Skript zur Vorlesung Mathematik 3

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1 Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden Fakultät Informatik/Mathematik Prof. Dr. B. Jung Skript zur Vorlesung Mathematik 3 für den Studiengang Elektrotechnik/Informationstechnik Stoffgebiete: 9. Gewöhnliche Differentialgleichungen 10. Fourier-Transformation und Anwendungen 11. Partielle Differentialgleichungen (Einblick) 12. Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung 13. Wahrscheinlichkeitsverteilungen 14. Mathematische Statistik

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3 Inhaltsverzeichnis 9 Gewöhnliche Differentialgleichungen Einführung Grundbegriffe Anwendungsbeispiele für gewöhnliche Differentialgleichungen Anfangswertprobleme (AWP) und Randwertprobleme (RWP) Differentialgleichungen 1. Ordnung Grafische Lösung expliziter Differentialgleichungen 1. Ordnung Differentialgleichungen mit trennbaren Variablen (separable Differentialgleichungen) Lösung von Ähnlichkeits-Differentialgleichungen Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Exakte Differentialgleichungen Lineare Differentialgleichungen 2. und höherer Ordnung mit konstanten Koeffizienten Lineare Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung (n 3) mit konstanten Koeffizienten Lösung der Eulerschen Differentialgleichung durch Rückführung auf eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten Die Laplace-Transformation und ihre Anwendungen Spezielle Funktionen Die Laplace-Transformation: Definition und Rechenregeln Anwendung der Laplace-Transformation zur Lösung von AWP für gewöhnliche Differentialgleichungen Anwendung der Laplace-Transformation in der Regelungstechnik (lineare Übertragungssysteme) Systeme linearer Differentialgleichungen Definition und Anwendungsbeispiele Methoden zur Lösung von linearen DGLS (Fallbeispiele) Fourier-Transformation und Anwendungen Einführung Rechenregeln Fourier-Kosinus-Transformation und Fourier-Sinus-Transformation Anwendungen in der Regelungstechnik Diskrete und schnelle Fourier-Transformation (Einblick) Partielle Differentialgleichungen (Einblick) Grundbegriffe Partielle Differentialgleichungen in der Praxis Partielle Differentialgleichungen mit Nebenbedingungen Methoden zur Lösung partieller Differentialgleichungen (Einblick) Lösung durch Separationsansatz Lösung nach der Methode von d Alembert Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung Hilfsmittel aus der Kombinatorik Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung Das Zufallsexperiment und weitere Grundbegriffe Verknüpfungen von Ereignissen Der Begriff der Wahrscheinlichkeit Laplace-Experimente, absolute und relative Häufigkeit Wahrscheinlichkeitsaxiome und Schlussfolgerungen Additionssatz, bedingte Wahrscheinlichkeit und Multiplikationssatz Baumdiagramme, totale Wahrscheinlichkeit von Ereignissen

4 13 Wahrscheinlichkeitsverteilungen Stetige und diskrete Zufallsvariable (ZV) Verteilungsfunktion einer ZV Verteilungsfunktion einer diskreten ZV (diskrete Verteilung) Verteilungsfunktion einer stetigen ZV (stetige Verteilung) Kennwerte einer Wahrscheinlichkeitsverteilung Spezielle Wahrscheinlichkeitsverteilungen Binomialverteilung Poisson-Verteilung Stetige Gleichverteilung (Rechteckverteilung) Exponentialverteilung Weibull-Verteilung Gaußsche Normalverteilung Aussagen über Summen und Produkte von Zufallsvariablen Kennwerte von Summen und Produkten von Zufallsvariablen Zentraler Grenzwertsatz Mathematische Statistik Einführung Einige Grundbegriffe Verteilungsfunktion einer Stichprobe Gruppierung der Stichprobenwerte bei umfangreichen Stichproben Kennwerte (Maßzahlen) einer Stichprobe Korrelationsrechnung Statistische Schätzmethoden für die unbekannten Parameter einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ( Parameterschätzungen ) Einführung Punktschätzungen Bestimmung von Konfidenzintervallen (Vertrauensintervallen) Statistische Prüfverfahren für die unbekannten Parameter einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ( Parametertests ) Statistische Hypothesen und Parametertests Tests für den unbekannten Erwartungswert µ einer Normalverteilung Tests für die unbekannte Varianz σ 2 einer Normalverteilung Tests für die unbek. Erwartungswerte µ 1 und µ 2 zweier Normalverteilungen (Differenzentests) Statistische Prüfverfahren für die unbekannte Verteilungsfunktion einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ( Anpassungs- oder Verteilungstests )

5 9 Gewöhnliche Differentialgleichungen 9.1 Einführung Grundbegriffe Definition 9.1: Eine Gleichung, in der Ableitungen einer unbekannten Funktion y = y(x) bis zur n-ten Ordnung auftreten, heißt gewöhnliche Differentialgleichung n-ter Ordnung. Man unterscheidet dabei noch: implizite Form: F (x, y, y,..., y (n) ) = 0 explizite Form: y (n) = f(x, y, y,..., y (n 1) ). Beispiel 9.1: Definition 9.2: Eine Funktion y = y(x) heißt Lösung der Differentialgleichung, wenn sie mit ihren Ableitungen die Differentialgleichung identisch erfüllt. Bezüglich der Lösungen einer Differentialgleichung wird noch die folgende Unterscheidung getroffen: (1) allgemeine Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung: Diese enthält noch n voneinander unabhängige, frei wählbare Parameter (Konstante). Es handelt sich hier nicht um eine einzelne Funktion, welche die Differentialgleichung löst, sondern um eine Schar von Lösungen (bei der grafischen Darstellung der Lösungsmenge: eine Schar von Lösungskurven). (2) partikuläre (spezielle) Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung: Eine solche Lösung wird durch eine spezielle Wahl der Parameter aus der allgemeinen Lösung gewonnen. Die Werte dieser Parameter ergeben sich dadurch, dass die Lösungsfunktion zusätzliche Bedingungen erfüllen soll, siehe dazu Abschnitt (3) singuläre Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung: Das ist eine Lösung der Differentialgleichung, die nicht aus der allgemeinen Lösung gewonnen werden kann. Beispiel 9.2: Bemerkung: Neben gewöhnlichen Differentialgleichungen gibt es noch partielle Differentialgleichungen. Diese enthalten partielle Ableitungen (siehe Kapitel 7) einer unbekannten Funktion von mehreren Variablen Anwendungsbeispiele für gewöhnliche Differentialgleichungen Zahlreiche Problemstellungen in Physik und Technik lassen sich mit Hilfe gewöhnlicher Differentialgleichungen modellieren und lösen. Im weiteren werden einige Beispiele dazu betrachtet. 5

6 Beispiel 9.3: Harmonische Schwingung eines Feder-Masse-Schwingers (Federpendels) 1 Dieses einfache Modell eines schwingungsfähigen Systems läßt sich durch eine Differentialgleichung beschreiben. elast. Feder m Bei der Modellierung werden die folgenden Kräfte berücksichtigt: - Rückstellkraft der Feder: F 1 = cx (c: Federkonstante, x: Auslenkung der Feder zur Zeit t) - Reibungskraft: F 2 = kv (k: Reibungskoeffizient, v: Geschwindigkeit) Nach dem zweiten Newtonschen Gesetz gilt: ma = F = F 1 + F 2 = cx kv, wobei a die Beschleunigung bezeichnet. Auf Grund der Beziehungen v = ẋ und a = ẍ (vgl. dazu auch: Abschnitt im Skript zur Vorlesung Mathematik 1) entsteht daraus die folgende Differentialgleichung 2. Ordnung (Schwingungsgleichung): mẍ = cx kẋ bzw. mẍ + kẋ + cx = 0. Wichtiger Spezialfall: k = 0 (d.h. es treten keine Reibungskräfte auf) mẍ + cx = 0 oder ẍ + ω 2 0 x = 0 (mit ω 2 0 = c m ) Beispiel 9.4: Beschreibung des Zeitverhaltens eines Stromes 2 Ein Stromkreis mit einer Gleichurspannung U, einer Induktivität L und einem Gesamtwiderstand R wird zur Zeit t = 0 geschlossen. U R Die Summe der Spannungsabfälle ist gleich der vorhandenen Urspannung: L u R + u L = U. Mit Hilfe der Beziehungen u R = I R und u L = L di erhält man eine Differentialgleichung 1. Ordnung zur dt Beschreibung des Zeitverhaltens des Stromes: IR + L di dt = U bzw. di dt + R L I = U L. Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung lautet: I = U R + Ce R L t mit C R (Konstante), denn es gilt: di dt = C R L e R L t, und dies eingesetzt in die linke Seite der obigen Differentialgleichung ergibt: di dt + R L I = C R L e R L t + R ( U L R + Ce R t) L = U L. Beispiel 9.5: Die Differentialgleichung der Bewegung eines Fadenpendels lautet: m l 2 α + m g l sin α = 0 bzw. α + g l sin α = 0, wobei die folgenden Bezeichnungen gelten: m: Masse, l: Länge des Fadens, α = α(t): Auslenkwinkel. Beispiel 9.6: Die Differentialgleichung des elektrischen Reihenschwingkreises (unter der Voraussetzung, dass die von außen angelegte Spannung konstant ist) lautet: d 2 i dt 2 + R L di dt + 1 LC i = 0, wobei i = i(t) die Stromstärke, R den ohmschen Widerstand, L die Induktivität und C die Kapazität bezeichnet. 1 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S Quelle: W. LEUPOLD (Hrsg.). Mathematik - ein Studienbuch für Ingenieure (Band 2: Reihen - Differentialgleichungen - Analysis für mehrere Variable - Stochastik), 2. Auflage (2006), S. 84 6

7 9.1.3 Anfangswertprobleme (AWP) und Randwertprobleme (RWP) Bei einem Anfangswertproblem (AWP) werden der Lösungsfunktion y = y(x) insgesamt n Werte vorgeschrieben, und zwar der Funktionswert und die Werte der ersten (n 1) Ableitungen an einer bestimmten Stelle x 0. Diese Werte y(x 0 ), y (x 0 ),..., y (n 1) (x 0 ) werden als Anfangswerte (AW) oder Anfangsbedingungen (AB) bezeichnet. Sie liefern n Bestimmungsgleichungen für die noch unbekannten Parameter in der allgemeinen Lösung der Differentialgleichung (siehe dazu Abschnitt 9.1.1). Die partikuläre Lösung ist durch die AB stets eindeutig bestimmt. Beispiel 9.7: Beispiel 9.8: Das AWP 3 ẍ + ω 2 0 x = 0, x(0) = x 0, ẋ(0) = 0 (x 0 > 0) beschreibt die harmonische Schwingung eines elastischen Federpendels (vgl. auch Beispiel 9.3) unter den folgenden Versuchsbedingungen (Anfangsbedingungen): - Das Federpendel besitzt zu Beginn der Bewegung, d.h. zum Zeitpunkt t = 0, eine Auslenkung x 0 in der positiven Richtung. - Die Bewegung erfolgt aus der Ruhe heraus (Anfangsgeschwindigkeit v 0 = ẋ(0) = 0). Die allgemeine Lösung dieser Schwingungsgleichung lautet: x(t) = A sin(ω 0 t + ϕ) mit den Parametern A > 0 und 0 ϕ < 2π. Diese beiden Parameter können aus den Anfangswerten bestimmt werden: 1) x(0) = x 0 A sin ϕ = x 0 2) ẋ(t) = ω 0 A cos(ω 0 t + ϕ), ẋ(0) = 0 ω 0 A cos ϕ = 0 cos ϕ = 0 Wegen A > 0 und x 0 > 0 muss sin ϕ > 0 gelten (siehe 1)), so dass nur die Lösung ϕ = π 2 Aus 1) folgt dann: A = x 0. möglich ist. Die Schwingung des Federpendels unter den genannten Anfangsbedingungen wird daher durch die folgende Funktion beschrieben: ( x(t) = x 0 sin ω 0 t + π ) = x 0 cos(ω 0 t). 2 Bei einem Randwertproblem (RWP) werden der Lösungsfunktion y = y(x) an mindestens zwei verschiedenen Stellen x 1 und x 2 zusätzliche Bedingungen (in Form von Funktions- oder Ableitungswerten) vorgeschrieben. Diese werden als Randwerte (RW) oder Randbedingungen (RB) bezeichnet. Häufig sucht man die Lösung einer Differentialgleichung in einem Intervall [x 1, x 2 ] und stellt die zusätzlichen Bedingungen in den Randpunkten dieses Intervalls. Aus den Randbedingungen ergeben sich n Bestimmungsgleichungen für die noch unbekannten Parameter in der allgemeinen Lösung der Differentialgleichung. Im Gegensatz zum AWP muss die Lösung eines RWP nicht eindeutig sein. Auch der Fall, dass keine Lösung existiert, kann bei RWP eintreten. 3 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S

8 Beispiel 9.9: RWP zur Berechnung der Biegelinie eines Balkens 4 Es wird ein Balken der Länge l betrachtet, der auf zwei Stützen ruht und durch eine konstante Streckenlast q gleichmäßig belastet ist. q = const. x y Biegelinie y = y(x) Die Biegelinie y = y(x) genügt für kleine Durchbiegungen näherungsweise der Differentialgleichung 2. Ordnung (Biegegleichung): y = M b, wobei die folgenden Bezeichnungen gelten: EI E - Elastizitätsmodul (Materialkonstante), I - Flächenmoment des Balkenquerschnitts, M b - Biegemoment. Das ortsabhängige Biegemoment M b beträgt in diesem Fall: M b = q 2 (lx x2 ), so dass die Biegegleichung die folgende Gestalt annimmt: y = q 2EI (lx x2 ) für 0 x l. In den beiden Randpunkten x = 0 und x = l ist keine Durchbiegung möglich. Somit ist das folgende Randwertproblem zu lösen: y = q 2EI (lx x2 ), y(0) = y(l) = 0 (0 x l). 9.2 Differentialgleichungen 1. Ordnung Grafische Lösung expliziter Differentialgleichungen 1. Ordnung Eine explizite Differentialgleichung 1. Ordnung hat allgemein die Form (siehe dazu auch Abschnitt 9.1.1): l x y = f(x, y). (161) Auf Grund der geometrischen Deutung der ersten Ableitung einer Funktion (Anstieg der Kurventangente; siehe dazu auch: Abschnitt im Skript zur Vorlesung Mathematik 1) kann eine geometrische Interpretation der Gleichung (161) angegeben und daraus eine Methode zur grafischen Lösung hergeleitet werden. Diese wird im folgenden erläutert. Es wird vorausgesetzt, dass die Funktion f(x, y) auf einer Teilmenge D der (x, y)-ebene definiert sei. Dann wird jedem Punkt (x 0, y 0 ) D durch die Gleichung (161) eine eindeutig bestimmte Richtung y (x 0 ) = f(x 0, y 0 ) zugeordnet. In dem Punkt (x 0, y 0 ) wird ein Geradenstück mit dem Anstieg f(x 0, y 0 ) eingezeichnet. Der Punkt mit dem zugehörigen Geradenstück wird Richtungselement (oder Linienelement) genannt. Richtungsfeld und Isoklinen Das Richtungsfeld der Differentialgleichung (161) wird aus sämtlichen Richtungselementen gebildet (siehe Bild 9.1a)). Verbindet man jeweils alle Punkte, deren zugehörige Richtungselemente die gleiche Richtung besitzen, so erhält man die Isoklinen. Die Isoklinen werden durch die Gleichung f(x, y) = const. charakterisiert. Eine Kurve y(x) ist genau dann Lösungskurve der gegebenen Differentialgleichung, wenn sie in das Richtungsfeld passt, d.h. wenn in jedem Punkt der Kurve die Tangente mit dem eingezeichneten Geradenstück (Richtungselement) zusammenfällt. Die Methode zur (näherungsweisen) grafischen Lösung der Differentialgleichung (161) lässt sich nun folgendermaßen beschreiben. Mit Hilfe der Gleichung f(x, y) = const. können (jeweils durch spezielle Wahl der Konstanten) Isoklinen der Differentialgleichung gezeichnet werden. Auf den Isoklinen werden dann die Richtungselemente eingetragen. Dabei genügt es, auf jeder Isokline nur ein Richtungselement einzuzeichnen, da die anderen durch Parallelverschiebung entstehen. Die Näherungen für die Lösungskurven sind so zu konstruieren, dass sie in den Schnittpunkten mit den Isoklinen parallel zu den zugehörigen Richtungselementen verlaufen. 4 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S

9 Ist zusätzlich zu der Differentialgleichung (161) eine Anfangsbedingung y(x a ) = y a vorgegeben, so ist die (Näherungs-)Lösung dieses AWP durch diejenige Kurve aus der Kurvenschar gegeben, die durch den Punkt mit den Koordinaten (x, y) = (x a, y a ) verläuft (vgl. Bild 9.1b)). Bild 9.1a) Bild 9.1b) Beispiel 9.10: Es wird die Differentialgleichung y = y (mit x 0) betrachtet. x Gemäß (161) gilt: f(x, y) = y, d.h. die Isoklinen werden durch x die Gleichung y = const. = m charakterisiert. Es handelt sich x um eine Schar von Halbgeraden, welche durch Gleichungen der Form y = mx mit x, y 0 beschrieben werden a. Das Richtungsfeld der Differentialgleichung ist in der nebenstehenden Abbildung dargestellt. Für die betrachtete Differentialgleichung fallen die Lösungskurven mit den Isoklinen zusammen a Die Gleichungen y = mx sind zwar Gleichungen von Geraden. Aber auf Grund der Bedingung x, y 0 zerfallen diese Geraden jeweils in zwei Halbgeraden Differentialgleichungen mit trennbaren Variablen (separable Differentialgleichungen) Unter einer separablen Differentialgleichung 1. Ordnung versteht man eine Differentialgl. vom folgenden Typ: y = f(x) g(y) oder dy = f(x) g(y), (162) dx d.h. auf einer Seite der Gleichung steht die erste Ableitung der gesuchten Funktion y = y(x), der Ausdruck auf der anderen Seite der Gleichung lässt sich als Produkt einer nur von x abhängigen Funktion f(x) und einer nur von y abhängigen Funktion g(y) darstellen. Derartige Differentialgleichungen können mit der Methode der Trennung der Variablen gelöst werden. Lösung einer separablen Differentialgleichung mittels Trennung der Variablen 1) Die vorliegende Differentialgleichung dy dy = f(x) g(y) wird wie folgt umgestellt: = f(x) dx, dx g(y) d.h. es entsteht eine Gleichung, bei der eine Seite nur noch von der Variablen x, die andere Seite nur noch von der Variablen y abhängt. Dabei wird vorausgesetzt, dass g(y) 0 gilt. 2) Auf beiden Seiten der Gleichung aus Schritt 1) wird eine unbestimmte Integration durchgeführt: dy g(y) = f(x) dx. 3) Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung liegt nun in der impliziten Form: F 1 (y) = F 2 (x) vor. Die Auflösung nach y - falls überhaupt möglich - ergibt die allgemeine Lösung der Differentialgleichung in der expliziten Form y = y(x). Hinweis: Bei dem soeben beschriebenen Lösungsweg wurde zunächst g(y) 0 vorausgesetzt. In dem Fall g(y) = 0 hat die betrachtete Differentialgleichung die Form y = f(x) 0 = 0, d.h. ihre Lösungen sind vom Typ y = const. = a (a R). Beispiel 9.11: 9

10 Beispiel 9.12: Das AWP 5 für die Differentialgleichung des freien Falles mit Luftwiderstand: m dv c dt + v2 = mg c, v(0) = 0 ist zu lösen (c: Proportionalitätsfaktor). Zunächst wird die Differentialgleichung ohne Berücksichtigung der AB mittels Trennung der Variablen gelöst: dv dt = g c ( ) dv dv mg m v2 g c = dt ( ) = dt falls v. (163) m v2 g 1 c mg v2 c Die Integration der linken Seite der Gleichung (163) erfolgt durch die Substitution u = du des Grundintegrals = artanhu + C. 1 u2 Insgesamt ergibt die Integration der Gleichung (163): ( ) m c cg artanh mg v = t + C. c v und mit Hilfe mg Nach Berücksichtigung der AB erhält man: C = 0, d.h. die Lösung des AWP (partikuläre Lösung der Dgl.) lautet: ( ) mg cg mg v = c tanh m t e kt e kt cg bzw. v = c e kt + e kt mit k := m Lösung von Ähnlichkeits-Differentialgleichungen Eine Differentialgleichung der Form ( y y = f x) wird als Ähnlichkeits-Differentialgleichung bezeichnet. Auf der einen Seite der Differentialgleichung befindet sich die erste Ableitung der gesuchten Funktion, auf der anderen Seite ein Ausdruck, der als Funktion des Quotienten y geschrieben werden kann. Die Lösung derartiger Differentialgleichungen wird mit Hilfe der x Substitution u = y auf die Lösung von Differentialgleichungen mit trennbaren Variablen zurückgeführt. x ( y Vorgehensweise bei der Lösung von Dgln. der Form y = f (Ähnlichkeits-Dgln.) x) 1) Aufstellen und Lösen der folgenden Differentialgleichung mit getrennten Variablen: du f(u) u = dx x Der Ausdruck für f(u) entsteht aus f ( ) y, indem y x x durch u ersetzt wird. (164) Das Lösen der Gleichg. (164) erfolgt wie im Abschn beschrieben, die allgemeine Lösung lautet u. Hinweis: Wenn der Fall f(u) u = 0 eintreten kann, ist dieser gesondert zu behandeln. 2) Die allgemeine Lösung der gegebenen Ähnlichkeits-Differentialgleichung erhält man als: y = u x, mit u aus 1). Begründung dieser Vorgehensweise: Zunächst wird die Funktion u = y eingeführt. Dann gilt: y = u x. Diese Gleichung wird nun nach x x differenziert, wobei die Produktregel anzuwenden ist (denn u ist eine von der Variablen x abhängige Funktion). Das führt zunächst auf die Gleichung y = u x + u 1. (165) 5 Quelle: W. LEUPOLD (Hrsg.). Mathematik - ein Studienbuch für Ingenieure (Band 2: Reihen - Differentialgleichungen - Analysis für mehrere Variable - Stochastik), 2. Auflage (2006), S

