Beitrag: Umstrittener Rohstoffabbau Die Schlacht um die Vulkaneifel

Transkript

1 Manuskript Beitrag: Umstrittener Rohstoffabbau Die Schlacht um die Vulkaneifel Sendung vom 11. November 2014 von Olaf Kumpfert Anmoderation: Frontal21 ist wohl kaum der passende Rahmen, um in Naturschönheit zu schwelgen. Heute aber ergibt sich da mal die Gelegenheit. Heute zeigen wir auch mal eine von Deutschlands schönen Seiten. Die wilde, waldige, bergige Seite: Wir zeigen Ihnen die Eifel. Sogar Vulkane gibt es da. Der letzte Ausbruch ist zwar über Jahre her. Aber es brodelt trotzdem heftig in der Eifel. Unser Autor Olaf Kumpfert sagt Ihnen auch, warum. Denn auch im Schönen geht es, jetzt wieder typisch Frontal21, mitunter ganz schön hässlich zu. Text: Die Eifel, urwüchsige Natur mit idyllischen Wäldern, erloschenen Vulkanen und geheimnisvollen Maaren. Eine Region, die viele Besucher anlockt. O-Ton Wanderin: Wir wandern gerne. Diese weite, unberührte Landschaft hier es ist ganz, ganz toll. Es ist eine wunderschöne Abwechslung vom Alltag. Doch an vielen Stellen in der Eifel sind die Bäume, die kleinen Waldstücke nur noch Kulisse, kaschieren geschundene Natur. Ganze Berge sind abgetragen ein gigantischer Raubbau. Gebuddelt wird nach Basalt und Lava - billiger Rohstoff für den Straßenbau. Die Schürfrechte für die Bodenschätze teilen sich nur eine Hand voll Unternehmer, im Volksmund die Lava- Barone genannt. Wir treffen Hans-Peter Felten vom Naturschutzbund NABU. Er dokumentiert seit Jahren die Zerstörung der Eifel. Ich habe ein Foto mitgebracht.

2 Halten Sie das einfach mal so hoch, damit man das direkt daneben sehen kann. Ich sage immer gerne, es war damals ein typischer kleiner Eifelvesuv. Und wenn man jetzt rüber schaut: Man kann auch fast sagen, der Berg ist weg. Wie viele Berge sind denn jetzt schon verschwunden? Ja, es sind insgesamt sechs Berge schon komplett verschwunden. Der Berg ist weg, ausgehöhlt, geblieben ist nur ein Kraterrand. Grob gerechnet verschwindet jedes Jahr ein solcher Vulkanberg. Und die Nachfrage nach Eifeler Lava steigt weiter. Deshalb nehmen die Firmen inzwischen sogar große Flächen im Naturpark Vulkaneifel ins Visier. Denn führen sie wirtschaftliche Gründe an, dürfen sie nach altem Bergrecht auch hier die Bagger rollen lassen. Dieses rot umrandete Gebiet zeigt die Fläche, die für den Abbau vorgeschlagen ist. Der Berg wäre komplett weg. Wie auch hier auf der anderen Seite der Rockeskyller Kopf. Der auch, bis auf kleine Reste, für den Abbau vorgeschlagen ist. Es reiht sich Grube an Grube. 400 Hektar bisher genehmigt. Und in Zukunft, wenn die Planung, so wie sie hier vorliegt, umgesetzt wird, wären das über 2000 Hektar. Das ist die Verfünffachung. Bergbau wurde in der Eifel schon immer betrieben. Doch erst größere und effektivere Maschinen machten den Abbau zu einem Umweltproblem. Die alten Lager sind bald erschöpft, deshalb fordern die Lava-Barone neue und viel größere Abbauflächen. Vor der Kamera will sich keiner von ihnen äußern. Nach mehrmaliger Nachfrage antwortet die Interessengemeinschaft der Rohstoffunternehmen schriftlich, Zitat: Das "Ausweitungsbegehren" der Industrie zielt nicht auf eine Ausweitung der gegenwärtigen Produktion, sondern auf die langfristige Sicherung abbaufähiger Rohstoffflächen für die nächsten Jahrzehnte, um die bestehende Nachfrage zu decken.

3 Und so könnte einer der kleinsten Wirtschaftszweige der Eifel, mit rund 350 Mitarbeitern, vielen die Existenz vernichten. Denn die Eifeler investierten in die touristische Infrastruktur wie Wanderwege und Unterkünfte. Mit Erfolg: Die Urlauber kommen. Über Arbeitsplätze in zahlreichen Kleinbetrieben gibt es heute in der Tourismusbranche. Das kleine Landcafé ist eine Institution am Eifelsteig, bekannt für guten Kaffee, Kuchen und Kunst. Chefin Thea Greif ist entsetzt, um sie herum sollen Gruben massiv ausgebaut werden. O-Ton Thea Greif, Chefin Das kleine Landcafé: Wir sind regelrecht eingeschlossen in diesem Bergbau. Wir leben im Grunde genommen von den Menschen, die hier zum Wandern kommen, in der Hauptsache. Wir haben jetzt den Eifelsteig hier. Alle kommen hier her zum Wandern, weil es sehr schön, weil es eine wunderschöne Landschaft ist. Und ich glaube nicht, dass da noch ein Interesse besteht, wenn es eine Mondlandschaft wird. Und so wie das hier aussieht, wird es eine werden. Was bedeutet das für Sie persönlich? O-Ton Thea Greif, Chefin Das kleine Landcafé: Das könnte den Ruin des Geschäfts bedeuten. Nicht nur sie, Hunderte, vor allem kleine Gastronomen fürchten das Aus. O-Ton Demo: Die Berge sind uns! Dagegen wehren sich die Eifeler. Sie wollen die Zerstörung ihrer Natur nicht hinnehmen. Die Eifel gilt als konservativ. Man ist katholisch und obrigkeitsgläubig. Wenn hier Jung und Alt auf die Straße gehen, dann ist wirklich was passiert. O-Ton Teilnehmer Demo: Weil innerhalb von wenigen Jahren Natur vernichtet werden soll, die in Jahrtausenden gewachsen ist, und die wir nie wieder reparieren können. Und das Ganze, damit Einzelne persönliche Geschäfte machen können und sich bereichern können. Die Wut richtet sich gegen diese Behörde, die regionale Planungsgemeinschaft im fernen Trier. Sie hat die Ausweitungspläne für den Abbau aufgestellt. Im Internet beschreibt sie ihre Aufgabe so: Die Regionalplanung hat die Landesplanung räumlich und sachlich zu konkretisieren (...).

