Neues Mehrwertsteuergesetz Buchführung und Abrechnung, MWST- Kontrolle, Gruppenbesteuerung, Holding, Umstrukturierung, Meldeverfahren, Andreas Russi dipl. Wirtschaftsprüfer, dipl. Experte in Rechnungslegung und Controlling, MWST-Experte FH, Partner KPMG AG, Mitglied des Kompetenzzentrums MWST der Treuhand-Kammer Beat Sutter Betriebsökonm FH, Teamchef Abteilung externe Prüfung, Hauptabteilung MWST Eidg. Steuerverwaltung Ziele Den Teilnehmenden sind die Änderungen, welche das neue Mehrwertsteuergesetz mit sich bringen, in den nachfolgend abgehandelten Themen bekannt Die Teilnehmenden wissen, welche Vorkehrungen getroffen werden müssen 2 1
Inhaltsübersicht Buchführung und Aufbewahrung, MWST-Abrechnung Gruppenbesteuerung Holdinggesellschaften Umstrukturierung und Vermögensübertragungen Kontrolle, Einschätzungsmitteilung Wagenhandelskontrolle Problematik mit Fahrzeugen Einlageensteuerung des Luxusanteils 3 Buchführung und Aufbewahrung, MWST-Abrechnung 2
Art. 70 Abs. 1 nmwstg Geschäftsbücher und Aufzeichnungen sind nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu führen ESTV kann darüber hinausgehende Aufzeichnungspflichten erlassen wenn für ordnungsgemässe Erhebung der Steuer unerlässlich, z.b. im Zusammenhang mit» Gemischter Verwendung» Fiktivem Vorsteuerabzug 5 Fiktiver Vorsteuerabzug beim Bezug von gebrauchten Gegenständen Notwendige Aufzeichnungen Bezugskontrolle Lieferungskontrolle Lagerkontrolle Pro Gesamtheit separate Aufzeichnungen Grund Nachvollzug der Lieferung an Abnehmer im Inland 6 3
Abrechnungsformular (effektive Abrechnung) Erweiterte Deklarationsanforderungen Entgelte aus Übertragungen im Meldeverfahren (200) Eigenverbrauch (bisher 020) entfällt Entgelte aus optierten Leistungen (205) Abzüge:» Leistungen im Ausland (221)» Übertragung im Meldeverfahren (225) Einlageentsteuerung (410) Vorsteuerkorrektur bei gem. Verwendung, EV (415) Vorsteuerkürzungen; Nicht-Entgelte wie Subventionen, Kurtaxen usw. (420) Subventionen, Kurtaxen u.ä. (900) Spenden, Dividenden, Schadenersatz usw. (910) 7 Abrechnungsformular (effektive Abrechnung) Anpassungsbedarf hinsichtlich Erfassung der Informationen Anpassungsbedarf hinsichtlich der Umsatzabstimmung 8 4
Abrechnungsmethode Grundsatz: Soll-Methode (nach vereinbartem Entgelt) Ist-Methode weiterhin möglich; neu ohne Einschränkungen bezüglich Führen von Debitoren-/ Kreditorenbuchhaltung 9 Finalisierung im Rahmen Jahresabschluss, Art. 72 Abs. 1 nmwstg Implizite Pflicht zur Erstellung von Umsatzabstimmung Vorsteuerabstimmung Frist von 180 Tagen Beginn Ende Deklaration und Wirkung spätestens in Abrechnung resp. Abrechnungsperiode, in die der 180. Tag fällt Selbstanzeige 10 5
Mängel in zurückliegenden Perioden; Art. 72 Abs. 2 nmwstg Umsatzsteuer Vorsteuer Eingetretene Rechtskraft oder Verjährung beachten Deklaration Getrennt von den ordentlichen Abrechnungen 11 Art. 72 Abs. 3 nmwstg Form der Korrektur Trennung von den während des Jahres gemachten Deklarationen (Art. 129 nmwstgv) separates Korrekturformular? 12 6
Art. 72 Abs. 4 nmwstg Schwierig ermittelbare systematische Fehler Beispiele? Gewährung von Erleichterungen / Vereinfachungen durch die ESTV möglich 13 Kontrolle 7
