Fallvorstellung: 66 j.

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Transkript:

Fallvorstellung: 66 j. Experten: Stefano Bassetti Klinik für Innere Medizin Prof. Michael Dickenmann Nephrologie Prof. Stephan Rüegg - Neurologie

Jetziges Leiden Einweisung durch den Notfallarzt mit Ambulanz (Fremdanamnese): Seit 2 Wochen «grippaler Infekt mit Erkältung» Seit 1 Woche tel. nicht mehr erreichbar Aktuell «wesensverändert», somnolent im Bett vorgefunden, eingestuhlt, eingenässt «Whs seit Vortag nichts mehr getrunken»; Gewicht Persönliche Anamnese Eplilepsie: Depakine (Valproinsäure) Nikotinabusus (30 Zig/Tag); V.a. Alkoholabusus (?)

Allseits nicht orientiert, «delirant», GCS 14; T 35.7 o C, BD 150/96 mmhg, HF 100/Min, SO 2 94% Trockene Lippen, stehende Hautfalten Keine fokal-neurologischen Ausfälle, Abdomen weich, indolent, spährliche DG, sonst o.b. Status bei Eintritt Labor bei Eintritt Lc 20.8 G/L; Hb 163 g/l; Na 173 mmol/l; Osmol. 426 mmol/kg; Krea 216 umol/l, Hst 57 mmol/l, CRP 62 mg/l; Albumin 27 g/l

Zusatzuntersuchungen (Eintritt) Rx Thorax: Emphysemaspekt, keine Infiltrate Urinstatus: Lc 68/GF; Ec 20-30/GF Valproinsäure Serum: 25.2 mg/l (50 100) Beurteilung / Procedere Tag 1 B: Schwere Hypernatriämie bei Exsikkose; HWI P: Intensivstation: Piperacillin/Tazobactam, dann Ceftriaxon i.v. Anpassung Valproat (Spiegel nicht therapeutisch) Und was machen Sie?

Was machen Sie? (A) Rasche Korrektur der Hypernatriämie (Pat. hat ev. bereits gekrampft!) (B) Langsame Korrektur der Hypernatriämie

Weiterer Verlauf: Tag 1-3 (ICU) 5% Glucose i.v. + intermittierend NaCl 0.9% i.v. (um Na max. um 10 mmol/24h zu senken) autopsychisch orientiert, Bewegung auf Aufforderung, sonst aber nichts Valproat mit 20 mg/kgkg weitergeführt bei nicht therapeutischem Spiegel Einmalkatheter Urin Tag 1: E. coli 10 4 KBE/ml + Gram pos. Flora 2erlei 10 4 KBE/ml HWI (Einmalkatheter-Urin) Ceftriaxon i.v.

Tag 4-5 (Abteilung) O: afebril, verlangsamt, autopsychisch orientiert, «Konversation nicht möglich»; Na 144, Lc 5.7, Krea normal; CRP: Hospitalisationstage Hospitalisationstage

Beurteilung Tag 4-5 1. Protrahierte Vigilanzstörung, DD Delir (trotz Na- Normalisierung; bei bekannter Epilepsie) 2. CRP-Erhöhung bei Dg. eines HWI 3. Kachexie, tiefes Albumin und Gewichtsverlust Sonographie des Abdomens: o.b. (keine Hinweise auf Infektionsherde) Rx Thorax (ap): «streifige Verschattungen retrocardial», ev. Infiltrat Valproinsäure: 40,0 mg/l (Range: 50-100) was machen Sie?

Was machen Sie? (A) Valproat noch nicht therapeutisch, Pontine Myelinolyse sehr unwhs (kommt bei Korrektur der Hypo-Na. vor, Na-Korrektur hier korrekt) EEG, ev. Valproat-Erhöhung (B) MRI-Schädel: Frage nach pontine Myelinolyse (C) STOP Ceftriaxon (epileptogen, 7 Tage für HWI sollten ausreichen) (D) Wechsel von Ceftriaxon auf Tazobac (Pneumonie als Delir-Ursache? Pat. hat zwischendurch Fieber, CRP persistiert!)