11 Wenn in der zu lösenden Differentialgleichung der Quotient y durch u ersetzt wird, dann entsteht die Gleichung: x y = f(u). Dies ergibt zusammen mit (165): f(u) = u x + u = x du du + u f(u) u = x dx dx f(u) u = x du dx Diese Gleichung ist äquivalent zu der folgenden Differentialgleichung mit getrennten Variablen: du f(u) u = dx x. Nachdem diese Differentialgleichung gemäß der im Abschnitt beschriebenen Vorgehensweise gelöst wurde, entsteht die Lösung y der Ausgangsgleichung als: y = u x. Beispiel 9.13: Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung Definition 9.3: Eine Differentialgleichung 1. Ordnung heißt linear, wenn sie in der folgenden Form darstellbar ist: y + f(x) y = g(x). (166) Die Funktion g(x) wird Störfunktion oder Störglied genannt. Falls g(x) 0 gilt, wird die Differentialgleichung als homogene lineare Differentialgleichung bezeichnet. Anderenfalls handelt es sich um eine inhomogene lineare Differentialgleichung. Beispiel 9.14: Bei der Erläuterung der Methoden zur Lösung linearer Differentialgleichungen wird zunächst der Fall einer homogenen Gleichung betrachtet (d.h. Gleichung (166) mit g(x) 0). Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung 1. Ordnung Die Differentialgleichung y + f(x) y = 0 hat die allgemeine Lösung: y = C e f(x) dx (C R). (167) Begründung für Formel (167): Bei der Differentialgleichung y + f(x) y = 0 kann eine Trennung der Variablen vorgenommen werden: dy dy dy + f(x) y = 0 = f(x) y = f(x) dx (falls y 0). (168) dx dx y Die Integration beider Seiten dieser Gleichung ergibt: dy y = f(x)dx ln y = f(x)dx + C (C R). Die letztgenannte Gleichung wird nach y aufgelöst: y = e f(x)dx+c = e C e f(x)dx. Somit lautet die allgemeine Lösung 6 der gegebenen Differentialgleichung y = C e f(x)dx mit C R (siehe Formel (167)). 6 Bei der Auflösung nach y entsteht zunächst eine Konstante ungleich 0. Da die Funktion y = 0 ebenfalls Lösung der Differentialgleichung ist, lässt sich die Lösungsmenge in der genannten Form darstellen. 11

12 Nun wird eine Formel zur Berechnung der allgemeinen Lösung einer inhomogenen Gleichung (d.h. Gleichung (166) mit g(x) 0) angegeben. Lösung einer inhomogenen linearen Differentialgleichung 1. Ordnung mit der Methode der Variation der Konstanten Die Differentialgleichung y + f(x) y = g(x) (mit g(x) 0 ) hat die allgemeine Lösung: [ ] y = g(x) e f(x)dx dx + C e f(x)dx, C R. (169) Begründung für Formel (169): Die zu der Ausgangsgleichung y + f(x) y = g(x) gehörige homogene lineare Differentialgleichung 1. Ordnung y + f(x) y = 0 hat die allgemeine Lösung y h = C e f(x)dx (siehe (167)). Der Ansatz für die Lösung y der inhomogenen Differentialgleichung (170) nach der Methode der Variation der Konstanten wird wie folgt aufgestellt: (170) y = K(x) y h = K(x) e f(x)dx, (171) d.h. y wird dargestellt als Produkt einer (bisher unbekannten, von x abhängigen) Konstanten K(x) und der bereits berechneten allgemeinen Lösung der homogenen Differentialgleichung. Die erste Ableitung des Lösungsansatzes lautet (nach Produkt- und Kettenregel): y = K (x) e f(x)dx K(x) f(x) e f(x)dx, (172) da die Ableitung des Integrals f(x) dx den Integranden f(x) ergibt. Einsetzen von (171) und (172) in (170) liefert: K (x) e f(x)dx K(x) f(x) e f(x)dx + f(x) K(x) e f(x)dx = g(x) f(x)dx K (x) e f(x)dx = g(x) bzw. K (x) = g(x) e Durch Integration der letztgenannten Gleichung erhält man: K(x) = g(x) e f(x)dx dx + C (C R) und nach Einsetzen in (171) ergibt sich die Formel (169) für die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (170). Beispiel 9.15: 12

13 Beispiel 9.16: Der zeitliche Verlauf der Stromstärke i = i(t) in einem Stromkreis mit zeitabhängigem ohmschen Widerstand werde durch die lineare inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung di + cos t i = 2 cos t (t 0) dt beschrieben. Man berechne die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung. Wie lautet die Lösung der Differentialgleichung, wenn die Anfangsbedingung i(0) = 0 gestellt wird? Bezüglich der Lösungsmenge von linearen inhomogenen Differentialgleichungen 1. Ordnung gilt allgemein die folgende Aussage. Darstellung der Lösung einer inhomogenen linearen Differentialgleichung 1. Ordnung Die allgemeine Lösung y = y(x) der Differentialgleichung y + f(x) y = g(x) (mit g(x) 0 ) ist stets in der Form y(x) = y h (x) + y p (x) (173) darstellbar, wobei die folgenden Bezeichnungen gelten y h (x): allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen Differentialgleichung y + f(x) y = 0, y p (x): (beliebige) partikuläre Lösung der inhomogenen Differentialgleichung. Begründung für Formel (173): Sei y h die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen Differentialgleichung, dann gilt: y h + f(x) y h = 0. Jede partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung besitzt die Eigenschaft: y p + f(x) y p = g(x). Die Addition dieser beiden Gleichungen ergibt: y h + f(x) y h + y p + f(x) y p = g(x) (y h + y p ) + f(x)(y h + y p ) = g(x), d.h. die Funktion y(x) = y h (x) + y p (x) erfüllt die Ausgangsgleichung y + f(x) y = g(x) und ist zugleich allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung (da ein freier Parameter in y enthalten ist). Schlussfolgerung aus (173): Zur Ermittlung der allgemeinen Lösung einer inhomogenen Differentialgleichung y + f(x) y = g(x) genügt es, eine partikuläre Lösung y p dieser Gleichung zu bestimmen. Dies ist oft durch einen speziellen Ansatz möglich (siehe dazu den nachfolgenden Abschnitt 9.2.5). Bemerkung: Auch bei linearen Differentialgleichungen 2. und höherer Ordnung besitzt die allgemeine Lösung die Darstellung (173). 13

14 9.2.5 Lineare Differentialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Eine lineare Differentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten hat die Gestalt: y + a y = g(x) mit a R. (174) Es handelt sich um einen Spezialfall der bisher betrachteten Differentialgleichungen vom Typ (166), und zwar gilt hier: f(x) = a, a R. Gemäß den Ausführungen im vorangegangenen Abschnitt ist die Methode der Variation der Konstanten zur Lösung derartiger Differentialgleichungen geeignet. Wenn jedoch die Störfunktion von einem speziellen Funktionstyp (z.b. Exponentialfunktion, Polynom oder trigonometrische Funktion) ist, bietet sich als Alternative die Lösung mit Hilfe eines speziellen Ansatzes an 7. Letztere ist meistens einfacher. Zunächst wird die Vorgehensweise bei einem solchen Lösungsweg beschrieben und anschließend werden mögliche Ansätze vorgestellt. Lösung linearer Differentialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten bei Vorliegen spezieller Störfunktionen 1) Die allgemeine Lösung der zugehörigen homogenen Differentialgleichung y +a y = 0 wird berechnet. Diese Lösung lautet gemäß (167): y h = C e a dx = C e ax (C R). 2) Um eine partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung (174) zu finden, wird ein Ansatz in Form einer Funktion, die im Wesentlichen dem Typ der Störfunktion entspricht, verwendet (häufig verwendete Ansätze: siehe unten). 3) Die allgemeine Lösung y von (174) ergibt sich gemäß (173) als: y = y h + y p. Übersicht über Ansätze für die partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung y + a y = g(x) (a 0) Störfunktion g(x) Lösungsansatz für y p (x) konstante Funktion konstante Funktion y p = a 0, Parameter: a 0 lineare Funktion lineare Funktion y p = a 1 x + a 0 (Polynom 1. Grades) Parameter: a 0, a 1 quadratische Funktion quadratische Funktion y p = a 2 x 2 + a 1 x + a 0 (Polynom 2. Grades) Parameter: a 0, a 1, a 2 Polynom n-ten Grades Polynom n-ten Grades y p = a n x n a 1 x + a 0 Parameter: a 0, a 1,..., a n g(x) = c sin(ωx) y p = A sin(ωx) + B cos(ωx) oder g(x) = c cos(ωx) y p = C sin(ωx + ϕ) g(x) = c 1 sin(ωx) + c 2 cos(ωx) Parameter: A, B bzw. C, ϕ g(x) = b e cx y p = A e cx für c a y p = A x e cx für c = a Parameter: A Hinweise zur Tabelle: - Die in der Tabelle (rechte Spalte) genannten Parameter sind zunächst unbekannt. Nach Einsetzen des gewählten Ansatzes für y p sowie dessen Ableitung y p in die zu lösende Differentialgleichung kann ein Koeffizientenvergleich durchgeführt werden. Dieser liefert Bedingungen (in Form linearer Gleichungen) für die gesuchten Parameter, aus denen diese Parameter berechnet werden können. Die Beispiele 9.17 und 9.18 verdeutlichen diese Vorgehensweise. - Besteht die Störfunktion g(x) aus mehreren additiven Störgliedern, so erhält man den Lösungsansatz für y p als Summe der Lösungsansätze für die Einzelglieder. 7 Dafür wird häufig auch die Bezeichnung Störgliedansatz verwendet. 14

15 Beispiel 9.17: Beispiel 9.18: Beispiel 9.19: 8 Ein Stromkreis mit einem Ohmschen Widerstand R, der Induktivität L und der Wechselspannungsquelle u(t) = u 0 sin(ωt) wird zur Zeit t = 0 geschlossen. Das Zeitverhalten des Stromes i = i(t) wird durch die lineare inhomogene Differentialgleichung 1. Ordnung di dt + R L i = u 0 L sin(ωt) beschrieben. Offensichtlich handelt es sich um eine Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten. Die zu (175) gehörige homogene Differentialgleichung di dt + R L i = 0 hat die allgemeine Lösung i h = C e R L t mit C R (vgl. dazu Relation (167)). Die Störfunktion in der inhomogenen Gleichung (175) hat die Form g(t) = u 0 L sin(ωt), d.h. sie ist vom Typ c sin(ωt). Daher eignet sich der Ansatz i p = A sin(ωt) + B cos(ωt) zur Berechnung einer partikulären Lösung von (175). di Es gilt dann: p = A ω cos(ωt) B ω sin(ωt). Einsetzen in die Differentialgleichung (175) ergibt: dt di p dt + R L i p = A ω cos(ωt) B ω sin(ωt) + R L [A sin(ωt) + B cos(ωt)] = u 0 L sin(ωt) (A ω + RL ) B cos(ωt) + Durch Vergleich der Koeffizienten bei sin(ωt) sowie bei cos(ωt) erhält man: ( B ω + RL A ) sin(ωt) = u 0 L sin(ωt). Die Lösung dieses linearen Gleichungssystems ist: A = u 0 R R 2 + ω 2 L, B = u 0 ω L 2 R 2 + ω 2 L. 2 Damit erhält man als partikuläre Lösung der Gleichung (175): u i p = 0 [R sin(ωt) ωl cos(ωt)]. R 2 + ω 2 L2 Folglich lautet die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (175): R L A B ω = u 0 L A ω + R L B = 0. (175) i = i h + i p = C e R L t + u 0 [R sin(ωt) ωl cos(ωt)] R 2 + ω 2 L2 (C R) Exakte Differentialgleichungen Definition 9.4: Eine Differentialgleichung der Gestalt y = dy g(x, y) = dx h(x, y) oder g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0 (176) heißt exakte Differentialgleichung, wenn der Ausdruck auf der linken Seite der letztgenannten Gleichung das totale Differential einer Funktion f(x, y) (vgl. dazu Abschnitt 7.3 im Skript zur Vorlesung Mathematik 2) ist. Dies bedeutet, dass eine Funktion f(x, y) mit dem totalen Differential df(x, y) = f x (x, y) dx + f y (x, y) dy = g(x, y) dx + h(x, y) dy (177) existieren muss. Die Funktion f(x, y) ist zunächst nicht bekannt, aber mit Hilfe der folgenden Integrabilitätsbedingung : g y (x, y) = h x (x, y) (178) 8 Quelle: W. LEUPOLD (Hrsg.). Mathematik - ein Studienbuch für Ingenieure (Band 2: Reihen - Differentialgleichungen - Analysis für mehrere Variable - Stochastik), 2. Auflage (2006), S

16 kann geprüft werden, ob es sich bei der Gleichung (176) tatsächlich um eine exakte Differentialgleichung handelt. Wenn die Integrabilitätsbedingung erfüllt ist, hat die Differentialgleichung (176) die (in impliziter Form vorliegende) Lösung f(x, y) = C mit C R, wobei f x (x, y) = g(x, y) und f y (x, y) = h(x, y) gilt, siehe (177). Diese beiden Beziehungen werden zur Berechnung der Lösung f(x, y) verwendet. Zunächst wird die erste dieser Gleichungen unbestimmt nach x integriert (wobei zu beachten ist, dass dabei eine von y abhängige Integrationskonstante entsteht). Dann ist f(x, y) bis auf diese additive Konstante bereits bestimmt. Die Berechnung dieser Konstanten erfolgt, indem noch die Bedingung f y (x, y) = h(x, y) berücksichtigt wird. Somit lässt sich die Vorgehensweise bei der Lösung exakter Differentialgleichungen folgendermaßen beschreiben. 9 Lösung der exakten Differentialgleichung g(x, y) dx + h(x, y) dy = 0 1) Berechnung des unbestimmten Integrals g(x, y) dx = G(x, y) + C 0 (y) Die Lösung der gegebenen Differentialgleichung hat die Form f(x, y) = G(x, y) + C 0 (y). 2) Berechnung von: f y (x, y) = y (G(x, y) + C 0(y)) = G(x, y) y + C 0 (y) 3) Gleichsetzung von f y (x, y) mit h(x, y) ergibt eine Gleichung für C 0 (y) 4) Berechnung von C 0 (y) durch unbestimmte Integration (nach y) des Ausdrucks für C 0 (y) 5) Die allgemeine Lösung der gegebenen Differentialgleichung ergibt sich (in impliziter Form) als: f(x, y) = G(x, y) + C 0 (y) = C, mit G(x, y) aus 1), C 0 (y) aus 4) und C R. Beispiel 9.20: Bemerkungen: - Wenn zusätzlich zu der exakten Differentialgleichung eine Anfangsbedingung gegeben ist, kann die Lösung dieses AWP als Summe zweier bestimmter Integrale dargestellt werden, siehe dazu z.b.: G. MERZIGER, G. MÜHLBACH, D. WILLE, TH. WIRTH. Formeln + Hilfen zur höheren Mathematik, 7. Auflage (2014), S Wenn bei einer Differentialgleichung der Form (176) die Integrabilitätsbedingung nicht erfüllt ist, kann das aufgeführte Lösungsverfahren nicht unmittelbar angewendet werden. Gegebenenfalls ist es jedoch möglich, die Gleichung durch Erweitern mit einer speziellen Funktion (integrierender Faktor) in eine exakte Differentialgleichung zu verwandeln. Weitere Ausführungen und Beispiele dazu findet man z.b. in: H.-J. BARTSCH. Taschenbuch mathematischer Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage (2014), S. 549f. oder: W. PREUSS, G. WENISCH (Hrsg.). Lehr- und Übungsbuch Mathematik, Band 2, 3. Auflage (2003), S. 283f. 9.3 Lineare Differentialgleichungen 2. und höherer Ordnung mit konstanten Koeffizienten Derartige Differentialgleichungen sind in der Praxis häufig anzutreffen. Beispielsweise können mechanische und elektromagnetische Schwingungen durch lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden (siehe auch Abschnitt 9.1.2) Lineare Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten Definition 9.5: Eine Differentialgleichung der Form y + ay + by = g(x) (a, b R) (179) heißt lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Beispiel 9.21: 9 Vor Ausführung dieser Lösungschritte ist mittels (178) zu überprüfen, ob tatsächlich eine exakte Differentialgleichung vorliegt. 16

17 Lösung der homogenen Differentialgleichung Ähnlich wie im Abschnitt wird zunächst die zu der inhomogenen Differentialgleichung (179) gehörige homogene Differentialgleichung gelöst. Für die allgemeine Lösung dieser homogenen Differentialgleichung gilt die folgende Aussage. Die allgemeine Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten (siehe (179), speziell mit g(x) 0) ist als Linearkombination zweier linear unabhängiger Lösungen (Basislösungen) y 1 (x) und y 2 (x) darstellbar: y(x) = C 1 y 1 (x) + C 2 y 2 (x) (C 1, C 2 R). (180) Die Lösungen y 1 (x) und y 2 (x) sind linear unabhängig, wenn gilt: W (y 1, y 2 ) = y 1(x) y 2 (x) y 1 (x) y 2 (x) 0 (W (y 1, y 2 ) heißt Wronski-Determinante). Diese Lösungen bilden dann ein Fundamentalsystem der Differentialgleichung (179). Zum Auffinden eines solchen Fundamentalsystems wird ein Lösungsansatz der Form y = Ce λx mit dem zunächst unbekannten Parameter λ verwendet (C sei konstant). Nach Einsetzen dieser Funktion y und ihrer Ableitungen y = Cλe λx, y = Cλ 2 e λx in die zu lösende Differentialgleichung y + ay + by = 0 entsteht die Gleichung Cλ 2 e λx + a Cλe λx + b Ce λx = 0. Nach Division durch Ce λx (unter der Voraussetzung C 0 ist dieser Ausdruck von Null verschieden) ergibt sich eine bezüglich λ quadratische Gleichung, mit deren Hilfe linear unabhängige Lösungen der Differentialgleichung ermittelt werden können. Die Gleichung λ 2 + aλ + b = 0 heißt charakteristische Gleichung der Differentialgleichung y + ay + by = 0. (181) Bezüglich der Lösungsmenge der Gleichung (181) sind die folgenden Fälle zu unterscheiden: 1. Fall: zwei verschiedene reelle Lösungen λ 1, λ 2 der charakteristischen Gleichung y 1 = e λ 1x und y 2 = e λ 2x bilden ein Fundamentalsystem der Differentialgleichung. 2. Fall: zwei gleiche reelle Lösungen λ 1 = λ 2 = a der charakteristischen Gleichung 2 y 1 = e λ1x und y 2 = x e λ1x erfüllen die Differentialgleichung und bilden ein Fundamentalsystem der Differentialgleichung. 3. Fall: zwei konjugiert-komplexe Lösungen λ 1 = α + jβ, λ 2 = α jβ der charakteristischen Gleichung (α, β R, β 0): Zunächst können die (komplexwertigen) Lösungen: e (α+jβ)x und e (α jβ)x gebildet werden. Mit e (α+jβ)x = e αx e jβx = e αx [cos(βx) + j sin(βx)] (und analog für e (α jβ)x ) erhält man die reellen Lösungen y 1 = e αx sin(βx) und y 2 = e αx cos(βx). Diese bilden ein Fundamentalsystem der Differentialgleichung. Die Aussage, dass die Lösungen y 1 und y 2 in den genannten Fällen jeweils linear unabhängig sind (d.h. ein Fundamentalsystem bilden), lässt sich mit Hilfe der Wronski-Determinante rechnerisch leicht begründen. Beispielsweise gilt im 1. Fall: W (y 1, y 2 ) = y 1 y 2 y 1 y 2 = e λ 1x e λ 2x λ 1 e λ 1x λ 2 e λ 2x = (λ 2 λ 1 )e λ1x e λ 2x 0, da λ 1 λ 2. Zur Ermittlung der allgemeinen Lösung einer homogenen linearen Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten sind somit die folgenden Arbeitsschritte erforderlich. 17

18 Berechnung der allgemeinen Lösung der Differentialgleichung y + ay + by = 0 1) Aufstellen der charakteristischen Gleichung λ 2 + aλ + b = 0 2) Lösen der charakteristischen Gleichung und Aufstellen des Fundamentalsystems {y 1 (x), y 2 (x)} der Differentialgleichung entsprechend der Fallunterscheidung (siehe vorige Seite) 3) Bilden einer Linearkombination der Lösungen y 1 (x) und y 2 (x) gemäß (180) Beispiel 9.22: Lösung der inhomogenen Differentialgleichung Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (179) ist darstellbar in der Form y(x) = y h (x) + y p (x) (vgl. auch (173) im Fall einer linearen Differentialgleichung 1. Ordnung). Ähnlich wie bei linearen Differentialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten kann zur Ermittlung einer partikulären Lösung der inhomogenen Differentialgleichung auf spezielle Ansätze zurückgegriffen werden, wenn die Störfunktion z.b. eine Exponentialfunktion, ein Polynom oder eine trigonometrische Funktion ist. Zuerst wird die Vorgehensweise bei einem solchen Lösungsweg beschrieben und anschließend werden mögliche Ansätze aufgezählt. Lösung linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten bei Vorliegen spezieller Störfunktionen 1) Die allgemeine Lösung y h der zugehörigen homogenen Differentialgleichung y + ay + by = 0 wird berechnet (gemäß der im Abschnitt beschriebenen Vorgehensweise, siehe oben). 2) Um eine partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung (179) zu finden, wird ein Ansatz in Form einer Funktion, die im Wesentlichen dem Typ der Störfunktion entspricht, verwendet (häufig verwendete Ansätze: siehe nächste Seite). 3) Die allgemeine Lösung y der Gleichung (179) ergibt sich als: y = y h + y p. 18