4 Dabei setzt sich die Planungsgruppe aus Vertretern von Gemeinden und Kreisen zusammen und auch aus Lobbyisten der Industrie und Wirtschaft. So bestimmt es das Landesplanungsgesetz. Nicht vertreten sind dagegen der Naturschutz und der Tourismus. Die Planungsgruppe habe deren Interessen zu wenig berücksichtigt, so der Vorwurf an den Vorsitzenden der Planungsgemeinschaft. Sie planen den Reichtum der Lava-Barone und die Armut der Bevölkerung. O-Ton Günther Schartz, CDU, Landrat Landkreis Trier- Saarburg: Das ist ein harter Vorwurf. Und ich denke, ich habe ihn im Vorfeld auch relativiert. Sie haben aber dann sehr einseitig vorher geplant, zu Gunsten der Rohstoffindustrie? O-Ton Günther Schartz, CDU, Landrat Landkreis Trier- Saarburg: Nee, das würde ich klar sagen, nein. Also, wir haben in diesem Bereich sehr wohl überlegt, wie wir alle Seiten in die Interessenlage einbinden können. Wir sammeln Informationen, wir fügen sie zu einem Bild zusammen und gehen dann letztendlich auf den Weg, um dann mit einem Planentwurf dann das Verfahren zu eröffnen. Inzwischen rudert der Landrat zurück: Die Planung sei noch gar nicht abgeschlossen. Denn nachdem eine Bürgerinitiative die Pläne öffentlich gemacht hatte, erhoben 3500 Eifeler Bürger Einspruch dagegen und verhinderten so deren Verabschiedung. O-Ton Resi Schmitz, Vorstand IG Eifelvulkane: Wir möchten diesen Wahnsinn stoppen, dass so viel Lava, so viele Berge hier herausgefahren werden, und wir nichts mehr übrig haben für uns. O-Ton Lydia Schend Vorstand IG Eifelvulkane: Welchen Weg wollen wir für die Eifel? Wir wollen eine Erholungslandschaft, wir wollen ein Gesundland, wir wollen keine Mondlandschaft. Denn der Eifel droht eine weitere Umweltbelastung. Wenn beim Abbau oder im Straßenbau Mutterboden anfällt, wird daraus - juristisch gesehen - Müll.

5 O-Ton Dieter Thelen, Geschäftsführer, sbt-laboratorium für Straßen- und Betonbau: Bei den Böden in der Eifel ist es häufig so, dass erhöhte Metallwerte wie zum Beispiel Blei, Kupfer und Zink ermittelt werden, die eine beliebige Ablagerung des Materials nicht mehr zulassen. Deswegen dürfen nach der Landesverordnung mit diesen Böden keine anderen Gruben aufgefüllt werden. Die Konsequenz: Der Mutterboden muss auf einer sicheren Deponie entsorgt werden. Und die soll in Strohn entstehen. Einer kleinen Gemeinde, die mit einem Vulkanmuseum und einem liebevoll gestalteten Stadtbild zum Erlebniswandern auf dem Vulkanpfad einlädt. Ausgerechnet hier soll die Deponie angelegt werden. O-Ton Axel Römer, Bürgerinitiative Zukunft Wartgesberg Strohn: Die Deponie soll auf dem Grubengelände entstehen. Dann wird es einen Deponieberg geben, der bis auf 460 Meter über Normal Null reichen soll. Da sind wir auf der Höhe, wie der alte Berg vorher war. Berge wachsen nicht nach und das ist für uns kein Ersatz, für das, was wir hier verloren haben. Für Axel Römer ist das Irrsinn. An einer Stelle werden Vulkanberge abgetragen, tiefe Wunden in die Natur gerissen. An anderer Stelle werden deren Abfälle zu Deponiebergen aufgetürmt. Strohn ist nur der erste Ort, weitere Deponien sind in der Region geplant. So wird eine in Europa einzigartige, ursprüngliche Landschaft zerstört. Zur Beachtung: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der vorliegende Abdruck ist nur zum privaten Gebrauch des Empfängers hergestellt. Jede andere Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtgesetzes ist ohne Zustimmung des Urheberberechtigten unzulässig und strafbar. Insbesondere darf er weder vervielfältigt, verarbeitet oder zu öffentlichen Wiedergaben benutzt werden. Die in den Beiträgen dargestellten Sachverhalte entsprechen dem Stand des jeweiligen Sendetermins.