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Programm 1. Tag: Abgabenordnung/Rückwirkungsproblematik 2. Tag: Einkommensteuerrecht 3. Tag: Besteuerung der Kapitaleinkünfte und Körperschaftsteuerrecht 2

Abgabenordnung Das Einspruchsverfahren Die Änderungsvorschriften Die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht Der Gestaltungsmissbrauch Rückwirkende Anwendung von Steuergesetzen 3

Zulässigkeit des Einspruchs 347 ff. AO Statthaftigkeit des Einspruchs; 347 Abs. 1 S. 1 AO Kein Ausschluss des Einspruchs; 348 AO Kein Verzicht auf den Einspruch; 354 AO Einspruch formgerecht eingelegt; 357 AO Einspruch fristgerecht eingelegt; 355 f., 122, 108 AO Handlungsfähigkeit des Einspruchsführers; 79 AO Zuständiges Finanzamt; 357 Abs. 2 S. 1 AO Einspruchsbef./Beschwer; 350 353 AO 4

Fall AO 1: A erhält am Donnerstag, den 7.3.00 einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamts H. Der Bescheid war am 6.3.00 zur Post gegeben worden. Im Gegensatz zur Steuererklärung nahm das Finanzamt bei einer Betriebsverpachtung des A an eine OHG, an der er beteiligt ist, eine Betriebsaufspaltung an und ordnete die erklärten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb ein. Die festgesetzte Steuer veränderte sich hierdurch nicht. A fürchtet, einen künftigen Veräußerungsgewinn versteuern zu müssen und legt am Mittwoch, den 10.04.00 Einspruch ein. Zulässigkeit des Einspruchs? 5

Fristberechnung Fall AO 1 Zugang des Bescheids: Zugangsfiktion des 122 Abs. 3 AO: 9.3.00 Problem: Samstag? Hier 108 Abs. 3 AO: Frage, ob die Bekanntgabefiktion eine Frist ist Entweder Bekanntgabe daher am 9.3.00 oder am 11.03.00 Fristende gem. 355 Abs. 1 daher am 9.3.00 oder am 11.03.00 6

Fall AO 1: Frage der Beschwer BFH X B 222/10 vom 5.7.2011, BFH/NV 2011, 1843 Grundsätzlich belastet nur das Ergebnis der Steuerveranlagung nicht die Feststellung unselbständiger Besteuerungsgrundlagen. Die künftige Besteuerung etwaiger Veräußerungsgewinne ist im Veranlagungszeitraum der Veräußerung selbständig zu beurteilen. Die Einordnung im angegriffenen Bescheid präjudiziert die Veräußerungsgewinnbesteuerung nicht. 7

Fall AO 2: (BFH IX R 124/92 vom 20.12.1994; DStR 1995, 684) Die Steuerfestsetzung im Bescheid des A ist 0. In dem Bescheid werden positive Einkünfte aus V+V i.h. von T 57 festgestellt, die durch höhere negative Einkünfte ausgeglichen werden. Wegen der positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurde seinem Sohn BAFÖG versagt. Der Versagungsbescheid steht unter dem Vorbehalt einer Änderung des maßgeblichen Einkommensteuerbescheids der Eltern. Maßgeblich für die BAFÖG Bewilligung ist die Summe der positiven Einkünfte des A. Ist der A durch den Steuerbescheid beschwert? 8

Begründetheit des Einspruchs Prüfung der Rechtssache in vollem Umfang ( 367 Abs. 2 S. 1 AO) Frage der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides Bei einem geänderten Bescheid etwa Prüfung der Frage, ob die Voraussetzungen der Änderungsnorm vorliegen. Frage der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides 9

Einschub: Verjährung im Steuerrecht Unterschied: Zahlungsverjährung 228 ff. AO und Festsetzungsverjährung 169 ff. AO Zahlungsverjährung: Grundsatz: 5 Jahre; Beginn: Mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch erstmals fällig geworden ist Rechtsfolge: Der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis erlischt ( 232 AO) 10

Rechtsfolgen des Einspruchs 367 Abs. 2 S. 1 AO: Entscheidung der Ausgangsbehörde über den Einspruch, kein Devolutiveffekt im Unterschied zum Widerspruchsverfahren im allg. Verwaltungsrecht 361 Abs. 1 S. 1 AO: Keine Vollzugshemmung durch Einlegung eines Einspruchs (Unterschied zum Widerspruch im Verwaltungsverfahren) 11

Festsetzungsverjährung Dauer: 169: Grundsatz 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2: 4 Jahre für Steuern Ausnahme: 169 Abs. 2 S. 2 AO: 10 Jahre bei Steuerhinterziehung und 5 Jahre bei leichtfertiger Steuerverkürzung Beginn: 170 Abs. 2 Nr. 1: Mit Ablauf des KJ der Abgabe der Steuererklärung, spätestens mit Ablauf des 3. KJ, das auf das Entstehungsjahr folgt. Rechtsfolge: 169 Abs. 1 AO: Eine Steuerfestsetzung, ihre Aufhebung oder Änderung ist nicht mehr zulässig 12

Änderungsvorschriften der AO 129 AO Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit bei allen VA Änderung von Steuerbescheiden und gleichgestellten Bescheiden 164 f. AO 172 ff. AO Rücknahme/Widerruf sonstiger Verwaltungsakte 130, 131 AO 13

Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit 129 AO Hinweis: Keine Beschränkung auf Steuerbescheide Voraussetzungen Schreib, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten Bei Erlass des Verwaltungsaktes Kein Ablauf der Festsetzungsfrist 14

BFH: VIII R 9/11: Offenbare Unrichtigkeit bzgl. USt Sachverhalt: Der Steuerpflichtige setzte im Rahmen der Einnahme Überschuss Rechnung die an das Finanzamt bezahlte Umsatzsteuer nicht als Betriebsausgabe an. BFH: Die Höhe der Umsatzsteuerzahlungen war aufgrund der zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen erkennbar. Es liegt ein mechanischer Fehler des Stpfl. vor, der für das Finanzamt erkennbar war. 15

Bestandskraft von Steuerbescheiden Ein Steuerbescheid ist formell bestandskräftig, wenn er mit Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden kann, er unanfechtbar ist. Ein Steuerbescheid ist materiell bestandskräftig, wenn er inhaltlich verbindlich ist, also nur noch unter besonderen Voraussetzungen geändert werden kann. Die materielle Bestandskraft tritt grundsätzlich mit der formellen Bestandskraft aus Sicht des Steuerpflichtigen und mit Bekanntgabe des Bescheides aus Sicht der Finanzverwaltung ein. Ausnahme: Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung 164 Abs. 2 AO; der Bescheid wird nur formell bestandskräftig. Ausnahme 165 AO: Der Bescheid wird zwar formell bestandskräftig, materiell im Umfang der Vorläufigkeit jedoch nicht. 16

Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. 164 AO Voraussetzung: Keine abschließende Prüfung des Steuerfalls ( 164 Abs. 1 AO) Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob ein Vorbehalt ausgesprochen wird Geltungsdauer des Vorbehalts: Der Vorbehalt entfällt durch Eintritt der Festsetzungsverjährung ( 164 Abs. 4 AO) ausdrücklichen schriftlichen Aufhebungsbescheid gem. 164 Abs. 3, 157 Abs. 1 AO; keine automatische Aufhebung, wenn ein Folgebescheid ohne Hinweis auf den Vorbehalt erlassen wird. Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keine gesonderte Anfechtbarkeit, sondern Anfechtung des gesamten Steuerbescheids Steueranmeldungen stehen kraft Gesetzes einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich 17

Änderungsbefugnis bei einem Vorbehalt der Nachprüfung Voraussetzung: Wirksamer Vorbehalt der Nachprüfung; insbes. kein Ablauf der Festsetzungsfrist Materiell fehlerhafter Steuerbescheid Rechtsfolge: Änderungsbefugnis umfassend 18

Vorläufige Steuerfestsetzung gem. 165 AO Voraussetzung: Unterscheidung von 2 Fallgruppen 165 Abs. 1 S. 1 AO: Ungewissheit über einen steuererheblichen Sachverhalt (Ungewissheit im Tatsächlichen) 165 Abs. 1 S. 2: Rechtliche Zweifel unter den Voraussetzungen der Nrn. 1 bis 4 Rechtsfolge: Ermessen der Finanzbehörde, ob und inwieweit ein Vorläufigkeitsvermerk angebracht wird; der Vorläufigkeitsvermerk darf zwar nicht den gesamten Steuerbescheid umfassen, kann es aber. Geltungsdauer der Vorläufigkeit 165 Abs. 2: Pflicht zur Aufhebung nach Beseitigung der Ungewissheit, sofern kein Fall des 165 Abs. 2 S. 3 4 AO; Keine automatische Aufhebung, wenn ein Folgebescheid ohne Hinweis auf die Vorläufigkeit erlassen wird. Keine Aufhebung durch Ablauf der Festsetzungsverjährung, sondern Besonderheiten bei der Berechnung der Festsetzungsfrist nach 171 Abs. 8 AO. Charakter: Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt; keine gesonderte Anfechtbarkeit 19

Änderungsbefugnis bei vorläufiger Steuerfestsetzung Voraussetzung: Wirksamer Vorläufigkeitsvermerk Materiell fehlerhafter Steuerbescheid Fehlerhaftigkeit im Rahmen des Vorläufigkeitsvermerks Rechtsfolge: Änderungsbefugnis soweit die Vorläufigkeit erklärt wurde 20

Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.2012 8 K 1504/08) Eine erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau G betreibt ungeachtet ihres fehlenden Pferdewissens eine Reitanlage. Diese Reitanlage wirft über viele Jahre nur Verluste ab. Die Finanzverwaltung hat von Anfang an Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht und veranlagt die G vorläufig. Der Vorläufigkeitsvermerk hat folgenden Inhalt: Der Bescheid ergeht nach 165 Abs. 1 AO vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der Bescheid wird bestandskräftig Ist der Vorläufigkeitsvermerk wirksam? 21

Berichtigung von Steuerbescheiden nach 172 ff AO

Schlichte Änderung 172 Abs. 1 Nr. 2a AO Voraussetzung: Steuerbescheid (Sonderregelung Verbrauchsteuern gem. Nr. 1) Zustimmung oder Antrag des Steuerpflichtigen; Problem: Abgrenzung zum Einspruch Bei Änderung zugunsten des Steuerpflichtigen muss der Antrag/die Zustimmung vor Ablauf der Einspruchsfrist erklärt werden Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung Rechtsfolge: Änderung im Ermessen der Finanzbehörde: Problem: Ermessensreduzierung 23

Änderung wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel gem. 173 AO Voraussetzungen Kein Ablauf der Festsetzungsverjährung Keine Änderungssperre wegen einer Außenprüfung 173 Abs. 2 Neue Tatsache oder Beweismittel, die zu einer höheren oder niedrigeren Steuer führen Nachträgliches Bekanntwerden, d.h. zum Zeitpunkt der Veranlagung vorhanden aber dem Finanzamt nicht bekannt Bei Änderung zugunsten des Stpfl.: Kein grobes Verschulden des Stpfl. am nachträglichen Bekanntwerden; Ausnahme 173 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 AO 24

Fall AO 4:(BFH vom 9.11.2011, VIII R 18/08) A erklärt negative Einkünfte aus einer Auslandsbeteiligung nicht, weil die entsprechende Ausschüttungsmitteilung fehlte. Nach Vorliegen dieser Mitteilung begehrt er eine Änderung der Steuerfestsetzung nach 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die Einspruchsfrist war inzwischen abgelaufen. Wie wird das Finanzamt seinen Antrag bescheiden? 25

Fall AO 5: (Niedersächsisches FG vom 24.05.2011, 3 K 249/10, aufgeh. durch BFH vom 16.05.2013, III R 12/12) A ist alleinerziehend und lässt die Steuererklärung von ihrem Steuerberater fertigen. Sie hat im ersten Jahr der Trennung übersehen, Angaben zum Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu machen. Hiernach wurde im Erklärungsvordruck ausdrücklich gefragt. Der Steuerberater hat der A allerdings nicht die ausgefüllte Erklärung, sondern eine mit dem Computerprogramm Elster komprimierte Steuererklärung übersandt, auf dem diese Angaben fehlten. Den inzwischen unzutreffenden Wohnsitz des Vaters des Kindes, der aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen ist, hatte der Steuerberater aus der Vorjahreserklärung übernommen. Dies fiel der A bei Unterzeichnung der Erklärung nicht auf. Nach Ablauf der Einspruchsfrist beantragt A die Berücksichtigung des Entlastungsbetrags. Wie entscheidet das Finanzamt? 26

Exkurs: Fehlerbegriff bei Bilanzierung Rechtsprechungsänderung durch GrS vom 31.1.2013 GrS 1/10 27

Fall AO 6 Die A GmbH, ein Mobilfunkanbieter, wirbt Kunden mit verbilligten Handys. Im Jahr 00 bot sie ihren Kunden den verbilligten Erwerb an, wenn diese einen Vertrag über 2 Jahre abschlossen. Die Wertdifferenz zwischen dem Einkaufspreis und dem Verkaufspreis minderte den Gewinn der A GmbH. Die Finanzverwaltung ist im Rahmen der Betriebsprüfung der Auffassung, die Wertdifferenz müsse im Rahmen eines aktiven Rechnungsabgrenzungspostens verteilt werden. Zu Recht? (BFH GrS 1/10 vom 31.01.2013) 28