19 Übersicht über Ansätze für die partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung y + ay + by = g(x) Störfunktion g(x) Lösungsansatz für y p (x) Polynom vom Grad n y p = Q n (x) falls b 0, d.h.: 0 ist keine Lösung der charakteristischen g(x) = P n (x) Gleichung y p = x Q n (x) falls a 0, b = 0, d.h.: 0 ist eine einfache Lösung der charakteristischen Gleichung y p = x 2 Q n (x) falls a = b = 0, d.h.: 0 ist eine doppelte Lösung der charakteristischen Gleichung Q n (x): Polynom vom Grad n Parameter: Koeffizienten des Polynoms Q n (x) Exponentialfunktion y p = A e cx falls c keine Lösung der charakteristischen Gleichung g(x) = de cx (c, d R) y p = Ax e cx falls c eine einfache Lösung der charakteristischen Gleichung y p = Ax 2 e cx falls c eine doppelte Lösung der charakteristischen Gleichung Parameter: jeweils A Sinusfunktion g(x) = d 1 sin(βx) (d 1, β R) oder oder y p = C sin(βx + ϕ) Kosinusfunktion g(x) = d 2 cos(βx) (d 2, β R) Falls jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = A sin(βx) + B cos(βx) Falls jβ eine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = x [A sin(βx) + B cos(βx)] oder Linearkombination oder y p = Cx sin(βx + ϕ) aus beiden Funktionen Parameter: jeweils A, B bzw. C, ϕ g(x) = e cx P n (x) y p = e cx Q n (x) falls c keine Lösung der charakteristischen Gleichung (P n (x): Polyn. vom Grad n, y p = x e cx Q n (x) falls c eine einfache Lösung der charakterist. Gleichung c R) g(x) = e cx sin(βx) oder g(x) = e cx cos(βx) (c, β R) oder Linearkombination g(x) = P n (x) sin(βx) oder y p = x 2 e cx Q n (x) falls c eine doppelte Lösung der charakterist. Gleichung Q n (x): Polynom vom Grad n Parameter: Koeffizienten dieses Polynoms Falls c + jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = e cx [A sin(βx) + B cos(βx)] Falls c + jβ eine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = x e cx [A sin(βx) + B cos(βx)] Parameter: jeweils A, B Falls jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = Q n (x) sin(βx) + R n (x) cos(βx) g(x) = P n (x) cos(βx) Falls jβ eine Lösung der charakteristischen Gleichung: (P n (x): Polyn. vom Grad n, y p = x [Q n (x) sin(βx) + R n (x) cos(βx)] β R) Hinweise zur obigen Tabelle: Q n (x), R n (x): Polynome vom Grad n Parameter: Koeffizienten dieser Polynome - Besteht die Störfunktion g(x) aus mehreren additiven Störgliedern, so erhält man den Lösungsansatz für y p als Summe der Lösungsansätze für die Einzelglieder. - Die Fälle, in denen c (bzw. jβ oder c + jβ) eine Lösung der charakteristischen Gleichung ist, entsprechen der Situation, dass die Störfunktion in der allgemeinen Lösung der homogenen Differentialgleichung vorkommt. Man spricht in derartigen Fällen auch von Resonanz. Beispiel 9.23: 19

20 Bemerkungen: - Sind zu der Differentialgleichung (179) zusätzlich Anfangsbedingungen (AB) vorgegeben, so bleiben diese zunächst unberücksichtigt. Erst nach Berechnung der allgemeinen Lösung der Differentialgleichung werden diese eingearbeitet, d.h. aus diesen AB werden Bedingungsgleichungen für die Konstanten C 1 und C 2 (siehe (180)) in der allgemeinen Lösung aufgestellt und anschließend gelöst. - Wenn eine inhomogene lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten zu lösen ist, bei der die Störfunktion nicht die in der obigen Tabelle aufgeführte Form hat, kann zum Auffinden einer partikulären Lösung y p die Methode der Variation der Konstanten angewendet werden. Dabei wird nach Ermittlung des Fundamentalsystems {y 1 (x), y 2 (x)} für die zugehörige homogene Differentialgleichung ein Ansatz in der Form y p = c 1 (x)y 1 + c 2 (x)y 2 aufgestellt (für weitere Details siehe z.b.: G. MERZIGER, G. MÜHLBACH, D. WILLE, TH. WIRTH. Formeln + Hilfen zur höheren Mathematik, 7. Auflage, S. 169) Anwendungsbeispiele für lineare Differentialgleichungen 2. Ordng. mit konstanten Koeffizienten Beispiel 9.24: Differentialgleichung einer mechanischen Schwingung (Schwingungsgleichung) 10 Das betrachtete System besteht aus einer Masse m, einer dem Hookeschen Gesetz genügenden elastischen Feder und einer Dämpfungsvorrichtung (wesentlicher Unterschied zu der im Beispiel 9.3 betrachteten Situation). Annahme: Feder und Dämpfungskolben seien masselos. Mit x = x(t) wird die Auslenkung der Feder aus der Gleichgewichtslage (Ruhelage) zur Zeit t (t 0) bezeichnet. Auf die Masse m wirken die folgenden Kräfte ein: m elast. Feder Dämpfungsvorrichtg. - Rückstellkraft der Feder: F 1 = cx (c: Federkonstante; c > 0) - Dämpfungskraft, proportional zur Geschwindigkeit v = ẋ: F 2 = bv = bẋ (b: Dämpferkonstante) - eine von außen einwirkende, meist zeitabhängige Kraft: F 3 = F (t) Nach dem Newtonschen Grundgesetz der Mechanik gilt: ma = F 1 + F 2 + F 3 mẍ = cx bẋ + F (t) Das schwingungsfähige System wird somit durch die folgende lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten beschrieben: mẍ + bẋ + cx = F (t). Diese Gleichung wird auch als Schwingungsgleichung der Mechanik bezeichnet. Bei mechanischen Schwingungen werden die folgenden speziellen Schwingungstypen unterschieden: 1. freie Schwingungen Das System unterliegt keiner äußeren Kraft, d.h. es gilt: F (t) = 0. Dabei wird noch die folgende Unterscheidung getroffen: a) freie ungedämpfte Schwingung In der Schwingungsgleichung ist b = 0 zu setzen, d.h. man erhält die Gleichung mẍ + cx = 0 zur Beschreibung dieses Schwingungstyps. Die allgemeine Lösung dieser Differentialgleichung lautet (siehe dazu Abschnitt ): x(t) = C 1 sin(ω 0 t) + C 2 cos(ω 0 t) mit ω 2 0 = c m und C 1, C 2 R. 10 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S

21 b) freie gedämpfte Schwingung Dieser Schwingungstyp wird durch die Gleichung mẍ + bẋ + cx = 0 (b 0) bzw. ẍ + 2δẋ + ω 2 0x = 0 ( 2δ = b m, ω2 0 = c ) m beschrieben. Die Größe δ wird als Dämpfungsfaktor oder Abklingkonstante und die Größe ω 0 als Eigenoder Kennkreisfrequenz bezeichnet. Bei freien gedämpften Schwingungen wird noch unterschieden: δ < ω 0 (schwache Dämpfung): Es handelt sich um eine Schwingung mit abnehmender Amplitude, siehe dazu Bild 9.2a). Die allgemeine Lösung der zugehörigen Schwingungsgleichung lautet (siehe dazu auch Abschnitt ): x(t) = e δt [C 1 sin(βt) + C 2 cos(βt)] mit β = ω0 2 δ2 und C 1, C 2 R (wegen δ < ω 0 gilt: β R, β > 0). δ = ω 0 (aperiodischer Grenzfall): Es findet keine Schwingung im eigentlichen Sinne statt. Das System bewegt sich aperiodisch auf die Gleichgewichtslage zu, siehe dazu Bild 9.2b). In diesem Fall hat die Schwingungsgleichung die allgemeine Lösung x(t) = e δt (C 1 + C 2 t) mit C 1, C 2 R. δ > ω 0 (starke Dämpfung, Kriechfall): Auch hier liegt ein aperiodisches Verhalten vor, das System bewegt sich im Laufe der Zeit asymptotisch auf die Gleichgewichtslage zu. Dies geschieht jedoch langsamer als im aperiodischen Grenzfall, siehe dazu Bild 9.2c). Die allgemeine Lösung der Schwingungsgleichung lautet in diesem Fall: x(t) = C 1 e α1t + C 2 e α 2t mit α 1,2 = δ ± δ 2 ω0 2 und C 1, C 2 R (wegen δ > ω 0 gilt: α 1,2 R und α 1,2 < 0). x(t) x(t) t t δ = 0.25, ω 0 = 3.5 δ = ω 0 = 1.5 x(t) Bild 9.2a) Bild 9.2b) t Hinweise: δ = 1.5, ω 0 = 0.9 Bild 9.2c) - Wenn zusätzlich zu der Schwingungsgleichung noch Anfangsbedingungen (Auslenkung und Geschwindigkeit zum Zeitpunkt t = 0) vorgegeben sind, können die Werte der Konstanten C 1 und C 2 in der allgemeinen Lösung bestimmt werden, d.h. man gelangt dann zu einer speziellen Lösung der Schwingungsgleichung. 21

22 - In den Bildern 9.2b) und 9.2c) ist jeweils die Situation dargestellt, dass die Funktion x(t) genau eine Nullstelle besitzt. In Abhängigkeit von den Anfangsbedingungen kann auch der Fall eintreten, dass x(t) keine Nullstelle hat. Für eine ausführliche Diskussion dieser Problematik sei auf die folgende Literaturstelle verwiesen: A. FETZER, H. FRÄNKEL. Mathematik 2: Lehrbuch für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge. Springer, 6. Auflage, 2009, S erzwungene Schwingungen Das System unterliegt einer von außen einwirkenden zeitabhängigen periodischen Kraft F (t) = F 0 sin(ωt) mit der Erregerkreisfrequenz ω: mẍ + bẋ + cx = F 0 sin(ωt). In diesem Fall liegt also eine inhomogene Differentialgleichung vor. Auch bei erzwungenen Schwingungen wird zusätzlich unterschieden, ob es sich um eine ungedämpfte Schwingung handelt oder ob eine Dämpfung vorliegt. a) erzwungene ungedämpfte Schwingung In der o.g. Schwingungsgleichung ist b = 0 zu setzen. Wenn die Erregerkreisfequenz ω mit der Eigenkreisfrequenz ω 0 = c m des Systems übereinstimmt, dann tritt Resonanz ein. b) erzwungene gedämpfte Schwingung In diesem Fall gilt b 0. Detaillierte Informationen bezüglich erzwungener Schwingungen bei schwacher Dämpfung (d.h. δ < ω 0 ) findet man z.b. in: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage, 2009, S Beispiel 9.25: siehe Übung Beispiel 9.26: Schwingungsgleichung eines elektrischen Reihenschwingkreises Die Differentialgleichung des elektrischen Reihenschwingkreises lautet: oder L d2 i dt 2 + R di dt + 1 C i = du a dt, d 2 i di + 2δ dt2 dt + ω2 0 i = 1 du a L dt mit δ = R 2L, ω 0 = 1 LC, wobei i = i(t) die Stromstärke, R den ohmschen Widerstand, L die Induktivität, C die Kapazität und u a = u a (t) die von außen angelegte Spannung bezeichnet. Der elektrische Reihenschwingkreis ist das elektrische Analogon zum Feder-Masse-Schwinger Lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung (n 3) mit konstanten Koeffizienten Definition 9.6: Eine Differentialgleichung n-ter Ordnung vom Typ y (n) + a n 1 y (n 1) a 1 y + a 0 y = g(x) (a 0, a 1,..., a n 1 R) (182) heißt lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Beispiel 9.27: 22

23 Die Vorgehensweise beim Lösen solcher Differentialgleichungen ist weitestgehend analog zu den bereits betrachteten linearen Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten (siehe Abschnitte ). Auch jetzt wird zunächst wieder die zu (182) gehörige homogene Differentialgleichung betrachtet. Die allgemeine Lösung der homogenen Differentialgleichung y (n) + a n 1 y (n 1) a 1 y + a 0 y = 0 ist in der Form y(x) = C 1 y 1 (x) + C 2 y 2 (x) C n y n (x) (C 1, C 2,..., C n R) (183) darstellbar, wobei die Funktionen y 1 (x), y 2 (x),..., y n (x) ein Fundamentalsystem (d.h. ein System linear unabhängiger Lösungen) bilden. Das Auffinden eines Fundamentalsystems erfolgt wiederum durch Lösung der charakteristischen Gleichung. Diese lautet: λ n + a n 1 λ n a 1 λ + a 0 = 0. (184) Da es sich bei (184) um eine Gleichung n-ter Ordnung (n 3) in λ handelt, ist die Ermittlung der Lösungen dieser Gleichung meist schwieriger als bei der charakteristischen Gleichung für Differentialgleichungen 2. Ordnung (dort liegt stets eine quadratische Gleichung in λ vor). Bezüglich der Lösungsmenge der Gleichung (184) sind die folgenden Fälle zu unterscheiden: 1. Fall: Alle Lösungen sind reell und paarweise verschieden. Fundamentalsystem der Differentialgleichung : y 1 = e λ 1x, y 2 = e λ 2x,..., y n = e λnx allgemeine Lösung der Differentialgleichung : y = C 1 e λ 1x + C 2 e λ 2x C n e λnx 2. Fall: Es treten mehrfache reelle Lösungen auf. Sei λ = α eine m-fache reelle Lösung der charakteristischen Gleichung, d.h. λ 1 = λ 2 =... = λ m = α, so gehören zu hierzu die m linear unabhängigen Lösungen: y 1 = e αx, y 2 = x e αx, y 3 = x 2 e αx,..., y m = x m 1 e αx. Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung enthält daher die folgenden Summanden: C 1 e αx + C 2 x e αx + C 3 x 2 e αx C m x m 1 e αx. 3. Fall Es treten konjugiert-komplexe Lösungen auf. Sei λ 1,2 = α ± jβ eine (einfache) konjugiert-komplexe Lösung der charakteristischen Gleichung, dann sind die (reellwertigen) Funktionen y 1 = e αx sin(βx) und y 2 = e αx cos(βx) linear unabhängige Lösungen der Differentialgleichung. In der allgemeinen Lösung der Differentialgleichung liefern sie den Beitrag: C 1 e αx sin(βx) + C 2 e αx cos(βx) = e αx [C 1 sin(βx) + C 2 cos(βx)]. Die Lösung der inhomogenen Differentialgleichung (182) besitzt die Darstellung y = y h + y p. Eine partikuläre Lösung y p der Differentialgleichung kann wiederum mittels eines geeigneten Ansatzes gefunden werden, wenn die Störfunktion g(x) z.b. eine Exponentialfunktion, ein Polynom oder eine trigonometrische Funktion ist 11. Mögliche Lösungsansätze ist auf der nächsten Seite dargestellt. 11 Wenn dies nicht zutrifft, kommt die Methode der Variation der Konstanten zur Anwendung, vgl. dazu die Bemerkung am Ende des Abschnitts

24 Ansätze für die partikuläre Lösung y p der inhomogenen Differentialgleichung y (n) + a n 1 y (n 1) a 1 y + a 0 y = g(x), n 3 Störfunktion g(x) Lösungsansatz für y p (x) Polynom vom Grad k y p = Q k (x) falls a 0 0, d.h.: 0 ist keine Lösung der charakt. Gleichg. g(x) = P k (x) y p = x l Q k (x) falls a 0 = a 1 =... = a l 1 = 0 (l 1), d.h.: 0 ist eine l-fache Lösung der charakt. Gleichung Q k (x): Polynom vom Grad k Parameter: Koeffizienten des Polynoms Q k (x) Exponentialfunktion y p = A e cx falls c keine Lösung der charakteristischen Gleichung g(x) = de cx (c, d R) y p = A x m e cx falls c eine m-fache Lösung der charakt. Gleichung Parameter: jeweils A Sinusfunktion g(x) = d 1 sin(βx) (d 1, β R) oder Kosinusfunktion g(x) = d 2 cos(βx) (d 2, β R) oder Linearkombination Falls jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = A sin(βx) + B cos(βx) Falls jβ eine m-fache Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = x m [A sin(βx) + B cos(βx)] Parameter: jeweils A, B g(x) = e cx P k (x) y p = e cx Q k (x) falls c keine Lösung der charakteristischen Gleichg. (P k (x): Polyn. vom Grad k, y p = x m e cx Q k (x) falls c eine m-fache Lösung der charakt. Gleichg. c R) g(x) = e cx sin(βx) oder g(x) = e cx cos(βx) (c, β R) oder Linearkombination g(x) = P k (x) sin(βx) oder Q k (x): Polynom vom Grad k Parameter: Koeffizienten dieses Polynoms Falls c + jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = e cx [A sin(βx) + B cos(βx)] Falls c + jβ eine m-fache Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = x m e cx [A sin(βx) + B cos(βx)] Parameter: jeweils A, B Falls jβ keine Lösung der charakteristischen Gleichung: y p = Q k (x) sin(βx) + R k (x) cos(βx) g(x) = P k (x) cos(βx) Falls jβ eine m-fache Lösung der charakteristischen Gleichung: (P k (x): Polyn. vom Grad k, y p = x m [Q k (x) sin(βx) + R k (x) cos(βx)] β R) Hinweis zur obigen Tabelle: Q k (x), R k (x): Polynome vom Grad k Parameter: Koeffizienten dieser Polynome Besteht die Störfunktion g(x) aus mehreren additiven Störgliedern, so erhält man den Lösungsansatz für y p als Summe der Lösungsansätze für die Einzelglieder. Beispiel 9.28: Beispiel 9.29: 24

25 Abschließend wird eine Anwendungssituation für lineare Differentialgleichungen 4. Ordnung mit konstanten Koeffizienten vorgestellt. Beispiel 9.30: Eulersche Knicklast für einen Stab 12 Ein elastischer Stab der Länge l verlaufe in Richtung der x-achse und sei an einem Ende eingespannt, an dem anderen Ende gelenkig gelagert. Die konstante Biegesteifigkeit des Stabes sei α. In Richtung der Stabachse wirkt eine Einzelkraft F. Dann genügt die Durchbiegung y(x) des Stabes für 0 < x < l der Differentialgleichung F y (4) + µ 2 y = 0 mit µ = α. Die Lösung dieser Differentialgleichung muss zudem die folgenden Randbedingungen erfüllen: y(0) = 0, y(l) = 0 (da an den Stabenden keine Durchbiegung vorliegt) y (0) = 0 y (l) = 0 (da an dem eingespannten Ende die Tangente an die Biegelinie horizontal verläuft) (da das Biegemoment M b (x) = αy (x) an dem gelenkig gelagerten Stabende verschwindet). Zur Berechnung der Durchbiegung des Stabes ist somit ein Randwertproblem (vgl. dazu auch Abschnitt 9.1.3) zu lösen. Dazu sei bemerkt, dass dieses Randwertproblem stets (d.h. für jeden beliebigen Wert von µ) die triviale Lösung y 0 hat, die jedoch aus praktischer Sicht nicht von Interesse ist. Dagegen existieren nichttriviale Lösungen des Randwertproblems nur für bestimmte Werte von µ. Die zu dem kleinsten µ-wert gehörige Kraft wird als Eulersche Knicklast bezeichnet Lösung der Eulerschen Differentialgleichung durch Rückführung auf eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten Definition 9.7: Eine Differentialgleichung der Form a n x n y (n) +a n 1 x n 1 y (n 1) +...+a 1 xy +a 0 y = g(x) (a 0, a 1,..., a n R, a n 0) (185) wird als Eulersche Differentialgleichung bezeichnet. Beispiel 9.31: Offensichtlich handelt es sich bei der Eulerschen Differentialgleichung nicht um eine Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten, da vor der i-ten Ableitung (0 i n) der gesuchten Funktion y(x) jeweils der von x abhängige Koeffizient a i x i steht. Auf Grund der speziellen Struktur dieser Koeffizienten ist jedoch eine Rückführung auf eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten möglich. Bei den weiteren Betrachtungen wird die Einschränkung x > 0 vorgenommen. 12 Quelle:W. LEUPOLD (Hrsg.). Mathematik - ein Studienbuch für Ingenieure (Band 2: Reihen - Differentialgleichungen - Analysis für mehrere Variable - Stochastik), 2. Auflage (2006), S

