x : es gibt ein oder mehrere x, auf die zutrifft, dass...
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- Mona Becker
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1 Björn Wiemer WS 2005/2005 Vorlesung: Einführung in die Linguistik Teil III: Semantik Pragmatik 3. Referenzsemantik: Quantoren, Skopus, Negation etc. Quantoren sind (meta- oder objektsprachliche) Ausdrücke, durch deren Zusatz sich für eine Aussage erst ein Wahrheitswert ergibt; vgl. (31a) Einige Säugetiere leben im Wasser. (31b)? Säugetiere leben im Wasser. (31b')? Alle Säugetiere leben im Wasser. Quantoren können quasi als Suchanweisungen verstanden werden, gemäß welcher an der Stelle der Variable (des Arguments) sukzessive Individuen (innerhalb eines Modells) eingesetzt werden sollen. Deshalb muß bei jedem Quantor vermerkt werden, auf welche Variable er sich bezieht (daher z.b. die Schreibweise: x, d.i. es gibt ein x, dass... ). Man sagt deshalb, dass Quantoren Variablen binden: wenn eine bestimmte Variable (z.b. x) im zu überprüfenden Ausdruck mehrmals vorkommt, muß an jeder Stelle jeweils dasselbe eingesetzt werden (s. Bsp. 21b und die Beispiele unten) Existenzaussagen x : es gibt ein oder mehrere x, auf die zutrifft, dass... x (Gans(x) & grinst(x)) (Mindestens) eine Gans grinst. x (Ente(x) & männlich(x)) kann entsprechen: Einige Enten sind männlich. Satz des Deutschen: Eine Gans grinst.? logische Form: x (Gans(x) & grinst(x)) 1 Eine Existenzaussage kann gedeutet werden als eine Aussage darüber, dass der Schnitt zweier Mengen nicht leer ist: (Mindestens) ein P ist Q : P (M') Q (M') { } Allaussagen x (Pfadfinder(x) Ente(x)) Alle Pfadfinder sind Enten. Man beachte: die logische Struktur der Allaussage entspricht der einer konditionalen Verknüpfung ( wenn..., dann... ). 1 Die Verknüpfung & ist aus dem Satz nicht ersichtlich, sondern ergibt sich prädikatenlogisch. Auch die logische Variable x ist als solche nur Bestandteil der logischen Form, nicht der natürlichsprachlichen Aussage. 1
2 In Quantifikationsstrukturen wie: x (Pfadfinder(x) Ente(x)) x (Gans(x) & grinst(x)) werden die Teile wie folgt benannt : Quantor Restriktion 2 Kernbereich (= Nukleus) Junktoren In natürlichsprachlichen Äußerungen (bzw. Sätzen mit natürlichsprachlicher Grammatik) werden Quantor und Restriktion praktisch in eine Konstituente zusammengezogen, und zwar in einfachen Sätzen im Regelfall ausgedrückt durch die NP/DP, die das grammatische Subjekt darstellt. Eine Illustration dieses Umstands stellt die Tatsache dar, dass Sätze wie (32) so interpretiert werden wie (32a), nicht jedoch wie (32b): (32) Alle Ingenieure grinsen. (32a) x [Ingenieur(x) grinst(x)] (32b) x [grinst(x) Ingenieur(x)] ; (3b) ist falsch, wenn z.b. Gustav auch grinst, aber kein Ingenieur ist. Vgl. (32c) x [Ingenieur(x) grinst(x)] [Alle Ingenieure] grinsen. Eine Allaussage kann als eine Teilmengenbeziehung dargestellt werden: Alle P sind Q : P (M) Q (M) 3.3. Kombination von Quantoren (33) Alle Männer lieben eine Frau. zwei Interpretationen möglich: (33a) x (Mann(x) y [Frau(y) & liebt(x,y)]) (33b) y (Frau(y) & (x) [Mann(x) liebt(x,y)]) jeder liebt seine eigene (distributiv) jeder liebt dieselbe 3.4. Negation Die Negation kann mit allem kombiniert werden, was einen Wahrheitswert hat. Man kann also auch bereits quantifizierte Aussagen insgesamt verneinen: (34a) Nicht alle Entenhausener sind Enten. (34b) x (Entenhausener(x) Ente(x)) = Negation des Satzes: 2 Anscheinend gibt es keine uneingeschränkte Quantifikation. Wenn manche Sätze doch so aussehen, bleibt die Restriktion implizit. Vgl. z.b. Es gibt keinen Wein mehr (geäußert auf einem Empfang): die Restriktion bezieht sich auf den Zeitraum und den Ort, an dem diese Aussage geäußert wird; schließlich soll nicht behauptet werden, daß es überall auf der Welt keinen Wein mehr gebe. 2
