Geschichte und heutige Verwendung 3 1.2 Klassifikation und Diagnostik 4 1.2.1 Kategoriales vs. dimensionales Konzept der

Mehr

Bündnis gegen Depression. Ernst Hoefler

Bündnis gegen Depression. Ernst Hoefler Bündnis gegen Depression Ernst Hoefler Beschwerden die auf eine Depression hinweisen Allgemeine körperliche Abgeschlagenheit, Mattigkeit; Schlafstörungen (Ein- und Durchschlafstörungen); Appetitstörungen,

Mehr

Zentrum für Innere Medizin Institut und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie

Zentrum für Innere Medizin Institut und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie Zentrum für Innere Medizin Institut und Poliklinik für Psychosomatik und Psychotherapie Zentrum für Psychosoziale Medizin Therapie-Zentrum für Suizidgefährdete Studie Langzeittherapie chronischer Depression

Mehr

Psychische Störungen Einführung. PD Dr. Peter Schönknecht Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Leipzig

Psychische Störungen Einführung. PD Dr. Peter Schönknecht Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Leipzig Psychische Störungen Einführung PD Dr. Peter Schönknecht Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum Leipzig Psychopathologische Symptome Psychopathologische Symptome

Mehr

Langzeitverlauf posttraumatischer Belastungsreaktionen bei ehemals politisch Inhaftierten der DDR.

Langzeitverlauf posttraumatischer Belastungsreaktionen bei ehemals politisch Inhaftierten der DDR. Langzeitverlauf posttraumatischer Belastungsreaktionen bei ehemals politisch Inhaftierten der DDR. Ergebnisse einer 15-Jahre Follow-Up-Studie Matthias Schützwohl TU Dresden Klinik und Poliklinik für Psychiatrie

Mehr

Interpersonelle Psychotherapie. von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron

Interpersonelle Psychotherapie. von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron Interpersonelle Psychotherapie von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Rollen Depression Belastende Ereignisse im interpersonellen

Mehr

Psychotherapie in der Psychiatrie

Psychotherapie in der Psychiatrie Psychotherapie in der Psychiatrie CBASP: Modulare Psychotherapie zur Behandlung der chronischen Depression Gießen, 20.09.2014 Sarah Fanter, Psych. Psychotherapeutin Agenda // 1. Fakten zur chronischen

Mehr

Die Behandlung Suchtkranker mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung bzw. Traumafolgestörung Isabel Esch

Die Behandlung Suchtkranker mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung bzw. Traumafolgestörung Isabel Esch Die Behandlung Suchtkranker mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung bzw. Traumafolgestörung Isabel Esch 15.06.2010 1 Überblick Epidemiologie Symptomatik von Traumafolgestörungen im Zusammenhang mit

Mehr

Selbstverletzendes Verhalten

Selbstverletzendes Verhalten Selbstverletzendes Verhalten Erscheinungsformen, Ursachen und Interventionsmöglichkeiten von Franz Petermann und Sandra Winkel mit einem Beitrag von Gerhard Libal, Paul L Plener und Jörg M. Fegert GÖTTINGEN

Mehr

Depression bei Kindern und Jugendlichen

Depression bei Kindern und Jugendlichen Cecilia A. Essau Depression bei Kindern und Jugendlichen Psychologisches Grundlagenwissen Mit 21 Abbildungen, 41 Tabellen und 139 Übungsfragen Ernst Reinhardt Verlag München Basel Dr. Cecilia A. Essau,

Mehr

Depression und Angst. Komorbidität

Depression und Angst. Komorbidität Depression und Angst Komorbidität Geschlechterverteilung der Diagnosen 70 60 50 40 30 W M 20 10 0 Depr. Angst Borderline 11.12.2007 erstellt von: Dr. Walter North 2 Angststörungen Panikstörung mit/ohne

Mehr

CBASP eine schulenübergreifende Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depressionen

CBASP eine schulenübergreifende Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depressionen CBASP eine schulenübergreifende Psychotherapie zur Behandlung chronischer Depressionen Symposium: WENN KÖRPER UND SEELE LEIDEN 19.03.2014, Zentrum für Gesundheit Hildesheim Prof. Dr. Eva-Lotta Brakemeier

Mehr

In der Vergangenheit gab es keine klaren Kriterien für die

In der Vergangenheit gab es keine klaren Kriterien für die Der Psychiater und Depressionsforscher Prof. Dr. Hubertus Himmerich erlebt das Leid, das die Krankheit Depression auslöst, tagtäglich als Oberarzt der Depressionsstation unserer Klinik, der Leipziger Universitätsklinik

