Pharmakologie des Zentralen Nervensystems 2: Hypnotika, Anästhetika, Antiepileptika
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- Leopold Kneller
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1 Pharmakologie des Zentralen Nervensystems 2: Hypnotika, Anästhetika, Antiepileptika Ralf Stumm Institut für Pharmakologie und Toxikologie Drackendorfer Straße Jena Ralf.Stumm@med.uni-jena.de
2 3.9 Benzodiazepine: unerwünschte Wirkungen (akut) - Schläfrigkeit - Reduzierte Aufmerksamkeit und reduziertes Reaktionsvermögen -> Fähigkeit zur Teilnahme am Straßenverkehr und zum Bedienen von Maschinen gestört - Muskelrelaxation führt zu Stürzen problematisch speziell bei Älteren - Anterograde Amnesie (keine Erinnerung an die Zeit direkt nach der Einnahme) - Atemdepression (vor allem nach i.v. Gabe Vorsicht bei Kombination mit andern dämpfenden Wirkstoffen) - Reduzierte Libido und gestörter weiblicher Zyklus - Erhöhter Appetit und Gewichtszunahme - Bei Älteren Patienten paradoxe Wirkungen möglich: Schlaflosigkeit, Erregung
3 3.10 Benzodiazepine: unerwünschte Wirkungen (chronisch) Verflachung geistiger und körperlicher Leistungsfähigkeit affektive und kognitive Einbußen; verwaschene Sprache, Schwindel, Muskelschwäche Toleranz (= für gleichbleibenden Effekt muss nach wiederholter Gabe die Dosis erhöht werden) Mechanismus der Toleranz unklar (keine Induktion metabolisierender Enzyme in der Leber) Abhängigkeit (psychisch und physisch) = wichtigster Nachteil! Meist nach 4 6 monatigem Gebrauch, bei hohen Dosen früher Nach chronischem Gebrauch führt abruptes Absetzen oft zu -Angst -Zittern -Krampfanfällen -Psychosen Patienten finden es schwer, Benzodiazepinen aufzugeben (auch schone nach mehrwöchiger Einnahme) Ausschleichen, evtl. vorübergehende Umstellung auf langwirksames Benzo., evtl. stationäre Entwöhnung
4 3.11 toxicity Toxizität of benzodiazepines der Benzodiazepine Anxiolytische/hypnotische Wirkstoffe werden oft mit suizidaler Absicht eingenommen -> Benzodiazepinvergiftungen resultieren aus einer akuten Überdosis. Benzodiazepine sind viel sicherer als andere anxiolytische/hypnotische Stoffe wie Barbiturate. Bei Überdosierung induzieren die Benzodiazepine Schlaf ohne kritische kardiale oder respiratorische Depression. Flumazenil ist als effektiver Antagonist verfügbar -> Benzodiazepineffekte sind reversierbar. Cave: In Kombination mit anderen ZNS-dämpfenden Stoffen oder Alkohol können die Benzodiazepine eine lebensbedrohliche respiratorische Depression auslösen Death of the King of Pop Vor seinem Tod erhielt Michael Jackson wiederholt Benzodiazepine (Abhängigkeit?, Toleranz?) und Propofol.
5 4. Schlafmittel 10% der Bevölkerung klagen über anhaltende (> 3 Wochen) Schlafstörungen: -Einschlafstörungen -Durchschlafstörungen -Früherwachen Ursachen für Schlafstörungen umfassen u.a. psychische Belastung, psychiatrische Erkrankungen, organische Erkrankungen, Arzneimittelkonsum, Alkohol Der neuropharmakologische Ansatz (Schlafmittel) darf erst nach Ausschöpfung aller anderen Therapiemöglichkeiten zum Einsatz kommen. -> die wichtigsten Schlafmittel wirken über GABA A -Rezeptoren: - Barbiturate (heute obsolet) - heute Z-Substanzen und Benzodiazepine - aber auch Alkohol wirkt auf GABA A -Rezeptoren Hintergrund: GABA besitzt eine zentrale Rolle bei der Schlafregulation: bei einsetzender Müdigkeit werden GABA-Neurone im Thalamus aktiv, die den thalamo-kortikalen Informationsfluss hemmen.