Fortsetzung Fall AO 6 Die A GmbH hat sich im Vorfeld der Bilanzerstellung 00 durch einen anerkannten Bilanzexperten ein Gutachten über die Frage der Bilanzierung erstellen lassen. Dieser war ebenso wie der mit der Bilanzprüfung befasste Wirtschaftsprüfer der Auffassung, dass diese Bilanzierung den GoB entspricht. Ist die Bilanz fehlerhaft? 29

Fehlerarten bei der Bilanzierung Fehler bei der rechtlichen Würdigung Fehler bei der Ermittlung des Sachverhalts 30

Handelsrechtlicher (alter steuerlicher) Fehlerbegriff Eine Bilanz ist nur dann fehlerhaft, wenn ein Bilanzansatz objektiv gegen Bilanzierungsvorschriften verstößt und der Kaufmann dies nach den im Zeitpunkt der Bilanzfeststellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten bei pflichtgemäßer und gewissenhafter Prüfung auch hätte erkennen können. Fehlerbegriff anwendbar auf rechtliche Würdigung und Sachverhaltsermittlung 31

Neuer steuerlicher Fehlerbegriff nach GrS für bilanzielle Rechtsfragen Aufgabe des subjektiven Fehlerbegriffes hinsichtlich bilanzieller Rechtsfragen Das FA ist im Rahmen der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung auch dann nicht an die rechtliche Beurteilung gebunden, die der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz zugrunde liegt, wenn diese Beurteilung aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung vertretbar war. 32

Offener steuerlicher Fehlerbegriff für bilanzielle Tatsachenfragen GrS: Fehler bei bilanziellen Tatsachenfragen wird nicht angesprochen Frage der Übertragbarkeit der Rechtsprechung vom bilanziellen Rechtsfehler Legalitätsprinzip der Steuerverwaltung Vergleichbare Besteuerung vergleichbarer Sachverhalte Pflicht des Finanzamtes zur Sachverhaltsklärung Probleme bei der Aufklärung des Sachverhaltes und Erfahrung/sachgerechtes Ermessen des Kaufmannes 33

Folgen einer fehlerhaften Bilanzierung Frage der Korrektur der Bilanz 4 Abs. 2 S. 1 EStG: Eine fehlerhafte Bilanzierung darf der Steuerpflichtige ändern, wenn die darauf beruhenden Steuerfestsetzungen noch geändert werden können. Grenze der Korrektur: Festsetzungsverjährung Solange keine Bestandskraft eingetreten ist, ist eine Änderung uneingeschränkt möglich In der Zeitspanne dazwischen ist maßgeblich, ob die Voraussetzungen einer Änderungsnorm vorliegen 34

Fehlerkorrektur bei bestandskräftiger Veranlagung Lehre vom Bilanzenzusammenhang: Bilanzansätze, die nicht an der Fehlerquelle korrigiert werden können, sind zunächst lückenlos fortzuführen. Rechtsprechung und Praxis knüpfen den Bilanzenzusammenhang an die Werte der Veranlagungsbilanz. Die Berichtigung soll so weit wie möglich an der Fehlerquelle erfolgen, d.h. in dem letzten noch offenen Veranlagungsjahr in der Schlussbilanz Änderung aller bereits erstellter Folgebilanzen Folge: Verlagerung des unzutreffend erfassten Ertrags/Aufwands vom Entstehungsjahr in die Folgejahre 35

Fortsetzung Fall AO 6 Liegen die Voraussetzungen des 173 AO vor? Ergänzende Angaben: Die Körperschaftsteuererklärung wurde im KJ 03 abgegeben. Die Betriebsprüfung begann im KJ 07 und endete im KJ 09. Im Januar 2010 ergeht ein Änderungsbescheid auf Grundlage der Feststellungen der Betriebsprüfung. 36

Fall AO 7: (BFH vom 19.10.2011, X R 29/10) Ein britischer Mediendesigner wohnhaft in Deutschland erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. In seinen Einnahme Überschussrechnungen macht er Übernachtungskosten in London geltend, die er nach den anerkannten Pauschbeträgen angesetzt hat (über 100 je Nacht). Er wird antragsgemäß veranlagt. Die Veranlagung erfolgt ohne Vorbehalt. Anlässlich einer Betriebsprüfung erklärt der Steuerpflichtige, er habe bei seiner Mutter übernachtet, sich bei ihr aber im Gegenzug an den Lebenshaltungskosten beteiligt. Das Finanzamt schätzt daraufhin die Übernachtungskosten auf 25 und ändert die Veranlagung nach 173 Abs. 1 Nr. 1 AO. Zu Recht? 37

Wirtschaftliche Betrachtungsweise Es gibt keine besondere Gesetzesauslegung/Gesetzesanwendung im Steuerrecht; auch das Steuerrecht knüpft an die allgemeinen Regeln an Steuerrechtliche Terminologie ist zivilrechtlich geprägt Zivilrechtliche Gestaltungsvielfalt führt dazu, dass ein wirtschaftlich erstrebter Erfolg auf verschiedenen Wegen erreicht werden kann. Wirtschaftliche Betrachtungsweise ist eine teleologische Betrachtungsweise, die darauf abstellt, ob eine bestimmte Gestaltung mit einer wirtschaftlich vergleichbaren Gestaltung gleich zu behandeln ist. Grenze der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergibt sich aus dem Steuerrecht als Eingriffsverwaltung bei einer Auslegung zum Nachteil des Stpfl.: Schlagwörter wie Analogieverbot und Wortlautgrenze sind kritisch zu beurteilen. Typischer Anwendungsfall: Zurechnungsfragen bei Zwischenschaltung naher Angehöriger 38

Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten; 42 AO Voraussetzungen: Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten, (vgl. Abs. 2 S. 1) Indiz: Gekünstelte, umständliche, komplizierte oder unpraktische Gestaltung Stpfl. weist keine außersteuerlichen Gründe nach (Abs. 2 S. 2) Keine spezialgesetzliche Vorschrift, die den Sonderfall regelt (Abs. 1 S. 2) Rechtsfolge: Steuer entsteht so, wie sie bei einer angemessenen Gestaltung entstehen würde; Besteuerung eines fiktiven Sachverhalts 39

