Aktuelle Rechtsprechung 2011/12
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- Hedwig Böhm
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1 Aktuelle Rechtsprechung 2011/12 Referentin: Claudia Komposch Fachanwältin für Arbeitsrecht Tel: 040/ Baumeisterstr. 2, Hamburg Folie 1
2 Vorbeschäftigungsverbot des 14 TzBfG z BAG (7 AZR 375/10): z Ein Berufsausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Vorbeschäftigungsverbots für eine sachgrundlose Befristung in 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. z Vorbeschäftigung, die länger als 3 Jahre zurückliegt ist auch keine Vorbeschäftigung im Sinne des 14 Abs. 2 S. 2 Folie 2
3 Altersdiskriminierung bei tarifvertraglichen Kündigungsfristen z BAG (2 AZR 177/10): z Die Klausel, dass bei der Berechnung der Kündigungsfrist Betriebszugehörigkeitszeiten vor Vollendung des 25. Lebensjahres nicht berücksichtigt werden, verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des AGG und ist deswegen unwirksam. z Das gilt auch für eine solche Klausel in einem Tarifvertrag oder individuellen Arbeitsvertrag (nicht nur für 622 Abs. 2 Satz 2 BGB) Folie 3
4 Kündigung wegen Glaubenskonflikt z BAG (2 AZR 636/09): Folie 4 z Beruft sich der Arbeitnehmer gegenüber einer Arbeitsanweisung des Arbeitgebers auf einen ihr entgegenstehenden, ernsthaften inneren Glaubenskonflikt, stellt die Weigerung des Arbeitnehmers keine vorwerfbare Pflichtverletzung dar. Sie kann aber eine Kündigung rechtfertigen, wenn es dem Arbeitgeber nicht ohne größere Schwierigkeiten möglich ist, den Arbeitnehmer anderweitig sinnvoll einzusetzen.
5 Frage nach Schwerbehinderung im bestehenden Arbeitsverhältnis z BAG (6 AZR 553/10): z Im bestehenden Arbeitsverhältnis ist jedenfalls nach 6 Monaten, also nach dem Erwerb des Sonderkündigungsschutzes für behinderte Menschen, die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung zulässig. Das gilt insbesondere zur Vorbereitung von beabsichtigten Kündigungen. Folie 5
6 Umkleidezeit = Arbeitszeit? z BAG ( 1 ABR 54/08) z Der Betriebsrat hat Mitbestimmung, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer anweist, außerhalb der Arbeitszeit Firmenkleidung an- und auszuziehen, wenn diese so auffällig ist, dass sie nicht auch auf dem Weg zur Arbeitsstätte getragen werden kann. Folie 6
7 Rückzahlungsklausel Ausbildungskosten z BAG (3 AZR 791/09): wirksam? z 1. Arbeitgeber stellt Arbeitnehmer zur Fortbildung bezahlt für 5 Monate frei und trägt alle Kosten für die Fortbildung. z 2. Arbeitnehmer verpflichtet sich zur Rückzahlung der Kosten für den Fall u A) Arbeitnehmer kündigt selber innerhalb von 2 Jahren nach Abschluss der Fortbildung u B) Arbeitgeber kündigt den Arbeitnehmer innerhalb von 2 Jahren nach Abschluss der Fortbildung aus verhaltens- oder personenbedingten Gründen Folie 7
8 Innerbetriebliche Ausschreibung auch vor Einsatz Leiharbeitnehmer z BAG (1 ABR 79/09): z Der Betriebsrat kann die Ausschreibung von Arbeitsplätzen verlangen, die vom Arbeitgeber dauerhaft für die Besetzung mit Leiharbeitnehmern vorgesehen sind. Folie 8
9 Mitteilung Name Leiharbeitnehmer unverzichtbar z BAG (7 ABR 137/09): z Der Arbeitgeber hat dem Betriebsrat vor der Einstellung eines Leiharbeitnehmers dessen Namen mitzuteilen. Folie 9
10 Umfang der Information vor Einsatz Leiharbeit z BAG (7 ABR 117/09): z Anforderung an den Umfang der Unterrichtung des Betriebsrates vor der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers Folie 10