26 Vorgehensweise bei der Lösung Eulerscher Differentialgleichungen Eine Eulersche Differentialgleichung kann für x > 0 durch die Substitution y(x) = u(t) mit x = e t (186) auf eine lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten zurückgeführt werden. Dazu müssen noch die Terme x y, x 2 y,... aus der Differentialgleichung (185) mit Hilfe der Funktion u und ihrer Ableitungen (nach t) ausgedrückt werden. Es gilt: x y = du dt, x2 y = d2 u dt 2 du dt, x3 y = d3 u dt 3 3 d2 u dt du dt (187) (Erläuterung zu diesen Beziehungen: siehe unten). Bei Bedarf sind weitere Produkte der Form x i y (i), 4 i n, zu berechnen. Mit Hilfe der Beziehungen (187) werden die Terme x y, x 2 y,... in der Differentialgleichung (185) durch Ableitungen der Funktion u(t) ersetzt und die rechte Seite g(x) wird in der Form g(e t ) geschrieben. Dann entsteht eine lineare Differentialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten a 0, a 1,..., a n, deren Lösung die Funktion u(t) ist. Zur Lösung dieser Gleichung können (bei passender Struktur der Störfunktion) die in den Abschnitten bzw vorgestellten Methoden angewendet werden. Nach Berechnung von u(t) ist eine Rücksubstitution durchzuführen, um die Lösung y(x) der Ausgangsgleichung zu erhalten (siehe dazu (186)). Erläuterung zu (187): Die Differentiation der Funktion u(t) = y(x(t)) nach der Kettenregel (siehe Abschnitt im Skript zur Vorlesung Mathematik 1) ergibt unter Beachtung von (186): du dt = dy(x(t)) = dy dt dx dx dt = y e t = y x. Nochmaliges Differenzieren bei zusätzlicher Anwendung der Produktregel liefert: d 2 u dt 2 = d dt (y e t ) = y (e t ) 2 + y e t = y x 2 + du dt x 2 y = d2 u dt 2 du dt. Beispiel 9.32: Bemerkung: Als Spezialfall wird nun die Eulersche Differentialgleichung (185) mit n = 1 betrachtet: a 1 xy + a 0 y = g(x). Unter der Voraussetzung x > 0 geht diese Gleichung nach Division durch (a 1 x) über in: y + a0 a 1x y = g(x) a 1x. Dabei handelt es sich um eine lineare Differentialgleichung 1. Ordnung (vgl. Formel (166)) für die gesuchte Funktion y(x). Zur Lösung dieser Differentialgleichung kann die Methode der Variation der Konstanten (Formel (169)) angewendet werden, d.h. in dem vorliegenden Spezialfall ist es nicht erforderlich, die Substitution (186) durchzuführen. 26

27 9.4 Die Laplace-Transformation und ihre Anwendungen Spezielle Funktionen (I) Die Einheitssprungfunktion (Heaviside-Funktion) Diese ist wie folgt definiert: { 0 für t < 0 ε(t) = 1 für t 0, d.h. es handelt sich um eine stückweise konstante Funktion, siehe Bild 9.3. (188) ε 1 0 Bild 9.3 Diese Funktion findet Anwendung bei der Beschreibung von Einschaltvorgängen in technischen Sachverhalten (siehe nachfolgendes Beispiel). Beispiel 9.33: t Die Funktion ε(t) besitzt die sog. Ausblendeigenschaft, d.h. mit Hilfe von ε(t) kann eine Funktion f(t) für alle t aus einem gewissen Teilbereich des Definitionsbereiches gleich 0 gesetzt ( ausgeblendet ) werden. Diese Eigenschaft wird im folgenden genauer erläutert. Sei ε(t) die durch (188) gegebene Funktion und f(t) eine (beliebige) Funktion der Variablen t R. Dann gilt: [ε(t a) ε(t b)] f(t) = 0 für t < a und t b (a, b R und a < b), [ε(t a) ε(t b)] f(t) = f(t) für a t < b, (189) d.h. es entsteht eine Funktion, die im Intervall [a, b) gleich der ursprünglichen Funktion f(t) ist und sonst verschwindet. Die unter (189) genannten Eigenschaften können folgendermaßen begründet werden. Es gilt: { 0 für t a < 0, d.h. für t < a ε(t a) = (siehe Bild 9.4a)) sowie 1 für t a 0, d.h. für t a { 0 für t b < 0, d.h. für t < b ε(t b) = (siehe Bild 9.4b)). 1 für t b 0, d.h. für t b Damit ist ε(t a) ε(t b) = 0 0 = 0 für t < a sowie ε(t a) ε(t b) = 1 1 = 0 für t b, woraus sofort (189) (die erste Eigenschaft) folgt. Weiterhin ist ε(t a) ε(t b) = 1 0 = 1 für a t < b (siehe Bild 9.4c)), d.h. dort gilt: [ε(t a) ε(t b)] f(t) = 1 f(t) = f(t), womit auch die zweite Eigenschaft aus (189) bestätigt ist. 1 ε(t a) ε(t b) 1 1 ε(t a) ε(t b) 0 a t 0 b t 0 a b t Bild 9.4a) Bild 9.4b) Bild 9.4c) 27

28 (II) Die Diracsche δ-funktion (Dirac-Stoß, Impulsfunktion) Ein sehr kurzzeitig wirkender Impuls (z.b. Hammerschlag oder Stromstoß) kann durch einen Rechteckimpuls (vgl. dazu Bild 9.4c)), welcher zeitlich stark begrenzt ist und eine sehr große Amplitude besitzt, beschrieben werden. Dies führt zu der folgenden Definition der δ-funktion: δ(t t 0 ) = { 0 für t t0 für t = t 0, (190) d.h. hier wird der Gesamtimpuls auf einen Zeitpunkt t = t 0 konzentriert. Es sei bemerkt, dass es sich bei der δ-funktion um eine verallgemeinerte Funktion handelt, denn für eine Funktion im eigentlichen Sinne ist ja der Funktionswert nicht möglich. Es gelten die folgenden symbolischen Beziehungen: b a δ(t t 0 ) dt = 1, { f(t0 ) für a t 0 b δ(t t 0 )f(t) dt = 0 sonst d.h. δ(t t 0 ) ordnet dieser Funktion ihren Wert bei t = t 0 zu. für eine auf (, ) stetige Funktion f(t), Für weitere Informationen über die δ-funktion (z.b. die Darstellung dieser Funktion als eine Folge stetiger Funktionen) sei auf die folgende Literaturstelle verwiesen: W. PREUSS, G. WENISCH (Hrsg.): Lehr- und Übungsbuch Mathematik für Elektro- und Automatisierungstechniker, 1998, S Die Laplace-Transformation: Definition und Rechenregeln Definition 9.8: Sei f(t) eine reellwertige Funktion der reellen Variablen t, wobei f(t) = 0 für t < 0 gelte. Die Laplace-Transformation von f(t) ist definiert durch: F (s) = L{f(t)} = 0 e st f(t) dt mit s C. (191) Bezeichnungen: f(t) - Originalfunktion, F (s) - Bildfunktion (Laplace-Transformierte) Die Menge der Originalfunktionen wird als Originalbereich, die Menge der Bildfunktionen als Bildbereich bezeichnet. Die Laplace-Transformation ist eine Funktionaltransformation, die einer Funktion der reellen Variablen t eine Funktion der komplexen Variablen s zuordnet 13. Der Zusammenhang zwischen der Originalfunktion f(t) und der Bildfunktion F (s) wird auch als Korrespondenz bezeichnet und durch f(t) F (s) symbolisiert. Da es sich bei dem Integral in (191) um ein uneigentliches Integral (siehe Abschnitt 6.5 im Skript zur Vorlesung Mathematik 2) handelt, muss noch geklärt werden, unter welchen Bedingungen dieses Integral konvergiert (und damit die Laplace-Transformierte von f(t) überhaupt existiert). Hinreichende Bedingungen für die Existenz der Laplace-Transformierten: (I) Die Funktion f(t) ist stückweise stetig (d.h. sie kann aus endlich vielen stetigen Teilfunktionen zusammengesetzt werden). (II) Es existieren reelle Konstante α und M > 0 so, dass f(t) M e αt gilt. Die Laplace-Transformierte existiert dann für alle s mit Re(s) > α. 13 Manchmal wird bei der Definition der Laplace-Transformation auch die Variablenbezeichnung p anstelle von s verwendet. 28

29 Beispiel 9.34: Die Laplace-Transformierte der Einheitssprungfunktion ε(t) (siehe (188)) ist zu berechnen. Sei s C mit s = s 1 + js 2. Mit f(t) = ε(t) erhält man nach Formel (191) und unter Berücksichtigung der Gesetzmäßigkeiten für die Berechnung uneigentlicher Integrale (siehe dazu Abschnitt 6.5 im Lehrmaterial Mathematik 2): F (s) = L{f(t)} = L{ε(t)} = [ = lim 1 c s e (s 1+js 2 )t 0 ] c 0 c e st 1 dt = lim c [ = lim 1 c s e s 1t e js 2t 0 [ e st dt = lim 1 ] c c s e st 0 = 1 s lim c e s 1c lim c e js 2c + 1 s = 1 s, falls s 1 = Re(s) > 0, denn dann gilt: lim c e s 1c = 0 (der Faktor lim c e js 2c ist stets beschränkt). Beispiel 9.35: { 0 für t < 0 Sei f(t) = e at für t 0, wobei a C mit a = α + jβ. ] c 0 = 1 s lim c (e s 1c e js 2c ) + 1 s 1 1 Dann wird die Laplace-Transformierte von f(t) wie folgt berechnet (es sei wiederum s = s 1 + js 2 ): F (s) = 0 = lim c e st f(t) dt = 0 [ 1 s a e (s a)t c e st e at dt = e (s a)t dt = lim e (s a)t dt c 0 0 [ ] 1 c = lim c s a e (s 1 α)t e j(s 2 β)t ] c 0 = 1 s a lim c (e (s 1 α)c e j(s 2 β)c ) + 1 s a = 1 s a, falls s 1 = Re (s) > α, denn dann gilt: lim c e (s 1 α)c = 0 (der Faktor lim c e j(s 2 β)c ist stets beschränkt). Unter der inversen Laplace-Transformation (Rücktransformation) versteht man die Berechnung der Originalfunktion f(t) aus einer gegebenen Bildfunktion F (s). Formel für die inverse Laplace-Transformation (Rücktransformation) f(t) = L 1 {F (s)} = 1 2πj c+j c j e st F (s) dt 0 Da die Berechnung der Laplace-Transformierten bzw. ihrer Inversen mit Hilfe der genannten Formeln nicht unbedingt einfach ist, greift man häufig auf die Korrespondenztabellen für die Laplace-Transformation zurück. Dort kann für bestimmte Funktionstypen f(t) sofort die Bildfunktion F (s) abgelesen werden und umgekehrt kann für bestimmte Bildfunktionen F (s) sofort die Originalfunktion f(t) gefunden werden. Derartige Tabellen sind in Formelsammlungen zu finden, siehe z.b.: G. MERZIGER, G. MÜHLBACH, D. WILLE, TH. WIRTH. Formeln + Hilfen zur höheren Mathematik, 7. Auflage, S. 125 oder: H.-J. BARTSCH. Taschenbuch mathematischer Formeln für Ingenieure und Naturwissenschaftler, 23. Auflage (2014), S. 639ff. Die nachfolgende Tabelle (siehe nächste Seite) enthält spezielle Korrespondenzen der Laplace-Transformation. Einige dieser Korrespondenzen resultieren unmittelbar aus den zuvor genannten Rechenregeln (z.b. dem Verschiebungssatz) bzw. den zugehörigen Umkehrtransformationen. 29

30 ε(t) Einige spezielle Korrespondenzen der Laplace-Transformation Mit ε(t) ist die Einheitssprungfunktion bezeichnet, mit δ(t) der Dirac-Stoß (Impulsfunktion). Es gilt a, b R und a > 0, Re(s) sei hinreichend groß. f(t) F (s) = L{f(t)} f(t) F (s) = L{f(t)} ε(t a) 1 s e as s ε(t a) e b(a t) 1 b ε(t a) (1 e b(a t) ) (b 0) e as s + b e as s(s + b) δ(t) 1 ε(t a) (t a) e b(a t) e as (s + b) 2 δ(t a) e as 1 b ε(t a) sin[b(a t)] (b 0) e as s 2 + b 2 Hinweis: In einigen Formelsammlungen ist die Korrespondenz 1 1 s zu finden. Da bei der Originalfunktion f(t) stets f(t) = 0 für t < 0 vorausgesetzt wird, entspricht dies genau der Korrespondenz ε(t) 1 s obigen Tabelle (vgl. auch Formel (188)). in der Wenn eine gegebene, echt gebrochenrationale Bildfunktion jedoch nicht in der Korrespondenztabelle zu finden ist, sollte diese Funktion in reelle Partialbrüche (siehe dazu : Skript Mathematik 2, Abschnitt 6.2.3) zerlegt werden. Anschließend kann für jeden Summanden der Partialbruchzerlegung die Rücktransformation vorgenommen werden und die gesuchte Originalfunktion entsteht als Summe dieser Teilresultate. Eine Alternative zu dieser Vorgehensweise bietet (unter gewissen Voraussetzungen) die Anwendung der Heaviside schen Formel. Heaviside sche (Umkehr-)Formel (oder: Heaviside scher Entwicklungssatz) Gegeben sei eine echt gebrochenrationale Bildfunktion: F (s) = P (s) Q(s) (P (s) : Zählerpolynom, Q(s) : Nennerpolynom). Unter der Voraussetzung, dass das Nennerpolynom Q(s) nur einfache Nullstellen besitzt, kann die zu F (s) gehörige Originalfunktion f(t) für t 0 nach der folgenden folgenden Formel berechnet werden: f(t) = n k=1 P (s k ) Q (s k ) es kt (s k : Nullstellen des Polynoms Q(s); k = 1, 2,..., n). Die Anwendung dieser Formel erfordert also nur die Ermittlung der Nullstellen s k des Nennerpolynoms Q(s) sowie die Berechnung der Werte der Polynome P (s) und Q (s) an den Stellen s k, k = 1, 2,..., n. Im weiteren werden Rechenregeln für die Laplace-Transformation angegeben. Einige dieser Regeln finden unmittelbar Anwendung bei der Lösung von AWP für Differentialgleichungen (siehe Abschnitt 9.4.3). 30

31 Rechenregeln für die Laplace-Transformation 1) Linearität der Laplace-Transformation L{af 1 (t) + bf 2 (t)} = al{f 1 (t)} + bl{f 2 (t)} = af 1 (s) + bf 2 (s) (a, b C) 2) Verschiebungssatz L{f(t t 0 )} = e st 0 F (s) (t 0 0) 3) Dämpfungssatz L{e at f(t)} = F (s + a) (a C) 4) Faltungssatz Sei f(t) das Faltungsprodukt zweier Originalfunktionen, d.h. t f(t) = (f 1 f 2 )(t) = f 1 (t τ) f 2 (τ) dτ. 0 Dann gilt : L{f(t)} = L{f 1 (t)} L{f 2 (t)} = F 1 (s) F 2 (s) bzw. L 1 {F 1 (s) F 2 (s)} = (f 1 f 2 )(t) 5) Integrationssatz für die Originalfunktion { t } L f(τ) dτ = 1 s F (s) 0 6) Differentiationssatz für die Originalfunktion L{f (t)} = s F (s) f(+0) mit f(+0) = lim f(t) (Anfangswert der Originalfunktion) t 0+0 L{f (t)} = s 2 F (s) s f(+0) f (+0) L{f (n) (t)} = s n F (s) s n 1 f(+0) s n 2 f (+0)... s f (n 2) (+0) f (n 1) (+0) Beispiel 9.36: 31

32 9.4.3 Anwendung der Laplace-Transformation zur Lösung von AWP für gewöhnliche Differentialgleichungen Es wird vorausgesetzt, dass eine lineare Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten (vgl. Abschnitt 9.3) gelöst werden soll. Dazu seien entsprechende Anfangsbedingungen (AB) vorgegeben. Die gesuchte Lösung y des AWP sei eine Funktion der Variablen t ( Zeitfunktion ). Vorgehensweise bei der Lösung von AWP für gewöhnliche Differentialgleichungen mittels Laplace-Transformation 1) Anwendung der Laplace-Transformation auf die Differentialgleichung (Linearität und Differentiationssatz nutzen) 2) Auflösung der entstandenen Gleichung nach Y (s) (Laplace-Transformierte der gesuchten Lösung y(t)) 3) Rücktransformation (inverse Laplace-Transformation): y(t) = L 1 {Y (s)}, ggf. nach Partialbruchzerlegung des Ausdrucks für Y (s) Die soeben beschriebene Vorgehensweise lässt sich wie folgt schematisch darstellen: Differentialgleichung + Anfangswerte Laplace-Transf. lineare Gleichung für Y (s) gesuchte Zeitfunktion y(t) inverse Laplace-Transf. Bildfunktion Y (s) Bei der Lösung eines AWP mittels Laplace-Transformation werden die Anfangswerte sofort berücksichtigt, wohingegen sie bei den im Abschnitt 9.3 beschriebenen Lösungsverfahren zunächst unberücksichtigt bleiben und erst nach Ermittlung der allgemeinen Lösung eingearbeitet werden. Beispiel 9.37: 32

33 Beispiel 9.38: Ausschaltvorgang in einem RL-Schaltkreis An eine Spule mit dem Ohmschen Widerstand R und der Induktivität L wird eine konstante Spannung U angelegt (d.h. ein Gleichstrom der Stärke I = U/R fließt). Zum Zeitpunkt t = 0 wird die Spule durch Umlegen eines Schalters von der Spannungsquelle getrennt und mit dem Ohmschen Widerstand R 0 verbunden. Gesucht ist der zeitliche Verlauf der Stromstärke im Zeitintervall t 0. Das zugehörige AWP lautet: Mit L bzw. mit τ := L/(R + R 0 ) : { } di = s I(s) i(0) = s I(s) U dt R auf die Differentialgleichung : s I(s) U R + 1 τ I(s) = 0. di dt + (R + R 0) i = 0, L di dt + 1 τ i = 0, i(0) = U R i(0) = U R und L{0} = 0 ergibt die Anwendung der Laplace-Transformation Die Auflösung dieser Gleichung nach I(s) ergibt: ( I(s) s + 1 ) U τ R = 0 I(s) = U R 1 s + 1. τ { Laut Korrespondenztabelle gilt: L 1 1 } = e at, und mit a := 1 s a τ i(t) = ( ) t U e τ (t 0). R ist dann die Lösung des AWP: Beispiel 9.39: Bemerkung: Bisher wurden nur AWP für Differentialgleichungen 1. oder 2. Ordnung mit Hilfe der Laplace-Transformation gelöst. Allgemein erfolgt die Lösung von AWP für lineare Differentialgleichungen n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten unter Anwendung des Differentiationssatzes für sämtliche Ableitungen y (n), y (n 1),..., y. 33

34 9.4.4 Anwendung der Laplace-Transformation in der Regelungstechnik (lineare Übertragungssysteme) Da sich Übertragungssysteme in der Regelungstechnik durch Differentialgleichungen beschreiben lassen, wird die Laplace-Transformation für derartige Problemstellungen häufig angewendet. Zunächst werden einige Grundbegriffe 14 zusammengestellt. Lineare Übertragungssysteme: einige Grundbegriffe - zeitkontinuierliches Übertragungssystem: wandelt ein zeitlich kontinuierliches Eingangssignal x(t), t R, in ein Ausgangssignal y(t) um; symbolisch: y(t) = S{x(t)} (z.b.: Verstärkerschaltung zur Vergrößerung der Signalamplitude) - lineares Übertragungssystem: Für alle Eingangssignale x 1 (t), x 2 (t) und alle a 1, a 2 C gilt: S{a 1 x 1 (t) + a 2 x 2 (t)} = a 1 S{x 1 (t)} + a 2 S{x 2 (t)} - zeitinvariantes Übertragungssystem: Für alle Eingangssignale x(t) und beliebiges t 0 R folgt aus y(t) = S{x(t)}: y(t t 0 ) = S{x(t t 0 )} (d.h. bei einer Verschiebung des Eingangssignals um eine Zeitspanne t 0 verschiebt sich das Ausgangssignal entsprechend) - LTI-System: lineares und zeitinvariantes Übertragungssystem (linear time invariant) - Impulsantwort eines Systems: das Ausgangssignal, welches durch das Eingangssignal x(t) = δ(t) (δ-impuls) erzeugt wurde; symbolisch: g(t) = S{δ(t)} - Sprungantwort eines Systems: das Ausgangssignal, welches durch das Eingangssignal x(t) = ε(t) (Einheitssprungfunktion) erzeugt wurde; symbolisch: h(t) = S{ε(t)} Zeitkontinuierliche LTI-Systeme können durch lineare Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden: a n y (n) (t)+a n 1 y (n 1) (t)+...+a 1 y (t)+a 0 y(t) = b m x (m) (t)+b m 1 x (m 1) (t)+...+b 1 x (t)+b 0 x(t)(192) (mit a 0,..., a n, b 0,..., b m R), d.h. es wird das Ausgangssignal y(t) gesucht, wobei das Eingangssignal x(t) und dessen Ableitungen bis zur Ordnung m gegeben sind. Falls y(0) = y (0) =... = y (n 1) (0) = x(0) = x (0) =... = x (m 1) (0) = 0 gilt, dann entsteht nach Laplace-Transformation der Gleichung (192) (bei Anwendung der Linearität und des Differentiationssatzes): (a n s n + a n 1 s n a 1 s + a 0 )Y (s) = (b m s m + b m 1 s m b 1 s + b 0 )X(s). Dies wird nun nach Y (s) (Bildfunktion des gesuchten Ausgangssignals) umgestellt: Y (s) = G(s)X(s), mit G(s) = b ms m + b m 1 s m b 1 s + b 0 a n s n + a n 1 s n a 1 s + a 0. (193) Die gebrochenrationale Funktion G(s) wird als Übertragungsfunktion des LTI-Systems bezeichnet. Sie lässt sich aus den Koeffizienten der Differentialgleichung (192) berechnen. Andererseits lassen sich die Eigenschaften eines LTI-Systems aus seiner Übertragungsfunktion vollständig ablesen. 14 Quelle: W. PREUSS, G. WENISCH (Hrsg.). Lehr- und Übungsbuch Mathematik für Elektro- und Automatisierungstechniker, 1998, S. 85f. 34

