4.7 Mehr über Laufzeiteffekte in Schaltungen
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- Ferdinand Maier
- vor 6 Jahren
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1 282 Hazards können besonders die Funktion von Schaltwerken stören. Sie werden dann Races (Rennen, Wettläufe) genannt. Dabei werden die falschen Werte der Ausgangsvariablen eines Schaltnetzes von Speichergliedern aufgenommen und auf den Eingang des Schaltnetzes rückgekoppelt. Zur Vermeidung von Races werden taktflankengesteuerte Speicherglieder benutzt: die Information wird erst dann in die Speicherglieder übernommen, wenn die Hazards abgeklungen sind und am Schaltnetzausgang ein stabiler, gültiger Signalzustand anliegt. 4.7 Mehr über Laufzeiteffekte in Schaltungen (aus Skriptum Technische Informatik II von Prof. Rosenstiel, ursprünglich von B. Baum-Waidner) Wir simulieren das reale zeitliche Verhalten eines Schaltnetzes durch ein einfaches Totzeitmodell. Ein reales Verknüpfungsglied (Gatter) wird modelliert durch ein ideales Verknüpfungsglied ohne Verzögerungsanteil und ein Totzeitglied als reines Verzögerungsglied. Dieses steht für die Schaltzeit des Gatters und ggf. für Leitungsverzögerungen.
2 283 Das zeitliche Verhalten einer binären Größe hinter einem Totzeitglied mit der Totzeit τ ist dasselbe wie vor dem Totzeitglied, aber um die Zeit τ versetzt. Abb. 181: Zeitabhängigkeiten bei einem Totzeitglied Für dieses Modell gelten die folgenden Eigenschaften: Addierbarkeit: Zwei beliebige hintereinanderliegende Totzeiten können addiert und durch ihre Summe ersetzt werden. Abb. 182: Addierbarkeit von Totzeitgliedern bt () = at ( τ 1 ) ct () = bt ( τ 2 ) = a( ( t τ 2 ) τ 1 ) = at ( ( τ 2 + τ 1 ))
3 284 Durchschiebbarkeit: Ein Totzeitglied, das hinter einem Gatter mit beliebiger Verknüpfungsfunktion f liegt, kann durch das Gatter hindurch in alle Eingänge vorgeschoben werden. y' () t = f( a 1 () a t,, n () t ) yt () = y' ( t τ) = f( a 1 ( t τ),, a n ( t τ) ) Hazards: Wünsche an Schaltnetze: Wenn bei einer Änderung der Eingangsbelegung beide Eingangsbelegungen denselben logischen Verknüpfungswert liefern, dann soll sich der Ausgang nicht ändern. Liefern die beiden Eingangsbelegungen verschiedene logische Ausgaben, so soll sich der Ausgang genau einmal ändern.
4 285 Realität: beide Wünsche sind nicht immer erfüllt. Beispiel: Gegeben sei die folgende Schaltung Abb. 183: Beispiel einer Schaltung im Totzeitmodell Es sollen die beiden Eingabewechsel betrachtet werden: a) Der Eingang e 1 wechsle von 0 auf 1, b) der Eingang wechsle von 1 auf 0. e 1 Die Eingänge e 2 und e 3 seien konstant 1. Die Schaltung realisiert die Funktion a = e1 e2 e1 e3. Die Belegung ( e 3, e 2, e 1 ) = ( 110,, ) liefert den Wert a = 1, die Belegung ( e 3, e 2, e 1 ) = ( 111,, ) ebenfalls. Das korrekte Verhalten der Schaltung bei einem Wechsel nach a) bzw. nach b) wäre in beiden Fällen, daß der Ausgang konstant den Wert 1 behält. Das tatsächliche Verhalten sieht aber wie folgt aus:
5 286 Abb. 184: Impulsdiagramm zu den Eingabewechseln a) und b). a) Hier liefert das Ausgangssignal nicht ständig den logisch korrekten Funktionswert 1, sondern zwischendurch einmal den Wert 0. Es tritt ein Hazardfehler auf. b) Hier behält der Ausgang ständig den Wert 1, was korrekt und erwünscht ist.
