NEWSLETTER BREIHOLDT & VOSCHERAU, Büschstr.12, Hamburg
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- Martina Flater
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1 NEWSLETTER BREIHOLDT & VOSCHERAU, Büschstr.12, Hamburg Ausgabe: 08/2007 Wie erhöht man eine Bruttokaltmiete, wenn der Mietspiegel nur Nettomieten ausweist? (BGH, U. v VIII ZR 215/05) Sachverhalt: Zwischen den Parteien besteht ein Mietverhältnis über eine Wohnung in Berlin. Es ist eine Bruttokaltmiete vereinbart, d.h. in der vereinbarten Miete sind alle Betriebskosten mit Ausnahme der Kosten für Wärme und Warmwasser enthalten. Nun will der Vermieter die Miete erhöhen. Zur Begründung verweist er auf den Berliner Mietspiegel. Dieser weist Nettomieten als ortsübliche Vergleichsmieten aus. Der Vermieter verlangt also eine bestimmte ortsübliche Vergleichsmiete (hier: 4,77 /m²) und zusätzlich einen im Mietspiegel ausgewiesenen Pauschalbetrag für kalte Betriebskosten (hier: 1,17 /m²). Der Mieter will die Erhöhung nicht zahlen. Was sagt das Gericht? Er weist die Zustimmungsklage ab. Das Mieterhöhungsverlangen scheitert, weil für die kalten Betriebskosten nur ein Durchschnittswert genannt ist. Das ist nicht zulässig. Wenn der Vermieter eine Erhöhung der Bruttokaltmiete mit einer bestimmten Nettomiete gem. Mietspiegel begründen will, muss er die tatsächlich zuletzt auf die Wohnung entfallenen Betriebskosten angeben. Denn die tatsächliche Betriebskostenbelastung könnte höher sein als der statistische Durchschnittswert des Mietspiegels. Praxishinweis: Will der Vermieter die Erhöhung einer Bruttokaltmiete mit einem Netto-Mietspiegel begründen, muss er zunächst Vergleichbarkeit zwischen den beiden Werten herstellen. Dafür gibt es zwei Wege:
2 der Vermieter addiert die Nettovergleichsmiete laut Mietspiegel mit den zuletzt tatsächlich auf die Wohnung entfallenen Betriebskosten und kann so eine ortsübliche Bruttokaltmiete belegen. Der Vermieter zieht den konkreten Betriebskostenanteil von der vereinbarten Bruttokaltmiete ab und stellt den dann verbleibenden Nettomietanteil dem Mietspiegelwert gegenüber. Beide Wege führen zu demselben Ergebnis. Der BGH musste nicht zu der Frage Stellung nehmen, wie ausführlich der Vermieter den konkreten Betriebskostenanteil berechnen und erläutern muss. Sicherheitshalber empfiehlt sich eine ausführliche Erläuterung. Schimmelpilz: Muss der Vermieter Schmerzensgeld zahlen, wenn die Kinder des Mieters an Asthma erkranken? (KG, Beschl. v W 33/05) Sachverhalt: Im Jahr 1999 kommt es zu einem Rohrbruch. Anschließend entsteht Schimmelpilz. Zwei Kinder des Mieters im Babyalter haben in der Folgezeit sehr häufig Atemwegsinfekte. Nach etwa 4 Jahren erkranken sie unheilbar an Asthma. Daraufhin zieht der Mieter aus und verlangt Schmerzensgeld sowie eine lebenslängliche Rente für seine Kinder. Was sagt das Gericht? Das Berliner Kammergericht stellt sich auf die Seite des Vermieters. Der Vermieter haftet dann nicht mehr, wenn der Mieter konkrete Gesundheitsgefahren kennt und trotzdem in der Wohnung bleibt. Zwar obliegen dem Vermieter Verkehrssicherungspflichten, d.h. er muss dafür sorgen, dass der Mieter und seine Familie durch den Zustand der Wohnung keine Schäden erleiden. Gleichzeitig darf er aber darauf vertrauen, dass der Mieter seine Kinder beaufsichtigt und für sie sorgt. Im hier entschiedenen Fall hat der Mieter seine Kinder aber über Jahre in der vom Schimmel befallenen Wohnung wohnen lassen, obwohl diese verstärkt unter Atemwegserkrankungen litten. Dabei wäre es vernünftig gewesen, spätestens Ende 1999 auszuziehen oder zumindest gegebenenfalls mithilfe des Gesundheitsamts auf die Beseitigung des Schimmels zu drängen. Wenn der Mieter aber seine Kinder jahrelang ohne Not einem erkannten Gesundheitsrisiko aussetzt, haftet der Vermieter nicht mehr. Praxishinweis: Wird dem Vermieter Schimmelpilzbefall in einer Wohnung angezeigt, sollte er schnellstmöglich die Ursachen durch einen Sachverständigen
3 klären und die Schäden beseitigen lassen. Verlangt der Mieter vor Gericht eine Mängelbeseitigung, ist der Vermieter in der Pflicht: Der Mieter muss nur beweisen, dass die Wohnung mangelhaft war. Das wird ihm bei Feuchtigkeitsschäden und Schimmelpilzbefall in der Regel leicht gelingen. Der Vermieter hingegen muss beweisen, dass der Schimmelpilz nicht auf bauliche Mängel zurückzuführen ist, sondern vom Mieter selbst durch falsche Belüftung und Beheizung der Räume verursacht wurde. Das gilt aber nur im Groben. Im Einzelnen sind Schimmelpilz- Konflikte bautechnisch und juristisch schwer in den Griff zu bekommen. Es gibt eine ganze Reihe von typischen Fallkonstellationen, aber auch sehr schwierige Situationen, die auch für Experten kaum eindeutig zu klären sind. In jedem Fall empfiehlt es sich, schon frühzeitig Rat