MRI Schädel Anmeldung: «Persistierende Somnolenz, Verwirrung und fragliche Aphasie nach Ausgleich einer schweren Hyponatriämie» Antwort: Weiterer Verlauf «Flaue geringe Signalsteigerung im Pons bilateral, DD beginnende pontine Myelinolyse, DD mikroangiopathisch. Gen. Hirnvolumenminderung»

Osmotic demyelination syndrome Han MJ et al. Electrolyte Blood Press 2015;13:30 ODS wegen Hypernatriämie sehr selten! Nur ca. 30 Fälle von Erwachsenen mit akuter Hyper-Na beschrieben! Prädisponierend: u.a. Alkoholabusus / Malnutrition

Ihre Beurteilung? (A) Zentrale pontine Myelinolyse (= «osmotic demyelination syndrome») nach schwerer Hypernatriämie (B) Keine zentrale pontine Myelinolyse

Neurologische Beurteilung 1. Vigilanzalterationen multifaktorieller Genese: V.a. zentrale pontine Myelinolyse bei St. n. Hypernatriämie ( ). 2. V.a. einmaligen epileptischen Anfall bei bekannter Epilepsie - unter Valproat subtherapeutisch (25,2mg/l) Empfohlenes Procedere: 1. Bestimmung des Valproat-Spiegels (inkl. freies Valproat) 2. EEG

Beurteilung und Verlauf STOP Antibiotika EEG: am ehesten akute metabolische Encephalopathie Valproat-Spiegel inkl. freies Valproat wieder bestimmt O: Pat. weiterhin verlangsamt, desorientiert, mit schwerer Gangstörung (nur am Rollator mobil), über Magensonde ernährt Labor: Lc 9.1 G/L, Hb 98 g/l, CRP 68 mg/l, Albumin 21 g/l (sonst o.b., inkl. Kreatinin, Leberparameter) 1. Protrahierte Vigilanzstörung unklarer Aetiologie DD zentrale pontine Myelinolyse, vorbestehende Demenz 2. Kachexie/Anorexie unklarer Aetiologie Verlegung Neurorehabilitation

In der Neurorehabilitation : O: lebhafte MER, suspekter Babinski, Tremor, Dysarthrie, Dysphagie, allg. Muskelschwäche, neurokognitive Störungen : Pontine und extrapontine Myelinolyse Labor: Valproat 49.6 mg/l, freies Valproat 21.1 mg /L (range: 5-10): Intoxikation mit Valproinsäure Im Verlauf: erhöhtes CRP, BSR 62 mm/h, klinisch ob persistierende Anämie, z.t. subfebril, «Druckschmerz im Bereich der Temporalarterien» V.a. Neoplasie DD Vaskulitis Verlegung Akutgeriatrie

Was machen Sie? Empfehlung bei Verlegung (nach Rheuma-Konsilium): Biopsie A. temporalis, CT Thorax (+Abdomen), Mammographie, Lues-Serologie, TTE (A) Biopsie A. temporalis (B) CT Thorax / Abdomen (C) PET-CT (D) Lues Serologie (E) TTE

In der Akutgeriatrie CT Thorax-Abdomen: Sigmadiverticulitis mit 2 Abszessen (5,7 cm und 3,4 cm) Chronische abszedierende Sigmadiverticulitis mit Gewichtsabnahme 5-10% in 2 Monaten Op: Gedeckt perforierte Sigmadiverticulitis mit 2 Abszessen und Fistel zum Dünndarm Sigma- und Dünndarmsegmentresektion Nach erneuter Rehab: «Wir entliessen die Pat. in gutem AZ nach Hause»

Meine Interpretation : 1. Chronische, gedeckte, abszedierende Sigma diverticulitis mit Gewichstverlust und persistierender CRP-Erhöhung 2. Schwere Hypernatriämie mit initialer Verwirrung, Schwäche, Apathie 3. Sekundäre Valproat-Intoxikation mit Verwirrung, Somnolenz, Tremor, Ataxie, extrapyramidale Störungen (aber keine pontine Myelinolyse ) Valproinsäure (50-100 mg/l) Freie Valproinsäure (5-10 mg/l) Hosp. Tag 3 39.2 10.1 Hosp. Tag 9 40.0 13.3 Hosp. Tag 25 49.6 20.1

Meine Lehren «Pitfall 1»: «Premature closure»: «HWI» erklären nicht immer ein erhöhtes CRP (CAVE: Mischflora, fehlende Symptome, CRP- Persistenz ). Pontine Myelinolyse: sehr selten bei Hyper- Natriämie! Andere Ursache der Symptome? «Pitfall 2»: «Inattentional blindness» Path. Spiegel des freien Valproats nicht gesehen, weil man nicht an eine Valproat-Intoxikation gedacht hat (pontine Myelinolyse angenommen )

Pathologische Werte werden gekennzeichnet :

Meine Fragen : 1. Hätten wir die Hypernatriämie schneller korrigieren sollen? «Limiting correction of chronic hypernatremia ( ) reduces the risk of cerebral edema and seizures associated with rehydration. However, the fear of these complications, which have been reported only in young children, should not deter the aggressive rehydration of adults ( ) to avoid brain hemorrhage or osmotic demyelination Adults with hypernatremia are often undertreated.» (Sterns RH, NEJM 2015) «slow natremia correction speed associated with death»

2. Hatte die Pat. eine Valproat-Intoxikation? 3. Was muss man bei der Spiegelmessungen von Valproat berücksichtigen? 4. Wenn der Spiegel der freien Valproinsäure besser mit der Toxizität korreliert, warum messen wir den tot. Spiegel?