6 4.1 Schlafmittel: Die benzodiazepinartigen Z-Substanzen Zopiclon (T 1/2 =3-6 h) Zolpidem (T 1/2 =2 h) Zaleplon (T 1/2 =1-2 h) Keine Benzodiazepin-Struktur aber Bindung an Benzodiazepin- Stelle im GABA A -Rezeptor und Antagonisierung durch Flumazenil. Mittel der ersten Wahl bei Insomnien. Insbesondere Zolpidem scheint ein günstiges Profil zu besitzen: gut schlafanstoßend aber wenig anxiolytisch; kurze auf die Nacht beschränkte Wirkdauer; geringe Toleranz; geringer rebound-effekt. Bei Durchschlafstörung kann mitten in der Nacht Zaleplon eingenommen werden, wenn danach eine Ruhephase von 4 h garantiert ist. Zaleplon und Zolpidem zeigen höhere Selektivität für alpha1-untereinheit des GABA A -Rezeptors als Benzodiazepine und Zopiclon (wenig anxiolytisch).
7 4.2 Weitere Schlafmittel (1) Klassische Benzodiazepine: bleiben Bestandteil der Schlafmitteltherapie, bergen aber ein etwas höheres Missbrauchs- und Suchtpotential als die Z-Substanzen. Empfohlen wird Temazepam (T 1/2 kurz bis mittel). Triazolam und Brotizolam (kurze T 1/2 ) führen oft zu Erwachen in den Morgenstunden und bergen relativ hohes rebound-potential (Angst und Schlaflosigkeit nach Absetzen). Keine Verordnung von Flunitrazepam (hohes Missbrauchpotential). Antihistaminika (Diphenhydramin, Promethazin): wirken leicht sedierend. Anticholinerge Nebenwirkungen. Sind frei verkäuflich. Werden auch in der Pädiatrie eingesetzt (Mittel gegen Erbrechen zugelassen bei Kindern ab 6 kg Körpergewicht).
8 4.2 Weitere Schlafmittel (2) Sedierende Antidepressiva (z.b. Trimipramin, Amitryptilin): geringeres Suchtpotential als Benzodiazepin-Agonisten aber mehr unerwünschte Wirkungen. Einsatz bei Langzeitbehandlung. Sedierende Neuroleptika (z.b. Melperon): bei psychiatrischen Grunderkrankungen. Melperon wird häufig bei geriatrischen Patienten eingesetzt (paradoxe Wirkungen der Benzodiazepine im Alter möglich). Baldrian: Frei verkäufliche Präparate. Es fehlen kontrollierte Studien zur Wirksamkeit. L-Tryptophan: Frei verkäufliches Präparat. Geringe hypnotische Potenz. Melatonin: In den USA frei verkäuflich. Geringe hypnotische Potenz.
9 4.3 Schlafmittel: 5-K-Regel Einsatz nur bei klarer Indikationsstellung Benutzen der kleinstmöglichen Dosis Kürzest mögliche Behandlungszeit Kein abruptes Absetzen Beachtung aller Kontraindikationen
10 5. Allgemeinanästhesie (Narkose) Allgemeinanästhesie bewirkt einen Zustand, in dem Patienten bei chirurgischen Eingriffen schmerzvolle Stimuli nicht wahrnehmen und nicht auf sie reagieren. Allgemeinanästhesie bewirkt - Bewusstlosigkeit - Verlust von Reflexen (Muskelrelaxation) - Analgesie Ein einzelnes Anästhetikum erfüllt oftmals nicht alle 3 Anforderungen -> Kombination von Anästhetika plus Einsatz neuromuskulär blockierender Stoffe. Beispiel für das Vorgehen bei einem chirurgischen Eingriff: -Herbeiführung der Bewusstlosigkeit mit einem Injektionsnarkotikum (z.b. Propofol) -Aufrechterhaltung der Narkose und Analgesie mit Inhalationsanästhetika (z.b. Lachgas/N 2 O plus Isofluran) -Lähmung mit Muskelrelaxans
11 5.1 Anforderungen an Allgemeinanästhetika 1. Das Anästhetikum muss eine kontrollierbare Anästhesie erlauben: Zu jeder Zeit muss es möglich sein, - die Tiefe der Anästhesie dem Bedarf anzupassen - die Anästhesie zu beenden 2. Das Mittel muss sicher sein. Die Konzentration des Stoffs, welche das Bewusstsein und die Schmerzwahrnehmung ausschaltet, muss viel kleiner sein als die Konzentration, die vitale Hirnfunktionen beeinträchtigt. 3. Alle Effekte müssen reversibel sein.