einzuholen. Mietrückstand: Kann der Vermieter auch dann kündigen, wenn er den Mietanspruch zuvor abgetreten hat? (LG Berlin, U. v S 416/05) Sachverhalt: Das Mietverhältnis besteht sei Der Vermieter nimmt einen Kredit auf und tritt als Sicherheit die laufenden Mieten an die Bank ab. In den Jahren 2004 und 2005 zahlt der Mieter einige Mieten nicht. Der Vermieter kündigt fristlos. Der Mieter wehrt sich mit folgendem Argument: Wenn der Vermieter nicht mehr Inhaber der Mietforderungen ist, darf er auch nicht kündigen. Was sagt das Gericht? Das Landgericht Berlin hält die fristlose Kündigung für wirksam. Die Abtretung schadet nicht. Denn der Vermieter verliert durch die Abtretung nicht das Kündigungsrecht. Zwar darf der Vermieter nach der Abtretung nicht mehr über die Mietforderung verfügen, d.h. er darf sie nicht ein zweites Mal abtreten oder dem Mieter erlassen. Der Verlust der Verfügungsbefugnis beschränkt sich jedoch auf den einzelnen Zahlungsanspruch. Die Verfügungsbefugnis über das Mietverhältnis als solches verliert der Vermieter aber nicht. Deshalb darf er kündigen, wenn ein ausreichender Zahlungsverzug vorliegt. Auch nach dem Wortlaut des Gesetzes genügt der Verzug des Mieters, ohne dass es darauf ankommt, wer Inhaber der Forderung ist (vgl. 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB). Das ist nach Ansicht des Landgerichts auch die einzig denkbare Lösung. Denn dass die Bank wegen der Sicherungsabtretung jetzt plötzlich berechtigt sein könnte, das Mietverhältnis zu kündigen, sei völlig abwegig. Irgendjemandem muss aber das Kündigungsrecht zustehen also dem Vermieter!
4 Praxishinweis: Der Vermieter behält also sein Kündigungsrecht. Aber Achtung: An Rechtsgeschäfte zwischen dem Abtretungsempfänger (hier: der Bank) und dem Mieter ist er trotzdem gebunden. Wenn also die Bank dem Mieter mehrere Monatsmieten stundet oder gar erlässt, dann darf der Vermieter wegen dieses Rückstandes nicht kündigen. Formular- oder Mustervertrag: Wann wird aus dem vorformulierten Vertrag ein individuell ausgehandelter Vertrag, der nicht mehr der richterlichen Inhaltskontrolle unterliegt? (BGH, U. v VII ZR 56/04) Sachverhalt: In den Jahren 1994 bis 1999 vergibt ein Bauherr mehrfach einen Auftrag an einen bestimmten Bauunternehmer. Dabei verwendet er immer denselben Mustervertrag, der eine Klausel über Sicherheitsleistung durch Bürgschaft enthält, die wenig später vom BGH gekippt wird: Sie ist in Formularverträgen unwirksam, weil sie den Bauunternehmer unangemessen benachteiligt. Der Bauunternehmer verlangt daraufhin seine Bürgschaftsurkunde zurück. Der Bauherr weigert sich. Sein Argument: Die Klausel ist gar kein vorformulierter Vertrag, sondern ein individuell ausgehandelter. Denn der Bauherr hat dem Bauunternehmer gesagt, dass er gerne auch eigene Gestaltungsvorschläge einbringen darf. Von dieser Möglichkeit hat der Bauunternehmer nur keinen Gebrauch gemacht. Über die Art der Sicherheitsleistung wurde zwar nicht im Einzelnen verhandelt. Das lag aber nur daran, dass diese Klausel damals noch zulässig und allgemein üblich war. Was sagt das Gericht? Der Trumpf des Bauherrn sticht nicht. Bei der Sicherungsklausel handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, die den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. Eine Individualvereinbarung liegt nicht vor. Aushandeln bedeutet mehr als bloßes Verhandeln. Die Partei, die den Vertragsentwurf vorlegt, muss alle Klauseln ernsthaft zur Disposition stellen und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit einräumen, damit dieser seine eigenen Interessen wahren kann. Es muss die reale Möglichkeit bestehen, den Kerngehalt
5 der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das war hier nicht der Fall. Der Bauherr sagt ja selbst, dass über die Möglichkeit einer anderen Sicherungsabrede überhaupt nicht gesprochen wurde. Die allgemein geäußerte Bereitschaft, die Vertragsklauseln auf Wunsch des Bauunternehmers zu ändern, genügt nicht. Praxishinweis: Eine Klausel in einem Wohnraummietvertrag wirklich auszuhandeln, ist recht schwierig. Der rechtsunkundige Wohnungsinteressent wird sich in der Regel irritiert abwenden, wenn von ihm verlangt wird, dass er sich intensiv mit einzelnen Klauseln auseinandersetzt. Für den Vermieter, der es trotzdem versuchen will, gilt grundsätzlich: Klauseln nach dem Motto Dieser Vertrag wurde individuell ausgehandelt. bringen gar nichts. Der Vermieter muss also jede einzelne kritische Klausel ausdrücklich möglichst mit konkreten Wahl- Alternativen, am besten mit entsprechenden Preisalternativen zur Disposition stellen. In jedem Fall ist zu raten, die entsprechenden Entwürfe sorgfältig aufzubewahren, damit man im Streitfall den Umfang des Aushandelns beweisen kann.
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