Fachbereich Mathematik der Universität Hamburg WiSe 2017/2018 Dr. Hanna Peywand Kiani Hörsaalübung zu Blatt 5 Analysis I für Studierende der Ingenieurwissenschaften Polynome, Folgen, Reihen 1. Teil 11/12.12.2017 Das ins Netz gestellte Material zur Hörsaalübung soll nur die Mitarbeit während der Veranstaltung erleichtern. Ohne die in der Veranstaltung gegebenen zusätzlichen Erläuterungen sind diese Unterlagen unvollständig (z. Bsp. fehlen oft wesentliche Voraussetzungen). Tipp oder Schreibfehler, die rechtzeitig auffallen, werden nur mündlich während der Veranstaltung angesagt. Eine Veröffentlichung dieser Unterlagen an anderer Stelle ist untersagt!
Konvergenz von Folgen in R : Reelle Zahlenfolge : f : N R, n f(n) := a n. Schreib- bzw. Sprechweise: (a n ) n N. Eine Folge (a n ) n N konvergiert gegen eine Zahl a R, wenn es zu jedem ǫ > 0 ein N N gibt, so dass a n a < ǫ n N Schreibweise: lim n a n = a oder a n a (n ) ACHTUNG: ± sind keine Zahlen aus R. a n ± (n ) : uneigentliche Konvergenz divergent = nicht konvergent 2
Rechenregeln/bekannte Folgen : Die Folgen (a n ) n N und (b n ) n N seien konvergent mit lim a n = a, lim b n = b. Dann gilt: n n a) Linearität : lim (a n+b n ) = lim a n + lim b n n n n lim λa n = λ lim a n λ R n n b) lim n (a n b n ) = lim n a n lim n b n lim n ( an b n ) = lim n a n lim n b n b n 0 3
c) Seien a n 0 n N und m N. Dann gilt lim n m a n = m lim a n = m a n d) Sei (x n ) n N konvergent. Für stetige Funktionen f (insbesondere für die elementaren Funktionen ( sin, cos, ) ln, exp, ) gilt in ihren Definitionsbereichen lim f (x n) = f lim x n n n e) Monoton wachsende (fallende) nach oben (unten) beschränkte Folgen sind konvergent. monoton wachsend: a n+1 a n, n N Eine Folge heißt nach oben (unten) beschränkt, wenn es ein C R gibt mit C a n (a n C). 4
f) Die geometrische Folge a n = q n konvergiert genau dann, wenn 1 < q 1. lim n (qn ) = 0 falls 1 < q < 1 1 falls q = 1 falls q > 1 g) lim n nk = falls k > 0 1 falls k = 0 0 falls k < 0 5
Beispiele: Untersuchung auf Konvergenz und ggf. Grenzwert (n N) a n := n 2 +1 (n+1) b n := 6n2 +n 4n 1 3n2 2 2n+1. c n := 7 4n + 3 n 3 5 n+1. (Ausführliche Besprechnung der Beispiele vor Ort.) Zur Folge a n = n 2 +1 (n+1) Wie wäre es mit lim n lim n n2 +1 = (wg. a, b und c) n+1 = (wg. a und b) lim a n = lim n n n2 +1 lim n (n+1) = 0? völliger Blödsinn! 6
Untersuche zum Beispiel: n 1 2n, n 2 +1 n, n n 2 +1 n 1 2n = n 2 +1 n = n2 n + 1 n n n 2 +1 = n 1 n(n+ 1 ) = n Die Regeln a) b) und c) gelten nur im Falle der Konvergenz der einzelnen beteiligten Folgen gegen endliche Zahlen. 7