12 5.2 general Allgemeinanästhetika anaesthetics Allgemeinanästhetika wirken auf das ZNS der genaue Wirkungsmechanismus ist unklar. Die Potenz von Anästhetika steigt mit ihrer Lipidlöslichkeit an (Anreicherung in Membranen) -> Lipidtheorie von Meyer (1899) und Overton (1901). Vermutlich interagieren Anästhetika mit hydrophobe Domänen von Ionenkanälen, was eine Hemmung erregender und eine Förderung hemmender Neurotransmission bewirkt. Maß für die Potenz von Anästhetika: Minimale alveolare Konzentration (%v/v) MAC 50 = die Konzentration des Anästhetikums in den Alveolen, bei der 50% der Patienten auf einen Hautschnitt nicht reagieren. Anästhetika Inhalative Wirkstoffe Lachgas/ Stickoxydul (N 2 O) Isofluran Desfluran Sevofluran Xenon Intravenöse Wirkstoffe Thiopental Etomidat Propofol Ketamin Midazolam
13 5.3 inhalation Inhalationsanästhetika: anaesthetics: mode Verabreichung of application Isofluran, Desfluran und Sevofluran sind Flüssigkeiten mit geringem Verdampfungspunkt. Sie werden in einem spezialisierten Verdampfer verdampft. Das Anteil von Isofluran in der Inhalationsmixtur beträgt etwa 0,75%. N 2 O and O 2 sind Gase. Ihr relativer Anteil am Inhalationsgemisch wird von einem Flussmesser gesteuert (typischerweise 70% N 2 O und 30% O 2 ).
14 5.4 Inhalationsanästhetika: pharmakokinetische Aspekte Der Blut:Gas Verteilungskoefizient (Löslichkeit im Blut) eines Mittels ist der wichtigste Faktor, der die Geschwindigkeit des Einsetzens und des Abklingens der Anästhesie festlegt. Verteilungskoeffizient Halothan: Lachgas: Blut/Gas: 2,3 0,47 Gehirn/Blut: 2,9 1,1 langsam schnell Alveole Blut Gehirn vor Gleichgewicht Gleichgewicht vor Gleichgewicht Gleichgewicht
15 5.5 Inhalationsanästhetikia: Substanzen N 2 O/ Distickstoffmonoxid/ Lachgas: Sehr schnelles Einsetzen/Abklingen der Wirkung. Verursacht effektive Analgesie aber schwache Narkose. Wird deshalb in Kombination mit einem zweiten Anästhetikum eingesetzt. Am Ende der Narkose erhält der Patient of reinen Sauerstoff. Unerwünschte Wirkung: Vitamin B12 wird geschädigt, dadurch Knochenmarksdepression möglich. Lachgas wird zunehmend durch Opioide ersetzt. Isofluran, Desfluran, Sevofluran: Die wichtigsten inhalativen Allgemeinanästhetika. Unerwünschte Wirkungen: Haben alle einen gewissen muskelrelaxierenden Effekt und wirken alle atemdepressiv. Isofluran und Desfluran senken den peripheren Gefäßwiderstand (Blutdruckabfall). Bei Patienten mit einer genetischen Prädisposition kann eine maligne Hyperthermie auftreten (seltenes Phänomen). Desflurane hat einen stechenden Geruch, es kann nicht zur Einleitung verwendet werden.