6 287 Definitionen zu Hazards Ein Eingabewechsel ist die Änderung einer oder mehrerer Eingabevariablen zu einem bestimmten Zeitpunkt. Falls sich mehrere Eingabevariablen ändern, so müssen sie dies gleichzeitig tun. Ein Übergang ist der Vorgang im Schaltnetz, der vom Eingabewechsel ausgelöst wird, mit diesem beginnt und mit dem Eintreten des neuen Ruhezustandes endet. Wechselt die Eingabe von der Eingabebelegung zur Eingabebelegung E jei, so wird sowohl der Eingabewechsel als auch der Übergang mit bezeichnet. E j Im Beispiel wurde der Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 110,, ) ( 111,, ) betrachtet. Für das Weitere sollen folgende Einschränkungen gelten: Alle Eingangswechsel sollen so stattfinden, daß zwischen zwei aufeinanderfolgenden Eingabewechseln das Schaltnetz zur Ruhe kommt. Dies erlaubt die Betrachtung der einzelnen Übergänge unabhängig voneinander. Alle Verzögerungen (Schalt- und Laufzeiten) seien endlich. Es wird immer nur ein Ausgang betrachtet. Ein Hazardfehler ist eine mehrmalige Änderung der Ausgangsvariablen während eines Übergangs. Ein Hazard ist die durch das Schaltnetz gegebene logisch-strukturelle Vorbedingung für einen Hazardfehler, ohne Berücksichtigung der konkreten Verzögerungswerte. Dies bedeutet, daß ein Hazard eine Eigenschaft eines bestimmten Übergangs im Schaltnetz ist. E i
7 288 Zur Betrachtung, ob ein bestimmter Übergang hazardbehaftet ist oder nicht, interessiert nur die logische Funktion, die durch das Schaltnetz realisiert wird, die Struktur des Schaltnetzes, d.h. Anzahl, Verknüpfungsfunktionen und topologische Anordnung der Verknüpfungsglieder, nicht jedoch die tatsächlichen Verzögerungswerte der Gatter. Tritt in einem konkreten Schaltnetz bei einem bestimmten Übergang ein Hazardfehler auf, so ist dieser Übergang hazardbehaftet: Hazardfehler Hazard Die Umkehrung gilt jedoch nicht! Ist ein Übergang hazardbehaftet, so folgt nicht notwendigerweise das Eintreten eines Hazardfehlers: Ändert man die Totzeit im Beispiel vom Wert 3τ auf den Wert τ, so entsteht für den Übergang nach Fall a) kein Hazard mehr. Der Übergang ist jedoch nach wie vor hazardbehaftet, da für den Hazard konkrete Verzögerungswerte nicht interessieren Hazard + ungünstige Verzögerungswerte Hazardfehler Ein Übergang, bei welchem Anfangs- und Endwert des Ausgangssignals gleich sind, heißt statischer Übergang (unabhängig davon, ob ein Hazardfehler eintritt oder nicht). Sind Anfangs- und Endwert des Ausgangssignals beide 0, so spricht man von einem statischen 0-Übergang, sind sie beide 1, so spricht man von einem statischen 1-Übergang. Der Übergang ( 110,, ) ( 111,, ) im Beispiel ist ein statischer 1- Übergang.
8 289 Ein Übergang, bei welchem Anfangs- und Endwert des Ausgangssignals verschieden sind, heißt dynamischer Übergang. Ist der Anfangswert des Ausgangssignals 0, der Endwert 1, so spricht man von einem dynamischen 01-Übergang, im anderen Fall spricht man von einem dynamischen 10-Übergang. Analog zu den Übergängen werden auch die Hazards als statisch oder dynamisch bezeichnet, je nachdem, bei welcher Art von Übergang sie auftreten: Ein Hazard in einem statischen 0-Übergang heißt statischer 0- Hazard. Ein Hazard in einem statischen 1-Übergang heißt statischer 1- Hazard. Ein Hazard in einem dynamischen 01-Übergang heißt dynamischer 01-Hazard. Ein Hazard in einem dynamischen 10-Übergang heißt dynamischer 10-Hazard.
