PKF INDUSTRIE- UND VERKEHRSTREUHAND GMBH - IVT Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Rechtsanwalt Dr. Jan Moritz Gestaltung der Unternehmensnachfolge (rechtliche, wirtschaftliche und steuerliche Aspekte) PKF Jahrestagung am Vortrag von Frau RA Christine Wienecke und Herrn Rechtsanwalt Dr. Jan Moritz
Wirtschaftliche Bedeutung der Unternehmensnachfolge Die Unternehmensnachfolge betrifft insbesondere Familienunternehmen, also - 95 % aller Unternehmen in Deutschland mit 57 % aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten - davon allein 25 % der Unternehmen bis 2015 - pro Jahr ca. 22.000 Unternehmen mit ca. 290.000 Beschäftigten 2
Anlass der Unternehmensnachfolge 9% 25% Planmäßige Nachfolge Plötzliche Ereignisse (Tod, Krankheit, Unfall) Finanzielle Notlage 66% 3
Umsetzung der Unternehmensnachfolge 8,30% 21,10% 43,80% Familienintern MBO MBI Verkauf an Mitbewerber, Investoren Stilllegung, Stiftung 16,50% 10,20% 4
Interessenlage und Zielsetzung - Optimaler Vermögenserhalt - Wahrung des Familiencharakters - Bestmögliche Versorgung der Familie des Übergebers - Freistellung von Verbindlichkeiten und Risiken - Vermeidung steuerlicher Belastungen - Absicherung des Erwerbers - Vermeidung von Steuern (insb. Erbschaft- und Schenkungsteuer) - Vermeidung von Pflichtteils- und Abfindungszahlungen - Schaffung von Liquidität (Steuern, Abfindungen, Versorgung des Übergebers) 5
Sofortmaßnahmen zur Absicherung der ungeplanten Nachfolge - Vollmacht - Verfügung von Todes wegen - Verzahnung mit der gesellschaftsrechtlichen Regelung - Ehevertrag 6
Vollmacht - Betriebsfortführungsvollmacht - Generalvollmacht, ggfls. Gegenständlich beschränkt - Vorsorgevollmacht, ggfls. mit Patientenverfügung Stets zu beachten: - Form - Aufbewahrungsort, Publizität - Unbedingt 7
Verfügung von Todes wegen - die häufigsten Fehler - Keine Verfügung von Todes wegen Lediglich 1/3 der Unternehmer soll ein Testament errichtet haben. - Todsünde: Laientestament Tschibo-Fall : Zwei meiner befähigsten Jungen sollen 52 % meiner Firma erhalten - Übersehen alter Verfügungen von Todes wegen Fehlende Testierfreiheit durch Bindungswirkungen, fehlende Verfügungsfreiheit durch Verfügungsbeschränkungen, Nebeneinander von letztwilligen Verfügungen - Fehlende Rechtswahl Für alle Todesfälle ab 17.8.2015 gilt nach Art. 21 EuErbVO: Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts, bereits jetzt Rechtswahl möglich 8
Verzahnung Erbrecht Gesellschaftsrecht Grundsatz: Vorrang des Gesellschaftsrechts (Art. 2 Abs. 1 EGHGB), d.h. letztwillige Verfügung ist nur in den gesellschaftsvertraglich eröffneten Grenzen möglich. Gesetzliche oder gesellschaftsvertragliche Regelungen können bewirken, dass der Gesellschaftsanteil - unvererblich Ausscheiden, Abfindung - beschränkt vererblich - qualifizierte Nachfolgeklausel - Vermächtniserfüllung - Freiberufler-Gesellschaften 9
Verzahnung Erbrecht Gesellschaftsrecht - unbeschränkt vererblich ist - Fortsetzungsklausel - Einfache Nachfolgeklausel Einheit des Betriebsvermögens: Kein Auseinanderfallen von Sonderbetriebsvermögen und Gesellschaftsanteil zulassen! 10
Unternehmensnachfolge unter Lebenden Vorbereitende Maßnahmen - Schaffung richtiger gesellschaftsrechtlicher Strukturen - Bereinigung ungeklärter Vermögensfragen - Ehevertrag des Erwerbers - Enthaftung des Übergebers - Schaffung von Liquidität 11
Unternehmensnachfolge als Teil der vorweggenommenen Erbfolge SozialR InsO/AnfG ErbR Unternehmens -nachfolge SteuerR FamR GftsR 12
Bestandsfestigkeit Struktur der Unternehmensnachfolge Vollausgliederung Schenkung Gemischte Schenkung Vollentgeltliches Geschäft Sonderformen: Familienverträge, Ausstattung, Eheverträge, gesellschaftsrechtliche Lösungen 13
Teilweise Ausgliederung: Absicherung des Übergebers - Rückbehalt - Nießbrauch - Wohnungsrecht - Wart und Pflege - Leibgeding - Wiederkehrende Geldleistungen/Reallasten - Übernahme von Verpflichtungen und Risiken - Befriedigung weichender Geschwister 14