Einbindung von Angehörigen in die Einkünfteerzielung ein Missbrauch? Grundsätze des Fremdvergleichs gehen vor! Gesamtbetrachtung aller Umstände, insbesondere der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Verträge, der ernsthaften Durchführung und der Vergleichbarkeit mit Verträgen, die unter fremden Dritten geschlossen werden In Ausnahmefällen allerdings auch eine Lösung über 42 AO denkbar: Etwa unentgeltliche Wohnungsüberlassung an die Kinder mit anschließender Anmietung durch die Eltern; Vermeidung eines gewerblichen Grundstückshandels durch Zwischenschaltung des Ehepartners oder Vermeidung der personellen Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung durch Einbindung von Angehörigen 40

Fall AO 8: BFH X R 49/97; BFH/NV 2002, 631 G hat ein Grundstück, das er für seine Betriebs GmbH (Beteiligung 98 %) nutzen möchte. Er rechnet langfristig mit erheblichen Wertsteigerungen im Grundstück und will deswegen eine Zuordnung zu gewerblichen Einkünften vermeiden. Er denkt an seine Schwester E und überlegt sich folgende Gestaltung: E gründet die E GmbH. Die E GmbH mietet das Grundstück von G an. Im Mietvertrag wird die E GmbH verpflichtet, das Grundstück an die Betriebs GmbH weiter zu vermieten. Im übrigen entspricht der einem Mustervertrag nachgebildete Mietvertrag den üblichen Vertragsbedingungen. Die Miete ist angemessen. Die Miete der Betriebs GmbH ist geringfügig höher als jene der E GmbH und ebenfalls angemessen. Auch dieser Mietvertrag entspricht dem Üblichen. Die Mietdifferenz reicht nicht aus, um auch nur eine bankübliche Eigenkapitalverzinsung sicherzustellen. Die Finanzverwaltung sieht in der Zwischenschaltung der GmbH einen Gestaltungsmissbrauch und nimmt eine Betriebsaufspaltung an. Wie ist der Sachverhalt einkommensteuerrechtlich zu beurteilen? 41

Fall AO 9: (VIII R 50/96; BFH/NV 2000, 601) H und U sind verheiratet. Die H/U GbR, an der die U zu 85 % und H zu 15 % beteiligt sind, verpachtet den bisher geführten Betrieb an die U GmbH, deren alleinige Gesellschafterin U ist. In der GbR gilt das Einstimmigkeitsprinzip. H ist Komplementär; U ist Kommanditistin. U führt die Geschäfte. Die GbR erklärt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Finanzverwaltung geht von einer Betriebsaufspaltung aus. Zutreffend? 42

Fall AO 10:(vom 07.12.2010, IX R 40/09) A, B, C, D und F sind mit gleichen Anteilen je 20 % an einer GmbH beteiligt. Die GmbH war im Wertpapierhandel tätig. Sie hat insbesondere in Finanzanlagen rund um den amerikanischen Grundstückshandel investiert und nahezu ihr gesamtes Vermögen verloren. Die Gesellschafter hoffen zwar, die Gesellschaft langfristig wieder über Gewinne erstarken lassen zu können, möchten aber, um die Verluste der Vergangenheit in ihrer privaten Steuererklärung geltend machen zu können, ihre Beteiligungsverluste geltend machen. Da die Beteiligungen ihrer privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen sind, kommt eine Teilwertabschreibung nicht in Betracht. Sie veräußern sich daher wechselseitig die Beteiligungen zum Verkehrswert und machen den Veräußerungsverlust in ihrer Einkommensteuererklärung geltend. Nach der Anteilsrotation sind alle wieder zu 20 % beteiligt. Das Finanzamt nimmt einen Gestaltungsmissbrauch an und verweigert die Berücksichtigung. Die Gesellschafter meinen, 17 Abs. 2 S. 6 EStG stehe der Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs entgegen. Wie ist die Rechtslage? 43

Rückwirkende Gesetzesänderung zum Nachteil der Steuerpflichtigen Das Gesetz greift ändernd in bereits abgeschlossene Sachverhalte ein; eine bereits entstandene Steuerschuld wird nachträglich geändert. Das Gesetz greift ändernd in gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte für die Zukunft ein. Echte Rückwirkung oder Rückbewirkung von Rechtfolgen Unechte Rückwirkung oder tatbestandliche Rückanknüpfung 44

Abgrenzung echte unechte Rückwirkung Im Solidaritätsänderungsgesetz vom 24.06.1991 wurde ein befristeter Solidaritätszuschlag zur ESt bzw. KSt für 1991 und 1992 eigenführt. K hat seinen Gewerbebetrieb am 30.1.1991 veräußert. Durch das Steueränderungsgesetz 1999/2000/2002, verkündet am 31.3.1999, wurde rückwirkend die Beteiligungsgrenze des 17 EStG verändert. Eine wesentliche Beteiligung und damit eine steuerverstrickte lag nach der Gesetzesänderung bereits dann vor, wenn der Steuerpflichtige zu mindestens 10 % beteiligt war. Vorher lag die Beteiligungsgrenze bei mehr als 25 %. A war seit vielen Jahren an der C GmbH zu 16 % beteiligt. Im Dezember 1998 veräußert er 7 % seiner Beteiligung, um der erwarteten Steuerverstrickung rechtzeitig zu entgehen. Die restlichen 9 % veräußert er im Juni 1999. Die Finanzverwaltung geht von einem steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus. 45

Echte Rückwirkung: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit Die echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig. Ausnahmsweise kann sie zulässig sein, wenn entweder der entstehende Schaden unerheblich ist; das geltende Recht verworren war; eine nichtige Vorschrift ersetzt wurde oder wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls es erforderlich machen. 46

Berufsausbildungskosten: hist. Überblick RFH 1937: Ein Erststudium eröffne eine neue berufliche, soziale und wirtschaftliche Stellung. Deswegen seien die Kosten der Lebensführung zuzurechnen. Berufsausbildungskosten dienen dem Erwerb der für den Lebenskampf notwendigen Fähigkeiten und damit der privaten Lebensführung Ab EStG 1968 Sonderausgabenabzug nach jetzt 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG für Berufsausbildungskosten Ab dem KJ 2000 Beginn einer Änderung der Rechtsprechung: Erkenntnis: Verschaffung von Berufswissen ist auf die Erzielung künftiger Einnahmen gerichtet und erfüllt damit den Werbungskostenbegriff bzw. Betriebsausgabenbegriff 47

Reaktion des Gesetzgebers 9.7.2004: Gesetzesänderung rückwirkend auf 1.1.2004 zur Vermeidung von Steuerausfällen: Einführung des 12 Nr. 5 EStG: Nicht abziehbar: Kosten für eine erste Berufsausbildung. Sonderausgabenabzug gem. 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG 48

