8. 2A. Integration von Potenzreihen
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- Elisabeth Böhler
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1 8. 2A. Integration von Potenzreihen Wie wir schon mehrfach sahen, sind Potenzreihen ein unentbehrliches Werkzeug für viele Berechnungen in der Ingenieurmathematik. Glücklicherweise darf man Potenzreihen nicht nur gliedweise differenzieren, sondern auch integrieren. Es wird stets betont, daß sich beim Differenzieren und Integrieren das Konvergenzverhalten in den Randpunkten verändern kann. Aber gerade die Randpunkte sind häufig diejenigen, für die man sich bei Reihenentwicklungen (z.b. von Logarithmen oder rationalen Vielfachen der Kreiszahl π) interessiert. Also sollten wir über die Situation am Rand mehr Information sammeln. Sehr hilfreich ist hier der nach dem norwegischen Mathematiker Nils Henrik Abel ( ) benannte Abelsche Grenzwertsatz Konvergiert eine reelle Potenzreihe in einem positiven Punkt r, so auch auf dem ganzen Intervall [ 0, r], und dort stellt sie eine stetige Funktion dar. In der Praxis nutzt man diese Tatsache meist in folgender Form: Man weiß, daß eine stetige Funktion f in einem offenen Intervall durch eine Potenzreihe dargestellt wird. Falls diese auch noch in einem Randpunkt des Intervalls konvergiert, so muß der Grenzwert der Funktionswert von f an dieser Randstelle sein. Mit Hilfe des Abelschen Grenzwertsatzes, auf dessen Beweis wir hier verzichten wollen, zeigt man nun relativ leicht: Jede Potenzreihe läßt sich in ihrem gesamten Konvergenzbereich gliedweise integrieren. Konvergiert also eine Potenzreihe a k x k () k 0 im Intervall I gegen die Funktion f( x ), so konvergiert die Reihe k 0 a k x ( k + ) k + (2) gegen die Stammfunktion F( x ) von f( x ) mit F( 0) 0, und beide Reihen haben den gleichen Konvergenzradius. Falls die Reihe (2) darüber hinaus in einem Randpunkt r konvergiert (in dem die Ausgangsreihe () nicht zu konvergieren braucht), so ist F durch den Grenzwert an der Stelle r stetig ergänzbar. In Randpunkten des Konvergenzintervalls ist natürlich nur die jeweilige einseitige Ableitung zu betrachten. Daß sich beim Integrieren der Konvergenzbereich allerdings um einzelne Punkte vergrößern kann, zeigen die nächsten zwei Beispiele. Beispiel : Die geometrische Reihe und der Logarithmus Aus der nur im offenen Intervall ]-,[ konvergenten geometrischen Reihe + x n 0 ( x ) n x + x 2 x 3... gewinnt man durch gliedweise Integration die Potenzreihe für den (um verschobenen) natürlichen Logarithmus
2 ln ( + x) ( ) n + n 0 x ( n + ) ( x ) x 2 x 3 x 4 n x n die im Gegensatz zur geometrischen Reihe aufgrund des Leibniz-Kriteriums auch noch im rechten Randpunkt gegen einen endlichen Wert konvergiert: ln( 2) ( ) n n 4... Im linken Randpunkt - entsteht dagegen die negative harmonische Reihe n n welche bekanntermaßen gegen strebt. Wir zeichnen im Folgenden die jeweilige Stammfunktion und deren Taylor-Approximationen, in einigen Fällen auch die ursprüngliche Funktion und ihre Approximationen. f( x ) x + f( x ) dx ln ( x + )
3 Beispiel 2: Eine Stammfunktion des Logarithmus ist ln ( + x ) dx ( + x ) ( ln ( + x ) ), wie man durch Ableiten der rechten Seite sofort bestätigt. Die zugehörige Potenzreihenentwicklung bekommen wir durch gliedweise Integration der Potenzreihe für den Logarithmus: ln ( + x ) dx + ( ) n ( + ) x n n ( n + ) x 2 x 3 x Die Integrationskonstante - haben wir durch Einsetzen von x ( + x ) ( ln ( + x ) ) gefunden. Die neue Potenzreihe konvergiert nun sogar in beiden Randpunkten: Daß die Potenzreihe für x gegen 2 ( ln( 2) ) konvergiert, ist ihr sicher nicht anzusehen, folgt aber sofort durch Einsetzen von x in ( + x ) ( ln ( + x ) ). Andererseits kann man sehr wohl direkt aus der Reihe ablesen, daß für x der Grenzwert 0 herauskommt: + ( n + ) m + n ( n + ) lim n m n n + n + lim m + 0. lim x ( ) + m Hingegen muß man die Regel von l'hospital bemühen, will man diesen Wert durch "Einsetzen" von x in( + x ) ( ln ( + x ) ) ermitteln: ln ( + x ) lim ( + x ) ( ln ( + x ) ) lim x ( ) + x ( ) + ( + x ) ( ) ( + x ) ( ) ( + x ) ( ) 2 lim x ( ) + ( + x ) 0. Die Stammfunktion und ihre ersten Taylorpolynome sehen folgendermaßen aus: 0 in ln ( x + ) dx ln ( x + ) ( x + ) x