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 1. Steuerliche Entscheidungskriterien 1.1 Einkunftsebene - Vollständige Einkünfteübertragung oder teilweiser/vollständiger Einkünfterückbehalt 1.2 Vermögensebene - Vermögensübertragung vollständiger teilweiser Vermögensrückbehalt 1.3 Weitere Gestaltungsfragen im Rahmen der Betriebsübergabe - privates Wohnhaus - Gleichstellungsgelder an Geschwister - Testamentarische Regelungen des übrigen Vermögens 15
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2. Gestaltungsvarianten bei einer Betriebsübergabe Vermögen/Einkünfte 1 Schenkung Vollübertragung ohne Gegenleistung 2 Aufnahme-Modell GbR-Gründung - Teilweise Übertragung - Rückbehalt Sonder-BV Teilung der Erträge 3 Nießbrauchs-Modell Vollübertragung Rückbehalt Erträge (Vorbehaltsnießbrauch) 4 Versorgungs-Modell Vollübertragung Rückbehalt Versorgungsleistungen Besteuerung Buchwertfortführung 6 Abs. 3 EStG Buchwertfortführung 6 Abs. 3 EStG Buchwertfortführung 6 Abs. 3 EStG Zwei Betriebe Buchwertfortführung, weil unentgeltlich 6 Abs. 3 EStG 5 Gleichstellungs- Modell Vollübertragung Geldausgleich für Übergeber oder Geschwister Buchwertfortführung, wenn Gegenleistung weniger als das steuerliche Kapkto. 16
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2. Gestaltungsvarianten bei einer Betriebsübergabe Vermögen/Einkünfte 6 Pacht-Modell Keine Übertragung Einkünfteerzielung durch Pächter Besteuerung Keine Besteuerungsprobleme, weil kein Vermögensübergang 7 Verkaufs-Modell (einschl. Ratenverkaufsmodell) Vollübertragung Rückbehalt Verkaufserlös Stille Reserven aufdecken; ggf. 6b EStG Ggf. 16, 34 EStG Ggf. Zuflussbesteuerung 17
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.1 Unentgeltliche Übertragung gem. 6 Abs. 3 EStG Eine unentgeltliche Betriebsübertragung i.s. 6 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Betrieb (oder Teilbetrieb oder der Mitunternehmeranteil): a) Ohne Gegenleistung übertragen wird, oder b) Lediglich gegen Versorgungsleistungen übertragen wird, oder c) Der Übernehmer zwar eine Gegenleistung zu erbringen hat (z.b. Schuldübernahme, Gleichstellungsgeld an Geschwister, Abstandszahlung an den Übergeber), jedoch diese Gegenleistung das steuerliche Kapitalkonto nicht übersteigt. Hierbei wird der Kapitalwert von zusätzlich vereinbarten Versorgungsleistungen nicht als Gegenleistung einbezogen 18
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.1 Unentgeltliche Übertragung gem. 6 Abs. 3 EStG Eine unentgeltliche Betriebsübertragung i.s. 6 Abs. 3 EStG liegt vor, wenn der Betrieb (oder Teilbetrieb oder der Mitunternehmeranteil): d) Wenn der Nachfolger (Kind) in den Einzelbetrieb des Übergebers aufgenommen wird, e) Anwachsung durch unentgeltliches Ausscheiden der Eltern (aus einer Eltern-Kind-GbR) Es muss sich jedoch um eine sog. betriebliche Sachgesamtheit handeln. Ein Rückbehalt einer wesentlichen Betriebsgrundlage kann deshalb schädlich sein. 19
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.2 Entgeltliche Übertragung von betrieblichen Einheiten Übertragung vollentgeltlich, wenn Kaufpreis/Gegenleistung wie unter fremden Dritten ermittelt wird. Folge: Veräußerungsgewinn beim Übergeber - Ermäßigter Steuersatz; 6-Rücklage, Verlustvorträge Anschaffungskosten beim Übernehmer 20
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.3 Teilentgeltlichkeit: Übergabe gegen Schuldübernahme und Versorgungsleistung 1. Übernahme betrieblicher Schulden/negatives Kapitalkonto kein Entgelt, wenn ein ganzer Betrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen wird = kein Veräußerungs-/Anschaffungsvorgang Anders bei Übertragung von betrieblichen Einzelwirtschaftsgütern 21
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.3 Teilentgeltlichkeit gegen Schuldübernahme und Versorgungsleistung 2. Externe Schuldübernahme Die erbrachte Leistung des Übernehmers lässt sich in 2 Gruppen unterteilen: Abstandszahlungen Gleichstellungsgelder Übernahme von privaten Schulden = es liegt insoweit ein Entgelt vor Nutzungsrechte (Wohnrecht Nießbrauch) oder bei Versorgungsleistungen = es liegt insoweit kein Entgelt vor 22