Mehr

Epidemiologie der spezifischen Phobien

Epidemiologie der spezifischen Phobien Geisteswissenschaft Marcel Maier Epidemiologie der spezifischen Phobien Studienarbeit - Review Artikel - (benotete Seminararbeit) Epidemiologie der Spezifischen Phobien erstellt von Marcel Maier (SS 2005)

Mehr

INHALT. I. DEPRESSIVE REAKTIONEN AUS PSYCHOLOGISCHER SICHT Martin Hautzinger

INHALT. I. DEPRESSIVE REAKTIONEN AUS PSYCHOLOGISCHER SICHT Martin Hautzinger INHALT I. DEPRESSIVE REAKTIONEN AUS PSYCHOLOGISCHER SICHT 1. Beschreibung der Depression 15 1.1. Das klinische Bild der Depression 16 1.2. Emotionale Symptome 18 1.3. Kognitive Symptome 19 1.4. Motivationale

Mehr

3 Fragestellung und Hypothesen 3.1 Herleitung der Fragestellung

3 Fragestellung und Hypothesen 3.1 Herleitung der Fragestellung Fragestellung und Hypothesen 62 3 Fragestellung und Hypothesen 3.1 Herleitung der Fragestellung In der vorliegenden Arbeit wird folgenden Fragen nachgegangen: 1. Existieren Geschlechtsunterschiede in der

Mehr

Diagnostik von Traumafolgestörungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen

Diagnostik von Traumafolgestörungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Diagnostik von Traumafolgestörungen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen Sabine Korda Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie

Mehr

Chronische Depression

Chronische Depression Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychother der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychoritte der Psychotherapie Fortschritte der Psychotherapie

Mehr

Zweigbibliothek Medizin

Zweigbibliothek Medizin Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) Zweigbibliothek Medizin Diese Hochschulschrift finden Sie original in Printform zur Ausleihe in der Zweigbibliothek Medizin

Mehr

Die Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten

Die Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten Sybille Zumbeck Die Prävalenz traumatischer Erfahrungen, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziation bei Prostituierten Eine explorative Studie Verlag Dr. Kovac Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG

Mehr

Um sinnvoll über Depressionen sprechen zu können, ist es wichtig, zwischen Beschwerden, Symptomen, Syndromen und nosologische Krankheitseinheiten

Um sinnvoll über Depressionen sprechen zu können, ist es wichtig, zwischen Beschwerden, Symptomen, Syndromen und nosologische Krankheitseinheiten 1 Um sinnvoll über Depressionen sprechen zu können, ist es wichtig, zwischen Beschwerden, Symptomen, Syndromen und nosologische Krankheitseinheiten unterscheiden zu können. Beschwerden werden zu depressiven

Mehr

Achterbahn der Gefühle

Achterbahn der Gefühle Achterbahn der Gefühle Überblick Darstellung der Symptomatik Konzept der DBT-A Therapiebausteine Dialektik Darstellung der Problematik Selbstverletzungen Suizidalität Hohe Impulsivität Starke Gefühlsschwankungen

Mehr

Grundbedingungen nach Jaspers (1965)

Grundbedingungen nach Jaspers (1965) Inhaltsübersicht -Allgemeine Überlegungen -Nomenklatur psychoreaktiver Störungen -Akute Belastungsreaktion -Posttraumatische Belastungsstörung -Anpassungsstörungen -Sonstige psychopathologische Syndrome

Mehr

Abhängigkeit: Krankheit oder Schwäche? Prof. Ion Anghelescu Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Abhängigkeit: Krankheit oder Schwäche? Prof. Ion Anghelescu Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Abhängigkeit: Krankheit oder Schwäche? Prof. Ion Anghelescu Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie SCHULD vs. KRANKHEIT SUCHT vs. ABHÄNGIGKEIT ABHÄNGIGKEIT vs. MISSBRAUCH PSYCHISCHE vs. PHYSISCHE ABHÄNGIGKEIT

Mehr

Kultur und psychische Erkrankungen Der Einfluss der sozialen und kulturellen Umwelt auf die Resilienz alter Menschen. Entwicklungskontextualismus

Kultur und psychische Erkrankungen Der Einfluss der sozialen und kulturellen Umwelt auf die Resilienz alter Menschen. Entwicklungskontextualismus Kultur und psychische Erkrankungen Der Einfluss der sozialen und kulturellen Umwelt auf die Resilienz alter Menschen Ausgangspunkte Kulturelle Faktoren und Resilienz Psychische Erkrankungen Häufigkeit