4 Anhang: Nicht elementar berechenbare Integrale In den bisherigen Beispielen war die Integration im Prinzip noch ohne Zuhilfenahme von Potenzreihen möglich. Häufig ist aber die Reihenentwicklung die letzte Rettung, wenn man anderweitig bei der Suche nach Stammfunktionen nicht zum Ziel kommt. Wir betrachten vier der wichtigsten Spezialfälle. Beispiel 3: Der Integralsinus ist die durch 0 verlaufende Stammfunktion der in 0 stetig ergänzten Funktion sin( x ) x. Mit den Reihenentwicklungen sin( x ) ( ) n x ( 2 n + ) ( 2 n + )! n 0 sin( x ) und x ( ) n 0 n x ( 2 n ) ( 2 n + )! erhalten wird durch gliedweise Integration die Reihenentwicklung des Integralsinus: sin( x) x dx n 0 ( ) n x ( 2 n + ) ( 2 n + )! ( 2 n + ) x x x Diese Reihe konvergiert nahe bei 0 noch erheblich schneller als die für den Sinus! sin( x) x m dx, n 0 ( -) n x ( 2 n + ) ( 2 n + )! ( 2 n + ) Beispiel 4: Das Gaußsche Fehlerintegral entsteht durch Integration der Glockenkurve e ( x2 ) Statistik von zentraler Bedeutung. und ist in der Wahrscheinlichkeitstheorie und
5 Wegen ergibt sich e ( x2 ) ( ) n x ( 2 n ) n! n 0 x2 ( ) dx n x ( 2 n + ) n! ( 2 n + ) e( ) n 0 x 3 x + 3 x MAPLE kennt diese Funktion unter der Bezeichnung erf (error function). x2 ) e( m (- ) dx, n x ( 2 n + ) n! ( 2 n + ) n 0 Wie man sieht, ist die Approximation durch die Partialsummen der Potenzreihe innerhalb des Einheitsintervalls ziemlich gut, außerhalb davon aber sehr schlecht. Beispiel 5: Das Exponential-Integral Ei( x ) e x x dx gehört ebenfalls nicht zu den elementaren Funktionen. Jedoch besitzt es für alle von 0 verschiedenen x die "partielle Reihenentwicklung" Ei( x ) C + ln( x ) + x n n! n, n wie man durch gliedweise Differentiation bestätigt: Ei ( x ) + x ( n ) x n n! x ( ) x n! n 0 e x x. Die Integrationskonstante C wählt man meist so, daß lim Ei( x) 0 x ( )
6 herauskommt. Ohne Beweis sei erwähnt, daß sich bei dieser Wahl die berühmte, nach Leonhard Euler ( ) und Lorenzo Mascheroni (sprich: Maskeroni) ( ) benannte Konstante ergibt, welche den Inhalt der Fläche zwischen den Funktionen /x und /[x] im Intervall von bis beschreibt: C lim n n k k ln( n ) Das Exponential-Integral ist mit MAPLE ebenfalls als spezielle Funktion abrufbar. Ei( x ) Will man aus der obigen Darstellung für Ei( x ) eine echte Reihenentwicklung machen, so muß man den Logarithmus an einer Stelle rechts von 0 entwickeln, denn bei 0 hat ln( x ) bekanntlich einen Pol. Am bequemsten ist eine Verschiebung um. Die Taylorentwicklung für Ei( x ) im Punkt lautet mit x C ( x ) + ( + x) n n n! n n + e x 3 x 4 3 x 5 x 6 53 x 7 x Ei ( + ) Ei( ) Ei( ) C + n angenähert auf 0 Stellen: n! n, n O( x 8 ) C , , Ei( ) n! n
7 Die Taylorpolynome approximieren die Funktion Ei ( + x ) nur zwischen - und gut! Beispiel 6: Der Integrallogarithmus Während wir den Logarithmus ln( x ) und seine Ableitung x wir bei der Funktion ln( x ) mühelos integrieren konnten, stoßen mit unseren elementaren Integrationskünsten an Grenzen. Die naheliegende Substitution t ln( x ), x e t, dx e t dt führt auf dx ln( x ) t e t dt t ln( x) Ei ( ln( x )). Eine gute Näherung an diese Funktion (für nicht zu große x > ) ist x + ln ( x ). 2 Wir können weder um 0 noch um in eine Potenzreihe entwickeln, weil dort Pole liegen. ln( x ) Mit viel Fleiß schaffen wir den Anfang der Taylorreihe um den Entwicklungspunkt e: x 2 ( x e ) 3 7 ( x e ) 4 ( x e) ( x e) 6 dx C ln( x ) 2 x e 2 e 2 2 e 3 5 e e 5
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2.12 Potenzreihen. 1. Definitionen. 2. Berechnung 2.12. POTENZREIHEN 207. Der wichtigste Spezialfall von Funktionenreihen sind Potenzreihen.
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