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.3 Teilentgeltlichkeit gegen Schuldübernahme und Versorgungsleistung 2. Externe Schuldübernahme Bei Übertragung von betrieblichen steuerfunktionalen Einheiten (ganze Betriebe, Teilbetriebe, MU-Anteile) ist der Kapitalkontenvergleich durchzuführen: Übertragung eines ganzen Betriebs (Teilbetriebs; MU-Anteils) Schuldübernahme ist weniger als das steuerliche Kapitalkonto Vorgang ist voll unentgeltlich Schuldübernahme ist höher als das steuerliche Kapitalkonto Vorgang ist voll entgeltlich; (tatsächliches Entgelt, abzüglich gesamtem Kapkto.) 23
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.3 Teilentgeltlichkeit gegen Schuldübernahme und Versorgungsleistung 2. Externe Schuldübernahme Dieser Kapitalkontenvergleich gilt nicht bei der Übertragung von betrieblichen Einzelwirtschaftsgütern und ebenfalls nicht bei Übertragung von Privatvermögen (Mietshaus usw.) hier ist immer die Trennungstheorie anzuwenden, mit der Folge, dass jedes Entgelt zu einem teilentgeltlichen Vorgang führt. Ebenso gelten diese Grundsätze nicht bei der Übertragung von GmbH-Anteilen und bei der Erbauseinandersetzung. 24
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.4 Vermögensübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch (bei Betriebsvermögen) Zwei Betriebe: - Der Übernehmer wird zivilrechtlicher Eigentümer des ruhenden Betriebs - Der Übergeber bleibt als Nießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer des aktiven Betriebs Grundsätzliche Buchwertfortführung, Einkünfte werden (wie bisher) dem Nießbraucher zugerechnet. 25
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.5 Gründung von Familienpersonengesellschaften Unentgeltliche Aufnahme von Kindern als Mitunternehmer in den elterlichen Betrieb zur gleitenden Unternehmensnachfolge. 26
Ertragsteuerliche Behandlung der Vermögensübergabe (vorweggenommene Erbfolge) 2.6 Übertragung von GmbH-Anteilen - Jede Schuldübernahme führt zur Teilentgeltlichkeit - Vorbehaltsnießbrauch führt zur voller Unentgeltlichkeit - Auf Verlustvorträge der GmbH ist 8c KStG anwendbar 27
Besteuerung von Erbfall und Erbauseinandersetzung im Betriebsvermögen 1. Steuerliche Grundprinzipien beim Erbfall Fußstapfenmethode - Veräußerungs- und Aufgabengewinne von Erben zu versteuern - Verlustvorträge des Erblasses können grundsätzlich nicht vom Erben genutzt werden; Ausnahme: Verluste nach 15a EStG bei Personengesellschaften und Verluste von Kapitalgesellschaften gehen nicht unter. 28
Besteuerung von Erbfall und Erbauseinandersetzung im Betriebsvermögen 2. Erbauseinandersetzung über Betriebsvermögen Teilung und Fortführung des Betriebes Buchwertfortführung Realteilung mit Ausgleichszahlungen Entgelt 29
Erbschafts- und Schenkungsrecht 1. Überblick über derzeitige Besteuerung von Betriebsvermögen - Reform seit 1.1.2009 nach den Vorgaben des BVerfG - Bewertung mit gemeinem Wert - Umfangreiche Verschonung für Betriebsvermögen auch für Anteile an Kapitalgesellschaften soweit der Erblasser/Schenker zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt ist - Verschonung: Optionsmodell: 100 %, wenn Lohnsumme 7 Jahre erhalten wird 85 %, wenn Lohnsumme 5 Jahre erhalten wird 30
Erbschafts- und Schenkungsrecht 1. Überblick über derzeitige Besteuerung von Betriebsvermögen - Ausschluss der Begünstigung: Verwaltungsvermögen mehr als 50% bzw. mehr als 10% bei 100%-igem Abschlag - Bei Verstoß gegen Behaltefrist bzw. Lohnsumme zeitanteilige Nachversteuerung 31
Erbschafts- und Schenkungsrecht 2. Ausblick/Maßnahmen - Vorlagebeschluss des BfH zur Verfassungswidrigkeit des ErbStG wegen übermäßiger Begünstigung von Betriebsvermögen - Gesetzgeberische Reaktion im Amtshilferichtlinie- Umsetzungsgesetz ( cash-gmbh ) Entscheidung des BVerfG? Entscheidung des Gesetzgebers? Empfehlung: Gestaltung der Unternehmensnachfolge auf der Basis des derzeitigen ErbStG 32
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 33