16 5.6 Intravenöse Anästhetika (1) Intravenöse Anästhetika sind ideal zur Induktion der Anästhesie wegen des schnellen Wirkungsbeginns (20 Sekunden nach Injektion). Die Steuerbarkeit der Narkose ist aber schlecht (Ausnahme Propofol). Thiopental, Methohexital (Barbiturate) Der Effekt einer einzelnen Dosis dauert 5-10 min an. Die Stoffe werden zuerst in stark durchblutete Organe umverteilt und dann ins Fettgewebe. Matabolisierung von Thiopental erschafft aktive Metabolite, was das lange Nachwirken erklärt und warum wiederholte Applikation vermieden wird. Atemdepression, Blutdruckabfall, negativ inotrop, Senkung des intrakraniellen Drucks, Induktion von Leberenzymen. Etomidat Der Effekt einer einzelnen Dosis dauert 3-5 min an. Verursacht weniger Atemdepression als Thiopental, hat kaum Herz-Kreislaufwirkungen und wird schneller matabolisiert. Reduziert den intrakraniellen Druck. Kann unfreiwillige Bewegungen hervorrufen und postoperative Übelkeit. Hemmt Funktionen der Nebennierenrinde (Synthese von Kortisol)
17 5.6 Intravenöse Anästhetika (2) Propofol Zeigt sehr schnelle Metabolisierung (-> Steuerbarkeit möglich) Kann zur Aufrechterhaltung eingesetzt werden (totale intravenöse Anästhesie), sowie zur Langzeitsedierung auf ITS und zur Sedierung bei interventionellen Eingriffen (Endoskopie). Ausgeprägte Herz-Kreislaufwirkung (Blutdruckabfall, negativ inotrop). Bei Kindern kann ein Propofolinfusionssyndrom auftreten (metabol. Acidose, Rhabdomyolyse, Herz- und Nierenversagen). Keine Langzeitsedierung < 16 Jahren. Midazolam (Ein Benzodiazepin) Der Effekt dauert min an. Midazolam kann zur Einleitung, zur Langzeitsedierung, sowie während der Regionalanästhesie und bei diagnostischen Eingriffen eingesetzt werden. Die Substanz hat auch anxiolytische und muskelrelaxierende Effekte. Das Herz-Kreislaufsystem und die Atmung werden erst in hohen Dosen gehemmt. Bei Älteren kann es zu paradoxen Erregungszuständen kommen. Flumazenil ist ein Antagonist der zur Beendigung der Benzodiazepineffekte eingesetzt werden kann.
18 5.6 Intravenöse Anästhetika (3) Ketamin Die Wirkung hält etwa min an. Ketamin wirkt als einziges Injektionsnarkotikum gut analgetisch. Es erzeugt eine dissoziative Anästhesie: thalamokortikale Bahnen werden gehemmt und limbische Areale aktiviert -> das Gehirn wird von der Außenwelt dissoziiert. Der Patient erlebt u.u. Alpträume, die er erinnern kann. Das Geschehen in der Außenwelt nimmt er hingegen nicht wahr. Alptraumeffekte werden durch gleichzeitige Gabe von z.b. einem Benzodiazepin gebessert. Einsatz zur Narkoseeinleitung und Analgesie (Notfallmedizin, traumatische Schmerzen!) Wirkt kreislaufstabilisierend (erhöht Blutdruck und Herzfrequenz). Macht jedoch Atemdepression bis hin zum Atemstillstand (bei schneller Injektion hoher Dosen). Die Barbiturate, Etomidat, Propofol, und Midazolam aktivieren GABA A -Rezeptoren Ketamin inhibiert den Na- and Ca-Influx durch NMDA-Rezeptoren durch Bindung an die Phencyclidin-Bindungsstelle des NMDA-Rezeptors.
19 6. Epilepsie Partieller Anfall mit Ausbreitungswegen (1-3) Fokus Epilepsie (wiederkehrende Krampfanfälle) betreffen 0,5% der Bevölkerung. Folgende Formen müssen unterschieden werden: 1a 1b Sekundär generalisierter Anfall, 2 Ausbreitung über thalamo-kortikale Verbindungen (4) Fokus Primär generalisierter Anfall Symptome hängen von der betroffenen Hirnregion ab: (z.b. Regionen für motorische, sensorische,, autonome und emotionale Funktionen). Der Herd kann sich ausbreiten. Ein partieller Anfall kann in einen generalisierten Anfall übergehen. Sofortiger Bewusstseinsverlust. z.b. tonisch/klonische Krämpfe Absencen
20 6.1 Partieller Krampf, Ursachen Paroxysmale (anfallsartige) Depolarisation eines kortikalen Neurons mit überlagertem Ausbruch von Aktionspotentialen. Die Depolarisation wird von einer Hyperpolarisation gefolgt. Glutamaterge Pyramidenzellen im Fokus (a,b) aktivieren GABAerge Neurone (grau), die Pyramidenzellen außerhalb des Fokus (c,d) hyperpolarisieren-> surround inhibition. Verlust der surround inhibition führt zum Wachstum und zur Ausbreitung des Fokus. Bei einem klinisch auffälligen Fokus zeigen > 1000 Neurone synchron solche Depolarisationen.