Mehr

VORWORT 7 1. EINLEITUNG 9 2. DIAGNOSTIK KULTURHISTORISCHE BETRACHTUNG ERKLÄRUNGSMODELLE DER ANOREXIA NERVOSA 28

VORWORT 7 1. EINLEITUNG 9 2. DIAGNOSTIK KULTURHISTORISCHE BETRACHTUNG ERKLÄRUNGSMODELLE DER ANOREXIA NERVOSA 28 INHALTSVERZEICHNIS VORWORT 7 1. EINLEITUNG 9 2. DIAGNOSTIK 11 2.1. KRITERIEN NACH DSM-IV (307.1) 11 2.2. KRITERIEN NACH ICD-10 (F50.0) 11 2.3. DIFFERENTIALDIAGNOSE 13 2.4. ABGRENZUNG VON ANDEREN ESSSTÖRUNGEN

Mehr

Symposium Dement, depressiv oder beides? - Problemstellung -

Symposium Dement, depressiv oder beides? - Problemstellung - Symposium 1.7.2014 Dement, depressiv oder beides? - Problemstellung - Katja Werheid Klinische Gerontopsychologie Institut für Psychologie, Humboldt-Universität zu Berlin katja.werheid@hu-berlin.de Agenda

Mehr

Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung - ein Einblick

Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung - ein Einblick Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung - ein Einblick Vortrag Stefan Meir PIA der St. Lukas-Klinik Zum Vierteljahrestreffen der KJPP-Kliniken Baden - Württemberg am 23.03.2015

Mehr

Transgenerationale Weitergabe von traumatischen Beziehungserfahrungen -

Transgenerationale Weitergabe von traumatischen Beziehungserfahrungen - Transgenerationale Weitergabe von traumatischen Beziehungserfahrungen - Psychosoziale Belastung, soziale Unterstützung und kognitive Entwicklung im ersten Lebensjahr TRANS-GEN Köhler-Dauner, F.; Kolassa,

Mehr

Diagnose Depression effektive Behandlung in der Hausarztpraxis

Diagnose Depression effektive Behandlung in der Hausarztpraxis Diagnose Depression effektive Behandlung in der Hausarztpraxis Prof. Dr. Göran Hajak Jede vierte Frau und jeder achte Mann erkranken in Deutschland bis zu Ihrem 65. Lebensjahr an einer behandlungsbedürftigen

Mehr

Wie gehe ich mit Suizidalität um? Dr. med. Barbara Hochstrasser, M.P.H. Chefärztin Privatklinik Meiringen

Wie gehe ich mit Suizidalität um? Dr. med. Barbara Hochstrasser, M.P.H. Chefärztin Privatklinik Meiringen Wie gehe ich mit Suizidalität um? Dr. med. Barbara Hochstrasser, M.P.H. Chefärztin Privatklinik Meiringen Suizidalität : Begriffbestimmung Suizidalität meint die Summe aller Denk- und Verhaltensweisen,

Mehr

Ergebnisse früherer Studien

Ergebnisse früherer Studien Psychosoziale Belastungen und Gesundheitsstörungen Christian Albus, Alexander Niecke, Kristin Forster, Christina Samel Tagung des Interessenverbandes Contergangeschädigter NRW e.v. Köln, 09. April 2016

Mehr

Abgerufen am von anonymous. Management Handbuch für die Psychotherapeutische Praxis

Abgerufen am von anonymous. Management Handbuch für die Psychotherapeutische Praxis Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Mehr

Veränderungen psychischer Erkrankungen aus klinischer Sicht

Veränderungen psychischer Erkrankungen aus klinischer Sicht Veränderungen psychischer Erkrankungen aus klinischer Sicht Thomas Pollmächer Zentrum für psychische Gesundheit Klinikum Ingolstadt Mitglied des Vorstandes der DGPPN Vorsitzender der BDK (WHO-Studie von

Mehr

Depression, Burnout. und stationäre ärztliche Versorgung von Erkrankten. Burnout I Depression Volkskrankheit Nr. 1? 1. Oktober 2014, Braunschweig

Depression, Burnout. und stationäre ärztliche Versorgung von Erkrankten. Burnout I Depression Volkskrankheit Nr. 1? 1. Oktober 2014, Braunschweig Burnout I Depression Volkskrankheit Nr. 1? 1. Oktober 2014, Braunschweig Depression, Burnout und stationäre ärztliche Versorgung von Erkrankten Privatdozent Dr. med. Alexander Diehl M.A. Arzt für Psychiatrie

Mehr

Psychiatrisch- Versicherungsmedizinisches für die Hausarztpraxis

Psychiatrisch- Versicherungsmedizinisches für die Hausarztpraxis Psychiatrisch- Versicherungsmedizinisches für die Hausarztpraxis Wie erreiche ich bei IV und KTG möglichst viel bei Patienten mit psychischen Störungen 22.05.2015 Olaf Hentrich, HeTo GmbH 1 No Go Burnout