9 290 Unabhängig von den bisherigen Unterscheidungskriterien unterscheidet man Hazards auch nach ihrer Ursache in Funktionshazards und Strukturhazards. Ein Funktionshazard ist ein Hazard, dessen Ursache in der zu realisierenden Funktion liegt (und deshalb in jedem möglichen Schaltnetz mit dieser Funktion auftreten muß). Ein Funktionshazard ist nicht behebbar. Für ein konkretes Schaltnetz kann evtl. der Funktionshazardfehler behoben werden (durch geeignete Wahl der Verzögerungszeiten), nie aber der Hazard selbst. Ein Strukturhazard ist ein Hazard, dessen Ursache in der Struktur des realisierten Schaltnetzes liegt. Ein Strukturhazard ist grundsätzlich behebbar durch Änderung der Struktur des Schaltnetzes unter Beibehaltung der Funktion. Zum Erkennen v.... benötigt man... Funktion des Schaltnetzes Struktur des Schaltnetzes konkrete Verzögerungen Funktionshazards Strukturhazards Funktionshazardfehler Strukturhazardfehler Tab. 12. Überblick über Hazards und Hazardfehler
10 291 Erkennen eines Funktionshazards: Man stelle das KV-Diagramm der Funktion auf und markiere das Feld der Anfangsbelegung und das der Endbelegung des betrachteten Eingabewechsels. Man stelle fest, welche Eingangsvariable am Wechsel beteiligt sind. Für jeden der n! möglichen Pfade vom Feld der Eingangsbelegung zum Feld der Ausgangsbelegung, der nur durch Änderung jeweils einer am Eingabewechsel beteiligten Eingangsvariable gebildet wird, wird geprüft: ob bei diesem Pfad die Folge der zugehörigen Funktionswerte (0 oder 1 im KV-Diagramm) nicht monoton ist, d.h. der Funktionswert mindestens zweimal wechselt. Existiert ein solcher Pfad mit mehrfachem Wechsel des Funktionswertes, so besitzt die Funktion einen Funktionshazard. Beispiele monotoner Folgen von Funktionswerten: , , , Beispiele nicht-monotoner Folgen von Funktionswerten: , , , Ein beliebiger Übergang ist genau dann hazardbehaftet, wenn dies auch für den Übergang in umgekehrter Richtung gilt. Dies kann man jedoch nicht für Hazardfehler sagen!
11 292 Beispiel: Man betrachte wieder den Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 110,, ) ( 111,, ) e 1 Es ändert sich nur die Variable. Daher gibt es nur einen Weg, der gerade aus Anfangs- und Endwert des Übergangs besteht. Die Folge der zugehörigen Funktionswerte muß monoton sein, da es höchstens einen Wechsel geben kann. Die Folge heißt hier 1-1. Dieser Übergang enthält also keinen Funktionshazard. Dies bedeutet nicht, daß überhaupt kein Hazard existiert. Tatsächlich besitzt der Übergang einen Strukturhazard. Allgemein gilt: Ein Übergang, bei dem nur eine Eingangsvariable wechselt, enthält keinen Funktionshazard! Man betrachte den Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 010,, ) ( 111,, ). Hier sind die Variable e 1 und e 3 am Übergang beteiligt. Es gibt 2 Wege:
12 293 Der erste dieser Wege liefert als Folge der Funktionswerte die nicht-monotone Folge Dies bedeutet: der Übergang ist mit einem Funktionshazard behaftet. Daß der zweite Weg eine monotone Folge liefert, spielt keine Rolle mehr. Im zuvor betrachteten Schaltnetz führt gerade der Übergang, bei dem sich der Wechsel von e 1 von 0 auf 1 schneller über den oberen Pfad auf den Ausgang a auswirkt, als auf dem unteren Pfad, zu einem Hazardfehler. Abb. 185: Hazardfehler. Man kann einem Impulsdiagramm von alleine nicht ansehen, ob der entstandene Hazardfehler einem Funktionshazard entspringt oder einem Strukturhazard.