3 (35) Alle Entenhausener sind Enten. Mit anderen Worten: Es gibt mindestens ein Individuum i, für das gilt Entenhausener(i) & Ente(i). Daraus läßt sich die logische Äquivalenz ableiten: x (Entenhausener(x) Ente(x)) x (Entenhausener(x) & Ente(x)). Oder verallgemeinert: x (P(x) Q(x)) x (P(x) & Q(x)) Man erkennt außerdem, dass eine Negation sowohl extern wie intern anwendbar ist. Man sagt dazu auch, daß die Negation einen weiten oder einen engen Skopus hat. Unter Skopus ist allgemein die semantische und / oder syntaktische Reichweite eines Ausdrucks (insbesondere eines Quantors) zu verstehen, d.i. wie viele (und welche) Syntagmen (NPs, DPs etc., aber auch Gliedsätze) durch ihn modifiziert werden. Man spricht demgemäß davon, daß ein Quantor die Variablen, die sich in seinem Skopus befinden, bindet. Eine nicht durch einen Quantoren gebundene Variable wird als freie Variable bezeichnet. weitere Äquivalenzen: x [P(x) Q(x)] x [P(x) & Q(x)] Nicht alle Enten residieren in Entenhausen = 1 gdw. Es gibt mindestens eine Ente, die nicht in Entenhausen residiert. x [P(x) & Q(x)] x [P(x) Q(x)] Es gibt keine Gans, die in Entenhausen residiert = 1 gdw. Es gilt für alle Gänse, dass sie nicht in Entenhausen residieren. An der Schnittstelle zwischen Syntax und Semantik unterscheidet man zwischen Satznegation und Konstituenten-Negation. Bei ersterer befindet sich das Satzprädikat samt seiner Objekte im Skopus der Negation, bei letzterer nur jeweils eine Konstituente. Im Sinne der generativen Syntax kann man auch davon sprechen, dass die Satznegation die VP mitsamt den internen Argumenten in ihrem Skopus hat, aber unter Ausschluß des externen Arguments (= Subjekts). Letzteres repräsentiert wie in ** ausgeführt wurde in aller Regel die praesuppositio existentialis. Eine logisch relativ einfach darstellbare Negation findet nicht selten einen grammatisch opaken (undurchsichtigen) Ausdruck, der sich im Inneren von Sätzen befindet oder durch andere Ausdrücke lexikalisiert ist. Vgl. etwa: (36a) (36b) (36b') (p q): Es ist nicht der Fall, dass ich Kaffee oder Tee will.?ich will keinen Kaffee oder Tee. Ich will weder Kaffee noch Tee. Hier liegt ein Fall vor, wo sich der semantische Skopus (angegeben durch das Symbol vor der Klammerung) von seiner syntaktischen Realisierung (vom syntaktischen Skopus) unterscheidet: der semantische Skopus umfaßt die gesamte VP mitsamt den Objekt-NPs (Bsp. 3
4 36a), während die Negationsausdrücke entweder vor der koordinierten Objekt-NP stehen (weniger idiomatische Variante, Bsp. 36b) oder vor jeder der beiden Objekt-NPs (Bsp. 36'). Diese Diskrepanz zwischen semantischem und syntaktischem Skopus ist eine Eigenart der Satznegation im Deutschen. Übersetzt man z.b. die Sätze (36b) und (36b') ins Englische, erhält man (36Eng) I do not want (any) coffee or tea. Hier steht der Negator beim Auxiliar (Englisch, do), d.i. vor dem syntaktisch zentralen Bestandteil des Satzprädikats. Im Russischen wiederum wäre eine einfache Lokalisierung des Negators vor das finite Verb (choču) ebenso wenig idiomatisch wie im Deutschen die Negation vor einer koordinierten Objekt-NP (36'): (36Ru)?Ja ne choču kofe ili čaj. Idiomatischer wäre im Russischen eine verstärkende Negation der Art wie in (36Ru') Ja ne choču ni kofe ni čaja Das Quantoren-Viereck Man beachte nun folgende generelle Beziehungen zwischen quantifizierten Aussagen (und Quantoren): Affirmationen Negationen universal partikulär vgl. Horn (1989:208), nach Aristoteles (De Interpretatione) sowie Apuleius und Boethius Es gelten folgende logische Beziehungen: A, E: Aussagen A und E sind zueinander konträr (inkompatibel), d.i. sie können nicht gleichzeitig wahr sein; sie können aber gleichzeitig falsch sein (und eine dritte Aussage wahr). (37a) A: Alle Menschen haben Blutgruppe AB. (37b) E: Kein Mensch hat Blutgruppe AB. 4