Mehr

Borderlinepersönlichkeitsstörung

Borderlinepersönlichkeitsstörung Borderlinepersönlichkeitsstörung im Jugendalter Adoleszenzkrise nach Resch 1996, 2008) Identitätsprobleme Probleme der Sexualentwicklung Autoritätsprobleme Körperbildprobleme Narzißtische Krisen Dissoziative

Mehr

Modul Psychische Gesundheit (Bella-Studie)

Modul Psychische Gesundheit (Bella-Studie) U. Ravens-Sieberer, N. Wille, S. Bettge, M. Erhart Modul Psychische Gesundheit (Bella-Studie) Korrespondenzadresse: Ulrike Ravens-Sieberer Robert Koch - Institut Seestraße 13353 Berlin bella-studie@rki.de

Mehr

Kognitiv-psychoedukative Therapie zur Bewältigung von Depressionen

Kognitiv-psychoedukative Therapie zur Bewältigung von Depressionen Kognitiv-psychoedukative Therapie zur Bewältigung von Depressionen Ein Therapiemanual von Annette Schaub, Elisabeth Roth und Ulrich Goldmann GÖTTINGEN-BERN-WIEN TORONTO- SEATTLE -OXFORD- PRÄG Inhaltsverzeichnis

Mehr

Arbeitsausfälle und Einschränkungen durch psychische Erkrankungen

Arbeitsausfälle und Einschränkungen durch psychische Erkrankungen Arbeitsausfälle und Einschränkungen durch psychische Erkrankungen Hauptversammlung swisscross 9. Juni 2011 Altstätten Dr. med. Arno Bindl Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FA Vertrauensarzt SGV

Mehr

Kinder und Jugendliche im Gefühlschaos

Kinder und Jugendliche im Gefühlschaos Alice Sendera Martina Sendera Kinder und Jugendliche im Gefühlschaos Grundlagen und praktische Anleitungen für den Umgang mit psychischen und Erkrankungen I. Teil Entwicklungspsychologie im Kindes- und

Mehr

Inhaltsverzeichnis. Allgemeine Einführung in die Ursachen psychischer Erkrankungen sowie deren Bedeutung

Inhaltsverzeichnis. Allgemeine Einführung in die Ursachen psychischer Erkrankungen sowie deren Bedeutung Inhaltsverzeichnis Allgemeine Einführung in die Ursachen psychischer Erkrankungen sowie deren Bedeutung XIII 1 Diagnostik und Klassifikation in der Psychiatrie 1.1 Psychiatrische Anamneseerhebung 1 Synonyme

Mehr

Kindliches Temperament: unter Berücksichtigung mütterlicher Merkmale

Kindliches Temperament: unter Berücksichtigung mütterlicher Merkmale Kindliches Temperament: Struktur und Zusammenhänge zu Verhaltensauffälligkeiten unter Berücksichtigung mütterlicher Merkmale Von der Fakultät für Lebenswissenschaften der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina

Mehr

Peter Fiedler. Persönlichkeitsstörungen. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Mundt. 5., völlig neu bearbeitete Auflage EEUZPVU

Peter Fiedler. Persönlichkeitsstörungen. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Mundt. 5., völlig neu bearbeitete Auflage EEUZPVU Peter Fiedler Persönlichkeitsstörungen Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Mundt 5., völlig neu bearbeitete Auflage EEUZPVU Geleitwort von Prof. Dr. Christoph Mundt Eine persönliche Vorbemerkung

Mehr

Zukunftsperspektiven der Psychotherapie CBASP und die Therapie der Depression. Fritz Hohagen

Zukunftsperspektiven der Psychotherapie CBASP und die Therapie der Depression. Fritz Hohagen Zukunftsperspektiven der Psychotherapie CBASP und die Therapie der Depression Fritz Hohagen Zukunftsperspektiven der Psychotherapie CBASP und die Therapie der Depression Geschichtliche Entwicklung und

Mehr

Differenzielle Indikation für Psychotherapie bei unipolarer Depressionen

Differenzielle Indikation für Psychotherapie bei unipolarer Depressionen Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie Differenzielle Indikation für Psychotherapie bei unipolarer Depressionen Elisabeth Schramm Unipolare depressive Störungen Welche psychotherapeutischen Methoden

Mehr

Therapeutisches Drug Monitoring der Antidepressiva Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin und Maprotilin unter naturalistischen Bedingungen