Was zählt alles als Kontrolle? Klassische MWST-Revision vor Ort Das Einfordern und die Überprüfung von umfassenden Unterlagen durch die ESTV (Art. 78 Abs. 2 MWSTG) Die Kontrolle muss, ausser in begründeten Fällen, schriftlich angekündigt werden Art. 141 MWSTV: Das Einfordern von umfassenden Unterlagen liegt vor, wenn die Geschäftsbücher eines Geschäftsjahres verlangt werden, sei dies mit oder ohne den dazugehörigen Buchungsbelegen. Anmeldung Anforderungen an eine schriftliche Anmeldung: Grundsätzlich wie bis anhin Schreiben muss nicht eingeschrieben verschickt werden WICHTIG: die genaue Revisionsperiode muss definiert werden Konsequenzen der schriftliche Anmeldung: Die Verjährung wird unterbrochen, resp. eine neue Verjährungsfrist von 2 Jahren beginnt zu laufen (Art. 42 Abs. 3 MWSTG). Die Kontrolle muss demnach innert 2 Jahren abgeschlossen sein, ansonsten verjährt die vorgesehene Revisionsperiode 8
Kontrolle Art. 78 Abs. 5 nmwstg Die Kontrolle ist innert 360 Tagen seit Ankündigung mit einer Einschätzungsmitteilung abzuschliessen. Diese hält den Umfang der Steuerforderung in der kontrollierten Periode fest. Ist als Ordnungsfrist zu verstehen 17 Ablauf einer Kontrolle: 2. Durchführen einer Kontrolle vor Ort Abschluss der Kontrolle vor Ort Besprechung der Korrekturen mit dem Steuerpflichtigen Abgabe des Beiblattes zur Einschätzungsmitteilung (ESM) an Steuerpflichtige zwecks nochmaliger Prüfung ev. mit Treuhänder Die ESM hält den Umfang der Steuerforderung in der kontrollierten Periode fest (geschuldete Umsatzsteuer abzüglich anrechenbare Vorsteuer) Jede Kontrolle muss mit einer ESM abgeschlossen werden (Art. 78 Abs. 5 MWSTG). Zustellung der ESM von der ESTV 9
Einschätzungsmitteilung (ESM) Die ESM gilt als Verfügung und ist für die ESTV bindend Verfügungen können durch die Steuerpflichtigen innert 30 Tagen mit Einsprache angefochten werden 19 Gruppenbesteuerung 10
Gruppenbesteuerung Holding Stiftung der schönen Künste A B AA AB BA 21 Art. 13 Abs. 1 nmwstg Gruppenkreis Rechtsträger mit Sitz oder Betriebsstätte in der Schweiz Einheitlicher Leitung» Stimmenmehrheit» Vertrag» Kontrolle des Verhaltens Rechtsträger, die kein Unternehmen betreiben» Stiftungen (PVS sind ausgeschlossen)» Vereine Natürliche Personen» z.b. Versicherungsagenten 22 11
Gruppenbesteuerung Gruppenbildung Frei und damit steuersystematisch optimal möglich Einzige Schranke: Einheit der Unternehmung Bewilligung Durch die ESTV notwendig Schriftliche Erklärungen der einzelnen Mitglieder Nennung des Vertreters In der Schweiz ansässiges Mitglied der Gruppe, oder andere Person mit Wohn-/Geschäftssitz in der Schweiz 23 Gruppenbesteuerung Änderungen im Bestand Meldepflicht des Gruppenvertreters Zusammenschluss, Ein-/Austritt bedürfen ein Gesuch Zusammenschluss: Beginn der folgenden Steuerperiode (Normalfall) Beendigung / Austritt: Ende der laufenden Steuerperiode Eintritt während laufender Steuerperiode möglich Administrative und buchhalterische Erfordernisse Einheitlicher Bilanzstichtag; Ausnahme für Holdings Interne MWST-Abrechnung eines jeden Mitglieds 24 12
Mithaftung (Art. 15 Abs. 1 Bst. c nmwstg) Umfang in CHF: Steuer-, Zins- und Kostenforderungen Bussen ausgeschlossen Zeitlicher Umfang: nicht verjährte Steuerperioden Entziehen aus der Mithaftung nicht möglich bei eingeleiteter Betreibung gegen die MWST-Gruppe Vorliegen einer Steuernachforderung aufgrund einer Einschätzungsmitteilung Angekündigter Kontrolle Austritt aus der MWST-Gruppe Einschränkung der Mithaftung 25 Holdinggesellschaften 13