11 Berichtigung der Unterrichtung im Zustimmungsersetzungsverfahren z BAG (7 ABR 18/10): z Der Arbeitgeber kann auch im Zustimmungsersetzungsverfahren die Anhörung des Betriebsrates noch vervollständigen. Der Betriebsrat muss erkennen können, dass er erneut um Zustimmung zum Einsatz des Leiharbeitnehmers angegangen wird. Folie 11
12 Zustimmungsverweigerung bei Einsatz Leiharbeitnehmer z BAG (7 ABR 3/09): z Zustimmungsverweigerung wegen Prüfung Besetzung des Arbeitsplatzes mit Schwerbehindertem Folie 12
13 Zu: equal-pay (bereits aus 2009) z BAG (1 ABR 35/08): z Verstoß gegen equal-pay-gebot ist kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG Folie 13
14 Equal-pay und tarifliche Ausschlussfrist z BAG (5 AZR 7/10): z Bei einer tariflichen Ausschlussfrist im Entleiherbetrieb handelt es sich nicht um wesentliche Arbeitsbedingungen im Sinne von 10 Abs. 4 AÜG Folie 14
15 Widerruf der Bestellung zur Datenschutzbeauftragten z BAG (10 AZR 562/09): z Die Bestellung zum Datenschutzbeauftragten kann nur widerrufen werden, wenn ein wichtiger Grund dafür vorliegt (z.b. dauerhafte Verletzung von Kontrollpflichten oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses) Die gleichzeitige Mitgliedschaft im Betriebsrat macht für das Amt des Datenschutzbeauftragten nicht unzuverlässig. Folie 15
16 Ab- und Rückmeldepflicht von BR- Mitgliedern z BAG (7 ABR 135/09): Folie 16 z Ein BR-Mitglied muss sich grundsätzlich bei seinem Arbeitgeber abmelden, bevor es an seinem Arbeitsplatz Betriebsratstätigkeit verrichtet. Das gilt nicht, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls nicht ernsthaft in Betracht kommt, die Arbeitseinteilung vorübergehend umzuorganisieren. Der Arbeitgeber kann dann aber verlangen, dass ihm die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum ausgeübten Betriebsratstätigkeit nachträglich mitgeteilt wird.
17 Zugang Erklärung durch Übergabe an Stellvertretenden Vorsitzenden des BR z BAG ( AZR 248/10): z Hat der Betriebsrat bzw. sein Vorsitzender die vom Arbeitgeber angekündigte Übergabe eines Anhörungsschreibens zur Kündigung außerhalb des Betriebes nicht abgelehnt, ist sein Stellvertreter nach 26 Abs. 2 S. 2 BetrVG zur Entgegennahme berechtigt, wenn das Anhörungsschreiben dem Betriebsratsvorsitzenden mangels Anwesenheit nicht ausgehändigt werden kann. Folie 17
18 Urlaub BR-Mitglied ist grundsätzlich Verhinderungsgrund z BAG (2 AZR 388/10): z Urlaub eines ordentlichen Betriebsratsmitglieds führt grundsätzlich zur Verhinderung dieses BR-Mitgliedes, so dass das nächste Ersatzmitglied zeitweilig nachrückt. Eine Ausnahme hiervor gilt nur dann, wenn das BR-Mitglied vor dem Urlaub mitteilt, dass es trotz des Urlaubs für BR-Tätigkeit zur Verfügung steht. Folie 18
19 Überwachungsrecht 80 BetrVG z BAG (1 ABR 22/10): z Das Recht zur Überwachung der Einhaltung von Betriebsvereinbarungen (auch Gesamtbetriebsvereinbarungen) nach 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG steht dem Betriebsrat zu (nicht dem Gesamtbetriebsrat) Folie 19
20 Grundsätze der ablösenden BV z BAG (10 AZR 60/11): z Sozialleistungen mit kollektivem Bezug können durch Betriebsvereinbarung abgelöst werden, wenn diese kollektiv nicht ungünstiger sind (und verhältnismäßig). z Sozialleistungen mit kollektivem Bezug können durch Betriebsvereinbarung abgelöst werden, wenn sie betriebsvereinbarungsoffen ausgestaltet waren oder die Geschäftsgrundlage entfallen ist Folie 20 z Die Ablösung muss aber deutlich in der Betriebsvereinbarung zum Ausdruck kommen.