Therapeutisches Drug Monitoring der Antidepressiva Amitriptylin, Clomipramin, Doxepin und Maprotilin unter naturalistischen Bedingungen Aus der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität Würzburg Direktor: Professor Dr. med. J. Deckert Therapeutisches Drug Monitoring der Antidepressiva Amitriptylin,

Mehr

Cannabisentzugssymtome und Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen. bei stationär behandelten Patienten während des Cannabisentzuges

Cannabisentzugssymtome und Hinweise auf Persönlichkeitsstörungen. bei stationär behandelten Patienten während des Cannabisentzuges Aus der Universitätsklinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. Andreas Marneros) Cannabisentzugssymtome

Mehr

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Depression im Alter. Angelika Karl

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Depression im Alter. Angelika Karl Depression im Alter Angelika Karl Nürnberg, 15.06.2016 Einführung Zahlen und Begriffe Demographische Entwicklung Suizidalität im Alter Depression Fakten Fazit Depression im Alter Besonderheiten Risikofaktoren

Mehr

Wie erkennen Pflegefachpersonen, was Angehörige von onkologischen Patienten brauchen?

Wie erkennen Pflegefachpersonen, was Angehörige von onkologischen Patienten brauchen? Wie erkennen Pflegefachpersonen, was Angehörige von onkologischen Patienten brauchen? Onkologische Pflege Fortgeschrittene Praxis September 2010 Diana Zwahlen Psychoonkologischer Dienst, Inselspital Bern

Mehr

Depression. Was ist das eigentlich?

Depression. Was ist das eigentlich? Depression Was ist das eigentlich? Marien Hospital Dortmund Kath. St.-Johannes-Gesellschaft Dr. med. Harald Krauß Chefarzt Tel: 0231-77 50 0 www.marien-hospital-dortmund.de 1 Selbsttest Leiden Sie seit

Mehr

Zweigbibliothek Medizin

Zweigbibliothek Medizin Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) Zweigbibliothek Medizin Diese Hochschulschrift finden Sie original in Printform zur Ausleihe in der Zweigbibliothek Medizin

Mehr

Kein Hinweis für eine andere Ursache der Demenz

Kein Hinweis für eine andere Ursache der Demenz die später nach ihm benannte Krankheit. Inzwischen weiß man, dass die Alzheimer-Krankheit eine sogenannte primär-neurodegenerative Hirnerkrankung ist. Das bedeutet, dass die Erkrankung direkt im Gehirn

Mehr

Interpersonelle Psychotherapie der Depression

Interpersonelle Psychotherapie der Depression Elisabeth Schramm Interpersonelle Psychotherapie der Depression nach Klerman und Weissman Es gehört zum menschlichen Leben, daß das Selbsterleben sich wesentlich aus den Beziehungen zu anderen Menschen

Mehr

Verstimmungen im Alter: Bin ich einfach nur traurig oder schon depressiv?

Verstimmungen im Alter: Bin ich einfach nur traurig oder schon depressiv? Kliniken für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik Verstimmungen im Alter: Bin ich einfach nur traurig oder schon depressiv? Aktionstage Psychische Gesundheit und Bündnis gegen Depression Solothurn,

Mehr

Sucht und Trauma. Die schwarzen Brüder

Sucht und Trauma. Die schwarzen Brüder Update Sucht interdisziplinär KSSG 3. Februar 2011 Sucht und Trauma. Die schwarzen Brüder Dr. med. Thomas Maier Chefarzt Akutpsychiatrie, Sucht- und Psychotherapie St. Gallische Psychiatrische Dienste

Mehr

Psychotherapie. noch einmal zur Erinnerung! Posttraumatische Belastungsstörungen

Psychotherapie. noch einmal zur Erinnerung! Posttraumatische Belastungsstörungen Psychotherapie noch einmal zur Erinnerung! Arten von Trauma Schocktraumata komplexe PTBS Komplexe PTBS Ist eine sich wiederholende bzw. langanhaltende oder auch chronische Traumatisierung, meist man-made

Mehr

Einleitung. Lebensqualität. Psychosomatik. Lebensqualität bei Contergangeschädigten Kruse et al. Abschlussbericht Bundesstudie 2012

Einleitung. Lebensqualität. Psychosomatik. Lebensqualität bei Contergangeschädigten Kruse et al. Abschlussbericht Bundesstudie 2012 Psychosomatik Lebensqualität und psychische Begleiterkrankungen Prof. Dr. med. Christian Albus Einleitung Niethard, Marquardt und Eltze, 1994; Edworthy et al. 1999; Nippert et al., 2002; Kennelly et al.,

Mehr

Borderline- Störung. Königslutter, Dr. Klaus Höschel Ltd. Psychologe LWL-Klinik Lengerich