21 6.2 Tonisch-klonischer Krampf, Ursachen Tonische Phase Klonische Phase Verlust der Nachhyperpolarisation Entspricht der tonischen Phase der Muskelkontraktion. Die Nachhyperpolarisation setzt wieder ein. Entspricht der klonischen Phase der Muskelkontraktion. Klonus = ryhthmische Kontraktion von Muskelgruppen.
22 6.3 Ursachen eines Absence-Anfalls (primär generalisiert) Kortex Kortex Thalamus Nucleus reticularis thalami (GABAerg) Thalamischer Umschaltkern (glutamaterg) Absence-Krampf eines 12 jährigen Jungen (der Junge starrte 14 s vor sich hin). Hyperpolarisation (durch Kalium-Ströme und GABA) im thalamischen Umschaltkern aktiviert T-Typ Ca 2+ -Kanäle. Die Öffnung dieser Kanäle sowie Aktivierung von AMPA-Rezeptoren führt zur synchronen Depolarisation in Thalamus und Kortex.
23 6.4 Pharmakotherapie der Epilepsie (Standardsubstanzen) Es muss zwischen akuter (Durchbrechung eines Anfalls) und chronischer (Vermeidung von Anfällen) Therapie unterschieden werden. Akute Therapie: Insbesondere bei Status epilepticus (lebensbedrohlich). Man benötigt sichere und schnell wirksame Mittel: Benzodiazepine -> 1. Wahl: Diazepam, Clonazepam -> 2. Wahl: Phenoarbital Chronische Therapie der generalisierten Epilepsie (Standard-Mittel): -> 1. Wahl: Valproat -> Auch: Lamotrigin, Ethosuximid, Phenobarbital Chronische Therapie der fokalen Epilepsie (Standard-Mittel): -> 1. Wahl: Carbamazepin -> Auch: Lamotrigin, Oxcarbazepin, Valproat, Phenytoin Bei nichtansprechender Therapie wird alternatives Mittel erprobt und unter Umständen Kombinationstherapie (auch mit Nicht-Standardsubstanzen). Empfehlungen laut Arzneimittelkommission der dt. Ärzteschaft: Arzneiverordnungen, mmi-verlag, 22. Auflage
24 6.5 Angriffspunkte der Antiepileptika 1. Spannungsabhängige Na + -Kanäle: Carbamazepin Phenytoin Oxcarbazepin Lamotrigin Zonisamid 2. Ca 2+ -Kanäle: Ethosuximid (T-Typ) Lamotrigin (High-Voltage-Activated-Channels) 3. Glutamatrezeptoren: 4. GABA A -Rezeptoren: Benzodiazepine Barbiturate 5. Glutamat- und GABA-Stoffwechsel: Vigabatrin Tiagabin 6. Synaptische Vesikel: Levetiracetam (Protein SV2A) 7. Multiple Angriffsorte Valproat (1., 2., 5.) Topiramat (1., 3., 5.) Felbamat (1., 2., 3., 4.) Gabapentin (2.,5.) Pregabalin (2., 5.) Nach: Rogawski and Löscher, 2004: Nature Reviews Neurosci, 5, Stafstrom, 2010: Current Opinion in Neurology, 23:
25 6.6 Kanalblockierende Substanzen: Wirkung ist abhängig vom Kanal-Funktionszustand Warum beeinträchtigen kanalblockierende Antiepileptika die normale Hirnfunktion nicht (Phenytoin, Lamotrigin, Carbamazepin, Oxcarbazepin...)? a) Lamotrigin hat keinen Einfluss auf ein ausgelöstes Aktionspotential (Kontrollbedingungen) b) Lamotrigin blockiert späte epileptiforme Entladungen (GABAerge Hemmung blockiert; Mg 2+ -Block der NMDA-Rezeptoren beseitigt) Die kanalblockierenden Substanzen wirken insbesondere in depolarisierten Neuronen und ihre Wirkung ist use-dependent (der Kanalblock baut sich bei wiederholter und verlängerter Aktivität der Kanäle auf).