35 Beispiel 9.40: Übertragungsfunktion eines speziellen LTI-Systems 15 L R x(t) = u e (t) i(t) C y(t) = u a (t) Eingangssignal: x(t) = u e (t) (Eingangsspannung) Ausgangssignal: y(t) = u a (t) (Ausgangsspannung) Dieses System wird beschrieben durch die Differentialgleichung CL y + CR y + y = x. (194) Somit gilt: m = 0, n = 2 und die Koeffizienten in der beschreibenden Differentialgleichung (vgl. (192)) lauten: b 0 = 1, a 2 = CL, a 1 = CR, a 0 = 1. Wenn das System zur Zeit t = 0 energielos ist, dann gilt: y(0) = u a (0) = 0, y (0) = u a(0) = 0, d.h. die Voraussetzungen für die Anwendung der Formel (193) sind erfüllt und man erhält für die Übertragungsfunktion: G(s) = b 0 a 2 s 2 + a 1 s + a 0 = 1 CLs 2 + CRs + 1. Wird nun als Eingangssignal für ein zeitkontinuierliches LTI-System speziell die Diracsche δ-funktion (siehe Abschnitt 9.4.1) gewählt, d.h. x(t) = δ(t), so ist das Ausgangssignal y(t) die Impulsantwort g(t). Somit ist: Y (s) = L{y(t)} = L{g(t)}. Außerdem gilt (wegen X(s) = L{x(t)} = L{δ(t)} = 1 und nach (193)): Y (s) = G(s) 1 = G(s). Dies führt zu der folgenden wichtigen Aussage: Die Laplace-Transformierte der Impulsantwort ist die Übertragungsfunktion: Beispiel 9.41: G(s) = L{g(t)}. Aus der Beziehung (193) und dem Faltungssatz (siehe Abschnitt 9.4.2) ergibt sich weiterhin: y(t) = L 1 {Y (s)} = L 1 {G(s) X(s)} = (g x)(t) = Daraus kann die folgende Schlussfolgerung gezogen werden: t 0 g(t τ) x(τ) dτ. Wenn die Impulsantwort eines zeitkontinuierlichen LTI-Systems bekannt ist, kann das zu dem Eingangssignal x(t) gehörige Ausgangssignal y(t) mit Hilfe der Formel y(t) = t 0 berechnet werden. g(t τ) x(τ) dτ 15 Quelle: P. STINGL. Mathematik für Fachhochschulen, 8. Auflage (2009), S

36 9.5 Systeme linearer Differentialgleichungen Definition und Anwendungsbeispiele Definition 9.9: Ein System von m Gleichungen, das die unbekannten Funktionen y 1 (x), y 2 (x),..., y m (x) sowie deren Ableitungen y 1 (x), y 1 (x),..., y(n 1) 1 (x),..., y m(x), y m(x),..., y m (nm) (x) enthält, heißt Differentialgleichungssystem (DGLS). Die Ordnung des DGLS ergibt sich als Summe der Ordnungen der einzelnen Differentialgleichungen des Systems. Das DGLS heißt homogen, wenn die Störfunktionen in allen zum System gehörigen Differentialgleichungen gleich 0 sind, anderenfalls heißt es inhomogen. Solche Begriffe wie: allgemeine Lösung, partikuläre Lösung, AWP, RWP (siehe Abschnitt 9.1) lassen sich auf DGLS übertragen. Im folgenden werden zwei Anwendungsbeispiele für DGLS angegeben. Beispiel 9.42: Berechnung der Maschenströme in einem Kettenleiter 16 Der dargestellte Stromkreis (Kettenleiter) wird durch die (zeitabhängige) Spannung u = u(t) gespeist. In den Maschen I und II fließen die (ebenfalls zeitabhängigen) Ströme i 1 = i 1 (t) und i 2 = i 2 (t). Durch Anwendung der Maschenregel erhält man die beiden Beziehungen L di 1 dt + R(i 1 i 2 ) u = 0 L di 2 dt R(i 1 i 2 ) + Ri 2 = 0. Diese beiden Gleichungen können auch in der Form L u = u(t) I R II R L i 1 i 2 i 1 i 2 di 1 dt = R L i 1 + R L i 2 + u L di 2 = R dt L i 1 2R L i 2 geschrieben werden. Sie bilden ein System linearer Differentialgleichungen 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten zur Berechnung der Maschenströme i 1 (t) und i 2 (t) (d.h. die Ordnung des DGLS beträgt 2). Beispiel 9.43: Bewegungsgleichungen für gekoppelte mechanische Systeme 17 Die dargestellten schwingungsfähigen Systeme seien über eine Kopplungsfeder (Federkonstante: c 12 ) miteinander verbunden. c 1 c 12 m 1 6 x 1 c m x 2 Mit Hilfe des Hookeschen Gesetzes und des Newtonschen Grundgesetzes der Mechanik erhält man für die Auslenkungen x 1 = x 1 (t) und x 2 = x 2 (t) der beiden Massen (bei Vernachlässigung der Reibungskräfte): m 1 ẍ 1 = c 1 x 1 c 12 (x 1 x 2 ) m 2 ẍ 2 = c 2 x 2 c 12 (x 2 x 1 ). 16 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 2, 12. Auflage (2009), S

37 Die Bewegungsgleichungen für die beiden gekoppelten mechanischen Systeme können auch in der Form m 1 ẍ 1 + c 1 x 1 + c 12 (x 1 x 2 ) = 0 m 2 ẍ 2 + c 2 x 2 + c 12 (x 2 x 1 ) = 0 geschrieben werden. Sie bilden ein System homogener linearer Differentialgleichungen 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten zur Berechnung der Auslenkungen x 1 und x 2 (d.h. die Ordnung des DGLS beträgt 4) Methoden zur Lösung von linearen DGLS (Fallbeispiele) In diesem Abschnitt werden verschiedene Lösungsmethoden jeweils anhand eines Beispiels vorgestellt. Dabei werden ausschließlich solche DGLS betrachtet, in denen nur Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten vorkommen Eliminationsmethode Die Eliminationsmethode zielt darauf, aus den gegebenen m Gleichungen des DGLS eine einzelne Differentialgleichung herzuleiten, in der nur noch eine der m gesuchten Funktionen vorkommt. Diese Differentialgleichung besitzt höchstens die Ordnung m. Beispiel 9.44: Zu lösen sei das DGLS: y 1 = y 1 + 3y 2 + x y 2 = 2y 1 2y 2 + e x (I) (II) (lineares inhomogenes DGLS 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten). Bei der Lösung dieses DGLS mittels Eliminationsmethode wird zunächst die Gleichung (I) nach y 2 aufgelöst und anschließend nach x differenziert: y 2 = 1 3 (y 1 + y 1 x) (I ) y 2 = 1 3 (y 1 + y 1 1). Durch Einsetzen dieses Ausdrucks für y 2 sowie der Beziehung (I ) in die Gleichung (II) wird y 2 aus der Gleichung (II) eliminiert: 1 3 (y 1 + y 1 1) = 2y (y 1 + y 1 x) + e x y 1 + 3y 1 4y 1 = 2x e x, d.h. es ist eine lineare Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten entstanden. Diese Gleichung kann mit den Methoden aus Abschnitt 9.3 gelöst werden (wobei beachtet werden muss, dass der Ansatz für die partikuläre Lösung y 1,p in der Form y 1,p = a 1 x + a 0 + be x aufzustellen ist). Man erhält die allgemeine Lösung: y 1 = C 1 e 4x + C 2 e x 1 2 x e x (C 1, C 2 R). Somit gilt: y 1 = 4C 1 e 4x + C 2 e x e x. Wird dies zusammen mit dem soeben erhaltenen Ausdruck für y 1 in die Gleichung (I ) eingesetzt, dann ergibt sich: y 2 = 1 ( 4C 1 e 4x + C 2 e x e x + C 1 e 4x + C 2 e x 1 2 x ) 2 e x x = C 1 e 4x C 2 e x 1 2 x 3 8 (C 1, C 2 R). Die Funktionen y 1 und y 2 bilden zusammen die allgemeine Lösung des DGLS (I), (II). Fortsetzung zu Beispiel 9.42: 37

38 Bemerkung: Die Eliminationsmethode ist nur dann effektiv anwendbar, wenn das DGLS wenige Gleichungen enthät und seine Ordnung sehr klein ist Lösung mittels Exponentialansatz Beispiel 9.45: Zu lösen sei das DGLS: y 1 = y 1 + 3y 2 y 2 = 2y 1 2y 2 (I) (II) (lineares homogenes DGLS 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten). Für die weiteren Überlegungen ist es von Vorteil, das DGLS in Matrixschreibweise zu notieren, d.h.: ( ) ( ) ( ) y y = y1 y 2 = = A y (III). 2 2 y 2 Für den Lösungsvektor y wird nun ein Exponentialansatz aufgestellt: y 1 = k 1 e λx, y 2 = k 2 e λx (λ : unbekannter Parameter; k 1, k 2 : Konstante). Die Ableitungen dieser Funktionen lauten: y 1 = k 1 λ e λx, y 2 = k 2 λ e λx. Diese werden zusammen mit dem Ansatz für y 1 und y 2 in die Gleichungen (I) und (II) eingesetzt: λ k 1 e λx = k 1 e λx + 3 k 2 e λx λk 2 e λx = 2 k 1 e λx 2 k 2 e λx. Nach Division beider Gleichungen durch e λx und Umstellen ergibt sich das folgende homogene lineare Gleichungssystem mit den Unbekannten k 1 und k 2 : ( 1 λ)k 1 + 3k 2 = 0 2k 1 + ( 2 λ)k 2 = 0, welches in Matrixschreibweise folgendermaßen lautet: ( ) ( ) ( ) 1 λ 3 k1 0 =. 2 2 λ 0 k 2 Bei diesem linearen Gleichungssystem interessieren nur die nichttrivialen Lösungen, da anderenfalls (d.h. für k 1 = k 2 = 0) nach dem obigen Ansatz nur die triviale Lösung y 1 = y 2 = 0 des DGLS entstehen würde. Gemäß der Theorie der Eigenwerte und Eigenvektoren von Matrizen (siehe dazu Abschnitt 4.8 im Skript zur Vorlesung Mathematik 1) sind die zu berechnenden Werte für λ genau die Eigenwerte der Matrix A aus der Gleichung (III). Man erhält für die Matrix A die beiden (reellen) Eigenwerte: λ 1 = 4, λ 2 = 1, so dass die Komponente y 1 des Lösungsvektors des DGLS folgendermaßen lautet: y 1 = C 1 e λ 1x + C 2 e λ 2x = C 1 e 4x + C 2 e x (C 1, C 2 R). Aus der Gleichung (I) (umgestellt nach y 2 ) des DGLS folgt schließlich: y 2 = 1 3 (y 1 + y 1 ) = 1 ( 4C1 e 4x + C 3 2 e x + C 1 e 4x + C 2 e x) = C 1 e 4x C 2e x. Die Funktionen y 1 und y 2 bilden zusammen die allgemeine Lösung des DGLS (I), (II). Bemerkungen: - Falls für die Eigenwerte der Matrix A gilt: λ 1 = λ 2 = α (d.h. es liegt ein doppelter reeller Eigenwert vor), lautet die Darstellung für y 1 : y 1 = C 1 e αx + C 2 x e αx (C 1, C 2 R). Im Fall eines Paares konjugiert-komplexer Eigenwerte: λ 1 = α + jβ, λ 2 = α jβ erhält man für y 1 : y 1 = e αx (C 1 sin(βx) + C 2 cos(βx)) (C 1, C 2 R). - Falls die beschriebene Methode zur Lösung eines inhomogenen linearen DGLS angewendet werden soll, ist zunächst das zugehörige homogene System zu lösen (analog zu Beispiel 9.44). Zum Auffinden einer partikulären Lösung y 1,p, y 2,p des inhomogenen Systems kann ein Ansatz je nach Typ der Störfunktionen (vgl. auch Abschnitte und 9.3) verwendet werden. 38

39 - Bei einer größeren Anzahl von Gleichungen im DGLS vergrößert sich die Dimension der Matrix A entsprechend, wodurch die Berechnung der Eigenwerte schwieriger wird Laplace-Transformation Nachdem im Abschnitt 9.4 die Laplace-Transformation als eine Methode zur Lösung von AWP für Differentialgleichungen vorgestellt wurde, soll die Anwendung dieser Methode jetzt auf Systeme linearer Differentialgleichungen erweitert werden. Beispiel 9.46: Es wird das folgende AWP für ein DGLS betrachtet: y 1(t) = 3y 1 (t) y 2 (t) (I) y 2(t) = y 1 (t) y 2 (t) (II) mit y 1 (0) = 2, y 2 (0) = 3. Die Anwendung der Laplace-Transformation auf die beiden Differentialgleichungen ergibt unter Berücksichtigung der AB: s Y 1 (s) y 1 (+0) = s Y 1 (s) 2 = 3Y 1 (s) Y 2 (s) (s + 3) Y 1 (s) + Y 2 (s) = 2 (I ) s Y 2 (s) y 2 (+0) = s Y 2 (s) 3 = Y 1 (s) Y 2 (s) Y 1 (s) + (s + 1) Y 2 (s) = 3. (II ) Nun wird die Gleichung (I ) nach Y 2 (s) umgestellt und der erhaltene Ausdruck in die Gleichung (II ) eingesetzt: Y 2 (s) = 2 (s + 3)Y 1 (s) Y 1 (s) + (s + 1)(2 (s + 3)Y 1 (s)) = 3 Nach geeigneter Zusammenfassung der Ausdrücke auf der linken Seite dieser Gleichung ergibt sich: Y 1 (s)( s 2 4s 4) + 2s + 2 = 3 Y 1 (s) = 1 + 2s s 2 + 4s + 4 = 1 (s + 2) 2 + 2s (s + 2) 2. Jeder der beiden Summanden auf der rechten Seite dieser Gleichung kann auf einfache Weise (z.b. mittels Korrespondenztabelle) rücktransformiert werden: { 1 y 1 (t) = L 1 {Y 1 (s)} = L 1 (s + 2) 2 + 2s } (s + 2) 2 = te 2t + 2e 2t (1 2t) = e 2t (2 5t). Zur Berechnung von y 2 (t) kann die aus der Gleichung (I) abgeleitete Beziehung y 2 (t) = 3y 1 (t) y 1 (t) genutzt werden; dazu wird noch die erste Ableitung der soeben berechneten Funktion y 1 (t) benötigt. Man erhält schließlich: y 2 (t) = 3e 2t + 5te 2t = e 2t (3 + 5t). Die Funktionen y 1 (t) und y 2 (t) bilden zusammen die Lösung des gegebenen AWP. Bemerkung: Zu der Thematik Gewöhnliche Differentialgleichungen sei abschließend bemerkt, dass bei weitem nicht alle in der Praxis vorkommenden Differentialgleichungen bzw. AWP mit den besprochenen Methoden gelöst werden können. Zum Teil sind die gestellten Voraussetzungen nicht erfüllt (d.h. die Differentialgleichungen sind komplizierter als in den von uns betrachteten Fällen) oder es existiert keine geschlossene Lösungsdarstellung. In solchen Fällen muss dann auf numerische Lösungsverfahren zurückgegriffen werden, d.h. es werden Näherungslösungen für die gestellten Probleme ermittelt. Einige numerische Lösungsverfahren für AWP bei gewöhnlichen Differentialgleichungen werden beschrieben in: A. FETZER, H. FRÄNKEL. Mathematik 2: Lehrbuch für ingenieurwissenschaftliche Studiengänge, Springer, 6. Auflage (2009), S

40 10 Fourier-Transformation und Anwendungen 10.1 Einführung Im Abschnitt 6.3 (siehe Skript zur Vorlesung Mathematik 2) wurden Fourier-Reihen betrachtet. Dabei wurde eine periodische Funktion f(t) (mit Periode T ) als Überlagerung harmonischer Schwingungen mit den diskreten Frequenzen kω = k 2π T dargestellt. Jetzt soll eine nichtperiodische Funktion f(t) als Überlagerung harmonischer Schwingungen dargestellt werden, wobei sämtliche Frequenzen ω (, ) beteiligt sind, d.h. das Frequenzspektrum ist kontinuierlich. Definition 10.1: Sei f(t) eine Funktion der reellen Variablen t. Die Fourier-Transformation von f(t) ist definiert durch: F (ω) = F{f(t)} = e jωt f(t) dt für ω R. (195) Bezeichnungen: f(t) - Originalfunktion, F (ω) - Bildfunktion (Fourier-Transformierte oder Spektralfunktion) Die Menge der Originalfunktionen wird Original- oder Zeitbereich genannt, die Menge der Bildfunktionen heißt Bild- oder Frequenzbereich. Der Zusammenhang zwischen der Originalfunktion f(t) und der Bildfunktion F (ω) wird wie folgt symbolisch dargestellt: f(t) F (ω). Da es sich bei dem Integral in (195) um ein uneigentliches Integral handelt, ist noch zu klären, unter welchen Bedingungen dieses Integral konvergiert (und damit die Fourier-Transformierte von f(t) überhaupt existiert). Hinreichende Bedingungen für die Existenz der Fourier-Transformierten: (I) Die Funktion f(t) ist stückweise stetig (d.h. sie kann aus endlich vielen stetigen Teilfunktionen zusammengesetzt werden). (II) Es gilt: f(t) dt <. Definition 10.2: Das Amplitudenspektrum A(ω) und das Phasenspektrum ϕ(ω) der nichtperiodischen Funktion f(t) sind gegeben durch: A(ω) = F (ω), ϕ(ω) = arg F (ω). (196) Beispiel 10.1: Beispiel 10.2: Gesucht ist die Fourier-Transformierte des Rechteckimpulses f(t) 1 f(t) = { 1 für t 1 0 für t > 1. Für ω 0 gilt gemäß Formel (195): F (ω) = e jωt f(t)dt = 1 1 e jωt dt = [ ] 1 1 ωj e jωt = 1 ωj [ cos( ω) + j sin( ω) (cos ω + j sin ω)] = 1 ωj t = 1 ωj (e jω e jω ) ( 2j sin ω) = 2 sin ω ω. (Hinweis: Für die Berechnung wurden die Eulersche Formel, siehe Abschnitt im Skript zur Vorlesung Mathematik 1, sowie die trigonometrischen Beziehungen cos( ω) = cos ω und sin( ω) = sin ω genutzt.) 40

41 Für ω = 0 erhält man: F (ω) = e jωt f(t)dt = 1 1 1dt = [ ] 1 t = 2. 1 Somit gilt: F{f(t)} = F (ω) = 2 sinc(ω), mit sinc(ω) := sin ω für ω 0 ω 1 für ω = 0. Die Funktion sinc ( Sinus cardinalis oder Kardinalsinus ) wird auch häufig Spaltfunktion genannt. Sie spielt eine wichtige Rolle in der digitalen Signalverarbeitung (z.b. bei der Rekonstruktion zeitkontinuierlicher Signale aus Abtastwerten) und bei der Beugung von Lichtwellen. Unter der inversen Fourier-Transformation (Rücktransformation) versteht man die Berechnung der Originalfunktion f(t) aus einer gegebenen Bildfunktion F (ω). Formel für die inverse Fourier-Transformation (Rücktransformation) f(t) = F 1 {F (ω)} = 1 2π e jωt F (ω) dω (197) Beispiel 10.3: Die Ermittlung der Fourier-Transformierten bzw. ihrer inversen erfolgt häufig mit Hilfe von Korrespondenztabellen (nicht über die Berechnung der Integrale). Im folgenden sind die Fourier-Transformierten einiger Funktionen aufgelistet. Fourier-Transformierte ausgewählter Funktionen 18 Mit ε(t) ist die Einheitssprungfunktion bezeichnet, mit δ(t) der Dirac-Stoß (Impulsfunktion). Es gilt a, b R und a > 0, b > 0. f(t) F (ω) = F{f(t)} f(t) F (ω) = F{f(t)} δ(t) 1 ε(t) e at 1 a + jω δ(t ± a) e ±jaω e at2 π a e ω2 4a e ±jat 2πδ(ω a) ε(t) e at sin(bt) cos(at) π[δ(ω a) + δ(ω + a)] ε(t) e at cos(bt) sin(at) jπ[δ(ω a) δ(ω + a)] 1 a 2 + t 2 b (a + jω) 2 + b 2 jω (a + jω) 2 + b 2 π a e a ω e a t 2a a 2 + ω 2 jπe a ω für ω < 0 t a 2 + t 2 0 für ω = 0 jπe a ω für ω > 0 Beispiel 10.4: 18 Quelle: W. PREUSS. Funktionaltransformationen, 2. Auflage (2009), S

42 Bemerkungen: - Die Fourier-Transformierte und ihre Inverse wurden so eingeführt, dass das Integral in (195) keinen Vorfaktor und das Integral in (197) den Vorfaktor 1 2π besitzt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, diesen Faktor vor 1 das Integral in (195) zu schreiben oder vor beide Integrale den Faktor 2π zu schreiben. - Mittels Grenzwertbetrachtungen kann gezeigt werden, dass die Fourier-Transformation eine Art Fourier- Reihe für nichtperiodische Funktionen darstellt (siehe dazu: J. KOCH, M. STÄMPFLE. Mathematik für das Ingenieurstudium, S ). - Die Begriffe Amplitudenspektrum und Phasenspektrum wurden für periodische Funktionen bereits im Abschnitt (siehe Skript zur Vorlesung Mathematik 2) erläutert. - Für Funktionen f(t) mit f(t) = 0 für t < 0 ist die Fourier-Transformation ein Spezialfall der Laplace- Transformation. Die Fourier-Transformierte einer solchen Funktion entsteht, indem in der Laplace-Transformierten dieser Funktion die Variable s durch jω ersetzt wird. (Voraussetzung ist dabei die Existenz der Laplace-Transformierten für s C mit Re(s) = 0.) 10.2 Rechenregeln Rechenregeln für die Fourier-Transformation 1) Linearität der Fourier-Transformation F{af 1 (t) + bf 2 (t)} = af{f 1 (t)} + bf{f 2 (t)} = af 1 (ω) + bf 2 (ω) (a, b C) 2) Verschiebungssatz (Zeitverschiebungssatz) F{f(t t 0 )} = e jωt0 F (ω) (t 0 R) 3) Dämpfungssatz (Frequenzverschiebungssatz) 4) Faltungssatz F{e jω 0t f(t)} = F (ω ω 0 ) Sei f(t) = (f 1 f 2 )(t), dann gilt : F{f(t)} = F{f 1 (t)} F{f 2 (t)} = F 1 (ω) F 2 (ω) bzw. 5) Integrationssatz für die Originalfunktion t F f(u) du = 1 jω F (ω) 6) Differentiationssatz für die Originalfunktion F 1 {F 1 (ω) F 2 (ω)} = (f 1 f 2 )(t) F{f (t)} = jω F{f(t)} = jω F (ω), allgemein: F{f (n) (t)} = (jω) n F (ω) F{f (t)} = ω 2 F{f(t)} = ω 2 F (ω) Beispiel 10.5: 42

