Bilanz oder Überschuss-Rechnung?
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- Theresa Albert
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1 STEUERGESTALTUNG Bilanz oder Überschuss-Rechnung: So mindert die Zahnarztpraxis ihre Steuerlast! von Steuerberater Björn Ziegler, Kanzlei LZS Steuerberater, Würzburg Das Finanzamt möchte alljährlich genau wissen, wie hoch Ihr Gewinn aus der Zahnarztpraxis war. Ermittelt wird er durch die klassische Einnahmen- Überschuss-Rechnung oder anhand einer Bilanz. Der folgende Beitrag zeigt, welche Regeln Sie einhalten müssen und wie Sie Ihren Gewinn dennoch gezielt beeinflussen können, um möglichst wenig Steuern zu zahlen. Sollstellung oder Zahlungsfluss steuerrelevant EÜR kennt einige Posten nicht Bilanz oder Überschuss-Rechnung? Bei der Entscheidung für die Bilanzierung oder die Einnahmen-Überschuss- Rechnung (EÜR) geht es stets um die Frage, ob Sie Ihren Gewinn früher oder später versteuern müssen. Die Bilanzierung stellt darauf ab, welche Leistung in der Praxis in einem Steuerjahr erwirtschaftet wurde, ganz gleich, ob die Rechnung hierfür schon geschrieben oder bezahlt ist. Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung unterliegt hingegen dem Grundsatz, dass alle Abflüsse abgezogen und alle Geldeingänge versteuert werden mit einigen Ausnahmen, die unten noch erläutert werden. Besonderheiten der Bilanzierung Da es bei der Bilanzierung darum geht, das tatsächlich Erarbeitete zu erfassen, gibt es Posten, die die Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht kennt: Für Bilanz ist Form des betrieblichen Vermögens egal 10 Bilanzposten Forderungen So werden bei der Bilanzierung die KZV-Zahlungen für ein Jahr als Einnahme erfasst, obwohl sie teilweise erst im darauffolgenden Jahr auf dem Konto gutgeschrieben werden zum Beispiel die KZV-Schlusszahlung für das IV. Quartal. Ebenso verhält es sich mit Privatliquidationen, die zum Jahresende noch offen sind. Solche unbezahlten Rechnungen werden in einen Posten offener Forderungen eingestellt. Kann eine Patientenrechnung schließlich doch nicht mehr beigetrieben werden, wirkt sich dieser Forderungsausfall erst in dem Jahr Gewinn mindernd aus, in dem der Ausfall auch feststeht. Bilanzposten Material Material, insbesondere das Zahngold für das Eigenlabor, wird erst dann steuer mindernd berücksichtigt, wenn es verarbeitet wurde. Noch unverarbeitete Mengen müssen als Vorratsvermögen in der Bilanz ausgewiesen werden. Bei der Bilanzierung ist es also egal, ob Sie betriebliches Vermögen auf dem Bankgirokonto oder im Praxistresor liegen haben: Solange es Ihnen gehört, mindert es den Gewinn nicht auch wenn es jetzt Gold statt Geld ist. Disagio und unbezahlte Eingangsrechnungen Ein Disagio, das Sie bei einer Praxisfinanzierung mit Ihrer Bank vereinbaren, wird als aktiver Rechnungsabgrenzungsposten erfasst und auf die Jahre
2 ZWD der Zinsbindung verteilt. Es wirkt sich jedes Jahr nur anteilig aus. Nicht bezahlte Eingangsrechnungen (Materialeinkauf, Fremdlabor etc.) werden ebenfalls in dem Jahr berücksichtigt, dem sie wirtschaftlich zuzuordnen sind. Eine Fremdlaborrechnung für Dezember beispielsweise fließt gewinnmindernd in den Posten Verbindlichkeiten ein. Gleiches gilt für die erst im Januar fließende Lohnsteuer für Dezember eines Jahres. Erwartete Rechnungen Für noch zu erwartende Rechnungen wird schließlich eine Rückstellung gebildet, die den Gewinn ebenfalls mindert. Das betrifft etwa die Steuerberatungskosten