5 A, O / I, E: Aussagen A und O bzw. I und E sind kontradiktorisch, d.i. sie können nicht gleichzeitig wahr oder gleichzeitig falsch sein. M.a.W.: zwischen A und O bzw. zwischen I und E erfolgt ein beidseitiges Entailment mit Negation der jeweils zweiten Aussage: [A O] [O A]. (38a) A: Alle Menschen haben Blutgruppe AB. (38b) O: Nicht alle Menschen haben Blutgruppe AB. (39a) I: Einige Menschen haben Blutgruppe AB. (39b) E: Kein Mensch hat Blutgruppe AB. A, I / E, O: Eine Aussage I ist zu A bzw. eine Aussage O ist zu E subaltern, da I notwendig wahr ist, wenn A wahr ist (bzw. O ist notwendig wahr, wenn E wahr ist); d.i. zwischen I und A und zwischen O und E besteht ein einseitiges Entailment (A I, E O). (40a) A: Alle Menschen haben Blutgruppe AB. (40b) I: Einige Menschen haben Blutgruppe AB. (41a) E: Kein Mensch hat Blutgruppe AB. (41b) O: Nicht alle Menschen haben Blutgruppe AB. I, O: Äußerungen I und O sind zueinander subkonträr, d.i. sie können nicht gleichzeitig falsch sein, können aber gleichzeitig wahr sein. (42a) I: Einige Menschen haben Blutgruppe AB. (42b) O: Nicht alle Menschen haben Blutgruppe AB. Lexikalisiert sind in der Regel (jedenfalls in europäischen Sprachen) die Quantoren- Relationen A (alle), E (keiner) und S (einige), nicht jedoch O (nicht alle). Vgl. die Reihen: A: alle alles jeder immer überall... S: einige etwas jemand manchmal irgendwo... E: keiner nichts niemand niemals nirgendwo... O: nicht alle nicht alles nicht jeder nicht immer nicht überall 3.6. Logische Relationen zwischen Sätzen (Aussagen) Die kontradiktorische und die konträre Beziehung stehen in einem allgemeineren Zusammenhang von logischen Relationen zwischen Aussagen. Kontrarietät (Inkompatibilität): Sie ist nicht nur zwischen Quantorenausdrücken (Quantifizierungen) möglich, sondern auch zwischen Aussagen anderer Art (z.b. bei graduierbaren Prädikaten, Reihenbeziehungen). (43) A: Das Wasser ist eiskalt. B: Das Wasser ist kochend heiß. (44) A: Heute ist die Generalprobe. 5
6 B: Heute ist die Erstaufführung. (45) A: Gestern war Montag. B: Gestern war Dienstag. (46) A: Annemarie ist jünger als Liselotte. B: Annemarie ist älter als Liselotte. In allen Fällen ist es möglich, dass beide Aussagen falsch sind und eine dritte Option wahr. Kontradiktorität: Im Gegensatz zur Kontrarietät gilt hier: tertium non datur. A und B sind zueinander komplementär, d.i. sie können nicht beide zugleich falsch sein. (47) A: Das Wasser ist eiskalt. B: Das Wasser ist nicht eiskalt. (48) A: Heute findet eine Generalprobe statt. Β: Heute findet keine Generalprobe statt. logisches Entailment ( ): Wenn A wahr ist, muß B notwendigerweise auch wahr sein. (49) A: Waldi ist ein Dackel. B: Waldi ist ein Hund. Entailments sind zunächst nur einseitig. Man kann diese Relation aber umkehren, denn aus einer Relation A B folgt: wenn B falsch ist, ist auch A falsch ( B A). Entailments sind transitiv: Wenn A B und B C, dann A C. Wichtig ist es zu beachten, dass aus der Negation von A ( A) nichts über den Wahrheitswert von B ausgesagt werden kann. Vgl.: Wenn Waldi ist ein Dackel falsch ist, folgt daraus weder, dass Waldi kein Hund ist, noch dass er ein Hund ist. Er könnte entweder einer anderen Hunderasse angehören (oder gar kein Rassehund, aber doch ein Hund sein) oder zur Gattung der Ponies (Alligatoren, Goldfische, Sittiche...) gehören. logische Äquivalenz ( ): De facto ein symmetrisches (beidseitiges) Entailment: A B B A. Beide Aussagen enthalten genau dieselbe (propositionale) Information. (50) A: Er ist der Bruder meiner Großmutter. B: Er ist mein Großonkel. (51) A: Heute ist Donnerstag. B: Morgen wird Freitag sein. (52) A: Das Glas ist halbleer. B: Das Glas ist halbvoll. (53) A: Jeder wird schlauer. B: Keiner bleibt so dumm, wie er war. 6
7 (54) A: Alle sind begeistert von Semantik. B: Keiner ist gelangweilt von Semantik. 7
Terme stehen für Namen von Objekten des Diskursbereichs (Subjekte, Objekte des natürlichsprachlichen Satzes)
Prädikatenlogik Man kann den natürlichsprachlichen Satz Die Sonne scheint. in der Prädikatenlogik beispielsweise als logisches Atom scheint(sonne) darstellen. In der Sprache der Prädikatenlogik werden
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