Diskussion

Dosis-Spiegel-Beziehung von Antiepileptika - II Blutgefäss Protein- Bindung 90 % die freie Fraktion muss meist speziell verlangt werden wenn: Pat. zb schwer krank ist und er eine Hyplbuminämie hat: - > Medikamenten-Spiegel steigen, obwohl Dosis unverändert! Bsp.: Valproat/ Phenytoin 2 Medikamente mit ähnlicher & starker Eiweiss-Bindung : verdrängen -> (ungenügender Spiegel) Embolien Bsp.: Phenytoin und Marcoumar: beide können sich gegenseitig aus der Eiweissbindung Phenytoin: Vergiftung oder Anfälle Marcoumar: Blutung oder Thrombosen/ freies Medikament (wirksam) Proteingebundenes Medikament (unwirksam)

Eiweiss-Bindung verschiedener Antiepileptika hohe Eiweissbindung: Stiripentol 99 % Diazepam 98.5 % Midazolam 97 % Permapanel 95 % Tiagabin 95 % Phenytoin 92 % Lorazepam 91-93 % Valproat 88 % Clonazepam 85 % Clobazam 83 % Retigabin 60-80 % mittlere Eiweissbindung: Carbamazepin 55 % Lamotrigin 55 % Oxcarbazepin 40 % Zonisamid 40 % Eslicarbazepin < 40 % Phenobarbital 20-45 % Rufinamid 26-35 % Sulthiam 29 % Primidon 25 % Topiramat 15-41 % tiefe Eiweissbindung: Lacosamid < 15 % Levetiracetam < 10 % Gabapentin < 3 % Pregabalin 0 % Vigabatrin 0 %

Antiepileptika mit linearer Dosis-Spiegel- Beziehung Phenobarbital Ethosuximid Sulthiam Felbamat Lamotrigin Oxcarbazepin/ Eslicarbazepin Topiramat Levetiracetam Zonisamid Pregabalin Lacosamid Vigabatrin Tiagabine Rufinamid Retigabin Perampanel = alle, ausser: - Phenytoin - Carbamazepin - Valproat - Gabapentin

Valproinsäure: Dosis- und Albumin-abhängige non-lineare Kinetik VPA zu 90 % an Plasmaalbumin gebunden freie (= pharmakologisch aktive) VPA-Fraktion ist abhängig von: der Albuminkonzentration: 40 gr/l: 7.3 % ( 5-10%) 30 gr/l: 15.0 % (10-20%) 20 gr/l: 31.0 % (20-60%) der totalen Medikamentenkonzentration (Normalwerte: 50-100 mg/l): % freie Fraktion 7-9 % bei 75 mg/l 15 % bei 100 mg/l 30 % bei 150 mg/l % freie Fraktion Albumin gr/l VPA-Spiegel

hatte die Pat. eine Valproat-Intoxikation? 2/3 Valproat: therapeutischer Bereich: Gesamt-Valproat = EW-gebundenes und freies: 50 100 mg /l (397-694 µmol/l) - freies Valproat = proportional zur EW-Bindung = 100% - EW-Bindung (88-92%) = 8-12 % = 5-10 mg/l (40 70 µmol/l)

hatte die Pat. eine Valproat-Intoxikation? 3/3 Datum Valproat gesamt [mg/l] die Pat. hatte: Albumin [gr/l] Valproat frei [%] f(alb.) bei Eintritt: einen ZU TIEFEN Valproat- Spiegel 2 Tage später einen NORMALEN Valproat-Spiegel Valproat frei [gr/l] 20.03.16 25.2 27 18.7 4.7 22.03.16 39.2 24 23.2 9.1 28.03.16 40.0 16 41.7 16.7 13.04.16 49.6 21 28.9 14.3 Ammoniak zu diesem Zeitpunkt noch normal; spätere Messungen fehlen 8 und 26 Tage später einen ZU HOHEN Valproat-Spiegel Hermida et al. J. Pharmacol Sci 2005; 97: 489-93.

wenn der Spiegel der freien Valproinsäure besser mit der Toxizität korreliert, warum messen wir den Gesamt-Spiegel? Gesamt-Spiegel: einfach zu messen schnell (= notfallmässig) verfügbar Normogramm erlaubt sofortige Berechnung des freien Spiegels freier Spiegel: kompliziert zu messen: wird nur noch in einem Labor (Epiklinik Zürich) bestimmt spät verfügbar (2-4 Arbeitstage)