für den Jahresabschluss. PRAXISHINWEIS Bei der Bilanzierung geht es also streng danach, was dem jeweiligen Steuerjahr wirtschaftlich zuzuordnen ist. Selbstverständlich werden die Zahlungen, die im Folgejahr für das vorangegangene Steuerjahr erfolgen, im Zahlungsjahr nicht noch einmal steuerwirksam. Bilanzierung geht nach wirtschaftlichem Steuerjahr Besonderheiten der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung orientiert sich hingegen am Zahlungsfluss. Da Sie den Zahlungsfluss weitgehend selbst bestimmen können, haben Sie bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung mehr Gestaltungsmöglichkeiten als bei der Bilanzierung. Das hat auch der Gesetzgeber gesehen und daher die nachfolgend aufgeführten zwei Ausnahmen vom Zu- und Abflussprinzip in 11 EStG festgelegt. EÜR orientiert sich hingegen am Zahlungsfluss Zum einen können Vorauszahlungen für eine Nutzungsüberlassung höchstens für fünf Jahre geleistet werden. Erfolgt die Vorauszahlung für mehr als fünf Jahre, muss sie abweichend vom Abflussprinzip auf die Jahre verteilt werden. Denkbar ist hier eine Mietevorauszahlung unter Angehörigen. Zum anderen werden regelmäßig wiederkehrende Zahlungen rund um den Jahreswechsel in dem Jahr erfasst, in das sie wirtschaftlich gehören. Das betrifft nur Zahlungen, die zehn Tage vor oder nach dem Jahreswechsel fließen. Dies wird durch das nachfolgende Beispiel deutlich: Praxisbeispiel: Zahlungen zehn Tage vor oder nach dem Jahreswechsel Der Zahnarzt Dr. Voß zahlte seine Umsatzsteuervorauszahlung für Dezember 2013 am 8. Januar Diese Zahlung mindert den Gewinn für 2013, obwohl sie erst nach dem Jahreswechsel abgeflossen ist. Seine Miete für Januar 2014 zahlte Dr. Voß hingegen schon am 28. Dezember Diese Mietzahlung obwohl schon 2013 geleistet mindert erst den Gewinn des Jahres Hinweis Die Finanzverwaltung stellt allein auf die Zahlung im Zehntages- Zeitraum rund um den Jahreswechsel ab. Gerichte fordern hingegen auch eine Fälligkeit in dieser Zeit. Wäre die Januar-Miete von Dr. Voß erst am 15. Januar 2014 fällig, würde die Zahlung am 28. Dezember 2013 dem Finanzamt zufolge erst in 2014 wirksam, den Gerichten zufolge hingegen schon in Die Fälligkeit nach dem 10. Januar macht hier den Unterschied ZAHNÄRZTE Unterschiede zwischen Gerichten und Finanzverwaltung 11
3 Zahlungen von Patienten werden mit Eingang bei der PVS versteuert Besonderheiten bei Nutzung einer Verrechnungsstelle Nutzen Sie für Ihre Privatliquidationen eine Verrechnungsstelle, gelten für die Einnahmen-Überschuss-Rechnung zwei weitere Besonderheiten: So müssen Sie Patientenzahlungen bereits mit Eingang bei der Verrechnungsstelle versteuern und nicht erst, wenn das Geld an Sie weitergereicht wurde. Praxisbeispiel: Nutzung einer Verrechnungsstelle Der Patient von Dr. Voß zahlte am 20. Dezember 2013 seine Rechnung. Erhält Dr. Voß eine Sammelauskehrung am 31. Januar 2014, muss er die Patientenzahlung theoretisch noch 2013 versteuern. Grund: Die Verrechnungsstelle gilt als Bevollmächtigte von Dr. Voß. Erhalten Sie von der Verrechnungsstelle hingegen im Dezember 2013 einen Vorschuss auf Ihre Abrechnungen Januar 2014, ist auch das eine steuerpflichtige Einnahme in Hier fehlt es in der Regel an einer Darlehensvereinbarung mit Zins und Fälligkeit etc., welche dieser Zahlung ihren Einnahmen- Charakter nehmen und sie in ein echtes Darlehen umqualifizieren würde. Entscheidung für die EÜR oder die Bilanzierung bindet drei Jahre Wichtige Gestaltungsmöglichkeiten