13 294 Beseitigung eines Strukturhazards Man erreicht die Beseitigung eines statischen 1-Strukturhazards durch eine zusätzliche Realisierung desjenigen Terms, der genau aus der Konjunktion (UND) derjenigen Variablen besteht, die sich im betrachteten Übergang nicht ändern (negiert bzw. nicht negiert, je nach der Belegung), und durch die ODER-Verknüpfung des Ergebnisses mit dem Ausgang. Begründung: Die Felder dieses Terms im KV-Diagramm der Funktion bestehen aus der Menge all derjenigen Felder, die entlang eines Weges von der Anfangs- zur Endbelegung des betrachteten Übergangs durchlaufen werden können (Übergangsbereich). Diese müssen alle den Funktionswert 1 erhalten, da es sich nicht um einen Funktionshazard handelt. Also ist die Realisierung dieses Terms möglich. Hat man diesen Term realisiert, so liegt sowohl der Minterm der Anfangsbelegung als auch der der Endbelegung in diesem Term: der Term liefert zu Beginn und am Ende den Wert 1. Alle Eingangsvariablen dieses Termes sind - per Konstruktion - nicht von dem Eingangswechsel betroffen, also behält dieser Term während des gesamten Übergangs den Wert 1. Daher liegt der Ausgang des dazugehörigen UND-Gatters ebenfalls ständig auf 1, wodurch der Ausgang der Funktion nie 0 werden kann. Auf duale Weise kann man auch statische 0-Hazards beseitigen, indem man einen zusätzlichen Disjunktionsterm (ODER) realisiert, der den Übergangsbereich umfaßt, und diesen durch UND mit dem Ausgang verknüpft.
14 295 Beispiel zur Beseitigung eines Strukturhazards: Für das Schaltnetz des Beispiels ist der Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 110,, ) ( 111,, ) behaftet mit einem Strukturhazard. Dieser soll wie angegeben behoben werden. Nur die Variablen e 2 und e 3 bleiben konstant, und zwar auf 1. Der zusätzliche Term lautet daher e 2 e 3, wobei keine der Variablen negiert wird. Er wird mit den schon vorhandenen Termen vor dem Ausgang durch das ODER-Gatter verknüpft (siehe Abb. ). Abb. 186: Schaltnetz ohne Strukturhazard für ( 110,, ) ( 111,, ) Man sieht: das untere Verknüpfungsglied, das den Term e 2 e 3 realisiert, bleibt während des Übergangs ständig auf dem Wert 1, daher auch das Ausgangssignal, unabhängig von den Verzögerungswerten der Verknüpfungsglieder.
15 296 Erkennen von Strukturhazards Ähnlich, wie man mit Hilfe des KV-Diagramms Funktionshazards erkennen kann, soll dies auch für Strukturhazards getan werden. Hierzu ist es notwendig die Struktur des Schaltnetzes in die Überlegungen einzubeziehen. Vorgehen: Man stelle die Funktionsgleichung so auf, daß sie genau der Struktur des realisierten Schaltnetzes entspricht, d.h. der Ausdruck darf nicht vereinfacht werden. Dann indiziere man jede Eingangsvariable im Ausdruck: jedes Auftreten einer Eingangsvariablen wird numeriert (auch, wenn sie nur einmal auftritt). Die indizierten Variablen nennt man Pfadvariablen. In dem nun erhaltenen Ausdruck (Strukturausdruck) kommt jede Pfadvariable nur einmal vor. Jede dieser Pfadvariablen entspricht genau einem Pfad und umgekehrt! Für diesen Strukturausdruck stelle man das KV-Diagramm auf: anstelle der Eingangsvariablen treten jetzt die Pfadvariablen. Man markiere wieder die beiden Felder der Anfangs- und Endbelegung. In diesen müssen die Werte aller Pfadvariablen einer Eingangsvariablen gleich sein. Wie bei den Funktionshazards betrachtet man auch hier alle möglichen Wege von der Anfangs- zur Endbelegung. Es gilt: Der Übergang ist genau dann mit einem Strukturhazard behaftet, wenn es (mindestens) einen Weg gibt, für den die Folge der zugehörigen Funktionswerte im neuen KV-Diagramm nicht monoton ist.