43 10.3 Fourier-Kosinus-Transformation und Fourier-Sinus-Transformation Definition 10.3: Die Fourier-Kosinus-Transformation der Funktion f(t) ist definiert durch: F C (ω) = F C {f(t)} = 0 und die zugehörige inverse Transformation ist gegeben durch: f(t) = F 1 C {F C(ω)} = 2 π cos(ωt) f(t) dt (198) 0 cos(ωt) F C (ω) dω. (199) Analog werden die Fourier-Sinus-Transformation und die dazu inverse Transformation berechnet: F S (ω) = F S {f(t)} = f(t) = F 1 S {F S(ω)} = 2 π 0 sin(ωt) f(t) dt (200) 0 sin(ωt) F S (ω) dω. (201) Zu der durch (195) definierten Fourier-Transformation F (ω) besteht der folgende Zusammenhang. Für eine gerade Originalfunktion (d.h. f( t) = f(t) für alle t D(f)) gilt: F (ω) = 2F C (ω) und für eine ungerade Originalfunktion (d.h. f( t) = f(t) für alle t D(f)): F (ω) = 2j F S (ω). Somit kann die Berechnung der Fourier-Transformierten einer geraden (bzw. ungeraden) Funktion mit Hilfe von Formel (198) (bzw. (200)) erfolgen, wodurch die Rechnung meist einfacher wird im Vergleich zur Anwendung der Formel (195). In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass die Fourier-Reihe einer geraden Funktion nur den Summanden a0 und Kosinusglieder enthält, wohingegen die Fourier-Reihe einer ungeraden Funktion 2 nur aus Sinusgliedern besteht (siehe dazu Abschnitt im Skript zur Vorlesung Mathematik 2). Beispiel 10.6: 10.4 Anwendungen in der Regelungstechnik In diesem Abschnitt werden wieder lineare und zeitinvariante Übertragungssysteme (LTI-Systeme) betrachtet (siehe dazu Abschnitt 9.4.4). Derartige Systeme reagieren auf harmonische Eingangssignale beliebiger Frequenz mit harmonischen Ausgangssignalen der gleichen Frequenz. Die Amplituden und Phasen der Ausgangssignale sind i.allg. nicht gleich den Amplituden und Phasen der Eingangssignale. Die Beschreibung der Amplitudenbzw. Phasenänderungen kann mit Hilfe des Amplituden- bzw. Phasengangs erfolgen. Frequenzgang, Amplitudengang und Phasengang eines Übertragungssystems Frequenzgang: G(ω) = F{g(t)} (Fourier-Transformierte der Impulsantwort) Amplitudengang: A(ω) = G(ω) (Betrag des Frequenzgangs) Phasengang: Φ(ω) = arg G(ω) (Argument des Frequenzgangs) Die Amplitude des Ausgangssignals entsteht durch Multiplikation der Amplitude des Eingangssignals mit dem Betrag des Frequenzgangs (Amplitudengang). Die Phase des Ausgangssignals entsteht durch Addition der Phase des Eingangssignals und dem Argument des Frequenzgangs (Phasengang). Beispiel 10.7: 43

44 Beispiel 10.8: Gegeben ist das folgende LTI-System (RC-Glied): R x(t) = u e (t) C y(t) = u a (t) Eingangssignal: x(t) = u e (t) (Eingangsspannung) Ausgangssignal: y(t) = u a (t) (Ausgangsspannung) Dieses System wird beschrieben durch die Differentialgleichung RC ẏ + y = x. Die Impulsantwort dieses Systems lautet (siehe Übung): g(t) = 1 RC e t/rc für t > 0 Somit beträgt der Frequenzgang dieses Systems: G(ω) = F{g(t)} = 1 { RC F ε(t) e t/rc} = 1 RC (bzw. g(t) = 1 RC ε(t)e t/rc 1 RC + jω) = jωrc. Unter Verwendung von Rechenregeln für komplexe Zahlen erhält man weiterhin: ( 1 für t R). 1 Amplitudengang: A(ω) = G(ω) = 1 + ω2 R 2 C 2 ( ) 1 Phasengang: Φ(ω) = arg G(ω) = arccos = arctan(ωrc). 1 + ω2 R 2 C 2 Bemerkung: Da die Fourier-Transformation ein Spezialfall der Laplace-Transformation ist (siehe dazu: letzte Bemerkung am Ende von Abschnitt 10.1), kann der Frequenzgang eines LTI-Systems aus dessen Übertragungsfunktion (siehe Abschnitt 9.4.4) ermittelt werden, indem dort s = jω gesetzt wird Diskrete und schnelle Fourier-Transformation (Einblick) Bisher wurde vorausgesetzt, dass die Werte der zu transformierenden Funktion f(t) für alle Zeitpunkte t bekannt sind. In der Praxis trifft man jedoch häufig die Situation an, dass nur endlich viele einzelne (d.h. diskrete) Funktionswerte vorliegen, z.b. Messwerte einer physikalischen Größe zu äquidistanten Zeitpunkten. In solchen Fällen erfolgt der Übergang zu einer zeitlich diskreten Folge von Funktionswerten f d (n), z.b. in der Form: f d (n) = f(nτ), n = 0, 1,..., N 1, wobei τ den (äquidistanten) Abstand zwischen zwei Messzeitpunkten bezeichnet. In solchen Fällen wird anstelle der bisher betrachteten Fourier-Transformation die diskrete Fourier-Transformation (kurz: DFT) angewendet. Definition 10.4: Die DFT einer Folge {f(n)}, n = 0, 1,..., N, von Funktionswerten wird berechnet nach der Formel: F (m) = N 1 n=0 f(n) e j2πmn/n, m = 0, 1,..., N 1. (202) Die inverse diskrete Fourier-Transformation (IDFT) ist gegeben durch: f(n) = 1 N N 1 m=0 F (m) e j2πmn/n, n = 0, 1,..., N 1. (203) 44

45 Beispiel 10.9: Diskrete Fourier-Transformation (DFT) für eine spezielle Folge Gegeben ist die Folge von Funktionswerten f(n): {1, 1, 1, 1, 0, 0, 0, 0}. Die DFT dieser Folge wird mit Hilfe der Formel (202) berechnet, wobei N = 8 gilt. Wegen f(4) = f(5) = f(6) = f(7) = 0 können die Summationsgrenzen jedoch auf n = 0 bis n = 3 gesetzt werden. Man erhält: für m = 0: F (0) = für m = 1: F (1) = 3 f(n) e j2π 0 n/8 = n=0 3 f(n) e j2π 1 n/8 = n=0 3 1 e 0 = 4 1 = 4 n=0 3 1 e jπn/4 = e 0 + e jπ/4 + e jπ/2 + e jπ3/4 n=0 = 1 ( 2 + 1)j j, die Komponenten F (m) für m = 2,..., 7 werden analog berechnet. Die Ergebnisse lauten: F (2) = 0, F (3) = 1 ( 2 1)j j, F (4) = 0, F (5) = 1 + ( 2 1)j j, F (6) = 0, F (7) = 1 + ( 2 + 1)j j. Wichtige Anwendungsgebiete für die DFT/IDFT sind z.b. die Rekonstruktion abgetasteter Signale und die Implementierung digitaler Filter. Die numerisch effiziente Umsetzung der DFT ist durch den Algorithmus der schnellen Fourier-Transformation FFT (fast Fourier transform) gegeben. Dieser Algorithmus wurde erstmals im Jahre 1965 von J. COOLEY und J.W. TUKEY veröffentlicht. Die Grundidee des Algorithmus besteht in der Ausnutzung von Symmetrien in den zu berechnenden Summen, falls die Zahl N eine Zweierpotenz ist. DFT-Algorithmen stehen in modernen Software-Paketen zur Verfügung. 45

46 11 Partielle Differentialgleichungen (Einblick) 11.1 Grundbegriffe Zahlreiche physikalische oder technische Prozesse können durch partielle Differentialgleichungen beschrieben werden. Das Anliegen dieses Kapitels besteht darin, einige Grundlagen zu dieser an sich sehr umfangreichen Problematik zu vermitteln und einige Anwendungsgebiete derartiger Gleichungen vorzustellen. Zunächst sei die grundlegende Eigenschaft partieller Differentialgleichungen genannt (dadurch wird auch der Unterschied zu den gewöhnlichen Differentialgleichungen, die im Kapitel 9 behandelt wurden, deutlich). Bei einer partiellen Differentialgleichung hängt die gesuchte Funktion von mehreren Variablen ab und in der Gleichung treten partielle Ableitungen dieser Funktion auf. Beispiel 11.1: Bei den folgenden Differentialgleichungen handelt es sich um partielle Differentialgleichungen: a) Laplace-Gleichung (siehe auch (144)): U = 2 U x + 2 U 2 y 2 b) U t + 2 U x c) 2 u x 2 = α 2 u t 2 + β u t + γu U = sin x für U = U(x, t) für u = u(x, t) (α, β, γ seien Konstante) + 2 U = 0 für U = U(x, y, z) z2 Die Ordnung einer partiellen Differentialgleichung ist gleich der Ordnung der höchsten vorkommenden partiellen Ableitung der gesuchten Funktion. Fortsetzung zu Beispiel 11.1: Die unter a) und c) genannten Differentialgleichungen sind partielle Differentialgleichungen 2. Ordnung, denn die höchste vorkommende Ableitung hat jeweils die Ordnung 2. Dagegen ist die Differentialgleichung aus b) eine partielle Differentialgleichung 1. Ordnung, denn sie enthält nur partielle Ableitungen 1. Ordnung. Insbesondere für die Auswahl geeigneter Lösungsmethoden ist es wichtig, eine Unterscheidung zwischen linearen und nichtlinearen partiellen Differentialgleichungen zu treffen. Bei einer linearen partiellen Differentialgleichung treten die gesuchte Funktion und deren partielle Ableitungen nur in einem linearen Zusammenhang auf. Anderenfalls heißt die partielle Differentialgleichung nichtlinear. Beispiel 11.2: Alle im Beispiel 11.1 betrachteten partiellen Differentialgleichungen sind linear. ( Die partielle Differentialgleichung 2 u x 2 ) 2 + u y = sin(x + y) ist nichtlinear, denn die Ableitung 2 u x 2 einem nichtlinearen Zusammenhang auf (die Differentialgleichung enthält das Quadrat dieser Ableitung). tritt in Ein System partieller Differentialgleichungen besteht aus m Gleichungen (m 2), die m unbekannte Funktionen mehrerer reeller Variabler und partielle Ableitungen dieser Funktionen enthalten. Ein Beispiel für ein System partieller Differentialgleichungen wird im Abschnitt 11.2 angegeben. 46

47 Schließlich ist noch zu klären, was man unter einer Lösung einer partiellen Differentialgleichung versteht. Jede Funktion, die eine partielle Differentialgleichung identisch erfüllt, ist eine Lösung dieser Gleichung. Beispiel 11.3: Das skalare Feldfunktion 19 U( r) = ln r = ln r im R 3 (mit r > 0) ist eine Lösung der partiellen Differentialgleichung U = 1 r 2. Begründung: Es sind die partiellen Ableitungen (bis zur 2. Ordnung) der Funktion U = ln r = ln r = ln x 2 + y 2 + z 2 zu berechnen und in die linke Seite der Differentialgleichung U = 2 U x + 2 U 2 y U z 2 = 1 r 2 = 1 x 2 + y 2 + z 2 (204) einzusetzen. Wenn dadurch eine wahre Aussage entsteht, ist die Differentialgleichung erfüllt. Vor der Berechnung der Berechnung der Ableitungen kann der Ausdruck für U noch etwas vereinfacht werden. Mittels eines Logarithmengesetzes erhält man: ln x 2 + y 2 + z 2 = ln [ (x 2 + y 2 + z 2 ) 1/2] = 1 2 ln(x2 + y 2 + z 2 ). Bei der Berechnung der Ableitungen sind die Kettenregel und die Quotientenregel zu berücksichtigen: U x = x 2 U x 2 = x Völlig analog dazu erhält man: [ ] 1 2 ln(x2 + y 2 + z 2 ) = 1 2 ( x ) x 2 + y 2 + z 2 2 U y 2 = x2 y 2 + z 2 (x 2 + y 2 + z 2 ) 2 sowie 1 x 2 + y 2 + z 2 2x = x x 2 + y 2 + z 2 = 1 (x2 + y 2 + z 2 ) 2x x (x 2 + y 2 + z 2 ) 2 = x2 + y 2 + z 2 (x 2 + y 2 + z 2 ) 2. 2 U z 2 = x2 + y 2 z 2 (x 2 + y 2 + z 2 ) 2. Einsetzen dieser Ableitungen in die linke Seite der Differentialgleichung (204) und Vereinfachen liefert: U = 2 U x + 2 U 2 y U z 2 = x2 + y 2 + z 2 (x 2 + y 2 + z 2 ) 2 = 1 (x 2 + y 2 + z 2 ), d.h. es ist die rechte Seite der Differentialgleichung (204) entstanden. Die Funktion U( r) = ln r = ln r erfüllt somit die partielle Differentialgleichung U = 1 r Partielle Differentialgleichungen in der Praxis Bei den Beispielen 11.4 bis 11.7 bezeichnet u eine gesuchte Funktion (d.h. die Lösung der entsprechenden Differentialgleichung), f ist eine gegebene Funktion. Außerdem sind a und b vorgegebene Konstante. Beispiel 11.4: Laplace-Gleichung: u = 0 (siehe auch Formel (144) aus Abschnitt 8.3) Poisson-Gleichung: u = f oder u = f Die Funktionen u und f sind ortsabhängig, aber zeitunabhängig. Physikalische Bedeutung dieser Gleichungen: 20 - Wenn f = f(x, y, z) eine Massendichte im Raum ist, so stellt die Lösung u = u(x, y, z) das Gravitationspotential des zugehörigen Gravitationsfeldes dar. - Analog dazu ist u das elektrische Potential, falls f = f(x, y, z) eine Ladungsdichte im Raum bezeichnet. - In der Theorie der Wärmeleitung ist u die stationäre, d.h. zeitunabhängige Temperatur, die sich nach einer längeren Zeit einstellt, wenn innere Wärmequellen der Intensität f vorhanden sind. Der Fall f = 0 (Laplace- Gleichung) entspricht der Situation, dass keine inneren Wärmequellen existieren. 19 Bei der Darstellung von U beachte man den Unterschied zwischen r und r: mit r ist der Ortsvektor eines Raumpunktes mit den Koordinaten (x, y, z) bezeichnet, dagegen ist r der Abstand dieses Punktes zum Koordinatenursprung (siehe dazu auch die Gleichungen (132) zur Transformation in Kugelkoordinaten). 20 Quelle: W. PREUSS, H. KIRCHNER. Mathematik in Beispielen (Band 8: Partielle Differentialgleichungen), 1. Auflage, S

48 Beispiel 11.5: Wärmeleitungsgleichung: u t a2 u = f (siehe auch Beispiel 8.21 aus Abschnitt 8.7.2) u Diffusionsgleichung: t a2 u + bu = f (u und f sind Funktionen der Zeit t und des Ortes) Physikalische Bedeutung dieser Gleichungen: 21 - Wärmeleitungsgleichung: Wenn f = f(x, y, z, t) die Intensität der in einem (homogenen, isotropen) Medium befindlichen Wärmequelle zur Zeit t an der Stelle (x, y, z) bezeichnet, so ist u = u(x, y, z, t) die Temperatur zur Zeit t an dieser Stelle. - Diffusionsgleichung: f bezeichnet die Intensität der inneren Stoffquellen und u ist die Teilchendichte zum Zeitpunkt t an der Stelle (x, y, z). Beispiel 11.6: 22 Saitenschwingungsgleichung: 2 u t 2 a2 2 u x 2 = f (u und f sind Funktionen der Zeit t und des Ortes) Physikalische Bedeutung dieser Gleichung: Die Gleichung beschreibt kleine Querschwingungen einer eingespannten, biegsamen Saite. Dabei bezeichnet f = f(x, t) die äußere Anregung (äußere Krafteinwirkung) an der Stelle x zur Zeit t und u(x, t) ist die Auslenkung eines beliebigen Punktes x der Saite zur Zeit t (siehe auch Bild 11.1). Beispiel 11.7: Wellengleichung: 2 u t 2 a2 u = f (u und f sind Funktionen der Zeit t und des Ortes; Betrachtung im R 2 oder im R 3 ) Bild 11.1: Auslenkungen der Punkte der Saite zu einem festen Zeitpunkt t Physikalische Bedeutung dieser Gleichung: Durch diese Gleichung werden Schwingungen von räumlichen oder flächenhaften Körpern (Membranen) bzw. die Ausbreitung von Wellen in flüssigen oder gasförmigen Medien beschrieben. Die Bedeutung der Funktionen f und u ist analog zu Beispiel (Man beachte, dass der Unterschied zwischen den in Beispiel 11.6 und Beispiel 11.7 betrachteten Differentialgleichungen darin besteht, dass in 11.6 nur die Ortsvariable x, in 11.7 dagegen die Ortsvariablen x und y bzw. x, y und z vorhanden sind. Die Saitenschwingungsgleichung wird daher auch als eindimensionale Wellengleichung bezeichnet.) Nachfolgend werden zwei Beispiele 23 für Systeme partieller Differentialgleichungen angegeben. Beispiel 11.8: Leitungsgleichungen (oder Telegrafengleichungen): u x + L i L t + R Li = 0 i x + C u L t + G Lu = 0 Gesucht sind die Spannung u = u(x, t) sowie die Stromstärke i = i(x, t). Gegeben sind die (konstanten) Koeffizienten der Differentialgleichungen: C L - Leitungskapazität, G L - Ohmsche Ableitung, L L - Leitungsinduktivität, R L - Ohmscher Widerstand der Leitung. Diese Differentialgleichungen sind gekoppelt, d.h. die gesuchten Funktionen (bzw. ihre Ableitungen) treten in beiden Gleichungen auf, so dass es nicht möglich ist, diese Gleichungen einzeln zu lösen. 21 Quelle: W. PREUSS, H. KIRCHNER. Mathematik in Beispielen (Band 8: Partielle Differentialgleichungen), 1. Auflage, S Quelle: M. R. SPIEGEL. Höhere Mathematik f. Ingenieure u. Naturwissenschaftler - Theorie u. Anwendung, Nachdruck 1991, S Quelle: W. PREUSS, H. KIRCHNER. Mathematik in Beispielen (Band 8: Partielle Differentialgleichungen), 1. Auflage, S

49 Beispiel 11.9: Modell einer chemischen Reaktion in einem Röhrenreaktor: u t D 2 u 1 x 2 u2 v + (b + 1)u a = 0 v t D 2 v 2 x + 2 u2 v bu = 0 Gesucht sind die Konzentrationen u = u(x, t) und v = v(x, t) der Stoffe U und V, die im Reaktor diffundieren. Gegeben sind die Diffusionskoeffizienten D 1 und D 2 sowie die (näherungsweise konstanten) Konzentrationen a und b von Ausgangsstoffen A und B Partielle Differentialgleichungen mit Nebenbedingungen Bei der Modellierung technisch-physikalischer Systeme oder Prozesse mit Hilfe von (gewöhnlichen oder partiellen) Differentialgleichungen sind meistens zusätzliche Bedingungen wie z.b. der gegebene Anfangszustand eines Systems zu berücksichtigen. Während im vorangegangenen Abschnitt nur die Gleichungen selbst im Mittelpunkt standen, ist dieser Abschnitt den partiellen Differentialgleichungen mit Rand- oder Anfangsbedingungen (zusammengefasst unter dem Begriff Nebenbedingungen ) gewidmet. Bei den Beispielen wird jeweils auch eine physikalische Interpretation dieser Nebenbedingungen angegeben. Im weiteren wird davon ausgegangen, dass die Lösung u einer partiellen Differentialgleichung in einem Bereich B R n (n = 1, 2 oder 3) gesucht ist. Der Rand dieses Bereiches wird mit B bezeichnet. Arten von Nebenbedingungen bei partiellen Differentialgleichungen Randbedingung: Auf B soll die Fkt. u oder eine Ableitung von u vorgegebene Werte annehmen. Anfangsbedingung: Zum Zeitpunkt t = 0 werden der Funktion u oder einer Ableitung von u (nach t) Werte vorgeschrieben. Beispiel 11.10: 24 Gesucht ist eine Funktion u = u(x, y, z), die für (x, y, z) B (d.h. im Bereich B) die Differentialgleichung u = f mit einer vorgegebenen Funktion f = f(x, y, z) sowie für (x, y, z) B die Randbedingung oder oder u B = ϕ (Randbedingung 1. Art) u = u n B x n 1 + u y n 2 + u z n 3 = ϕ B (Randbedingung 2. Art) u n + αu B = ϕ (Randbedingung 3. Art) erfüllt. Dabei sind ϕ = ϕ(x, y, z) und α = α(x, y, z) gegebene Funktionen, n = (n 1, n 2, n 3 ) T ist der äußere Einheitsnormalenvektor an B und u die Richtungsableitung in Richtung des Einheitsnormalenvektors (Normalenableitung). n In diesem Beispiel wird die Lösung einer partiellen Differentialgleichung gesucht, wobei zusätzlich eine Randbedingung gestellt wird. Es handelt sich hier um ein reines Randwertproblem. Physikalische Interpretation: Es liegt ein stationäres Wärmeleitproblem vor (siehe dazu Beispiel 11.4 aus dem Abschnitt 11.2). Die Funktion f bezeichnet die (gegebene) Intensität der Wärmequelle, u die (gesuchte) Temperatur im Inneren eines Körpers. Die Randbedingungen besitzen die folgende Bedeutung: Randbedingung 1. Art: entspricht einer vorgegebenen Temperatur am Rand Randbedingung 2. Art: vorgegebener Wärmefluss am Rand Randbedingung 3. Art: freier Wärmeaustausch mit der Umgebung 24 Quelle: W. PREUSS, H. KIRCHNER. Mathematik in Beispielen (Band 8: Partielle Differentialgleichungen), 1. Auflage, S