Holdinggesellschaften Das Erwerben, Halten und Veräussern von (qualifizierten) Beteiligungen stellt eine unternehmerische Tätigkeit dar Qualifizierte Beteiligung: Anteile am Kapital anderer Unternehmen zwecks dauernder Anlage Einräumung eines massgeblichen Einflusses Anteil von mindestens 10 Prozent am Kapital Eine unternehmerische Tätigkeit liegt auch vor, wenn keine steuerbaren Leistungen erzielt werden Freiwillige Unterstellung unter die Steuerpflicht möglich 27 Holdinggesellschaften Eine unternehmerische Tätigkeit berechtigt zum Vorsteuerabzug (Art. 28 und 29 Abs. 2 nmwstg) Berechtigung auf Vorleistungen für den Erwerb, z.b. für Beratung, Due Diligence, Transaktion das Halten, z.b. für Verwaltung, Konzernführung den Verkauf, z.b. für Beratung, Transaktion Massstab eigene unternehmerische Tätigkeit unternehmerische Tätigkeit der gehaltenen Unternehmen (Art. 29 Abs. 4 nmwstg, Kann-Vorschrift) 28 14
Holdinggesellschaften Wann können sich welche Probleme ergeben? Bei Holdings ohne eigene Infrastruktur; sachgerechte Verrechnung von Leistungen zwischen Tochtergesellschaft und Muttergesellschaft Bei Erzielung von ausgenommenen Umsätzen (z.b. Verkauf einer Beteiligung, Zinseinnahmen); gemischte Verwendung Bei Erhalt von Nicht-Entgelten (z.b. Dividendenerträge); gemischte Verwendung 29 Holdinggesellschaften Bei Holdings ohne eigene Infrastruktur Bisherige Regelungen werden weitergeführt Bei Erzielung von ausgenommenen Umsätzen, z.b. Zinseinnahmen; bisherige Regelung wird weitergeführt Erwerb, Halten und Veräussern von Beteiligungen» Umfang des Anspruchs auf Vorsteuerabzug bemisst sich nach der unternehmerischen Tätigkeit der Beteiligung Effektive Ermittlung aufgrund Abschluss des letzten Geschäftsjahres» Liegen diese Informationen nicht vor: annäherungsweise Ermittlung aufgrund der unternehmerischen Tätigkeit des gesamten Konzerns 30 15
Fallbeispiel 1 Die Holding A des Konzerns A (Pharmazie) erzielt folgende Umsätze: Beteiligungserträge: Dividenden Konzerngesellschaften Inland CHF 10'000'000 Dividenden Konzerngesellschaften Ausland CHF 10'000'000 Zinserträge: Konzerngesellschaften Inland CHF 8'000'000 Konzerngesellschaften Ausland CHF 4'000'000 Die Holding A hat aufgrund ihrer unternehmerischen Tätigkeit im Sinne von Artikel 9 MWSTV auf die Befreiung von der Steuerpflicht verzichtet, d.h. sich freiwillig der Steuerpflicht unterstellt. Basis für Berechnung eines sachgerechten Vorsteuerabzugs? a) ER Holdinggesellschaft? b) ER Konzern? 31 Fallbeispiel 1 - Lösung Basis Erfolgsrechnung der Holdinggesellschaft Die Beteiligungserträge sind als Nicht-Entgelte für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs nicht relevant. Die Zinserträge sind gemäss Artikel 21 Ziffer 19 Buchstabe a MWSTG von der Steuer ausgenommen. Für diese Finanzerträge hat die Holding A somit eine Vorsteuerkorrektur von 0,02 % der Zinseinnahmen vorzunehmen, somit wie folgt: 0,02 % von CHF 12'000'000 (CHF 8'000'000 + 4'000'000) CHF 2'400 32 16