Zwischen Bilanzierung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung können Sie wechseln. Sie sind an die Entscheidung anschließend für drei Jahre gebunden. Die Bindungsfrist gilt jedoch nicht für die erstmalige Wahl der Gewinnermittlungsart bei de Niederlassung, wodurch sich eine schöne Gestaltungsmöglichkeit ergibt: Praxisbeispiel: Die erstmalige Niederlassung Zahnarzt Dr. Schäfer ließ sich zum 1. Januar 2013 in eigener Praxis nieder. Zu Beginn nehmen Gehälter, Mieten etc. seine Liquidität stark in Anspruch. Die Einnahmen hingegen steigen nur langsam. Dr. Schäfer erzielt in den ersten beiden Jahren zusammen Euro Gewinn, wovon ihm per saldo Euro schon im Jahr 2013 zufließen. Anfang 2014 fließen nochmals Einnahmen und Ausgaben für das Vorjahr in Höhe von insgesamt Euro insbesondere von und für die KZV. Ein Belastungsvergleich zeigt den Unterschied zwischen Bilanzierung und Einnahmen-Überschuss-Rechnung (EÜR): 12 EÜR Bilanzierung 2013 Gewinn Euro Euro Steuer ca.* Euro Euro 2014 Gewinn Euro Euro Steuer ca.* Euro Euro Gewinn gesamt Euro Euro Steuer gesamt Euro Euro Mehrsteuer bei EÜR Euro * Steuer lt. Grundtabelle bei Abzug von Euro Sonderausgaben (Versicherg., Kirchensteuer etc.)
4 ZWD Dr. Schäfer kann sich allein durch die Bilanzierung in den ersten beiden Jahren Euro für ein und dieselbe wirtschaftliche Situation. Möglich wird das dadurch, dass er Einkommen aus dem Hochsteuerjahr 2014 in das wegen seines niedrigen Einkommens noch wenig belastete Steuerjahr 2013 verschiebt. PRAXISHINWEIS Ist die Praxis angelaufen, kann Dr. Schäfer zur Einnahmen- Überschuss-Rechnung wechseln. Im Rahmen der Einnahmen-Überschuss-Rechnung gibt es für Dr. Schäfer schließlich fortlaufend die Möglichkeit, sein Einkommen zu beeinflussen. Die wichtigsten Maßnahmen rund um den Jahreswechsel sind hierbei: Jährliche Gestaltungsmöglichkeiten in der EÜR Vereinbarung eines Disagios für Praxisdarlehen Vereinbarung von Leasingsonderzahlungen für Praxis-Pkw oder -geräte Vorauszahlungen an den Vermieter (Zehntages-Grenze beachten!) oder an das solvente Fremdlabor Vorziehen von ohnehin notwendigen Instandsetzungsmaßnahmen Beschaffung eines Goldvorrats Verzögerte Abrechnung von Privatanteilen Spätere Verwertung vorhandener Goldabfälle PRAXISHINWEISE Erhalten Sie von Ihren Patienten Zahngold, müssen Sie den Erlös aus der Verwertung als Einnahme versteuern. Die Finanzverwaltung erstellt bei Prüfung der Scheideanstalten entsprechende Kontrollmitteilungen, um die Einnahmenversteuerung beim Zahnarzt überprüfen zu können. Goldabfälle und Goldvorräte als Stolperfalle Würden nicht Sie selbst, sondern Ihre Angehörigen das Gold verkaufen, müssten Sie selbst zuvor einen entsprechenden Entnahmegewinn in der Praxis erfassen. Um die Versteuerung kommen Sie also nicht herum. Gewinnminderung durch Einkauf von Gold Möchten Sie durch den Einkauf von Gold Ihren Gewinn senken, müssen Sie darauf achten, dass Art und Menge des Einkaufs zutreffend sind. Das Finanzamt erkennt die Ausgaben für einen Vorrat an, der innerhalb von sieben Jahren voraussichtlich verbraucht sein wird. Kaufen Sie mehr ein, gilt das hingegen als private Vermögensanlage. Außerdem muss das eingekaufte Gold tatsächlich in Ihrer Praxis verarbeitet werden. Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg Wegen Steuerhinterziehung verurteilte das Finanzgericht Baden-Württemberg vor Jahren sogar einen Zahnarzt, der einerseits seine Erlöse aus Goldabfällen nicht versteuert hatte und andererseits seine Ausgaben für den Kauf von Feingoldband steuerlich ansetzte, obwohl er das Feingoldband in seinem Eigenlabor überhaupt nicht nutzen konnte. Im Einzelfall kann es auch vorteilhaft sein, den Gewinn durch einen freiwilligen Wechsel zur Bilanz früher zu versteuern, wie das folgende Beispiel zeigt: ZAHNÄRZTE Goldvorräte für sieben Jahre werden steuerlich anerkannt 13