Reaktion des BFH BFH vom 20.7.2006; VI R 26/05 zur Rechtslage vor 2004: Auch die Kosten für ein Erststudium sind abzugsfähig. Hinweis auf das sog. Nettoprinzip. Art. 3 GG: Die Grundprinzipen des Steuerrechts müssen folgerichtig umgesetzt werden. BFH vom 18.06.2009; VI R 14/07: verfassungskonforme Auslegung von 12 Nr. 5: zumindest nach abgeschlossener Berufsausbildung ist ein Erststudium steuerlich abzugsfähig. BFH vom 28.07.2011 ; VI R 38/10: Auch Ausgaben für eine erstmalige Berufsausbildung sind unter Geltung des 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen. 12 Nr. 5 EStG beziehe sich nur auf solche Aufwendungen, die keine Erwerbsaufwendungen sind, weil ein hinreichender Veranlassungszusammenhang fehle. 49

Reaktion des Gesetzgebers Beitreibungsrichtlinien Umsetzungsgesetz vom 7.12.2011: Änderung des 12 Nr. 5 EStG a.f.: Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung, dürfen weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag abgezogen werden, wenn. n.f.: Aufwendungen für seine erstmalige Berufsausbildung., das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, Außerdem Ergänzung in 9 Abs. 6 EStG und 4 Abs. 9 EStG Änderung ist rückwirkend anwendbar ab 2004 50

Verfassungsrechtliche Bedenken Ist die echte Rückwirkung verfassungsrechtlich zulässig? Ist die gesetzliche Regelung mit dem objektiven Nettoprinzip vereinbar? Argumente: Die Kosten der Erstausbildung werden idr von den Eltern, nicht den Kindern getragen. Eltern erhalten Ausgleich durch Kindergeld bzw. Berücksichtigung der Kinder bei der Einkommensteuer 51

Erste Entscheidung des BFH BFH VIII R 22/12: Echte Rückwirkung ist zulässig. Arg.: Der Gesetzgeber habe rückwirkend nur jene Rechtslage festgeschrieben, die vor der Rechtsprechungsänderung einheitliche Praxis war. Mehrere Entscheidungen des VI. Senats stehen noch aus. 52

Unechte Rückwirkung: Verfassungsrechtliche Zulässigkeit seit BVerfGE vom 7.7.2010 Merksatz: Die unechte Rückwirkung ist nicht grundsätzlich unzulässig, bedarf aber stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben des Übermaßverbots. Die unechte Rückwirkung muss zur Förderung des Gesetzeszwecks geeignet und zumutbar sein und muss bei einer Gesamtabwägung zwischen dem Gewicht des enttäuschten Vertrauens und dem Gewicht und der Dringlichkeit der die Rechtsänderung rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahren. 53

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/05 Spekulationsgewinne bei privaten Grundstücksveräußerungen Alte Regelung: Wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als 2 Jahre lagen, waren Gewinne steuerpflichtig. Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, verkündet am 31.3.1999: Verlängerung der Veräußerungsfrist auf 10 Jahre; d.h. rückwirkende Einbeziehung auch nicht steuerverhafteter Bestandsimmobilien. 54

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0 Sachverhalt: Veräußerung einer Immobilie nach dem 31.3.1999, die am 31.3.1999 mehr als 2 Jahre gehalten wurde, am Veräußerungstag aber weniger als 10 Jahre. Entscheidung: Die Anwendung der verlängerten Spekulationsfrist verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein im Zeitpunkt der Verkündung bereits eingetretener Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, der nach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfrei realisiert worden ist oder hätte realisiert werden können. 55

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0 Entscheidender Gesichtspunkt: Es lag eine konkret verfestigte Vermögensposition vor, die rückwirkend entwertet wurde. Vergleich mit Verkäufen in 1998: Diese Ungleichbehandlung bedarf einer besonderen Rechtfertigung, wenn die alte Frist bereits bei Gesetzesänderung abgelaufen war. 56

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung I 2 BvL 14/02; 2 BvL 2/04; 2 BvL 13/0 Beispiel: A erwarb 1995 ein Grundstück für 200.000. Dieses Grundstück hatte am 31.3.1999 einen Wert von 250.000. Er verkauft dieses Grundstück im Juni 2003 für 300.000. Nach der alten gesetzlichen Regelung war ein Veräußerungsgewinn von eigentlich 100.000 steuerpflichtig. Im Wege der verfassungskonformen Auslegung war der Steuerzugriff aber auf 50.000 zu beschränken. 57

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 Besteuerung von Wertpapierverkäufen im Privatvermögen; 17 EStG Alte Regelung: Wenn der Steuerpflichtige innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veräußerung zu irgendeinem Zeitpunkt zu mehr als 25 % an einer Kapitalgesellschaft beteiligt war, unterlag der Veräußerungsgewinn aus einer Anteilsveräußerung der Einkommensteuer. Neue Regelung im Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 31.3.1999: Es gilt ab dem 1.1.1999 eine auf 10 % herabgesetzte Wesentlichkeitsgrenze. Hinweis: Heute 1 % 58

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 Sachverhalt: Die Klägerin hielt seit mehreren Jahren eine Beteiligung von 16 %. 7 % der Beteiligung übertrug sie im Dezember 1998 auf ihren Ehemann. Im Juli 1999 verkaufte sie die restlichen 9 % mit einem hohen Gewinn, der auf Wertzuwächsen bis zum 31.12.1998 beruhte. 59

BVerfG vom 7.7.2010: Rückwirkung II; 2 BvR 748/05; 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05 Die Anwendung der abgesenkten Beteiligungsgrenze verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes und ist nichtig, soweit ein im Zeitpunkt der Verkündung bereits eingetretener Wertzuwachs der Besteuerung unterworfen wird, der nach der zuvor geltenden Rechtslage bereits steuerfrei realisiert worden ist oder zumindest bis zur Verkündung steuerfrei hätte realisiert werden können, weil die alte Beteiligungsgrenze nicht überschritten war. Gedanke der konkret verfestigten Vermögensposition 60

BVerfGE v, 7.7.2010: Rückwirkung III 2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06 Besteuerung außergewöhnlicher Einkünfte Alte Tarifregelung: Besteuerung mit der Hälfte des regulären Steuersatzes Neue Tarifregelung durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 per 31.3.1999: 5tel Regelung; der Tarif wird so berechnet, als wenn nur 1/5 der außerordentlichen Einkünfte in dem progressiven Tarifverlauf berücksichtigt werden. Die neue Regelung führt regelmäßig zu einer höheren Besteuerung. Die Regelung galt auch für solche Entschädigungen, die vor dem 1.1.1999 vereinbart worden waren 61