16 297 Beispiel zur Erkennung von Strukturhazards Wir verwenden wieder unser Beispiel mit der Funktionsgleichung Diejenigen Felder, die nur während eines Übergangs eingenommen werden können (für die also e 12 e 21 e 12 e 21 gilt), sind grau hintera = e 1 e 2 e 1 e 3 Dieser Ausdruck darf nicht vereinfacht werden, selbst wenn dies möglich wäre, weil dies einer anderen Struktur entspräche. Man sieht: Änderungen an e 2 und e 3 breiten sich jeweils nur über einen Pfad aus, Änderungen an jedoch über zwei Pfade: der erste Pfad verläuft durch das obere UND-Gatter, der zweite Pfad durch das untere UND-Gatter. e 1 Zur Identifikation der Pfade mit ihren Pfadvariablen werden die Eingangsvariablen der Gleichung, wie oben beschrieben, indiziert: a = e 11 e 21 e 12 e 31. Jede ent- Die neuen Pfadvariablen sind also spricht genau einem Pfad. e 11, e 21, e 12, e 31 Das strukturspezifische KV-Diagramm sieht wie folgt aus:
17 298 legt. Weiß bleiben genau so viele Felder, wie das Diagramm enthält, das die Funktion in normalen Variablen darstellt. Es soll wieder der Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 110,, ) ( 111,, ) betrachtet werden. In der Darstellung der Pfadvariablen lautet dieser Übergang ( e 31, e 21, e 12, e 11 ): ( 1100,,, ) ( 1111,,, ). Er ist im KV-Diagramm eingezeichnet. Man erkennt mit der gleichen Methode wie bei den Funktionshazards zwei mögliche Wege vom Start- zum Zielpunkt: Wird der zweite Weg eingeschlagen, so erhält man einen statischen 1-Hazardfehler. Also ist dieser Übergang hazardbehaftet.
18 299 Nun soll der Übergang ( e 3, e 2, e 1 ): ( 100,, ) ( 111,, ) betrachtet werden. Mit Pfadvariablen lautet dieser Übergang ( e 31, e 21, e 12, e 11 ): ( 1000,,, ) ( 1111,,, ). Im KV-Diagramm ergibt dies. Man erkennt 6 Wege, wovon einer eine nicht-monotone Ausgangsfolge liefert. Es handelt sich hier um einen dynamischen 01- Hazard:
19 300 Veranschaulichung des Verfahrens zum Erkennen von Strukturhazards Was bedeutet ein Weg in einem solchen KV-Diagramm der Pfadvariablen? Das Wandern zu einem benachbarten Feld bedeutet hier: Zum Zeitpunkt des Feldwechsels wirkt sich die Änderung der zugehörigen Eingangsvariablen über genau diesen Pfad am Ausgang aus. Dies bewirkt, daß der Ausgang den Wert annimmt, der in dem Feld steht, das durch den Wechsel erreicht wurde. Ändert sich dieser Wert im Verlauf des Weges, so ändert sich auch der Ausgang in gleicher Weise. Wodurch ist der Zeitpunkt bestimmt, zu welchem sich ein Eingangssignal über einen bestimmten Pfad am Ausgang auswirkt? Dieser Zeitpunkt ist, vom Zeitpunkt des Eingabewechsels aus gerechnet, genau durch die Zeitdauer gegeben, die das Signal braucht, um von der Eingangsvariablen aus den betrachteten Pfad bis zum Ausgang zu durchlaufen. Diese Zeitdauer nennt man die Pfadverzögerung des betrachteten Pfades. Entscheidend dafür, ob ein Hazardfehler eintritt, ist also die Reihenfolge, in der sich die Eingangssignale über bestimmte Pfade am Ausgang auswirken. Im Beispiel ( 110,, ) ( 111,, ): Wirkt sich e 1 zuerst über den unteren Pfad ( e 12 ) und dann über den oberen ( e 11 ) aus, so entsteht nach dem Symmetriediagramm kein Hazardfehler. Im umgekehrten Fall tritt einer auf.
20 301 Erkennen von Hazardfehlern Für ein gegebenes Schaltnetz mit konkreten Verzögerungen möchte man wissen, ob bei einem bestimmten Eingabewechsel ein Hazardfehler am Ausgang auftritt. Durch Änderung der Verzögerungszeiten (Einfügen von Verzögerungsgliedern) kann man dann evtl. den Hazardfehler beheben. Hierzu benötigt man die Struktur der Schaltung (erweitertes KV- Diagramm und Strukturausdruck) und die konkreten Verzögerungswerte der Gatter. Für jede Pfadvariable im Strukturausdruck bestimmt man die Pfadverzögerung vom Eingang zum Ausgang durch Addition der Verzögerungszeiten der verwendeten Gatter. Diese Pfadverzögerung ist diejenige Zeit, die verstreicht, bis ein Wechsel an der entspr. Eingangsvariablen sich über diesen Pfad am Ausgang auswirkt. Nun spielt man im zeitlichen Ablauf im erweiterten KV-Diagramm den Weg durch (zum Zeitpunkt t = 0 findet der Eingabewechsel statt). Für alle Pfadvariablen, die am Wechsel beteiligt sind, gilt: Zum Zeitpunkt der Pfadverzögerung findet eine Spiegelung an der Achse der Pfadvariablen statt. Sind zwei Pfadverzögerungen gleich, so finden beide Spiegelungen gleichzeitig statt. Damit ist der tatsächliche Weg im erweiterten KV-Diagramm bestimmt. Ist die Folge der Zustände nicht-monoton, so ist ein Hazardfehler aufgetreten, anderfalls nicht.