Fallbeispiel 1 Lösung (Forts.) Basis Erfolgsrechnung des Konzerns Für die restliche Vorsteuer, die im Zusammenhang mit der Konzernführung steht, kann die Holding A den Vorsteuerabzug entsprechend der Zusammensetzung des weltweit erzielten Umsatzes (ohne Berücksichtigung der Beteiligungs- und Zinserträge) geltend machen. Sofern von diesem restlichen Konzernumsatz 95 % oder mehr aufgrund des schweizerischen MWSTG steuerbar sind, kann die Vorsteuer im Zusammenhang mit der Konzernführung voll abgezogen werden. 33 Fallbeispiel 2 Der Konzern "Bau" besteht ausschliesslich aus Gesellschaften im Inland. Die Mehrheit dieser Konzern-Gesellschaften sind Mitglied einer MWST-Gruppe. Die Holding E ist aber nicht Mitglied dieser MWST-Gruppe. Aufgrund der Konzern-Erfolgsrechnung erzielt der Konzern "Bau" folgende Umsätze: Umsatz aus Hoch- und Tiefbau CHF 240'000'000 Umsatz aus Planung und Generalunternehmung CHF 65'000'000 Verkauf von Immobilien (optiert) CHF 24'000'000 Verkauf von Immobilien (nicht optiert) CHF 42'000'000 Verkauf von Land CHF 16'000'000 Zinserträge CHF 4'000'000 Total Umsatz CHF 391'000'000 1. Wie lässt sich eine sachgerechte Vorsteuerabzugsquote ermitteln? 34 17
Fallbeispiel 2 - Lösung Basis Erfolgsrechnung der Holdinggesellschaft Die Zinserträge sind für die Ermittlung der Vorsteuerabzugsquote im Zusammenhang mit der Konzernführung nicht zu berücksichtigen (sofern erforderlich ist die Vorsteuerkorrektur mit der Pauschale von 0,02% vorzunehmen). 35 Fallbeispiel 2 Lösung (Forts.) Basis Erfolgsrechnung des Konzerns Ermittlung der Vorsteuerabzugsquote: Steuerbare Umsätze: Umsatz aus Hoch- und Tiefbau CHF 240'000'000 Umsatz aus Planung und Generalunternehmung CHF 65'000'000 Verkauf von Immobilien (optiert) CHF 24'000'000 Total steuerbare Umsätze CHF 329'000'000 85.01 % Von der Steuer ausgenommene Umsätze: Verkauf von Immobilien (nicht optiert) CHF 42'000'000 Verkauf von Land CHF 16'000'000 Total von der Steuer ausgenommene Umsätze CHF 58'000'000 14.99 % Total massgebender Umsatz CHF 387'000'000 100.00 % Die Holding E kann die Vorsteuern auf den Aufwendungen im Zusammenhang mit der Konzernführung zu 85.01 % geltend machen. 36 18
Umstrukturierung und Vermögensübertragung Meldeverfahren Meldung bei Umstrukturierungen Übertragung Gesamt- oder Teilvermögen im Rahmen einer Gründung, Liquidation, Umstrukturierung» Grenze von CHF 10.000 (Steuerbetrag) oder» Veräusserung an eng verbundene Person 38 19
Meldeverfahren Ablauf und Deklaration Formular 764 / 764.1 - Meldung im Rahmen der ordentlichen Abrechnung - keine 30-tägige Frist mehr! - Formular 764.1 (neu) für Übertragung von Grundstücken oder Teilen davon Deklaration - Übertragungspreis in Ziffer 200 (Total Entgelt) - Abzug in Ziffer 225 Bei Anwendung Meldeverfahren, Vermerk auf Rechnung 39 Meldeverfahren Übrige Neuerungen Übernahme Bemessungsgrundlage und Verwendungsgrad des Veräusserers (Art. 38 Abs. 4 MWSTG) - Vermutung vollumfänglich für zum Vorsteuerabzug berechtigt (Art. 106 MWSTV) - anderer Verwendungsgrad ist nachzuweisen Bei Nichtanwendung des Meldeverfahrens keine Anordnung mehr durch ESTV sofern Steuerforderung gesichert bzw. bezahlt (Art. 38 Abs. 5 MWSTG) 40 20
Meldeverfahren Freiwillige Anwendung möglich bei Immobilien aber auch in anderen Fällen, wo gewichtige Interessen der übertragenden Person vorliegen 41 21