Der akute Thoraxschmerz Pragmatisches Vorgehen in der Notaufnahme

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Transkript:

Der akute Thoraxschmerz Pragmatisches Vorgehen in der Notaufnahme J. Grüttner I. Medizinische Klinik Zentrale Notaufnahme Universitätsklinikum Mannheim Statistik Thoraxschmerz Zentrale Notaufnahme - Medizin Leitsymptom Thoraxschmerz 1500-2000 / Jahr - ambulant ~ 45 % (~ 12 %) - stationär ~ 55 % Patienten insgesamt ~ 14000 / Jahr Patientenzahlen ZNA Universitätsklinikum Mannheim (2006)

DD Thoraxschmerz nach Priorität Akutes Koronarsyndrom Akute Lungenembolie hohe Priorität Akute Aortendissektion Herzklappenvitium Kardiomyopathie Peri/Myokarditis mittlere Priorität Pneumothorax Hypertensive Krise neuropathisch / muskuloskelettal ösophageal / gastrointestinal elektiv pleuritisch / nichtorganisch (psychogen) Abklärung Thoraxschmerz Das Akute Koronarsyndrom -hat eine besonders ungünstige Prognose und damit hohe Priorität bei der Abklärung des akuten Thoraxschmerzes in der ZNA -ist die häufigste organisch bedingte Ursache des nichttraumatischen Thoraxschmerzes

Akutes Koronarsyndrom Terminologie ACC/AHA (2002) / ESC (2002) / DGK (2004) ST-Elevations-Myokardinfarkt (STEMI) - typische Ruhe-Angina > 20 Minuten, im EKG typische ST-Elevation - Troponin (CK/CK-MB-Gradient) positiv Nicht-ST-Elevations-Myokardinfarkt (NSTEMI) - typische Ruhe-Angina > 20 Minuten, ev. EKG-Veränderungen (keine STE) - Troponin (CK/CK-MB-Gradient) positiv Instabile Angina pectoris (IAP) - typische Ruhe-Angina > 20 Minuten, ev. EKG-Veränderungen (keine STE) - Troponin (CK/CK-MB-Gradient) negativ Akutes Koronarsyndrom Fehleinschätzung - Akutes Koronarsyndrom nicht erkannt, unkontrollierte Entlassung aus der Notaufnahme: ~ 2-5 % Pope JH (2000) New Engl J Med 342: 1163-1170 Christenson J (2004) CMAJ 170: 1803-1807

Akutes Koronarsyndrom mögliche Fehlerquellen - Leitlinien der Fachgesellschaften umfassen STEMI, NSTEMI und IAP (Leitsymptom Angina pectoris in Ruhe über 20 Minuten Dauer) ~ Hochrisikogruppe aber - keine offiziellen Leitlinien und nur wenig Literatur zur Niedrigrisikogruppe mit weniger Symptomatik, Entlasskriterien unsicher und wenig standardisiert Akutes Koronarsyndrom Risikostratifizierung nach prognostisch relevanten Kriterien Sehr hohes Risiko STEMI / LSB (neu) Hohes Risiko Mittleres Risiko Niedriges Risiko -Anamnese -Symptomatik - Klinischer Befund -EKG -Labor

Akutes Koronarsyndrom Schmerzcharakteristik Braunwald E (1989) Circulation 80: 410-414 typische Angina pectoris atypische Angina pectoris - Druckgefühl retrosternal - rezidivierend / lang andauernd - auslösbar durch Belastung, Kälte - Ausstrahlung in linken Arm, Kiefer, Abdomen - vegetative Begleitsymptome - Besserungstendenz auf Nitrate - mechanisch auslösbar (Palpation / Thoraxrotation) - lageabhängig - lokalisiert in einem begrenzten Bereich (< 3 cm²) - wenige Sekunden bis Minuten andauernd... Einschätzung häufig unzuverlässig! Panju AA (1998) JAMA 280: 1256-1263 Akutes Koronarsyndrom EKG - ventrikuläre Tachyarrhythmien - höhergradige Blockbilder - ST-Streckenhebungen (STEMI) > 0,1 bzw. > 0,2 mv - ST-Streckenveränderungen wechselnd - ST-Streckensenkungen persistierend > 0,1 mv - T-Negativierungen > 0,2 mv (umstritten) im Zusammenhang mit Thoraxschmerzen: Mortalität erhöht! Hamm CW (1997) N Engl J Med 337: 1648-1653 Diderholm E (2002) Eur Heart J 23: 41-49 Van de Werf F (2003) Eur Heart J 24: 28-66