Borderline- Störung. Königslutter, Dr. Klaus Höschel Ltd. Psychologe LWL-Klinik Lengerich Borderline- Störung Königslutter, 19.11.2015 Dr. Klaus Höschel Ltd. Psychologe LWL-Klinik Lengerich k.hoeschel@lwl.org Borderline Persönlichkeitsstörung - 5 von 9 DSM-V-Kriterien - Affektive Ebene Zu starke

Mehr

Prädiktoren der Medikamenten-Adhärenz bei Patienten mit depressiven Störungen

Prädiktoren der Medikamenten-Adhärenz bei Patienten mit depressiven Störungen Prädiktoren der Medikamenten-Adhärenz bei Patienten mit depressiven Störungen Glattacker, M., Heyduck, K. & Meffert, C. Abteilung Qualitätsmanagement und Sozialmedizin (Direktor: Prof. Dr. W.H. Jäckel)

Mehr

1 Historische Konzepte der Frontalhirnfunktionen und -erkrankungen... 1 H. Förstl

1 Historische Konzepte der Frontalhirnfunktionen und -erkrankungen... 1 H. Förstl Inhaltsverzeichnis 1 Historische Konzepte der Frontalhirnfunktionen und -erkrankungen......................... 1 H. Förstl Neurobiologie und Neuropsychologie 2 Neurobiologische Grundlagen der Stirnhirnfunktionen.....

Mehr

Gewalterfahrungen und Trauma bei Flüchtlingen

Gewalterfahrungen und Trauma bei Flüchtlingen Gewalterfahrungen und Trauma bei Flüchtlingen Dr. med. Barbara Wolff Frankfurter Arbeitskreis Trauma und Exil e. V. Gewalterfahrung und Trauma Durch die Erlebnisse im Heimatland und auf der Flucht leidet

Mehr

Behandlungsergebnisse von depressiven Patienten

Behandlungsergebnisse von depressiven Patienten Behandlungsergebnisse von depressiven Patienten Verfasser: Dr. biol. hum. Robert Mestel Seit Gründung der HELIOS Klinik Bad Grönenbach 1979 (ehemals: Klinik für Psychosomatische Medizin in Bad Grönenbach)

Mehr

Ursachen für abusive behaviour in der häuslichen Pflege Ergebnisse der Angehörigenforschung. Prof. Dr. med. Elmar Gräßel

Ursachen für abusive behaviour in der häuslichen Pflege Ergebnisse der Angehörigenforschung. Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Ursachen für abusive behaviour in der häuslichen Pflege Ergebnisse der Angehörigenforschung Prof. Dr. med. Elmar Gräßel Zentrum für Medizinische Versorgungsforschung, Psychiatrische Universitätsklinik

Mehr

Burnout und Depression. - Psychotherapeutische Verfahren -

Burnout und Depression. - Psychotherapeutische Verfahren - Burnout und Depression - Psychotherapeutische Verfahren - 8. April 2014 Fachtagung Oberhausen Dipl.-Psych. Britta Kastell Psychologische Psychotherapeutin Vortragsinhalt 1. Einführung 2. Das Burnout-Syndrom

Mehr

Therapeutische Ansätze: Psychotherapie

Therapeutische Ansätze: Psychotherapie Therapeutische Ansätze: Psychotherapie Dr. Ulrike Bowi, Abt. für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Rheinische Kliniken, Kliniken der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf Überblick: I.

Mehr

Wirksamkeit von Verhaltenstherapie, Pharmakotherapie und deren Kombination bei depressiven Patienten

Wirksamkeit von Verhaltenstherapie, Pharmakotherapie und deren Kombination bei depressiven Patienten Wirksamkeit von Verhaltenstherapie, Pharmakotherapie und deren Kombination bei depressiven Patienten Seminar: Affektive Störungen II Dozent: Dr. M. Backenstraß Referentin: Liesa Büche Literatur Hautzinger,

Mehr

Stress & Major Depression: Was weiß man wirklich über die Beziehung? Störungen von Affekt und Emotion (SoSe 2013) Dipl. Psych.

