Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l. Udo Thiedeke Kommuni katives Handel n 01.02.07
1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Konnuni katives Handel n 01.02.07 Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Theorieansatz und Handlungsperspektive 3) Komuni katives Handel n 4) Zusammenfassung - Die bisher vorgestel lten Versuche soziales Handel n als gesel lschaftl ich i ntegriertes Handeln strukturell zu deuten, scheinen alle nur Teilaspekte der Handlungskonstellation der modernen Gesel lschaft zu berücksichtigen. - Der Sozial phi losoph und Soziologe Jürgen Habermas (geb. 1 929) unterni mmt deshalb den Versuch soziale Handeln als eingebettet in gesellschaftliche Verhältnisse zu deuten, die es kritisch zu reflektieren gi lt. - Entsprechend der Ei nflüsse der kritischen Theorie "Frankfurter Schule" (vor al lem Adorno, Horkhei mer) des Marxismus und sei ner Ausei nandersetzung mit ideal istischen und anderen Phi losiophietraditionen, geht Habermas davon aus, dass weder das soziale Handel n, noch dessen wissenschftl iche I nterpretation moral isch wertfrei erfolgen können. - Die moderne Handlungssituation ist kritisch und normativ zu werten. Hierbei geht er von drei zentralen Theoriepositionen (undogmatischer Marxismus; Rational ität als Wert; Trennung von Handlung und System) aus. [Siehe Fol ie 1 ] - Danach lässt sich die gesel lschaftl iche Modernisierung, aufgrund der kapital istischen Wi rtschaftsweise und der technisch/wissenschaftl ichen Rational itätsentwicklung, als Prozess dichotom getei lter Rational isierung begreifen. - Die technische Rational isierung bedi ngt hierbei ei nen Entfremdungsprozes der sozialen Rational ität. - Konkret teilt sich die gesellschaftliche Rationalität in eine Sinnsphäre der Vernunft, bzw. der sozialen Rationalität und in eine Sinnsphäre der instrumentellen Rationalisierung, die er i m Frühwerk auch als ' Sphäre der Technokratie' versteht. - Der Si nnsphäre der Vernuft wi rd von Habermas der Handlungstyp der "I nteraktion" zugeordnet, i n dem die Handel nden Vernuftanspüche aushandel n. - Der Si nnsphäre der i nstrumentel len Rational isierung hi ngegen wi rd der Handlungstyp "Arbeit" zugeordnet, i n dessen Zusammehang kal kul iert, strategisch aber auch schematisch gehandelt wi rd.
2 - I n sei nem zwei bändigen Hauptwerk "Theorie des kommuni kativen Handel ns", das 1 981 erschei nt unterscheidet er beide Si nnsphären dann als "Lebenswelt", i n der soziales Handel n mögl ich ist, bei dem die Handel nden (von Habmerms "Aktoren" genannt) normative Geltungsansprüche aushandel n und als "System", das durch i n- strumentel les Handel n besti mmt ist. - Die dichtotome Handlungssituation, mit i hren je eigenen Handlungsorientierungen, bri ngt daher unterschiedl iche Handlungstypen hervor. [Siehe zur Vierfeldermatrix der Handl ungstypen bei Habermas Fol ie 2] - Die Koordi nation der Geltungsansprüche und damit die Konstitution der Lebenswelt als soziales Handel n fi ndet i m diskursiven Aushandlungsprozess des kommuni kativen Handens statt. - Er beruht laut Habermas auf der Universal pragmati k vernünftiger Geltungsansprüche, deren Träger das zur Vernunft befähigte Subjekt ist, das sei ne Geltungsansprüche sprachl ich vermittelt und i n Sprechakten reflektiert (womit Habermas an die Sprechakttheorie von John R. Searl anschl iesst). - Das ist deshalb möglich, weil die Sprechakte des kommunikativen Hndens nicht nur Sachaussagen (lokutionäre n - das, was i nhaltl ich gesagt wi rd) und Handlungseffekte (perlokutionäre n - das, was verstanden wi rd und Handlungsfolgen zeitigt), sondern i mmer auch Geltungsansprüche (i l lokutionäre n - das, was gemei n ist und wie man sich dazu positioniert) transportiert. [Siehe zur Struktur der Sprechakte zwischen "Alter" und "Ego" Fol ie 3] - Die Handlungsi ntension (die tel ische - das Handlungsziel) erschl ießt sich somit nur i m Sprechakt, der dri n auf Verständigung ausgerichtet ist. - Auf dieser Grundlage lassen sich die zentralen Annahmen der Theorie des kommunikativen Handelns festhalten. [Zur Übersicht siehe Folie 4] Literatur: Jürgen Habermas, 1 981 : Theorie des kommuni kativen Handel ns. Bd. 1 Handlungsrational ität und gesel lschaftl iche Rational isierung. Bd. 2 Zur Kriti k der funktional istischen Vernunft. Frankfurt/M. John R. Searl : 1 971 : Sprechakte. Ei n sprachphi losophischer Essay. Übers. v. R. und R. Wiggershaus. Frankfurt/M. (1 969)
Kommuni katives Handel n Fol ie 1 Grundlagen der Handl ungstheorie bei Jürgen Habermas 1 ) Undogmatischer Marxismus: Die Entfremdung der (i ndividuel len) Subjekte i n Arbeit und Konsum geht nicht auf die Produktionsverhältnisse, sondern auf die dichotome Rational ität der gesel lschaftl ichen Handl ungssituation zurück. 2) Rational ität als Wert: Rational ität ist ei n reflexiver Wert, der je nach Rational itätsorientierung die Geltungsansprüche des Handelns bestimmt und dieses Handel n moral isch qual ifziert. 3) Trennung von sozialem Handel n und System: Die Rational ität i n der modernen Gesel lschaft ist geteilt in 'soziale Rationalität' und ' instrumentel le Rational isierung', die die Handl ungssphären des 'sozialen Handel ns' und des ' Systems' abgrenzen.
Kommuni katives Handel n Fol ie 2 Handl ungstypen nach Jürgen Habermas Handl ungsorientierung: erfolgsorientiert verständigungsorientiert Handl ungssituation: nicht-sozial i nstrumentel les --- Handel n sozial strategisches kommuni katives Handel n Handel n
Kommuni katives Handel n Fol ie 3 Sprechakt des "kommuni kativen Handel ns" nach Jürgen Habermas perlokutionäre perlokutionäre (Handl ungseffekt) (Handl ungseffekt) illokutionäre lokutionäre Akteur 1 (Geltung) (I nhalt) Akteur 2 (Ego) (Alter) I ntension: I ntension: Verständigung Verständigung lokutionäre illokutionäre (I nhalt) (Geltung)
Kommuni katives Handel n Fol ie 4 Annahmen der Theorie des "kommuni kativen Handel ns" - Die gesel lschaftl iche Rational ität ist ei ne getei lte Rational ität. - Rational isierung vermittelt ' i nstrumentel le' Geltungsansprüche. - Rational ität vermittelt 'soziale' Geltungsansprüche. - Rationales Handel n ist 'soziales Handel n'. - Soziales Handel n basiert auf der Universal pragmati k des Diskurses. - Sprechakte vermittel n den Diskurs als ' kommuni katives Handel n'. - Kommunikation ist 'Verständigung'.