BVerfGE v. 7.7.2010: Rückwirkung III 2 BvL 1/03; 2 BvL 57/06; 2 BvL 58/06 Die Anwendung der 5tel Regelung verstößt gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze des Vertrauensschutzes, soweit sie auch Entschädigungen erfasst, die bereits 1998, aber noch vor der Einbringung der Neuregelung in den Bundestag vereinbart oder zumindest noch vor der Neuregelung ausgezahlt wurden. In der 1. Variante wird eine vertragliche Disposition geschützt, in der 2. Variante eine konkret verfestigte Vermögensposition. 62

Einkommensteuer Grundsätzliche Fragen des materiellen Steuerrechts Steuersubjekt: Wer ist einkommensteuerpflichtig Steuerobjekt: Was ist einkommensteuerpflichtig Steuerbefreiungen Bemessungsgrundlage Steuertarif Steuererhebung 63

Das Steuersubjekt des Einkommensteuerrechts Unbeschränkte Steuerpflicht 1 Abs. 1 EStG: Wer im Inland einen Wohnsitz ( 8 AO) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt ( 9 AO) hat. RF: schrankenlose Steuerpflicht aller Einkünfte, d.h. Steuerpflicht des Welteinkommens Beschränkte Steuerpflicht 1 Abs. 4 EStG: Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, aber über Einkünfte im Sinne des 49 EStG verfügen, d.h. Einkünfte mit Inlandsbezug RF: Steuerpflicht aller Einkünfte mit Inlandsbezug 50a EStG Steuerabzug häufig durch den Vergütungsschuldner Erweiterte beschränkte Steuerpflicht 2 Abs. 1 AStG RF: Der erweitert beschränkt Steuerpflichtige wird einem unbeschränkt Steuerpflichtigen gleichgestellt. Frage der Verfassungswidrigkeit 64

Vermeidung der Doppelbesteuerung bei ausländischen Einkünften Grundsatz: Welches Land für die Besteuerung welcher Einkünfte zuständig ist, regelt ein DBA Ausnahme: Ein DBA fehlt (typische Klausurgestaltung) 34c Abs. 1 EStG: Anrechnung der ausländischen Steuer, sofern sie vergleichbar ist, auf die deutsche Einkommensteuer 34c Abs. 2 EStG: Wahlweise, auf Antrag des Steuerpflichtigen: Abzug der ausländischen Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte 65

Fall ESt 1: (Hinweise in BFH I R 19/06, BStBl 2010 II 398; sh. auch BFH, I R 3/11) Tennisspieler B (Staatsangehörigkeit deutsch) wandert im KJ 00 in ein Land ohne DBA mit Deutschland aus. In Deutschland verfügt er weder über einen Wohnsitz, noch einen gewöhnlichen Aufenthaltsort, noch eine Betriebsstätte. Im VZ 01 war er sportlich tätig und erzielte folgende Einkünfte: Preisgelder 250.000, davon in Dtld. 30.000 Werbeeinnahmen 450.000; davon von einem deutschen Sponsor 100.000. Der ausländische Sponsor verfügt über keine inländische Betriebsstätte. Die Werbeeinnahmen decken auch die Nutzung des Bildes und des Namens des B ab. Hierauf entfallen 20 % der Werbeeinnahmen. Im Übrigen erhält B die Zahlung für die Teilnahme an Werbeveranstaltungen, die nicht in Deutschland abgehalten wurden. 66

Fall ESt 2 (FG Düsseldorf vom 07.02.2012, 6 K 2147/10; BFH I R 22/12 vom 10.4.2013) L ist wohnhaft in Liechtenstein. In Deutschland hat er weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt noch eine Betriebsstätte. Er vermietet Sattelzugmaschinen an die S AG in Deutschland. Diese wiederum vermietet die Sattelzugmaschinen ohne Gewinnaufschlag an selbständige Frachtführer. Die Zugmaschinen wurden auf der Strecke Deutschland Spanien eingesetzt. Der inländische Anteil der Fahrtstrecke beträgt 10 %. L fragt, ob er in Deutschland steuerpflichtig ist. 67

Ermittlung des zu versteuernden Einkommens in 2 EStG! Einkünfte (Steuerbefreiungen in 3 EStG beachten): Abgrenzung zur Privatsphäre Gewinneinkunftsarten Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb Einkünfte aus selbstständiger Arbeit Überschusseinkunftsarten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Einkünfte aus Kapitalvermögen (Sie sind gem. 2 Abs. 5b EStG grundsätzlich auszuscheiden) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sonstige Einkünfte Summe der Einkünfte Abzgl. AEB (Altersentlastungsbetrag) Abzgl. Entlastungsbetrag für Alleinerziehende Abzgl. Abzug für Landwirte gem. 13 Abs. 3 EStG Gesamtbetrag der Einkünfte Abzgl. Sonderausgaben Abzgl. Außergewöhnliche Belastungen Einkommen Abzgl. Freibeträge Zu versteuerndes Einkommen 68

Abgrenzung der Sphäre der Einkünfteerzielung von der Privatsphäre Liebhaberei 12 EStG: Kosten der privaten Lebensführung Verträge zwischen nahen Angehörigen Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. 4 Abs. 5 EStG 69

Liebhaberei: Abgrenzung der Einkünfte von der Privatsphäre Tatbestandsmerkmal: Gewinnerzielungsabsicht/Überschusserzielungsabsicht Klassische Fälle: Betreiben einer Pferdezucht; Jagdgemeinschaft; Segelyachtvercharterung Grundgedanke: Der Steuerpflichtige wird im Normalfall tätig, um Einkünfte zu erzielen. Sind in einem Betätigungsfeld nur Verluste zu erwarten, dann gibt er dieses Tätigkeitsfeld auf, es sei denn, allein private Neigungen lassen ihn an einer bestimmten Beschäftigung festhalten. Problem: Ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorhanden ist, ist eine innere Tatsache, die nur mittels äußerer Indizien geprüft werden kann. Kriterien: mehrjährige Verluste oder lediglich typische Anlaufverluste Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit, obwohl keine Besserung der wirtschaftlichen Situation erkennbar Feststellung, ob ein Betrieb/eine Tätigkeit nach Wesensart und Betriebsführung objektiv geeignet ist, nachhaltig positive Einkünfte zu erzielen Gründe für die Fortführung der Tätigkeit durch den Steuerpflichtigen. 70

Fall 3 AO:(FG Sachsen vom 25.01.2012 8 K 1504/08) Eine erfahrene und erfolgreiche Geschäftsfrau G betreibt ungeachtet ihres fehlenden Pferdewissens eine Reitanlage. Diese Reitanlage wirft über viele Jahre nur Verluste ab. G führt den Geschäftsbetrieb trotzdem unverändert weiter. 71