Stress & Major Depression: Was weiß man wirklich über die Beziehung? Störungen von Affekt und Emotion (SoSe 2013) Dipl. Psych. Stress & Major Depression: Was weiß man wirklich über die Beziehung? Störungen von Affekt und Emotion (SoSe 2013) Dipl. Psych. Carolin Kaufmann Christian Rupp 15. Mai 2013 Umweltfaktoren & life stress

Mehr

Depressive Frauen und Männer in der Allgemeinpraxis

Depressive Frauen und Männer in der Allgemeinpraxis Iris Steinbach 2008 AGI-Information Management Consultants May be used for personal purporses only or by libraries associated to dandelon.com network. Depressive Frauen und Männer in der Allgemeinpraxis

Mehr

Depression und Sucht Ulrich Kemper. 62. Gütersloher Fortbildungstage 20. 22.09.2011. Depression

Depression und Sucht Ulrich Kemper. 62. Gütersloher Fortbildungstage 20. 22.09.2011. Depression Bernhard-Salzmann LWL-Klinik Salzmann-Klinik Gütersloh LWL-Rehabilitationszentrum Ostwestfalen LWL-Rehabilitationszentrum Ostwestfalen LWL-Klinikum Gütersloh Bernhard-Salzmann-Klinik Depression und Sucht

Mehr

Was Sie schon immer über die Depression wissen wollten

Was Sie schon immer über die Depression wissen wollten Was Sie schon immer über die Depression wissen wollten Spitalfest im Kantonalen Samstag, den 8. September 2007 Pressekonferenz 3. September 2007 Frau Dr. med. Graziella Giacometti Bickel Ärztliche Direktorin

Mehr

Inhaltsverzeichnis. Zusammenfassung... 1

Inhaltsverzeichnis. Zusammenfassung... 1 Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung... 1 1 Grundlagen... 4 1.1 Einleitung, Begriffsbestimmung... 4 1.2 Epidemiologie und Prävalenz... 5 1.2.1 Krankheitsbeginn... 5 1.2.2 Geschlechtsverteilung... 6 1.2.3

Mehr

CBASP Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy

CBASP Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy CBASP Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy Dr. Gaby Bleichhardt bleichha@uni-marburg.de 8. Hessischer Psychotherapeutentag 18. April 2015 Was ist CBASP? } Cognitive Behavioral Analysis

Mehr

Borderline Störung Psychosescreening Screening Sexueller Funktionsstörungen

Borderline Störung Psychosescreening Screening Sexueller Funktionsstörungen Borderline Störung Psychosescreening Screening Sexueller Funktionsstörungen Inhalt } Borderline Persönlichkeitsstörung } Psychosescreening Folie 2 DSM-IV-TR Kriterien für Borderline Persönlichkeitsstörung

Mehr

Was wird aus Versicherten mit abgelehntem Reha-Antrag?

Was wird aus Versicherten mit abgelehntem Reha-Antrag? Rehabilitationswissenschaftliches Seminar Würzburg 2016 Was wird aus Versicherten mit abgelehntem Reha-Antrag? Ruth Deck Institut für Sozialmedizin und Epidemiologie Universität Lübeck Mögliche Probleme:

Mehr

Angst und Depression Volkskrankheiten unserer Zeit?

Angst und Depression Volkskrankheiten unserer Zeit? Angst und Depression Volkskrankheiten unserer Zeit? Erkennen Verstehen - Bewältigen Dr. Nikolas Klein Facharzt für Psychiatrie Volksbildungshaus Wiener Urania, 19.3.2009 Die Presse am 04.02.2009 Die Presse

Mehr

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung EREV-Forum Luisentahl 29.22.2012 Die Borderline-Persönlichkeitsstörung Diplom-Psychologe Raphael Hartmann Kinder- und Jugendlichen Psychotherapeut i.a. Inhalt: I. Symptome II. Pathogenese Oder: Wie entwickelt

Mehr

Tab. 4.1: Altersverteilung der Gesamtstichprobe BASG SASG BAS SAS UDS SCH AVP Mittelwert Median Standardabweichung 44,36 43,00 11,84

Tab. 4.1: Altersverteilung der Gesamtstichprobe BASG SASG BAS SAS UDS SCH AVP Mittelwert Median Standardabweichung 44,36 43,00 11,84 Im weiteren wird gemäß den allgemeinen statistischen Regeln zufolge bei Vorliegen von p=,5 und

Mehr

Auswirkung der psychischen Erkrankung der Eltern auf die Beziehungsgestaltung mit den Kindern

Auswirkung der psychischen Erkrankung der Eltern auf die Beziehungsgestaltung mit den Kindern Auswirkung der psychischen Erkrankung der Eltern auf die Beziehungsgestaltung mit den Kindern 1. Vermindertes Einfühlungsvermögen (Unterentwicklung des inneren Radarsystems der Mutter für kindliche Signale)

Mehr

Stress wirkt nicht bei jedem gleich: Die Gen-Umwelt-Interaktion

Stress wirkt nicht bei jedem gleich: Die Gen-Umwelt-Interaktion Stress wirkt nicht bei jedem gleich: Die Gen-Umwelt-Interaktion Influence of Life Stress on Depression: Moderation by a Polymorphism in the 5-HTT Gene (Caspi et al., 2003) Vulnerabilität, Risiko & Resilienz

