Kurzvortrag: Der Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Arzthaftungsprozess. Referent: RA Mirko Becker Fachanwalt für Medizinrecht
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- Hannah Haupt
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1 Kurzvortrag: Der Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Arzthaftungsprozess Referent: RA Mirko Becker Fachanwalt für Medizinrecht
2 Es passiert immer wieder und seit Jahren mit steigender Tendenz:[ ] Exakte Zahlen, wie oft in Praxen oder Kliniken etwas schief läuft, gibt es nicht. Aber das Bundesgesundheitsministerium geht von bis Fällen im Jahr aus.
3 Arzthaftungsprozess 1) Pflichtverletzung Beweislast grds. beim Patienten Behandlungsfehler einfacher / grober Beweislastumkehr! Diagnosefehler Befunderhebungsfehler Aufklärungsfehler Beweislast für die korrekte Aufklärung liegt beim Arzt 2) Kausalität Beweislast grds. beim Patienten 3) Schaden (Schadensersatz, Schmerzensgeld, Haushaltsführungsschaden, Verdienstausfall, etc.) Beweislast grds. beim Patienten
4 Diagnosefehler Diagnosefehler sind sozusagen ärztliche Irrtümer, die auf der Fehlinterpretation richtig erhobener Befunde beruhen. Sie sollen nur dann als grober Behandlungsfehler zu qualifizieren sein, wenn der Irrtum fundamental erscheint. Diagnoseirrtümer sind grundsätzlich nur sehr restriktiv als Behandlungsfehler zu werten!
5 Befunderhebungsfehler Die Unterlassung gebotener diagnostischer Maßnahmen stellt sich als grober Behandlungsfehler dar, wenn der Arzt es unterlässt, medizinisch zweifelsfrei gebotene Befunde zu erheben, etwa solche, die in medizinischen Standard- Lehrbüchern empfohlen und in Fettdruck hervorgehoben werden. Umfang und Intensität der Verpflichtung zu diagnostischen Maßnahmen sind davon abhängig, wie schwer die Erkrankung ist, auf die die Symptome hindeuten. (OLG Brandenburg 2002) Wird ein Patient mit Symptomen eines Schlaganfalls eingeliefert, sind unverzüglich bildgebende diagnostische Maßnahmen zu ergreifen, um ggf. sofort eine Sekundärprophylaxe einleiten zu können. (OLG Koblenz 2013)
6 Befunderhebungsfehler Hinsichtlich des Kausalzusammenhangs zwischen dem festgestellten einfachen Befunderhebungsfehler und dem hypothetischen Behandlungsfehler reicht nach dem Gesetzeswortlaut der von dem Patienten zu führende Nachweis aus, dass der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, deren Unterlassen grob fehlerhaft gewesen wäre. Eines Vollbeweises der Kausalität bedarf es nicht. Vielmehr genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%. (u.a. OLG Naumburg 2012, OLG Köln 2014)
7 Patientenrechtegesetz
8 630h BGB Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler (1) Ein Fehler des Behandelnden wird vermutet, wenn sich ein allgemeines Behandlungsrisiko verwirklicht hat, das für den Behandelnden voll beherrschbar war und das zur Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit des Patienten geführt hat. (2) (3) (4)
9 630h BGB Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler 5) Liegt ein grober Behandlungsfehler vor und ist dieser grundsätzlich geeignet, eine Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, wird vermutet, dass der Behandlungsfehler für diese Verletzung ursächlich war. Dies gilt auch dann, wenn es der Behandelnde unterlassen hat, einen medizinisch gebotenen Befund rechtzeitig zu erheben oder zu sichern, soweit der Befund mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Ergebnis erbracht hätte, das Anlass zu weiteren Maßnahmen gegeben hätte, und wenn das Unterlassen solcher Maßnahmen grob fehlerhaft gewesen wäre.
10 zu 630h BGB: Durch 630 h BGB wurde die bisherige Rechtsprechung zur Beweislastverteilung im Arzthaftungsrecht gesetzlich geregelt. Das von der Rechtsprechung entwickelte Institut des sog. voll beherrschbaren Risikos (BGH 1991) wird gesetzlich verankert und kodifiziert. Ein Behandlungsrisiko ist für den Behandelnden voll beherrschbar, wenn es aus dessen Herrschafts- und Organisationsbereich herrührt und der Behandelnde den Patienten dann zu schützen hat. Fallgruppen: Einsatz medizinisch-technischer Geräte das vom Behandelnden zu koordinierende und zu organisierende Behandlungsgeschehen, wie z.b. hygienische Standards oder die Verrichtungssicherheit des Pflegepersonals
11 zu 630h BGB: Bei groben Behandlungsfehlern wird der Patient vom Kausalitätsnachweis befreit (Beweislastumkehr) Ein Behandlungsfehler ist grob, soweit ein medizinisches Fehlverhalten aus objektiver Sicht bei Auslegung des für den Behandelnden geltenden Ausbildungs- und Wissenschaftsmaßstabs nicht mehr verständlich erscheint, weil der Fehler gegen gesicherte und bewährte medizinische Erkenntnisse und Erfahrungen verstoßen hat und dem Behandelnden schlechterdings nicht unterlaufen darf. (Grundsatzentscheidung des BGH 2004) Die abschließende Beurteilung ist einzelfallabhängig!! Stellt eine Rechtsfrage dar, über die das Gericht zu entscheiden hat. In der Praxis wird dennoch ständig der Sachverständige danach gefragt!
12 Phasen der Aufklärung: 1. Behandlungsaufklärung Erläuterung über die Tragweite des Eingriffs Erläuterung über evtl. vorhersehbaren postoperativen Zustand (Narben, Schmerzen usw.) 2. Risikoaufklärung eingriffsspezifische Risiken (typisch für die OP) allgemeine Risiken wie z.b. Wundinfektion, Nervenverletzungen, 3. Therapeutische Sicherungsaufklärung Arzt muss den Erfolg der Behandlung durch Ratschläge und Anweisungen an den Patienten sicherstellen (Nebenpflicht) dazu gehört auch Informationen zu verordneten Medikamenten: Dosierung, Folgen, Nebenwirkungen
13 Therapeutische Sicherungsaufklärung: Versäumnisse bei der therapeutischen Aufklärung = Behandlungsfehler Aufklärungsfehler d.h. Beweislast bleibt beim Patienten
14 Form der Aufklärung: keine besondere Form, auch keine Schriftform erforderlich persönliches Gespräch zwischen Arzt und Patient (vertraulich) Aufklärungsbogen ausfüllen (Diomed etc.) handschriftliche Bemerkungen in den Bogen aufnehmen alle Fragen des Patienten dokumentieren wenn der Patient keine Fragen hat, ist dies zu dokumentieren
15 Aktuelles Thema Zeitpunkt der Aussage vor Gericht: Problem Erinnerung des aufklärenden Arztes Für die ordnungsgemäße Aufklärung trägt der Arzt die Beweislast. aber: BGH VersR 2014, 588: immer-so-rechtsprechung (wird immer wichtiger!) einem unterzeichneten Aufklärungsformular kommt eine Indizfunktion zu 448 ZPO: Aufklärungsbogen ist der Anfang des Zeugenbeweises im Prozess (Waffengleichheit)
16 Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit! Referent: Mirko Becker Rechtsanwalt Fachanwalt für Medizinrecht
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