21 302 Beispiele für die Erkennung von Hazardfehlern Abb. 187: Erkennung von Hazardfehlern am Beispiel. Wir bestimmen die Pfadverzögerungen der einzelnen Pfade: : Pfadverzögerung 3τ. e 11 : Pfadverzögerung 4τ. e 12 : Pfadverzögerung 2τ. e 21 : Pfadverzögerung 4τ. e 31 a) Wechsel ( e 3, e 2, e 1 ): ( 110,, ) ( 111,, ), mit Pfadvariablen ( e 31, e 21, e 12, e 11 ): ( 1100,,, ) ( 1111,,, ). Es ändern sich nur e 11 und e 12, und zwar zuerst e 11 nach 3τ Zeitverzögerung, dann nach 4τ. e 12 e 11 Die Spiegelung findet zuerst an der Achse von statt, dann an der Achse von e 12. Dies entspricht dem linken Bild von Abb Es findet also ein Hazardfehler statt.
22 303 Abb. 188: Verfahren zur Erkennung von Hazardfehlern mit erweiterten KV-Diagrammen. a) Wechsel ( e 3, e 2, e 1 ): ( 100,, ) ( 111,, ), mit Pfadvariablen ( e 31, e 21, e 12, e 11 ): ( 1000,,, ) ( 1111,,, ). Es ändern sich e 11, e 12 und e 21, und zwar zuerst e 21 nach 2τ Zeitverzögerung, dann e 11 nach 3τ, dann e 12 nach 4τ. Die Spiegelung findet zuerst an der Achse von e 21, dann von e 11, dann von e 12 statt. Dies entspricht dem rechten Bild von Abb Es tritt also ebenfalls ein Hazardfehler auf. Es gibt zwei Möglichkeiten, für ein gegebenes Schaltnetz mit konkreten Verzögerungen den genauen zeitlichen Verlauf der Ausgangsgröße zu bestimmen: 1. Einführung von Zwischenvariablen im Schaltnetz und sukzessive Berechnung der zeitlichen Verläufe aller Zwischengrößen bis zum Ausgang. 2. Trennung von Verzögerungsteil und Verknüpfungsteil durch Verschiebung aller Totzeiten nach vorne zu den Eingangsvariablen.
23 304 Verzögerungsteil: Die Eingänge werden aufgespalten in alle Pfade. Für jeden Pfad kommt dann als erstes ein Summen-Totzeitglied, das die Summe aller Totzeitglieder eines Pfades beinhaltet. Verknüpfungsteil: Dieser enthält das Schaltnetz ohne Verzögerungsglieder. Da jede Pfadvariable genau einmal vorkommt, gibt es innerhalb dieses Schaltnetzes keine Verzweigungen mehr: Es hat Baumstruktur. Abb. 189: Trennung von Verzögerungsteil und Verknüpfungsteil. Die Wegsuche im erweiterten KV-Diagramm geschieht ganz genau wie vorher, mit den gleichen Ergebnissen: Das Betreten eines neuen Feldes (Ändern der Pfadvariablen) geschieht genau zu dem Zeitpunkt, an dem nach dem Eingangswechsel die entspr. Pfadverzögerung abgelaufen ist. Man beachte: Hätte es hier auch Verzweigungen hinter Gattern gegeben, so würden sie in Abb. 189 vervielfacht auftreten!
24 305 Satz von Eichelberger: Ein Schaltnetz, das die Disjunktion aller Primimplikanten einer gegebenen Funktion realisiert, ist frei von allen statischen Strukturhazards, allen dynamischen Strukturhazards, falls nur eine Eingangsvariable wechselt.
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