Mehr

Seelendürre Depressionen und ihre Auswirkungen. Julius Kurmann Dr. med. Chefarzt Luzerner Psychiatrie MAS Philosophie + Management unilu

Seelendürre Depressionen und ihre Auswirkungen. Julius Kurmann Dr. med. Chefarzt Luzerner Psychiatrie MAS Philosophie + Management unilu Julius Kurmann Dr. med. Chefarzt Luzerner Psychiatrie MAS Philosophie + Management unilu 22. September 2016 Depression Depression gilt heute als häufigste psychische Erkrankung und zählt zu den fünf häufigsten

Mehr

Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) Wirksame Therapiestrategien

Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) Wirksame Therapiestrategien Posttraumatische Belastungsstörung (PTSD) Wirksame Therapiestrategien Pharmakologische Intervention: Antidepressiva und Anxiolytika Zur pharmakologischen Behandlung werden am häufigsten Antidepressiva

Mehr

Angststörungen im Kindes- und Jugendalter. Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universität Göttingen

Angststörungen im Kindes- und Jugendalter. Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universität Göttingen Angststörungen im Kindes- und Jugendalter Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universität Göttingen Angststörungen mit Beginn im Kindesalter Emotionale Störungen des Kindesalters (F93) - Emotionale

Mehr

Kognitive Defizite bei der bipolaren Störung

Kognitive Defizite bei der bipolaren Störung Kognitive Defizite bei der bipolaren Störung Einfluss von Schlaf und sub-syndromaler Depression DP Julia Volkert Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie Direktor: Prof.

Mehr

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung unter besonderer Berücksichtigung krankheitsspezifischer Störungs- und Therapiemodelle

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung unter besonderer Berücksichtigung krankheitsspezifischer Störungs- und Therapiemodelle Geisteswissenschaft Kathrin Mütze Die Borderline-Persönlichkeitsstörung unter besonderer Berücksichtigung krankheitsspezifischer Störungs- und Therapiemodelle Dialektisch-behaviorale und Übertragungsfokussierte

Mehr

Volkskrankheit Depression

Volkskrankheit Depression Natalia Schütz Volkskrankheit Depression Selbsthilfegruppen als Unterstützung in der Krankheitsbewältigung Diplomica Verlag Natalia Schütz Volkskrankheit Depression: Selbsthilfegruppen als Unterstützung

Mehr

Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie

Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie Geisteswissenschaft Adelheid Kühn / Ellen Bröker Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy (ISTDP) = intensive psychodynamische Kurzzeittherapie Studienarbeit Psychologisches Institut der Universität

Mehr

Posttraumatische Störungen bei Migrantinnen und Migranten

Posttraumatische Störungen bei Migrantinnen und Migranten Symposium Migration und Medizin Kantonsspital Baden 25. Februar 2016 Posttraumatische Störungen bei Prof. Dr. med. Urs Hepp Chefarzt Psychiatrie & Psychotherapie Psychiatrische Dienste Aargau AG (PDAG)

Mehr

Fragebogen zur Einleitung oder Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie

Fragebogen zur Einleitung oder Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie Fragebogen zur Einleitung oder Verlängerung einer ambulanten Psychotherapie Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, dieser Fragebogen soll helfen, Ihre ambulante Psychotherapie einzuleiten bzw.

Mehr

Das Borderline- Syndrom

Das Borderline- Syndrom Christa Rohde-Dachser Das Borderline- Syndrom Fünfte, überarbeitete und ergänzte Auflage «i- Verlag Hans Huber Bern Göttingen Toronto Seattle Inhaltsverzeichnis Vorwort zur 5. Auflage 9 Vorwort zur 4.

Mehr

Borderline- Persönlichkeitsstörung

Borderline- Persönlichkeitsstörung Borderline- Persönlichkeitsstörung 0. Demenz 1. Sucht 2. Schizophrenie 3. Affektive Störungen Psychiatrische Störungen nach ICD 10 (vereinfacht) 4. Neurotische Störungen: Angst, Zwang, PTSD 5.Essstörungen

Mehr

Traumatherapeutische Optionen in der Rehabilitation suchtkranker Patienten

Traumatherapeutische Optionen in der Rehabilitation suchtkranker Patienten Der Mensch im Mittelpunkt Forum 8 Traumatherapeutische Optionen in der Rehabilitation suchtkranker Patienten Gabriele Angenendt salus klinik Hürth 26. Kongress des Fachverbands Sucht Heidelberg 2013 1

Mehr