Fall ESt 3: (BFH IV R 88/76, BStBl 1980 II 152) R ist u.a. als Reisejournalistin tätig. Im Kalenderjahr 01 erzielte sie aus dieser Tätigkeit Verluste in Höhe von 5.000,. In den vergangenen 6 Jahren hatte sie überwiegend Verluste (Zwischen 1000 und 4000 ), in 2 Jahren allerdings auch Gewinne von 1500 und 500 erzielt. R schreibt ihre Artikel häufig erst Jahre nach ihrer Reise. Sie unterhält Kontakte zu vielen Verlagen/Zeitschriften und wertet manche Reiseeindrücke auch noch Jahre nach ihrer Reise aus. Das Finanzamt lehnt für den VZ 01 erstmals die Anerkennung der Verluste ab und beruft sich auf Liebhaberei. R fragt nach der Rechtslage. 72

Fall ESt 4: (FG Niedersachsen 11 K 361/10) H erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Nebenbei (ca. 10 Stunden in der Woche) ist er in den Jahren 01 bis 03 im Networkmarketing tätig. Danach stellt er sein erfolgloses Unterfangen ein. Er versucht, Wellnessartikel zu verkaufen und seinerseits Handelsvertreter zu werben. Die Idee des Networkmarketings besteht darin, jeweils eine Vielzahl an Handelsvertretern aufzubauen, an deren Umsätzen derjenige partizipiert, der die Vertreter geworben hat. Der Aktionsbereich des H ist begrenzt, weil es ihm nicht gelingt, über seinen Bekanntenkreis weitere Kunden zu gewinnen. Er erzielt Verluste zwischen T 6 und T 10 im Kalenderjahr. Dem stehen Betriebseinnahmen zwischen 1000 und 400 gegenüber. Die Betriebsausgaben entfallen im Wesentlichen auf Kfz Kosten, Telefongebühren und Bewirtungskosten. Das Finanzamt erkennt die Verluste nicht an und verweist auf Liebhaberei. H, der vorsorglich form und fristgerecht Einspruch eingelegt hat, fragt nach den Erfolgsaussichten. 73

Nicht abzugsfähige Aufwendungen gem. 12 EStG Nettoprinzip: Nur das Erwerbseinkommen abzgl. der Erwerbsaufwendungen unterliegt der Besteuerung. Privataufwendungen dürfen das Einkommen nicht mindern. Bei gemischt veranlassten Aufwendungen: Aufteilungsgebot. 74

Abwandlung Fall ESt 3: In den Reisekosten für 01 sind Kosten für eine Italienrundreise mit einem Wohnmobil enthalten, die die R gemeinsam mit ihrem Ehemann durchgeführt hat. Diese Rundreise diente auch privaten Zwecken. Es wurden viele Sehenswürdigkeiten von allgemeinem touristischen Interesse besucht. Die Reise diente außerdem Erholungszwecken. Der Ehemann der R hatte seinen Jahresurlaub aus 00 extra vortragen lassen, damit eine möglichst lange und zusammenhängende Reise durchgeführt werden konnte. Die Kosten für diese Reise beliefen sich auf insgesamt 10.000. R begehrt einen vollen Abzug als Betriebsausgaben. Auswirkungen auf die Frage der Gewinnerzielungsabsicht? 75

Verträge zwischen nahen Angehörigen Gesamtabwägung bei Prüfung der steuerlichen Anerkennung Vertragsschluss nicht zwingend schriftlich zu Beginn des Vertragsverhältnisses; Zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages insbesondere auch unter Beachtung des Minderjährigenschutzes; Verhältnis zu 41 AO; nicht jeder unwirksame Vertrag schließt eine Anerkennung aus; Klare und eindeutige Regelung der Hauptleistungspflichten; Vertragsgestaltung wie zwischen Fremden üblich; Tatsächliche Durchführung. 76

Nicht abzugsfähige Betriebsausgaben gem. 4 Abs. 4a und 5 EStG Idee: Bestimmte Betriebsausgaben berühren auch die Sphäre der privaten Lebensführung. Deswegen ist der Abzug zu begrenzen. Abs. 4a: Schuldzinsen, die auf Überentnahmen beruhen; Abs. 5: insbes. Geschenke; Bewirtung; Gästehäuser, Jagd, Fischerei, Yachten; Mehraufwendungen für Verpflegung; Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb; häusliches Arbeitszimmer; Geldbußen; Zinsen auf hinterzogene Steuern; Bestechungs und Schmiergelder. Bei Abs. 5: Gleichlauf mit den Werbungskosten vgl. 9 Abs. 5 EStG! 77

Nutzung des Firmen PKW durch einen Arbeitnehmer bzw. den Gewerbetreibenden Fahrten Wohnung Betrieb Private Fahrten Beruf. Fahrten 78

Berufliche Fahrten mit Firmen PKW Beim AN: Der Betrieb trägt die Kosten des Fahrzeuges. Sie sind Betriebsausgaben. Bei dem AN ist weder ein Sachbezug zu versteuern, noch Werbungskosten abzugsfähig. Bei Betriebsinhaber: Die Fahrzeugkosten sind Betriebsausgaben 79

Private Fahrten mit dem Firmen PKW Beim Arbeitnehmer Geldwerter Vorteil wegen der Überlassung. Üblich pauschale Besteuerung gem. 8 Abs. 2 S. 2 EStG ivm 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % des Listenpreises pro Monat. Beim Betriebsinhaber Die Privatnutzung wird als Entnahme betrachtet. Die Bewertung der Entnahme richtet sich nach 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG; d.h. 1 % des Listenpreises pro Monat 80

Fahrten Wohnung Betrieb: Beim AN: Geldwerter Vorteil, weil der AG die Fahrt zum Betrieb finanziert: 8 Abs. 2 S. 3 EStG: 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Monat Bei einem Listenpreis von 25.000 und einer einfachen Entfernung von 20 km ergibt sich somit mtl. steuerpflichtiger Arbeitslohn von 150. Werbungskosten: 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 2: 0,3 für jeden Entfernungskilometer für jeden Arbeitstag Bei einer Entfernung von 20 km und 20 Arbeitstagen ergeben sich Werbungskosten von 120. Per Saldo sind jeden Monat 30 steuerpflichtig! 81

Fahrten Wohnung Betrieb Beim Gewerbetreibenden Im Ausgangspunkt sind die Kosten für den PKW Betriebsausgaben. Problem: Gleichstellung mit dem Arbeitnehmer Lösung: 4 Abs. 5 Nr. 6 S. 3 EStG: Fiktive Saldobetrachtung wie bei einem Arbeitnehmer, d.h. per Saldo sind jeden Monat 30 nicht abzugsfähige Betriebsausgaben. 82