Akutes Koronarsyndrom Laborparameter Kreatinkinase (CK/CK-MB > 5 %) Mortalität deutlich erhöht Troponin I Anstieg nach 3-4 Std., sicherer Nachweis nach ~ 6 Std.! - signifikant erhöht (> 0,4 µg/l) Mortalität deutlich erhöht - grenzgradig erhöht (0,03-0,4 µg/l) Mortalität leicht erhöht - unterhalb Messbereich (< 0,03 µg/l) Mortalität nicht erhöht - Myoglobin, CRP, BNP etc. spielen eher untergeordnete Rolle! Hamm CW (1997) N Engl J Med 337: 1648-1653 Ottani F (2000) Am Heart J 140: 917-927 Solymoss BC (2004) Clin Cardiol 27: 130-136 Akutes Koronarsyndrom Medikamentöse Primärtherapie - klinisch / anamnestisch Verdacht auf Akutes Koronarsyndrom - keine Kontraindikation gegen Antikoagulation Sauerstoff 4-8 l über Nasensonde Heparin 5000 IE i.v. Acetylsalicylsäure 250-500 mg i.v. Clopidogrel 300-600 mg p.o. wenn AKS bestätigt Glyceroltrinitrat 2-3 Hub zu je 0,4 mg s.l. (cave RR!) Betablocker (z.b. Metoprolol 1-5 mg fraktioniert i.v.) Morphin 1-5 mg fraktioniert i.v.

STEMI ~ sehr hohes Risiko Mortalität 30-50 % (1 Monat) Klinik Thoraxschmerz + EKG ST-Elevation bzw. LSB (neu) zur Diagnose ausreichend! Van de Werf F (2003) Eur Heart J 24: 28-66 Reperfusionstherapie -PTCA innerhalb 12 Std. -Thrombolyse innerhalb 6 Std. nach Schmerzbeginn STEMI STEMI Hinterwand STEMI Vorderwand STE > 0,1 mv in 2 Extremitätenableitungen STE > 0,2 mv in 2 Brustwandableitungen

STEMI Hinterwandinfarkt / PTCA RCA RCA RCX RIVA Akutes Koronarsyndrom ~ hohes Risiko Tod / AMI 10-30 % (1 Monat) - Thoraxschmerz > 20 Min. bzw. persistierend + mindestens 1 Faktor - Myokardinfarkt / PTCA / ACVB-OP innerhalb der letzten Wochen -EKG: keine STE, aber ventrikuläre Tachyarrhythmien höhergradige Blockbilder wechselnde ST-Veränderungen persistierende ST-Senkung > 0,1 mv - Troponin (> O,4 µg/l) bzw. CK/CK-MB (> 5 %) signifikant erhöht - Herzinsuffizienz / Hypotension mod. nach Leitlinien Koronarsyndrom: ACC/AHA (2002) / ESC (2002) / DGK (2004)

Akutes Koronarsyndrom ~ mittleres Risiko Tod / AMI 2-10 % (1 Monat) - typ. Angina pectoris, Erstmanifestation + mindestens 1 Faktor - bekannte Koronare Herzkrankheit - mehr als 2 kardiale Risikofaktoren, v.a. - Diabetes mellitus - höheres Alter - Troponin I grenzgradig erhöht (0,03-0,4 µg/l) -EKG: keine ST-Veränderungen, aber T-Negativierungen > 0,2 mv mod. nach Leitlinien Koronarsyndrom: ACC/AHA (2002) / ESC (2002) / DGK (2004) Akutes Koronarsyndrom ~ niedriges Risiko Tod / AMI < 2 % (1 Monat) - atypische Angina pectoris, passagere Symptomatik aber - keine Koronare Herzkrankheit bekannt - weniger als 2 kardiale Risikofaktoren, kein Diabetes, jüngere Pat. - EKG unauffällig / unspezifisch > 6 Stunden nach Schmerzbeginn - Troponin unauffällig (< 0,03 µg/l) > 6 Stunden nach Schmerzbeginn mod. nach: Hamm CW (1997) N Engl J Med 337: 1648-1653

Akutes Koronarsyndrom Risikoeinschätzung realistisch? -ambulant 83 Patienten (53 %): keine KKH-Aufnahme/Herztod in folgenden 6 Mon. - stationär 74 Patienten (47 %): Entlassungsdiagnose AKS nur bei 19 Pat. (~12 %) (n = 157) primäre Einschätzung Entlassungsdiagnose AKS (% der Gesamtzahl) (% der primären Einschätzung) STEMI 4 100 AKS (hohes Risiko) 17 37 AKS (mittleres Risiko) 29 12 AKS (niedriges Risiko) 50 0 Ekelund U (2002) BMC Emerg Med 2: 1 Akutes Koronarsyndrom Vorgehen in der Notaufnahme Thoraxschmerzen / ST-Hebung bzw. LSB (neu) im EKG: -STEMI Primärtherapie, Reperfusionstherapie Thoraxschmerzen / keine ST-Hebung im EKG: -Hohes Risiko Primärtherapie, Monitorstation, Troponin- Kontrolle 6/12 Std., Herzkatheter/48 Std. - Mittleres Risiko Primärtherapie, Allgemeinstation, Troponin-Kontrolle 6/12 Std. Verlauf? -Niedriges Risiko Differentialdiagnose?

