Was ist normal? ao.univ.prof.dr. Michael Krebs

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Transkript:

Was ist normal? ao.univ.prof.dr. Michael Krebs Klin. Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, Univ. Klinik für Innere Medizin III, Med. Univ. Wien

Was ist normal? Statistik

TSH Individuelle Variation 16 gesunde Männer monatliche Blutabnahmen Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Andersen et al., JCEM 87:1068, 2002

T4 Individuelle Variation 16 gesunde Männer monatliche Blutabnahmen Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Andersen et al., JCEM 87:1068, 2002

Normalwerte bei Tests Klinsche Aussagekraft

Es gibt einen guten Test für eine seltene endokrine Hypertonieform (Phäochromozytom): Sensitivität und Spezifität: 98 % Test (Wahn-) Sinn Der Test ist bei einem guten Bekannten leicht erhöhtem Blutdruck positiv wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ein Phäochromozytom hat? 1) 1 % 2) 10 % 3) 50 % 4) 90 % 5) 98 %

Es gibt einen guten Test für eine seltene endokrine Hypertonieform (Phäochromozytom): Sensitivität und Spezifität: 98 % Test (Wahn-) Sinn Der Test ist bei einem guten Bekannten leicht erhöhtem Blutdruck positiv wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass er ein Phäochromozytom hat? 1) 1 % 2) 10 % 3) 50 % 4) 90 % 5) 98 %

Test-(Wahn-)Sinn Erkrankungswahrscheinlichkeit = Vortestwahrscheinlichkeit 0 % 50 % 100% keine Therapie kein Test keine Therapie Test Therapie kein Test

Test-(Wahn-)Sinn Phäochromozytom-Inzidenz bei simpler Hypertonie: ~ 0,2 % (1:500) Sensitivität (Zuverlässigkeit, dass Kranke positiven Test haben): 98 % Spezifität (Zuverlässigkeit, dass Positive tatsächlich krank sind): 98 % Erkrankungswahrscheinlichkeit = Vortestwahrscheinlichkeit 0 % 50 % 100% keine Therapie kein Test keine Therapie Test Therapie kein Test

Test-(Wahn-)Sinn Phäochromozytom-Inzidenz bei simpler Hypertonie: 1:500 Sensitivität: 98 % - 2% falsch negativ Spezifität: 98 % - 2% falsch positiv Personen Test positiv Test negativ Kranke (Phäo) 100 98 2 Gesunde RR- Pat 50 000 (1:500) 1 000 49 000 Summe 50 100 1 098 49 002 Die Wahrscheinlichkeit des Patienten bei einem positiven Test wirklich krank zu sein, beträgt: (98/1098) ~ 9 %

Phäo-Screening bei wem? Bei begründetem Verdacht: typische Symptome (Hypertonie, Kopfschmerz, Schwitzen, ) anfallsartige Symptome therapieresistente Hypertonie (Familien)-Anamnese, genetisches Syndrom Inzidentalom der NN (~ 4%) Juvenile Hypertonie

Normalwerte als Therapieziel

HbA1C in der Diagnose? International Expert Committee Report on the Role of the A1C Assay in the Diagnosis of Diabetes Retinopathie ab HbA1c > 6.5 Diabetes Care 32: 2009

Blutzuckerkontrolle und Retinopathie DCCT-Studie Retinopathie DCCT Study Group, N Engl J Med 329:977, 1993

DM: Todesursachen Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III NEJM 2011;364:829

Intensive Diabetestherapie: Zusammenfassung der großen Studien Studie Microvasc CVD Mortalität UKPDS DCCT / EDIC* ACCORD ADVANCE VADT * in T1DM Kendall DM, Bergenstal RM. International Diabetes Center 2009 Initial Trial Long Term Follow-up

Mortalität und HbA1c Patienten (> 50 Jahre) mit Typ 2 Diabetes Metformin + Sulfonylharnstoff Insulin N = 27 965 N = 20 005 Currie et al. Lancet 2010

Mortalität und Hypoglykämien Sophia Zoungas N Engl J Med 2010;363:1410

Normalwerte als Therapieziel

Individuelle Therapiele bei Patienten mit Typ 2 Diabetes HbA1c ZIel 6.0 % 7.0 % 8.0 % Psychosoziale Faktoren Hypoglykämierisiko Alter Erkrankungsdauer Begleiterkrankungen Atherosklerose Mikrovask. Kompl. modifiziert nach Ann. Int. Med. 2011: 154:554

Normalwerte: Wann, Wo, Wer?

Wie ist der Blutdruck? RR Effekte 24 h Tag Nacht Ordi Mancia et al., J Hypertens 2001

Wie ist der Blutdruck? RR Effekte Welche Werte Ordi 24 h Tag Nacht stimmen? Mancia et al., J Hypertens 2001

nach vor Therapie Behandlungserfolg? Ordi - Blutdruck nach - vor Therapie 24 h Blutdruck Mancia et al., J Hypertens 2001

Häufige Erkrankungen!?

Häufigkeit von Knoten 70 60 50 Ultraschall/Autopsie 40 30 20 10 0 Palpation 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 5%, 1% Alter (Jahre) Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Mazzaferri et al. NEJM 1993 328:533

Häufigkeit von Malignomen / Knoten Autopsiestudien : Finnland: - bis 36 % (Finnland, 70 % < 1mm) SD-Karzinom Spanien: - sichtbare Läsionen 5 % - nur mikroskopisch: 22 % (< 2mm) Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Harach et al. Cancer 1985, Martinez-Tello et al., Cancer 1993, Udelsmann et Zhang, Thyroid 2014

SD Karzinom in Österreich Neuerkrankungen pro Jahr 800 700 600 500 400 Frauen Männer 300 200 100-1983 1988 1993 1998 2003 2008 Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Statistik Austria (6/2014)

SD Karzinom in Österreich Neuerkrankungen pro Jahr 800 700 600 500 400 Frauen Männer 300 200 100-1983 1988 1993 1998 2003 2008 Abhängig von der Ärztedichte und der Verfügbarkeit von Ultraschall Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Udelsmann et Zhang, Thyroid 2014 Statistik Austria (6/2014)

SD Karzinom in USA Papilläres SD Karzinom Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Davies & Welch, JAMA Otolarynology-Head & Neck Surgery 140:317, 2014

SD Karzinom in USA Mikrokarzinome Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Davies & Welch, JAMA 295:2164, 2006

SD Karzinom in Österreich 800 700 Neuerkrankungen pro Jahr 600 500 400 300 200 100-140 120 100 1983 1988 1993 1998 2003 2008 Sterbefälle pro Jahr Frauen Männer 80 60 40 20-1983 1988 1993 1998 2003 2008 Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel Univ.Klinik für Innere Medizin III Statistik Austria (6/2014)

Watch and Wait beim Papillären Mikrokarzinom (< 1cm)? Ito et al. Thyroid 2014

Alternative Strategien. Bonelli, WMW 2003

Vielen Dank!