21 Zuständigkeit konzernweite Regelungen z BAG (1 ABR 121/09): z Bei der Einführung oder Umsetzung konzernweiter Regelungen über das Verhalten der Arbeitnehmer oder Ethikrichtlinien, die für den gesamten Konzern gelten sollen, ist der KBR zuständig für die Ausübung des Mitbestimmungsrechts. z Bei der unternehmenseinheitlichen Umsetzung solcher Regelungen ist es dementsprechend der GBR. Folie 21 z Ausnahme: es besteht kein KBR / GBR
22 Mitbestimmung bei Eingruppierung als AT z BAG (7 ABR 10/10): z Für die betriebliche Mitbestimmung nach 99 Abs. 1 BetrVG kommt es nicht auf einen Anspruch des einzelnen Arbeitnehmers auf die Anwendung des Tarifvertrages, sondern darauf an, ob die Vergütungsordnung im Betrieb gilt. Ist das der Fall, ist der Arbeitgeber betriebsverfassungsrechtlich verpflichtet, eine Eingruppierung vorzunehmen und hieran den Betriebsrat zu beteiligen. Folie 22
23 Altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer? z BAG (9 AZR 529/10): z Die altersabhängige Staffelung der Urlaubsdauer im Tarifvertrag TVöD u bis 30. Lebensjahr: 26 Arbeitstage u bis 40. Lebensjahr: 29 Arbeitstage u nach Erreichen des 40. Lebensjahres: 30 Arbeitstage z verstößt gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters nach 7 AGG. Auch jüngere Mitarbeiter haben demnach Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen. Folie 23
24 Urlaubsansprüche verfallen nach spätestens 15 Monaten (?) z LAG Ba-Wü (10 Sa 19/11): z Urlaubsansprüche verfallen nicht mehr Ende März des Folgejahres, wenn der Arbeitnehmer wegen AU den Urlaub nicht nehmen konnte. z EuGH hat eine tarifvertragliche Regelung, die ein Verfallen 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres vorsieht, für europarechtskonform gehalten Folie 24 z Daraus schließt LAG Ba-Wü, dass das BUrlG so ausgelegt werden kann, dass 15 Monaten nach Ende des Kalenderjahres der Urlaubsanspruch entfällt (fraglich)
25 AU-Bescheinigung ab 1. Tag der AU auch ohne Begründung z LAG Köln (3 Sa 597/11): z Der Arbeitgeber muss die Aufforderung nicht begründen, dass er vom Arbeitnehmer die AU- Bescheinigung bereits ab dem 1. Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt haben will. Diese Anweisung darf nur nicht willkürlich oder diskriminierend sein. Folie 25
26 Taschenkontrolle nach Arbeitsschluss z Hess. LAG (8 Sa 1945/10): z Eine Betriebsvereinbarung kann eine Pflicht zur Duldung einer Taschenkontrolle auch außerhalb der Arbeitszeit begründen. z Revision beim BAG anhängig unter 1 AZR 819/11 Folie 26
27 Handy für jedes BR-Mitglied z Hess. LAG (16 TaBV 129/11): z Wenn der Betriebsrat ein Handy für jedes Betriebsratsmitglied für erforderlich hält, darf das Arbeitsgericht nur noch prüfen, ob dabei die Belange des Arbeitgebers ausreichend berücksichtigt wurden z Anders LAG Hamm, LAG München, Rechtsbeschwerde beim BAG anhängig Folie 27
28 Firmenparkplatz: Frauen vor Männer z LAG Rheinland-Pfalz (10 Sa 314/11): z Regelung Zuteilung Firmenparkplatz ist mitbestimmungspflichtig ( 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). z Das Kriterium Frauen vor Männer in einer Betriebsvereinbarung verstößt nicht gegen das AGG. Folie 28
29 Keine Jahressonderzahlung für Azubis nach 9 MTV Gaststätten- und Hotelgewerbe NRW z BAG (10 AZR 360/10): z Das ergibt eine Auslegung des Wortlauts des Tarifvertrages, der heißt: jeder Arbeitnehmer, der am des jeweiligen Kalenderjahres in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht, hat Anspruch auf eine Sonderzahlung in Höhe von u Arbeitnehmer meint hier nicht auch Auszubildende Folie 29
30 Zeugnisstreitigkeiten z BAG (9 AZR 386/10): z A ist beschäftigt von 4/04 2/07 als Mitarbeiter im Competence Center und erhält bei Ausscheiden Zeugnis mit folgender Formulierung: u Wir haben Herrn A. als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. u A. klagt dagegen, weil Grundsatz der Zeugnisklarheit und der wohlwollenden Formulierung verletzt AG bringe damit eine negative Wertung zum Ausdruck Folie 30
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