Differentialdiagnose Lungenembolie

Lungenembolie - in Deutschland ca. 200000 Fälle/Jahr (UKMA 80-100 Fälle/Jahr) 10 % in der ersten Stunde tödlich! 90 % Diagnose gestellt in 30 % d.f.! (92 % erfolgreich behandelt) Diagnose nicht gestellt in 70 % d.f! (32 % tödlich) gehäuft - häufig nach Operationen, Flügen, bei NPL, Thrombophilie etc. - Schmerzen atemabhängig, Dyspnoe, Tachykardie, Hypotonie, TVT Symptome sehr oft atypisch, z.b. rezidivierende Synkopen! Diagnostik - Thorax-Röntgen / EKG unspezifisch - D-Dimere > 0,5 mg/l Le Gal G (2006) Arch Intern Med 166: 176-180 - Thorax-CT CT Lungenembolie

Lungenembolie Risikoeinschätzung Schweregrad I II III IV Klinik stabil, gute RVF stabil, RV-Dysf. Schock Reanimation PA-Mitteldruck = ( ) po2 = ( ) Gefäßverschluß subsegmental segmental PA-Ast/Lappenarterie/Stamm hämodynamisch stabil (~ Klasse I + II) ~ meist segmentale Lungenembolie - aktuell beschwerdefrei, normofrequent, RR-stabil, Troponin I negativ, gute RVF Therapie: Antikoagulation (Allgemeinstation) hämodynamisch instabil (~ Klasse III + IV) ~ meist zentrale Lungenembolie - symptomatisch, tachykard, RR syst. < 90 mmhg, TNI positiv, RV-Dysfunktion Therapie: Antikoagulation, bei Schock/Reanimation Thrombolyse (Intensivstation) Lungenembolie Echo

Aortendissektion - pathophysiologisch Intimaeinriß mit falschem Lumen (UKMA 5-10 Fälle/Jahr) versterben 50 % innerhalb von 48 Stunden! - unbehandelt bzw. 80-90 % innerhalb von 3 Monaten! (meist Typ A) überleben ca. 10 % über Jahre (meist Typ B) - anamnestisch oft jüngere Patienten, art. Hypertonus (~ 80%), gel. Marfan - klinisch reissender Sofortschmerz, typische Ausstrahlung - Zeichen zentraler oder peripherer Gefäßverschlüsse häufig atypisch oder flüchtig! Diagnostik - Thorax-Röntgen ( breites Mediastinum ) - D-Dimere (umstritten) Eggebrecht H (2004) J Am Coll Cardiol 44: 804-809 -Thorax-CT Klassifikation Aortendissektion DeBakey Stanford

Aortendissektion CT Stanford Typ A Aortendissektion Medikamentöse Therapie - Blutdrucksenkung (z.b. Betablocker / Clonidin / Urapidil / Na-Nitroprussid) Ziel: RR syst. 100-120 mm Hg Vasodilatatoren nur in Komb. mit Betablocker! - Analgesie (Morphin) - Sedierung (Midazolam) Weiteres Vorgehen ev. Echo (Perikarderguß? / Aorteninsuffizienz?) ev. Doppler Carotiden bei Mitbeteiligung der supraaortalen Gefäße Typ A-Dissektion Typ B-Dissektion mit vitaler Komplikation ohne vitale Komplikation dringliche Operation konservativ Stent?

Differentialdiagnose Vorgehen in der Notaufnahme Lungenembolie Aortendissektion Herklappenvitium Kardiomyopathie Peri-/Myokarditis Hypertensive Krise Pneumothorax Elektive Erkrankungen Leitsymptome + D-Dimere Thorax-CT Anamnese Auskultation EKG / Echo meist Ausschlussdiagnosen Entlasskriterien -Symptomatik atypisch / passager, in ZNA beschwerdefrei -Anamnese keine KHK-Anamnese, < 2 Risikofaktoren - Klinischer Befund hämodynamisch / respiratorisch stabil -EKG unauffällig / unspezifisch - Thorax-Röntgen unauffällig / unspezifisch -Labor TNI (< 0,03 µg/l) / CK-MB / D-Dimere normal 6 Stunden nach Schmerzbeginn? CT? ggf. weiteres Monitoring, Kontrolle EKG / Troponin Entlassung Empfehlung: Ergometrie bzw. elektive Diagnostik (45 %) Einschätzung unsicher Aufnahme Allgemeinstation

Fazit Bei der Abklärung des akuten Thoraxschmerzes in der ZNA kommt dem Koronarsyndrom besondere Bedeutung zu! - Nichterkennung des Koronarsyndroms in der NA ~ 2-5 % Pope JH (2000) New Engl J Med 342: 1163-1170 Christenson J (2004) CMAJ 170: 1803-1807 - Risikostratifizierung des Koronarsyndroms nach den genannten Kriterien scheint sicher zu sein Hamm CW (1997) N Engl J Med 337: 1648-1653 Ekelund U (2002) BMC Emerg Med 2: 1 - Differentialdiagnose nach Priorität und strengen Kriterien