5 Praxisbeispiel: Der Wechsel von der EÜR zur Bilanz Verlustausgleich zwischen Ehegatten Zahnarzt Dr. Keil hätte für 2013 bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmen- Überschuss-Rechnung einen Gewinn von Euro erzielt. Seine gewerblich tätige Ehefrau Gudrun steuert einen Verlust von Euro zur gemeinsamen Steuerveranlagung bei. Auf den Konten von Dr. Müller fließen in 2014 für 2013 per saldo noch Einnahmen und Ausgaben in Höhe von Euro. Indem er freiwillig zur Bilanzierung wechselt, holt er diesen Betrag in das Steuerjahr Er nutzt den niedrigen Steuersatz, der durch den Verlust seiner Ehefrau möglich wurde. Elektronische Übermittlung ist Pflicht Die elektronische Übermittlung an das Finanzamt Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung muss seit einigen Jahren nach amtlichem Vordruck elektronisch an das Finanzamt übermittelt werden. Seit dem Wirtschaftsjahr 2013 muss nun auch eine Bilanz elektronisch beim Finanzamt eingereicht werden. Es fordert dabei eine detaillierte Gliederung nach amtlichen Vorgaben, der sogenannten Kerntaxonomie. In den kommenden Jahren werden neben der Bilanz auch etwa Kapitalkontenführungen elektronisch einzureichen sein. Ziel ist die automatisierte Prüfung aller eingereichten Gewinnermittlungen durch das Finanzamt, um so Risikofälle herausfiltern und einer Betriebsprüfung unterziehen zu können. Einheitliche Ermittlung bei Gemeinschaftspraxen Gemeinschaftspraxen und Praxisgemeinschaften Die für die Gewinnermittlung gewählte Berechnungsweise erstreckt sich stets auf die Einheit bei Einzelpraxen auf diese selbst, bei Gemeinschaftspraxen auf die Gemeinschaft mit allen Beteiligten. Betroffen sind insbesondere das Sonderbetriebsvermögen, aber auch das sogenannte Ergänzungsvermögen: Beim Finanzamt muss für eine Gemeinschaftspraxis also eine Gesamthands-Bilanz mit Sonder- und ggf. Ergänzungsbilanzen oder eine Gesamthands-Überschussrechnung mit entsprechenden Sonder- und ggf. Ergänzungsüberschussrechnungen eingereicht werden. Für Praxisgemeinschaften gibt es soweit ersichtlich bislang keine Rechtsprechung, die einen solchen Zusammenhang zwischen der gemeinschaftlichen Ausgabenermittlung und der Gewinnermittlung für die beteiligten Einzelpraxen fordert. Hier wäre theoretisch eine Mischung möglich, wenn einer der Zahnärzte seinen Gewinn gestaltend beeinflussen möchte. 14 FAZIT Nach dem Prinzip der Gesamtgewinnidentität wird am Ende Ihres Berufslebens stets derselbe Gesamtgewinn besteuert worden sein unabhängig von der angewandten Gewinnermittlungsart. Sie können aber beeinflussen, mit welchem Steuersatz Ihr Gewinn belegt wird, und Belastungsunterschiede gezielt ausnutzen. Den größeren Spielraum zur Gewinnverlagerung haben Sie bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Maßnahmen rund um den Jahreswechsel ermöglichen Ihnen außerdem, eine Steuerersparnis um ein Jahr vorzuziehen oder eine Steuerbelastung um ein Jahr nach hinten zu verschieben. Im Einzelfall kann eine gezielte Bilanzierung ebenfalls eine Steuerersparnis bewirken.
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