Zurück zum Beispiel: richtig wäre: Behebe Problem mittels 3. binomischer Formel (c b)(c+b) = c 2 b 2 lim a n = lim n n [ n2 +1 (n+1)] a n = [ n2 +1 (n+1)] = [ ( n 2 +1 (n+1)) ( ] n 2 +1+(n+1)) n2 +1+(n+1) = n2 +1 (n+1) 2 n2 +1+(n+1) = = 2n n2 +1+(n+1) 8
Zur Folge b n := 6n2 +n 4n 1 3n2 2 2n+1, n N lim n b n? = lim n 6n 2 +n 4n 1 lim n 3n 2 2 2n+1 (Das wäre Regel a)) lim n 3n 2 2 2n+1? = lim n (3n2 2) lim n (2n+1) (Das wäre Regel b))? Die Rechenregeln a) und b) sind nicht direkt anwendbar! 9
Rationale Funktion: bei Bedarf z.b. bei oder / etc. erst gemeinsamer Nenner, dann Zähler- oder Nenner durch höchste auftretende Potenz von n teilen. b n = 6n2 +n 4n 1 3n2 2 2n+1 = = 12n3 +6n 2 +2n 2 +n (12n 3 3n 2 8n+2) 8n 2 +2n 1 = 11n2 +9n 2 8n 2 +2n 1 = 10
Zur Folge c n := 7 4n + 3 n 3 5 n+1. c n = 7 4n 3 3 5 + n n+1 3 5 = n+1 11
Rekursiv definierte Folgen a n+1 = R(n,a n ) a n+1 wird nicht allein durch n bestimmt, sondern hängt vom Vorgänger (gelegentlich auch von mehreren Vorgängern ab). Zum Beispiel: a n+1 = 1 4 (2+a n) Aus der Vorlesung: Jede monoton wachsende (fallende) nach oben (unten) beschränkte Folge konvergiert. Es gilt lim n a n = sup{a n : n N} (inf{a n : n N}) 12
Beispiel: a 1 = 1, a n+1 = 1 4 (2+a n), n N Falls die Folge konvergiert, also lim n a n = a R, dann Es ist a 1 = 1, a 2 = a 3 = Vermutung: 13
1) Behauptung: Folge nach unten beschränkt durch 2 3 d.h.: Indunktionsanfang : Für n = 1 ist a 1 = 1. Indunktionsannahme : Für ein festes bel. N N gelte a N 2 3. Indunktionsschritt : Zu zeigen: a N+1 2 3 Beweis: a N+1 = 1 4 (2+a N) 14
2) Behauptung: Die Folge ist monoton fallend also a n+1 a n. Indunktionsanfang: Für n = 1 gilt: a 2 = 1 4 (2+a 1) = 3 4 < a 1 = 1 Ind.annahme: Für ein festes bel. N N gelte a N a N+1. Indunktionsschritt: Zu zeigen a N+1 a N+2. Beweis: a N+1 a N+2 Die Folge konvergiert also gegen 15
Zusammenfassung der Strategie Bestimme Kandidaten für Grenzwert von a n+1 := R(n,a n ). Setze dazu (noch unbekannten) Grenzwert a auf beiden Seiten der Rekursionsformel ein. a n+1 := R(n,a n ) = a = R(n,a). Die reellen Lösungen dieser Gleichung sind die einzigen Kandidaten für den Grenzwert. Weise Beschränktheit und Monotonie (z.b. per vollständiger Induktion) nach. Als obere (untere) Schranke bietet sich der größte (kleinste) Kandidat für ein Grenzwert an. 16
Reihen Definition: Gegeben sei eine Zahlenfolge a 0, a 1, a 2,. Addiert man die Glieder dieser Folge nacheinander auf, so entsteht eine neue Folge: s 0 := a 0 s 1 := a 0 +a 1 s 2 := a 0 +a 1 +a 2. s n := a 0 +a 1 +a 2 + +a n = n k=0 a k. Die Folge (s n ) n N dieser Partialsummen wird (unendliche) Reihe genannt. Man sagt die Reihe konvergiert, genau dann, wenn die Folge s n 17