50 Beispiel 11.11: 25 Gesucht ist eine Funktion u = u(x, t), die für x B := (0, l) und t > 0 die Differentialgleichung u t = a2 2 u x 2 + f mit einer vorgegebenen Funktion f = f(x, t) und einer Konstanten a > 0 löst. Außerdem soll die Funktion u folgende Bedingungen erfüllen (ϕ(x), ψ 1 (t) und ψ 2 (t) sind vorgegeben): Anfangsbedingung: u(x, 0) = ϕ(x) für 0 x l sowie Randbedingung 1. Art: u(0, t) = ψ 1 (t) und u(l, t) = ψ 2 (t) für t > 0 Hier liegt ein Anfangs-Randwertproblem vor. Physikalische Interpretation: Die vorliegende Differentialgleichung beschreibt die instationäre Wärmeleitung 26 in einem Stab der Länge l. Die Anfangsbedingung sagt aus, dass die Anfangstemperatur des Stabes zur Zeit t = 0 festgelegt ist (nämlich durch die gegebene Funktion ϕ(x)). Durch die Randbedingung 1. Art ist der Temperaturverlauf an den Enden des Stabes (d.h. für x = 0 und x = l) zu jedem beliebigen Zeitpunkt t > 0 vorgegeben. Bemerkung: Wird bei der instationären Wärmeleitung anstelle eines Stabes der Länge l ein unendlich langer Stab betrachtet, so entfällt die im Beispiel gestellte Randbedingung. Es wird nur die Anfangsbedingung: u(x, 0) = ϕ(x) für alle x R gestellt. Dann handelt es sich um ein reines Anfangswertproblem. Jedoch muss aus physikalischer Sicht die zu berechnende Temperatur u(x, t) beschränkt sein (insbesondere für x ± ). Auf diese Weise unterliegt die Lösung des Problems einer weiteren Nebenbedingung Methoden zur Lösung partieller Differentialgleichungen (Einblick) So vielfältig wie sich die partiellen Differentialgleichungen gestalten (Abschnitt 11.2 vermittelt nur einen kleinen Einblick!), so verschieden sind auch die Lösungsmethoden für diese Gleichungen. Im Abschnitt soll ein recht häufig verwendetes Lösungsverfahren vorgestellt werden. Es handelt sich dabei um den Separationsansatz (oder: Produktansatz bzw. Trennung der Variablen). Der Abschnitt ist der Lösung der Saitenschwingungsgleichung nach der Methode von d Alembert gewidmet Lösung durch Separationsansatz Der Separationsansatz ist anwendbar beispielsweise für lineare homogene partielle Differentialgleichungen, wenn die Koeffizienten konstant sind und keine gemischten Ableitungen auftreten. Wie der Name schon vermuten lässt, wird angenommen, dass die Lösung ein Produkt unbekannter Funktionen ist, die jeweils nur von einer Variablen abhängen. Dadurch kann die Lösung der partiellen Differentialgleichung auf die Lösung von gewöhnlichen Differentialgleichungen zurückgeführt werden. Die Vorgehensweise bei Anwendung des Separationsansatzes wird anhand des nachfolgenden Beispiels erläutert. Beispiel 11.12: Zu lösen ist die (eindimensionale) Wärmeleitungsgleichung: u t 2 u a2 = 0 mit u = u(x, t), a = const., a > 0 (205) x2 (vgl. auch Beispiel 11.5 aus dem Abschnitt 11.2; jetzt wurde speziell die Störfunktion f = 0 gewählt, wodurch eine homogene Differentialgleichung entsteht). Für die Lösung der Differentialgleichung wird der Ansatz u(x, t) = v(t) w(x) gewählt, d.h. die gesuchte Funktion wird dargestellt als Produkt einer nur von der Variablen t und einer nur von der Variablen x abhängigen 25 Quelle: K. MEYBERG, P. VACHENAUER. Höhere Mathematik 2 (Differentialgleichungen, Funktionentheorie, Fourier-Analysis, Variationsrechnung), 2. Auflage, S Es wird eine zu Beispiel 11.5 analoge Gleichung betrachtet, jetzt jedoch nur mit einer Ortsvariablen. 50

51 Funktion. Zielstellung ist nun die Berechnung der Funktionen v(t) und w(x). Da u eine Lösung der Differentialgleichung (205) ist, werden die in dieser Gleichung vorkommenden Ableitungen der Funktion u jetzt mit Hilfe von v und w ausgedrückt: u t = t (v(t) w(x)) = v (t) w(x), 2 u x 2 = 2 x 2 (v(t) w(x)) = v(t) w (x) (man beachte, dass die Ableitungen von v und w keine partiellen, sondern gewöhnliche Ableitungen sind, da diese Funktionen jeweils nur von einer Variablen abhängen). Einsetzen dieser Ableitungen in die Gleichung (205) liefert: v (t) w(x) a 2 v(t) w (x) = 0 v (t) w(x) = a 2 v(t) w (x) und nach Division beider Seiten dieser Gleichung durch den Term a 2 v(t) w(x) entsteht: v (t) a 2 v(t) = w (x) w(x), d.h. eine Gleichung mit getrennten Variablen. Da die linke Seite dieser Gleichung nur von t, die rechte Seite nur von x abhängt, ist die Gleichheit sicher dann gewährleistet, wenn beide Seiten der Gleichung gleich einer Konstanten sind. Um dies zum Ausdruck zu bringen, führt man einen Separationsparameter, hier β genannt, ein, d.h. es soll gelten: v (t) a 2 v(t) = w (x) = β mit dem Separationsparameter β R. w(x) Wird in dieser Gleichung der von t abhängige Ausdruck zeitweilig weggelassen, so erhält man: w (x) w(x) = β w (x) + β w(x) = 0. (206) Analog ergibt sich, wenn der von x abhängige Ausdruck zeitweilig weggelassen wird: v (t) a 2 v(t) = β v (t) + β a 2 v(t) = 0. (207) Damit wurde ein sehr wichtiger Schritt zur Lösung des gestellten Problems vollzogen: die Lösung der partiellen Differentialgleichung (205) kann auf die Lösung der beiden gewöhnlichen Differentialgleichungen (206) und (207) zurückgeführt werden. Dadurch können die Lösungsmethoden aus Kapitel 9 angewendet werden. Die Gleichung (207) ist eine lineare homogene Differentialgleichung 1. Ordnung. Gemäß der Formel (167) aus Abschnitt hat diese die allgemeine Lösung: v(t) = C e βa2t, C R. Die Gleichung (206) ist eine lineare homogene Differentialgleichung 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Gemäß den Ausführungen im Abschnitt erfolgt die Lösung derartiger Gleichungen mit Hilfe der charakteristischen Gleichung (siehe Formel (181)) und die Struktur der allgemeinen Lösung hängt davon ab, ob die charakteristische Gleichung zwei verschiedene reelle Lösungen, eine reelle Doppellösung oder zwei konjugiertkomplexe Lösungen besitzt. Im Fall der Differentialgleichung (206) lautet die charakteristische Gleichung: λ 2 +β = 0. Da der Separationsparameter β beliebig reell sein kann, treten bei der Lösung der charakteristischen Gleichung (und somit bei der Lösung von (206)) insgesamt drei verschiedene Fälle auf. Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung (206) lautet (K 1 und K 2 sind reelle Konstante): w(x) = K 1 cos ( β x ) + K 2 sin ( β x ), falls β > 0, w(x) = K 1 x + K 2 falls β = 0, w(x) = K 1 e β x + K 2 e β x falls β < 0. Auf Grund des Ansatzes u(x, t) = v(t) w(x) können jetzt die Lösungen der partiellen Differentialgleichung (205) (Wärmeleitungsgleichung) durch Multiplikation der Lösungen der Gleichungen (206) und (207) gebildet werden. Die entstehenden Resultate sind auf der nächsten Seite zusammengefasst. 51

52 Zusammenfassung: Lösungen der Wärmeleitungsgleichung (205) Für die Gleichung (205) wurden mittels Separationsansatz die folgenden Lösungen berechnet (Fallunterscheidung nach dem Separationsparameter β): β > 0 : u(x, t) = e a2 βt [ C 1 cos ( β x ) + C 2 sin ( β x )] β = 0 : u(x, t) = u(x) = C 1 x + C 2 ( β < 0 : u(x, t) = e a2 β t C 1 e β x + C 2 e ) β x Dabei sind C 1 und C 2 reelle Konstante (es gilt: C 1 = C K 1, C 2 = C K 2 ). Hinweis: In dem Fall β = 0 vereinfacht sich die Lösung der Differentialgleichung (207): v(t) = C e βa2t = C e 0 a2 t = C 1 = C (C R), dadurch ist die Lösung der Wärmeleitungsgleichung in diesem Fall nur von x abhängig. Bemerkung: Bisher wurde nur die partielle Differentialgleichung ohne Berücksichtigung von Nebenbedingungen gelöst. Wenn zusätzlich zur Differentialgleichung noch Anfangs- und Randbedingungen (vgl. dazu auch Abschnitt 11.3) erfüllt sein sollen, muss die berechnete Lösung im Nachhinein noch an diese Bedingungen angepasst werden. Die Anpassung der Lösung an die Anfangsbedingung kann unter Verwendung einer Fourier-Reihenentwicklung der Funktion aus der Anfangsbedingung erfolgen Lösung nach der Methode von d Alembert Zunächst wird der Fall einer unendlich langen schwingenden Saite betrachtet. Zu lösen ist dann die Differentialgleichung 2 u t 2 u 2 a2 = 0 mit u = u(x, t), a = const., a > 0 (208) x2 (siehe Beispiel 11.6, jetzt speziell mit f = 0) unter den Anfangsbedingungen 27 u(x, 0) = ϕ 1 (x), t u(x, 0) = ϕ 2(x) mit x R und gegebenen Funktionen ϕ 1 (x), ϕ 2 (x). (209) Die Funktionen ϕ 1 (x) und ϕ 2 (x) beschreiben die Anfangsauslenkung und die Anfangsgeschwindigkeit, bezogen auf die Punkte der Saite. Die d Alembertsche Lösung 28 des Anfangswertproblems (208), (209) lautet dann: u(x, t) = 1 2 [ϕ 1(x + at) + ϕ 1 (x at)] + 1 2c x+at x at ϕ 2 (ξ) dξ. (210) Diese Formel sagt aus, dass die Lösungsfunktion des Anfangswertproblems (208), (209) durch Superposition einer in positiver und einer in negativer x-richtung (jeweils mit Geschwindigkeit a) fortschreitenden Teilwelle entsteht. In dem speziellen Fall, dass ϕ 2 (x) = 0 gilt, vereinfacht sich die Gleichung (210) zu: u(x, t) = 1 2 [ϕ 1(x + at) + ϕ 1 (x at)]. Als nächstes wird eine Saite der Länge l betrachtet, welche an beiden Enden fest eingespannt ist. Anstelle des bisher betrachteten Anfangswertproblems ist jetzt ein Anfangs-Randwertproblem zu lösen. 27 Es wird vorausgesetzt, dass die Funktion ϕ 1(x) zweimal und die Funktion ϕ 2(x) einmal stetig differenzierbar ist. 28 Eine Herleitung dieser Formel ist z.b. zu finden in: H. DALLMANN, K.-H. ELSTER. Einführung in die höhere Mathematik für Naturwissenschaftler und Ingenieure (Band III), 1. Auflage, S

53 Im Vergleich zu der Problemstellung (208), (209) ergeben sich dann die folgenden Änderungen: - Die Funktionen ϕ 1 (x) und ϕ 2 (x) sind nur für x [0, l] vorgegeben. - Es sind zusätzlich die Randbedingungen u(0, t) = 0, u(l, t) = 0 zu berücksichtigen. Dabei muss aus Stetigkeitsgründen gelten: ϕ 1 (0) = ϕ 1 (l) = 0 sowie ϕ 2 (0) = ϕ 2 (l) = 0. Die Lösung des Anfangs-Randwertproblems ist ebenfalls durch die Formel (210) gegeben, wenn die Funktionen ϕ 1 (x) und ϕ 2 (x) von dem Intervall [0, l] als ungerade Funktionen in das Intervall [ l, 0] und anschließend über das Intervall [ l, l] hinaus nach beiden Seiten 2l-periodisch fortgesetzt werden. Bemerkung: Der Vorteil der Lösungsdarstellung (210) besteht darin, dass die Nebenbedingungen bereits eingearbeitet sind. Alternativ zur Methode von d Alembert ist auch die folgende Vorgehensweise zur Lösung des Anfangswertproblems (208), (209) (bzw. des entsprechenden Anfangs-Randwertproblems) möglich: Zunächst wird die Differentialgleichung (208) ohne Berücksichtigung von Nebenbedingungen mittels Separationsansatz (vgl. Abschnitt ) gelöst. Anschließend wird die erhaltene Lösung an die Randbedingungen (falls vorhanden) sowie an die Anfangsbedingungen angepasst, wobei wiederum die Fourier-Reihenentwicklung der Funktionen aus den Anfangsbedingungen verwendet werden kann. Bemerkung (abschließend zu Abschnitt 11.4): Da nur ein kleiner Einblick in die Methoden zur Lösung partieller Differentialgleichungen gegeben werden konnte, seien hier einige weitere Lösungsverfahren zumindest genannt: - Integration nach einer Variablen (wenn nur partielle Ableitungen nach einer Variablen in der Gleichung auftreten) - Erzeugung von Lösungen durch Superposition (anwendbar bei linearen Differentialgleichungen) - Fourier- oder Laplace-Transformation (nach einer Variablen) - numerische Lösung (d.h. Berechnung von Näherungslösungen), z.b. durch: Finite-Elemente-Methode, Differenzenverfahren oder Randelementmethode. 53

54 12 Grundlagen der Wahrscheinlichkeitsrechnung 12.1 Hilfsmittel aus der Kombinatorik Definition 12.1: Als Permutationen von n Elementen ohne Wiederholung bezeichnet man Anordnungen dieser n verschiedenen Elemente, die sich nur durch die Reihenfolge dieser Elemente unterscheiden. Eine Permutation von n Elementen mit Wiederholung liegt vor, wenn nicht alle n Elemente voneinander verschieden sind. Für die Berechnung der Permutationen (d.h. die Anzahl der möglichen Anordnungen) gelten die folgenden Formeln. Permutationen von n Elementen ohne Wiederholung: P (n) = n (n 1) (n 2)... 1 = n! Permutationen von n Elementen, unter denen n! sich jeweils n 1, n 2,..., n k einander gleiche befinden: P (n; n 1, n 2,..., n k ) = n 1! n 2!... n k! mit n 1 + n n k = n Beispiel 12.1: Definition 12.2: Unter Variationen von n Elementen zur k-ten Klasse ohne Wiederholung versteht man Teilmengen von je k Elementen, die unter Berücksichtigung der Anordnung aus n gegebenen Elementen ausgewählt werden (1 k n). Eine Variation von n Elementen zur k-ten Klasse mit Wiederholung liegt vor, wenn die ausgewählten Elemente mehrfach auftreten dürfen. Variationen von n Elementen zur k-ten Klasse ohne Wiederholung: V (n; k) = n (n 1)... (n (k 1)) = n! (n k)! mit Wiederholung: V W (n; k) = n k (mit 1 k n) Beispiel 12.2: 54

55 Definition 12.3: Als Kombinationen von n Elementen zur k-ten Klasse ohne Wiederholung bezeichnet man Teilmengen von je k Elementen, die ohne Berücksichtigung der Anordnung aus n gegebenen Elementen ausgewählt werden (1 k n). Eine Kombination von n Elementen zur k-ten Klasse mit Wiederholung liegt vor, wenn die ausgewählten Elemente mehrfach auftreten dürfen. Kombinationen von n Elementen zur k-ten Klasse ( ) n! n ohne Wiederholung: C(n; k) = k! (n k)! = (Binomialkoeffizient) k ( ) n + k 1 mit Wiederholung: C W (n; k) = k Bei den Kombinationen ohne Wiederholung muss gelten: 1 k n. Beispiel 12.3: 12.2 Grundbegriffe der Wahrscheinlichkeitsrechnung Das Zufallsexperiment und weitere Grundbegriffe Definition 12.4: Das Zufallsexperiment ist ein Versuch, bei dem die folgenden Bedingungen (Voraussetzungen) erfüllt sind: 1) Der Versuch lässt sich unter den gleichen äußeren Bedingungen beliebig oft wiederholen. 2) Bei der Durchführung des Versuchs sind mehrere sich gegenseitig ausschließende Ergebnisse möglich. 3) Das Ergebnis einer konkreten Durchführung des Versuchs lässt sich dabei nicht mit Sicherheit voraussagen, sondern ist zufallsbedingt. Beispiel 12.4: Definition 12.5: Die möglichen, sich gegenseitig ausschließenden Ergebnisse eines Zufallsexperiments heißen Elementarereignisse. Schreibweise: ω 1, ω 2, ω 3,.... Die Menge aller Elementarereignisse heißt Ergebnismenge Ω. 55

56 Beispiel 12.5: Die Teilmengen der Ergebnismenge Ω beschreiben Versuchsausgänge, die bei der Durchführung des Versuchs eintreten können, aber nicht unbedingt eintreten müssen. Dies gibt Anlass zur Definition des Begriffes Ereignis. Definition 12.6: Eine Teilmenge A der Ergebnismenge Ω eines Zufallsexperiments wird Ereignis genannt. Die Menge aller Ereignisse, die aus der Ergebnismenge eines Zufallsexperiments gebildet werden können, heißt Ereignisraum oder Ereignisfeld. Nach den Gesetzmäßigkeiten der Mengenlehre sind sowohl die leere Menge als auch die Ergebnismenge Ω selbst Teilmengen von Ω. Sie stellen Ereignisse mit folgender Bedeutung dar: : unmögliches Ereignis (ein Ereignis, das nie eintreten kann) Ω : sicheres Ereignis (ein Ereignis, das immer eintritt). Ein Ereignis A ist somit entweder - das unmögliche Ereignis (siehe oben; A enthält dann kein Element von Ω) oder - ein Elementarereignis (siehe Definition 12.5; A enthält genau ein Element von Ω) oder - eine Menge mehrerer Elementarereignisse (A enthält mehrere Elemente von Ω) oder - das sichere Ereignis Ω (siehe oben; A enthält alle Elemente von Ω, d.h. A = Ω). Beispiel 12.6: Verknüpfungen von Ereignissen Gemäß Definition 12.6 sind Ereignisse als Teilmengen der Ergebnismenge Ω anzusehen, d.h. es handelt sich um Mengen. Somit kann man bei Ereignissen - ebenso wie bei Mengen - Verknüpfungen betrachten. Auf der nachfolgenden Seite wird eine Übersicht über Verknüpfungen von Ereignissen gegeben. Die Veranschaulichung erfolgt jeweils mit Hilfe von Mengendiagrammen. 56

57 Mit A und B sind Ereignisse im Sinne der Definition 12.6 bezeichnet. Verknüpfung Bedeutung Darstellung im Diagramm Teilereignis: A B A zieht B nach sich A B Vereinigung (Summe): A B mindestens eines der Ereignisse A, B tritt ein (d.h.: A oder B) A B Durchschnitt (Produkt): A B sowohl A als auch B tritt ein (d.h.: A und B) A B Differenz: A \ B A tritt ein, jedoch nicht gleichzeitig B A B Für die Verknüpfungen von Ereignissen gelten - wie auch für die Verknüpfungen von Mengen - Gesetzmäßigkeiten wie Kommutativgesetze, Assoziativgesetze, Distributivgesetze sowie die DE MORGANschen Gesetze: A B = A B, A B = A B (A und B sind wiederum Ereignisse im Sinne der Definition 12.6). Das zu A komplementäre Ereignis tritt genau dann ein, wenn A nicht eintritt. Bezeichnung: Ā; es gilt: Ω \ A = Ā Die Ereignisse A und B heißen disjunkt (oder unvereinbar), wenn gilt: A B =. Beispiel 12.7: Definition 12.7: Die Ereignisse A i (i = 1, 2,..., n) heißen Zerlegung des Ereignisses A, wenn gilt: n A i = A und A i A j = für alle i, j mit i j. i=1 Sie bilden ein vollständiges System zufälliger Ereignisse, wenn gilt: n A i = Ω und A i A j = für alle i, j mit i j (Zerlegung des sicheren Ereignisses). i=1 Ein vollständiges System zufälliger Ereignisse A 1, A 2,..., A n besitzt die folgende Eigenschaft: als Ergebnis eines zufälligen Versuches muss genau eines von ihnen eintreten. Beispiel 12.8: 57