26 6.7 Valproat: Breitband-Antiepileptikum Valproat ist Mittel 1. Wahl zur Behandlung von primär generalisierten Anfällen und von unklassifizierten Anfällen. Auch: sekundär generalisierte Anfälle und fokale Anfälle. Unerwünschte Wirkungen: -gute Verträglichkeit, schwere Nebenwirkungen sind sehr selten aber möglich: -> Lebertoxizität; Pankreas- und Gerinnungsstörungen; Enzephalopathie -Tremor -Reversibler Haarausfall -Polyzystisches Ovarialsyndrom -Gewichtszunahme -Teratogenität Wechselwirkungen: -Verdrängt andere Antiepileptika aus Plasmaeiweißbindung (Phenytoin, Carbamazepin, Phenobarbital) -Enzyminduzierende Antiepileptika (Carbamazepin, Phenytoin, Barbiturate) reduzieren T 1/2 von Valproat
27 6.8 Carbamazepin Carbamazepin ist Mittel 1. Wahl zur Behandlung von fokalen Anfällen und von sekundär generalisierten Anfällen. Nicht: Absencen und primär generalisierte Anfälle. Unerwünschte Wirkungen: -Müdigkeit -Leukopenie -Hautrötungen -Periphere Neuropathie -Kontraindiziert bei Arrythmie Wechselwirkungen: - Enzyminduzierend (z.b. Metabolismus von Kontrazeptiva, Valproat erhöht) - Erythromycin erhöht Carbamazepinspiegel Oxcarbazepin: In Strukture und Wirkung ähnlich dem Carbamazepin. Unterscheidet sich jedoch in Wirkung und Nebenwirkung kein einfacher Ersatz von Carbamazepin durch Oxcarbazepin.
28 6.9 Lamotrigin Lamotrigin kommt sowohl bei fokalen Anfällen als auch bei sekundär generalisierten Anfällen zum Einsatz. Positive Wirkung auf Stimmung/Ausgeglichenheit. Unerwünschte Wirkungen: -Schwächegefühl -Kopfweh -Hautreaktionen Wechselwirkungen: - Deutliche Wechselwirkung mit lebermetabolisierten Substanzen: Halbwertszeit bei gleichzeitiger Gabe induzierender Substanzen verkürzt (z.b. Carbamazepin, Barbiturate; Phenytoin) - Valproat verlängert T 1/2
29 6.10 Phenytoin Phenytoin: bei fokalen Epilepsien. Wegen zahlreicher unerwünschter Wirkungen heute Substanz zweiter Wahl. Unerwünschte Wirkungen: -Schwindel -Ataxie -Nystagmus -Kleinhirnatrophie -Hirsutismus -Gingivahyperplasie Wechselwirkungen: - Deutliche Wechselwirkung mit anderen Antiepileptika -Nichtlineare Dosis-Wirkungsbeziehung.
30 6.11 Ethosuximid Ethosuximid: kommt insbesondere bei generalisierten Anfällen vom Absence-Typ zum Einsatz (Wirkung auf T-Typ Ca 2+ -Kanäle). Nicht bei generalisierten tonisch-klonischen Krämpfen. Unerwünschte Wirkungen: -Schlafstörungen -Psychische Symptome -Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsabnahme -Provokation tonisch-klonischer Krämpfe Wechselwirkungen: - wenig Wechselwirkungen mit anderen Antiepileptika
31 6.12 Reserve-Antiepileptika: Gabapentin, Tiagabin, Vigabatrin Präsynapse Glutaminase Transaminase Glutaminsynthetase Astrozyt GABA Transporter VIAAT: vesikulärer Transporter inhibitorischer Aminosäuren Glu Glu Gln Gln Gln Glu Glutamintransporter GAD, Glutamatdecarboxylase + GABA GABA Vigabatrin - GABA-Transaminase Gabapentin Tiagabin - GABA: γ-aminobuttersäure Gln: Glutamin Tiagabin - Cl - GABA GABA Glu: Glutamat Postsynapse GABA A Rezeptor GABA B Rezeptor Gi
32 Dauert mind. 90 min
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