konvergiert. Im falle der Konvergenz, heißt s := k=0 a k := lim n s n = lim n n k=0 a k Grenzwert der Reihe Beispiel: Geometrische Reihe a k := q k,,q 1 s n := lim n n k=0 n k=0 q k = 1+q 1 +q 2 + +q n = 1 qn+1 1 q q k = 1 1 q q < 1 Die geometrische Reihe konvergiert genau dann, wenn q < 1. 18
Reihen : spezielle Folgen! Konvergenzkriterien für Folgen gelten hier genauso!! Es gibt aber noch einige praktische, spezielle Kriterien!! Notwendige Bedingung: lim a k = 0. k Reicht das? BEISPIEL: HARMONISCHE REIHE a k = 1 lim k a 1 k = lim k k k = 0 1 + 1 2 + 1 3 + 1 4 + 1 5 + 1 6 + 1 7 + 1 8 + 1 9 + 1 10 + + 1 16 + 19
MERKE: 1) a k 0 reicht also nicht! Die a k müssen schnell genug gegen Null gehen! 2) Was am Anfang der Reihe passiert ist egal! Hauptsache für große k geht es schnell genug gegen Null! 7 6 5 4 3 2 1 Reihen mit a = (4/5) k k bzw. b = 1/k k 0 0 50 100 150 Vorweg/Vorlesung: k=1 1 k 2 konvergiert. 20
Beispiel: k=1 3 k+1 k 2 + 4 k 4 k k 2 21
Polynomdivision, Hornerschema, Linearfaktorzerlegung Beispiel: Gesucht sind Zerlegungen in Faktoren von p(x) = 2x 4 2x 3 + 18x 2 18x q(x) = x 4 + 4x 3 + 2x 2 4x 3. und Strategien:) Wenn möglich Konstante Faktoren und/oder x Potenzen abspalten p(x) = q(x) = 22
Nullstelle erraten über Koeffizienten = 0 x = 1 ist Nullstelle p(x) = 2x 4 2x 3 + 18x 2 18x q(x) = x 4 + 4x 3 + 2x 2 4x 3 Nullstelle erraten über Koeffizienten der geraden Potenzen = Koeffizienten der ungeraden Potenzen x = 1 ist Nullstelle p(x) = 2x 4 2x 3 + 18x 2 18x q(x) = x 4 + 4x 3 + 2x 2 4x 3 23
Nullstelle(n) abspalten mit Polynomdivision oder Horner- Schema p(x) = 2x 4 2x 3 + 18x 2 18x = 2x(x 3 x 2 + 9x 1 9) p(x) = 2x(x 3 x 2 +9x 1 9) = 2 (x 0)(x 1)(x 2...) 24
q(x) = x 4 + 4x 3 + 2x 2 4x 3 = (x 1)(x 3...) Linearfaktor (x 1) von q abspalten mittels Horner-Schema: 1 4 2 4 3 1 1 5 7 3 1 5 7 3 0 = q(x) = x 4 + 4x 3 + 2x 2 4x 3 = (x 1)(1x 3 +5x 2 +7x+3). q( 1) = 0 (x ( 1)) ist ein Linearfaktor von q 25
q(x) = (x 1)(1x 3 +5x 2 +7x+3) = (x 1)(x+1)(...) x 2 +ax+b = x 3 +5x 2 +7x+3 : (x+1) = 26
Quadratisches Polynom: p-q-formel oder quadratische Ergänzung p(x) == 2 (x 0)(x 1)(x 2 +9) x 2 +9 = 0 = x = ± 9 = ± p kann in R nicht in Linearfaktoren zerlegt werden. In C p(x) = 27
q(x) = (x 1)(x+1)(x 2 +4x+3) Zu lösen ist noch: x 2 +4x+3 = 0 Quadratische Ergänzung: (x+a) 2 = x 2 +2ax+a 2 x 2 +4x+3 = x 2 +2 2 x+3 = x 2 +2 2 x+2 2 2 2 +3 Zu lösen bleibt also: (x+2) 2 1 = 0 (x+2) 2 = 1 x+2 = ±1 Damit erhalten wir die Nullstellen x 3 = 1 und x 4 = 3. q(x) = (x 1)(x+1)(x+1)(x+3) 28