58 12.3 Der Begriff der Wahrscheinlichkeit Laplace-Experimente, absolute und relative Häufigkeit Definition 12.8: Ein Zufallsexperiment mit der endlichen Ergebnismenge Ω = {ω 1, ω 2,..., ω m } heißt Laplace-Experiment, wenn alle Elementarereignisse ω i die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzen: P ({ω i }) = p(ω i ) = 1 m (i = 1, 2,..., m). Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses A ist dann gegeben durch: P (A) = g(a) m, wobei g(a) : Anzahl der für das Ereignis A günstigen Fälle (d.h. der Fälle, in denen das Ereignis A eintritt) m : Anzahl der insges. möglichen Fälle (Anzahl der gleichwahrscheinlichen Elementarereignisse) Hinweis: Dies wird auch als klassische Definition der Wahrscheinlichkeit bezeichnet (nur anwendbar für Laplace- Experimente!). Beispiel 12.9: Bei dem Zufallsexperiment Wurf eines homogenen Würfels treten alle 6 möglichen Augenzahlen (Elementarereignisse) mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auf: p(i) = g(i) m = 1 6 Beispiel 12.10: für i = 1, 2,..., 6. Für die Festlegung unbekannter Wahrscheinlichkeiten in der Praxis (siehe Abschnitt ) werden noch die Begriffe der absoluten und relativen Häufigkeit benötigt. Definition 12.9: Wird ein Zufallsexperiment n-mal durchgeführt und tritt dabei das Ereignis A genau n(a)-mal ein, so wird n(a) als absolute Häufigkeit des Ereignisses A und h n (A) = n(a) n bezeichnet. als relative Häufigkeit des Ereignisses A Die absolute Häufigkeit eines Ereignisses kann somit durch einfaches Abzählen ermittelt werden Wahrscheinlichkeitsaxiome und Schlussfolgerungen Wie im vorigen Abschnitt bereits ausgeführt wurde, ist der klassische Wahrscheinlichkeitsbegriff ausschließlich auf Laplace-Experimente anwendbar. In der modernen Wahrscheinlichkeitsrechnung wird der Begriff der Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Ereignisses mit Hilfe gewisser Axiome29 eingeführt. Diese heißen (nach ihrem Begründer) Wahrscheinlichkeitsaxiome von Kolmogoroff und werden im folgenden aufgeführt Ein Axiom ist ein nicht aus anderen Aussagen abgeleiteter Grundsatz, welcher nicht bewiesen wird. Aus Axiomen werden weitere Sätze eines Wissensgebietes hergeleitet. 30 Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 3, 5. Auflage, S

59 Wahrscheinlichkeitsaxiome von Kolmogoroff Jedem Ereignis A eines Zufallsexperiments mit der Ergebnismenge Ω wird eine reelle Zahl P (A), genannt: Wahrscheinlichkeit des Ereignisses A, so zugeordnet, dass die folgenden Axiome erfüllt sind: Axiom 1: P (A) ist eine nichtnegative Zahl, die höchstens gleich 1 ist: 0 P (A) 1. Axiom 2: Für das sichere Ereignis (Ergebnismenge) Ω gilt: P (Ω) = 1. Axiom 3: Für paarweise sich gegenseitig ausschließende Ereignisse A 1, A 2, A 3,... gilt: P (A 1 A 2 A 3...) = P (A 1 ) + P (A 2 ) + P (A 3 ) Man beachte: Die Wahrscheinlichkeitsaxiome beinhalten keinerlei Aussagen darüber, wie man bei einem konkreten Zufallsexperiment die Wahrscheinlichkeiten der auftretenden Ereignisse ermitteln kann. Sie stellen aber in gewisser Hinsicht Rechenregeln für Wahrscheinlichkeiten dar. Folgerungen aus den Wahrscheinlichkeitsaxiomen von Kolmogoroff 1) Für das unmögliche Ereignis gilt: P ( ) = 0. 2) Für das zum Ereignis A komplementäre Ereignis gilt: P (Ā) = 1 P (A). 3) Für zwei sich gegenseitig ausschließende Ereignisse A und B folgt aus Axiom 3: P (A B) = P (A) + P (B). In gewissen Fällen ist es möglich, Versuchsergebnisse als Punkte eines Intervalls bzw. einer ebenen oder räumlichen Punktmenge zu interpretieren. Dies führt zur geometrischen Wahrscheinlichkeitsformel, welche im folgenden angegeben wird 31. Geometrische Wahrscheinlichkeitsformel Wenn dem zufälligen Ereignis A ein Teilbereich des Grundbereiches G zugeordnet wird, dann kann die Wahrscheinlichkeit P (A) des Ereignisses A mit Hilfe der Formel P (A) = I(A) I(G) (211) berechnet werden. Dabei gelten die Bezeichungen: I(A) geometrischer Inhalt des für A günstigen Teilbereiches I(G) geometrischer Inhalt des Grundbereiches. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Formel ist, dass alle Punkte des Grundbereiches G gleichberechtigt sind. Der geometrische Inhalt ist - in Abhängigkeit von der Dimension der betrachteten Punktmenge - entweder eine Länge, ein Flächeninhalt oder ein Volumen. Beispiel 12.11: 31 Quelle: W. LEUPOLD (Hrsg.). Mathematik - ein Studienbuch für Ingenieure (Band 2: Reihen - Differentialgleichungen - Analysis für mehrere Variable - Stochastik), 2. Auflage, S

60 Bei praktischen Sachverhalten ist es häufig so, dass die Zufallsexperimente nicht als Laplace-Experimente angesehen werden können und die Wahrscheinlichkeiten von Elementarereignissen nicht von vornherein bekannt oder berechenbar sind. In solchen Fällen bedient man sich statistischer (oder empirischer) Wahrscheinlichkeitswerte. Dazu sei n die (hinreichend große!) Anzahl der Einzelversuche einer Versuchsreihe und A ein zufälliges Ereignis, welches als Versuchsergebnis auftreten kann. Dann wird die relative Häufigkeit h n (A) (vgl. Definition 12.9) des Ereignisses A festgestellt und P (A) h n (A) für die unbekannte Wahrscheinlichkeit P (A) angenommen (d.h. die ermittelte relative Häufigkeit von A dient als Schätzwert für die unbekannte Wahrscheinlichkeit P (A)). Beispiel 12.12: Statistische Wahrscheinlichkeitswerte können z.b. angewendet werden für - die Wahrscheinlichkeit für eine Jungen- oder Mädchengeburt - die Wahrscheinlichkeit des Ausfalls eines Maschinenelementes während einer vorgegebenen Laufzeit Additionssatz, bedingte Wahrscheinlichkeit und Multiplikationssatz Wenn A und B disjunkte Ereignisse sind (d.h.: A B = ), dann gilt nach dem Wahrscheinlichkeitsaxiom 3 (siehe Abschnitt ): P (A B) = P (A)+P (B). Falls die Voraussetzung, dass die Ereignisse disjunkt sind, nicht erfüllt ist, ist der folgende Satz anzuwenden: Additionssatz für zwei beliebige Ereignisse Seien A und B zwei beliebige Ereignisse eines Ereignisraumes, dann gilt: Beispiel 12.13: P (A B) = P (A) + P (B) P (A B). (212) Wenn A und B Ereignisse ein und desselben Ereignisraumes sind, kann man bedingte Wahrscheinlichkeiten betrachten, und zwar: - die bedingte Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B (d.h. es wird vorausgesetzt, dass das Ereignis B bereits eingetreten ist) - die bedingte Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung A (es wird vorausgesetzt, dass A bereits eingetreten ist). Die Schreibweise für die genannten Wahrscheinlichkeiten ist: P (A B) bzw. P (B A). Die Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten wird mit Hilfe der nachfolgenden Formeln durchgeführt. Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten Bedingte Wahrscheinlichkeit von A unter der Bedingung B: oder P (A B) = P (A B) P (B) (wobei P (B) 0 gelten muss) (213) Bedingte Wahrscheinlichkeit von B unter der Bedingung A: P (B A) = Beispiel 12.14: P (A B) P (A) (wobei P (A) 0 gelten muss) (214) 60

61 Als unmittelbare Schlussfolgerung aus den Formeln für die bedingte Wahrscheinlichkeit erhält man die folgende Aussage. Multiplikationssatz (für beliebige Ereignisse) Die Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige Eintreten der beiden Ereignisse A und B wird berechnet nach der Formel: P (A B) = P (A) P (B A). (215) Hinweis: In (215) bedeutet P (A) die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von A (ohne jede Bedingung!) und P (B A) die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten von B unter der Bedingung, dass A bereits eingetreten ist. Beispiel 12.15: Ausgehend von den bedingten Wahrscheinlichkeiten können aber auch die Fälle: P (A B) = P (A) bzw. P (B A) = P (B) in Betracht gezogen werden. In dem ersten Fall gilt: Die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von A unter der Bedingung B ist gleich der Wahrscheinlichkeit des Eintretens von A (ohne Bedingung). Dies kann so interpretiert werden, dass das Eintreten des Ereignisses B keinen Einfluss auf das Eintreten des Ereignisses A hat. Oder, anders ausgedrückt: Das Ereignis A ist (stochastisch) unabhängig von dem Ereignis B. Analog dazu bedeutet der zweite der o.g. Fälle, dass das Ereignis B (stochastisch) unabhängig von dem Ereignis A ist. In dem speziellen Fall stochastisch unabhängiger Ereignisse kann der o.g. Multiplikationssatz wie folgt formuliert werden. Multiplikationssatz für stochastisch unabhängige Ereignisse Wenn die Ereignisse A und B stochastisch unabhängig sind, dann gilt: P (A B) = P (A) P (B). (216) Die Formel (216) entsteht aus (215), indem dort P (B A) = P (B) gesetzt wird. Diese Beziehung ist auf Grund der vorausgesetzten Unabhängigkeit der Ereignisse A und B stets gültig. 61

62 Die Formel (216) kann auch auf den Fall von n Ereignissen verallgemeinert werden. Wenn die Ereignisse A 1, A 2,..., A n ein vollständiges System stochastisch unabhängiger Ereignisse bilden, dann gilt: ( n ) n P A i = P (A 1 ) P (A 2 )... P (A n ) = P (A i ). (217) i=1 Mit dieser Formel lässt sich die Wahrscheinlichkeit für das gleichzeitige Eintreten von n stochastisch unabhängigen Ereignissen berechnen, falls die Wahrscheinl. für das Eintreten jedes einzelnen Ereignisses bekannt sind. Beispiel 12.16: Bemerkungen: i=1 - Wenn die Ereignisse A und B stochastisch unabhängig sind, dann sind auch die Ereignisse A und B stochastisch unabhängig, ebenso die Ereignisse A und B sowie die Ereignisse A und B. - Für drei beliebige Ereignisse A, B, C lautet der Additionssatz: P (A B C) = P (A) + P (B) + P (C) P (A B) P (A C) P (B C) + P (A B C). Für eine Verallgemeinerung des Additionssatzes auf n beliebige Ereignisse sei auf die folgende Literaturstelle verwiesen: W. VOSS (Hrsg.): Taschenbuch der Statistik, 1. Auflage (2000), S Baumdiagramme, totale Wahrscheinlichkeit von Ereignissen Wenn mehrere gleichartige Zufallsexperimente nacheinander durchgeführt werden, spricht man auch von einem mehrstufigen Zufallsexperiment. Ergänzung zu Beispiel 12.15: Die Ziehung zweier Kugeln aus einer Urne ohne Zurücklegen kann als 2-stufiges Zufallsexperiment aufgefasst werden, wenn man die Ziehung einer Kugel als einfaches Zufallsexperiment ansieht. Zur Veranschaulichung mehrstufiger Zufallsexperimente werden häufig Baumdiagramme (Ereignisbäume) verwendet. Zunächst wird ein Beispiel angegeben und anschließend werden einige allgemeine Aussagen 32 zu Baumdiagrammen getroffen. Beispiel 12.17: Aus einer Urne mit 4 roten und 2 gelben Kugeln werden 2 Kugeln nacheinander ohne Zurücklegen entnommen (siehe auch Beispiel 12.15). Das vorliegende Baumdiagramm (siehe Bild 12.1) veranschaulicht die möglichen Ergebnisse dieses Experiments zusammen mit den Wahrscheinlichkeiten der Zwischenergebnisse. 3 5 Erläuterung: Bild Quelle: L. PAPULA. Mathematik für Ingenieure und Naturwissenschaftler, Band 3, 5. Auflage, S

63 Aufbau eines Baumdiagramms Das Baumdiagramm setzt sich zusammen aus einer Wurzel (Ausgangspunkt) sowie Verzweigungspunkten und Zweigen. Die Verzweigungspunkte charakterisieren die möglichen Zwischenergebnisse nach einer bestimmten Stufe des Zufallsexperiments. Die Zweige führen zu den jeweils möglichen Ergebnissen der nachfolgenden Stufe. Ein mögliches Endergebnis des Zufallsexperiments erreicht man (ausgehend von der Wurzel) längs eines bestimmten Pfades. Wenn die Berechnung der Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (das als Ergebnis eines mehrstufigen Zufallsexperiments auftreten kann) mit Hilfe eines Baumdiagramms erfolgen soll, können die folgenden Pfadregeln angewendet werden. Regeln bei der Berechnung von Wahrscheinlichkeiten mit Hilfe eines Baumdiagramms Es gelten die folgenden Pfadregeln: 1) Die Wahrscheinlichkeiten längs eines Pfades werden miteinander multipliziert. 2) Wenn mehrere Pfade zum gleichen Endergebnis führen, dann addieren sich ihre Wahrscheinlichkeiten. Fortsetzung zu Beispiel 12.17: Um den Begriff der totalen Wahrscheinlichkeit einführen zu können, werden folgende Ereignisse betrachtet: A i (i = 1, 2,..., n): disjunkte Ereignisse mit P (A i ) 0 für alle i, B : ein Ereignis, das stets zusammen mit einem der Ereignisse A i eintritt. Das Diagramm in Bild 12.2 veranschaulicht eine solche Situation für den Fall n = 4. A 1 A 2 A 3 B Bild 12.2 Formel für die totale Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses Unter den o.g. Voraussetzungen gilt für die Wahrscheinlichkeit des Ereignisses B: n n P (B) = P (B A i ) = P (A i ) P (B A i ). (218) i=1 i=1 Hinweis: Der Summand P (A i ) P (B A i ) in (218) ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ereignis B über die Zwischenstation A i (für das jeweilige i) erreicht wurde. Begründung für die Formel (218): Es gilt (siehe dazu auch Bild 12.2): B = (B A 1 ) (B A 2 )... (B A n ). Da die Ereignisse A i (i = 1, 2,..., n) als disjunkt vorausgesetzt wurden, sind auch die Ereignisse (B A i ) für i = 1, 2,..., n disjunkt. Durch Anwendung des Wahrscheinlichkeitsaxioms 3 (siehe Abschnitt ) und der Formel (215) ergibt sich dann: n n n P (B) = P (B A i ) = P (A i B) = P (A i ) P (B A i ). Beispiel 12.18: i=1 i=1 i=1 63 A 4

64 Bayessche Formel: P (A j B) = P (A j) P (B A j ) n. (219) P (A i ) P (B A i ) i=1 Bedeutung dieser Formel: Jetzt wird vorausgesetzt, dass das Ereignis B bereits eingetreten ist. Dann ermöglicht die Bayessche Formel die Berechnung der Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ereignis B über die Zwischenstation A j erreicht wurde. Fortsetzung zu Beispiel 12.18: 64

65 13 Wahrscheinlichkeitsverteilungen 13.1 Stetige und diskrete Zufallsvariable (ZV) Dem Begriff der Zufallsvariablen kommt in diesem Kapitel eine zentrale Rolle zu. Im folgenden wird für den Begriff Zufallsvariable meistens die Abkürzung ZV verwendet. Man unterscheidet zwischen stetigen und diskreten Zufallsvariablen. Definition 13.1: Unter einer Zufallsvariablen (oder Zufallsgröße) X versteht man eine Abbildung, die jedem Elementarereignis ω aus der Ergebnismenge Ω eines Zufallsexperiments genau eine reelle Zahl X(ω) zuordnet. Eine ZV heißt dabei diskret, wenn sie nur endlich viele oder abzählbar unendlich viele reelle Werte annehmen kann. Eine ZV heißt stetig, wenn sie jeden beliebigen Wert aus einem (reellen) endlichen oder unendlichen Intervall annehmen kann. Die Werte, die eine Zufallsvariable annehmen kann, heißen Realisierungen. Sie werden üblicherweise mit kleinen Buchstaben bezeichnet. Beispiel 13.1: 13.2 Verteilungsfunktion einer ZV Bei praktischen Anwendungen der Wahrscheinlichkeitsrechnung wird häufig die Frage gestellt, mit welcher Wahrscheinlichkeit eine ZV einen bestimmten Wert annimmt bzw. der Wert der ZV kleiner (oder größer) als eine bestimmte Zahl ist. Dies führt auf den Begriff der Verteilungsfunktion. Definition 13.2: Die Verteilungsfunktion einer ZV X ist gegeben durch: F (x) = P (X x), (220) d.h. sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit die ZV X einen Wert annimmt, der kleiner oder gleich einer vorgegebenen reellen Zahl x ist. Eine ZV X wird durch ihre zugehörige Verteilungsfunktion vollständig beschrieben. Nachfolgend sind wichtige Eigenschaften von Verteilungsfunktionen zusammengestellt. Diese gelten allgemein, d.h. unabhängig von der konkreten ZV. 65

66 Eigenschaften von Verteilungsfunktionen Sei X eine beliebige (diskrete oder stetige) Zufallsvariable und F (x) die zugehörige Verteilungsfunktion. Diese Funktion besitzt die folgenden Eigenschaften: 1) F (x) ist eine monoton wachsende Funktion und es gilt: 0 F (x) 1 für alle x R. 2) lim x F (x) = 0 3) lim x F (x) = 1 4) Die Wahrscheinlichkeit, dass a < X b gilt, lässt sich mit Hilfe der Verteilungsfunktion wie folgt berechnen: P (a < X b) = F (b) F (a). Die Eigenschaften 2) und 3) sind unmittelbare Schlussfolgerungen aus der Definition 13.2 und der Tatsache, dass die Wahrscheinlichkeit des unmöglichen Ereignisses gleich 0, die des sicheren Ereignisses gleich 1 ist (siehe dazu auch Abschnitt ). Die Fragestellung, zu einem gegebenen Wert der Verteilungsfunktion das zugehörige Argument zu finden, führt auf den Begriff des Quantils. Definition 13.3: Sei X eine ZV mit der zugehörigen Verteilungsfunktion F (x) und p 0 (mit p 0 [0, 1]) eine vorgegebene reelle Zahl. Dann wird jede Zahl x 0 mit der Eigenschaft: F (x 0 ) = P (X x 0 ) = p 0 als p 0 -Quantil der Zufallsvariablen X bezeichnet. Ein Quantil kann genau dann eindeutig bestimmt werden, wenn die entsprechende Verteilungsfunktion streng monoton wachsend ist Verteilungsfunktion einer diskreten ZV (diskrete Verteilung) Bei einer diskreten ZV X (vgl. Definition 13.1) gehört zu jeder Realisierung x i eine bestimmte Wahrscheinlichkeit: P (X = x i ) = p i (Einzelwahrscheinlichkeit). Die Realisierungen der ZV können zusammen mit den zugehörigen Einzelwahrscheinlichkeiten in einer Verteilungstabelle dargestellt werden: x i x 1 x 2 x 3... x m... P (X = x i ) p 1 p 2 p 3... p m... Mit Hilfe dieser Tabelle kann die Verteilungsfunktion der diskreten ZV ermittelt werden. Verteilungsfunktion F (x) einer diskreten ZV X: F (x) = P (X x) = x i x p i für x R und mit p i = P (X = x i ) (221) Es wurden bereits einige Eigenschaften von Verteilungsfunktionen genannt (siehe oben). In dem hier vorliegenden Fall einer diskreten ZV kommt noch die folgende Eigenschaft hinzu: Die grafische Darstellung der Verteilungsfunktion einer diskreten ZV ergibt eine stückweise konstante Funktion (auch Treppenfunktion genannt), siehe dazu Bild F (x) 1. p 1 + p 2 + p 3 p 1 + p 2 p 1 0 x 1 x 2 x 3... x n x Bild

67 Beispiel 13.2: Verteilungsfunktion einer stetigen ZV (stetige Verteilung) Verteilungsfunktion F (x) einer stetigen ZV X: F (x) = P (X x) = x f(t) dt (222) für x R, wobei die Funktion f als Wahrscheinlichkeitsdichte oder Dichtefunktion bezeichnet wird Die Dichtefunktion f(x) besitzt die folgenden Eigenschaften 33 1) f(x) 0 für alle x R 2) f(x) = F (x), d.h. die Dichtefunktion ist gleich der ersten Ableitung der Verteilungsfunktion 3) f(x) dx = 1 Diese Eigenschaft wird auch als Normiertheit der Dichtefunktion bezeichnet. 4) Die Wahrscheinlichkeit, dass X einen Wert zwischen a und b annimmt, kann mit Hilfe der Dichtefunktion wie folgt berechnet werden: P (a X b) = F (b) F (a) = (vgl. dazu auch Formel (222)). Die Eigenschaft 3) folgt aus: b f(x) dx a f(x) dx = b a f(x) dx f(x) dx = P ( < X < ) = 1 (Wahrscheinl. des sicheren Ereignisses). Die Eigenschaft 4) kann wie folgt veranschaulicht werden: die im Bild 13.2 grau unterlegte Fläche entspricht der Wahrscheinlichkeit, dass die ZV X einen Wert zwischen a und b annimmt. f(x) a Bild 13.2 b x 33 An dieser Stelle wird f als eine von der Variablen x abhängige Funktion betrachtet, während in der Formel (222) auf Grund der Bezeichnung der oberen Integrationsgrenze die Schreibweise f(t) verwendet wurde. 67

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