Unterschiedliche Besteuerung von Familienheimfahrten AN: 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 EStG und 8 Abs. 2 S. 5 HS 2EStG: bei einem vom AG überlassenen Pkw muss der AN keinen Vermögensvorteil versteuern und kann keine Werbungskosten abziehen Gewerbetreibender: 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 S. 3 EStG: Saldobetrachtung; der Gewerbetreibende muss einen Überschuss des steuerlichen Vorteils ggü. Den abzugsfähigen Kosten versteuern BFH VIII R 24/09: Diese Differenzierung verstößt nicht gegen Art 3 GG 83

Einkünftedualismus 2 Abs. 2 Nr. 1: Gewinneinkunftsarten: Einkünfte aus L+F, Gewerbe und selbständiger Tätigkeit 2 Abs. 2 Nr. 2: Überschusseinkunftsarten, alle anderen Einkunftsarten in der Theorie 84

Unterschied zwischen Gewinn und Überschusseinkunftsarten Gewinneinkunftsarten: Wertgewinne und Wertverluste durch die Veräußerung von Betriebsvermögen werden uneingeschränkt berücksichtigt. Überschusseinkunftsarten: Wertgewinne und Wertverluste bei der Veräußerung derjenigen Vermögensgegenstände, die der Einnahmeerzielung dienen, bleiben grundsätzlich unberücksichtigt. Bsp.: Wenn der Unternehmer seine Büromöbel verkauft, ist der Erlös einkommensteuerpflichtig. Ein Arbeitnehmer, der seinen häuslichen Arbeitstisch bei e Bay versteigert, muss den Erlös nicht versteuern. 85

Ausnahme: Wertzuwachsbesteuerung bei den Überschusseinkünften 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG: Veräußerungsgeschäfte bei Grundstücken 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG: Sonstige Veräußerungsgeschäfte; allerdings wird diese Norm bei Wertpapieren durch 20 Abs. 2 und 17 EStG verdrängt (vgl. 23 Abs. 2 EStG) 20 Abs. 2: Kapitaleinkünfte 17 EStG: Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (Allerdings dogmatische Umgliederung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb) 86

Wie wird das Einkommen bei den Überschusseinkunftsarten ermittelt? Einnahmen isd 8 EStG (Geld oder Sachwerte) Abzgl. Werbungskosten isd 9 EStG Einkünfte Jahreszuordnung gem. 11 EStG: d.h. Prinzip der Zahlung nicht der wirtschaftlichen Entstehung Zufluss 11 Abs.1: Bei Zahlung mittels Scheck, wenn der Scheck übergeben wird; bei Überweisung oder Kreditkarte, wenn der Betrag gutgeschrieben wird Abfluss 11 Abs. 2: Schluss der Leistungshandlung Kurze Frist: 10 Tage Werbungskosten gem. 9 EStG: Aufwendungen zur Erwerbung der Einnahmen, d.h. finaler Werbungskostenbegriff Rechtspr./hM: Gleichlauf mit den Betriebsausgaben: Veranlassungsprinzip reicht daher. Bsp.: Umgliedern von Darlehen 87

Arten der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 21 Abs. 1 EStG Vermietung von unbeweglichen Vermögen, also Grundstücken, Schiffen und Rechten, die den Vorschriften über Grundstücke unterliegen (etwa Erbbaurechte); Vermietung und Verpachtung von Sachinbegriffen insbesondere beweglichem Betriebsvermögen; die Vermietung einzelner beweglicher Sachen fällt unter 22 Nr. 3 EStG; Einkünfte aus der zeitlich begrenzten Überlassung von Rechten (Persönlichkeitsrechten, gewerblichen Schutzrechten usw.); Einkünfte aus der Veräußerung von Miet und Pachtzinsforderungen. 88

Arten der sonstigen Einkünfte gem. 22 EStG Nr. 1: Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen, soweit sie nicht zu einer anderen Einkunftsart gehören; etwa Zuwendungen von Familienstiftungen; Renten; Nr. 1a: Einkünfte aus Unterhaltsleistungen, soweit sie beim Geber als Sonderausgaben abgezogen werden können; Nr. 2: Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften is des 23 (Grundstücke und andere Wirtschaftsgüter außer Kapitalvermögen); Nr. 3: Einkünfte aus Leistungen, die zu keiner anderen Einkunftsart gehören, etwa Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände; Nr. 4: Entschädigungen und Zuschüsse; Nr. 5: Altersvorsorge. 89

Gewinneinkunftsarten Gewinnermittlungsarten 4, 5 EStG Betriebsvermögensvergleich 4 Abs. 3 EStG Einnahme Überschussrechnung 90

Wer ist buchführungspflichtig? 91

Unterschiede der Gewinnermittlungsarten Buchführungspflicht Einnahme Überschuss Rechnung Messung des Vermögenszuwachses und Korrektur um die Entnahme/Einlagen Periodenabgrenzung etwa durch Buchung von Forderungen und Verbindlichkeiten Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens werden bilanziert, daher nur entsprechend ihrem tatsächlichen Verbrauch als Aufwand erfasst Anlagevermögen: Bilanzierung des nicht abnutzbaren Anlagevermögens mit den Anschaffungskosten oder dem Teilwert. Verteilung der Anschaffungskosten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über Abschreibungen. Umsatzsteuer grundsätzlich erfolgsneutral Geldverkehrsrechnung unter Anwendung des 11 EStG; Regelungen der Entnahme und Einlage gelten entsprechend. Keine Periodenabgrenzung Umlaufvermögen führt bei Bezahlung sofort zum Aufwand Kein Abzug der Anschaffungskosten bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen. Anlagevermögen: Verteilung der Anschaffungskosten bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens über Abschreibungen entsprechend den Regelungen bei Buchführung. Insoweit keine Liquiditätsbetrachtung Umsatzsteuer erhöht jeweils die Einnahmen und Ausgaben 92

Fall ESt 5: Gewerbetreibender A verkauft am 18.11.01 eine Maschine des Anlagevermögens zu einem Preis von 10.000 zzgl. 19 % USt, d.h. brutto 11.900. Der Käufer nimmt die Maschine sofort mit. A gibt die Umsatzsteuervoranmeldung am 10.12.01 ab und überweist die Umsatzsteuer sofort an das Finanzamt. Die Zahlung von seinem Kunden erhält er allerdings erst am 5.1.01. Die Maschine hat im Zeitpunkt der Veräußerung einen Buchwert (Anschaffungskosten abzgl. AfA) von 5.000. Welche Gewinnauswirkungen ergeben sich für A in den VZ 01 und 02, wenn man unterstellt, A sei buchführungspflichtig. Wie sieht die Berechnung aus, wenn man eine Einnahme Überschussrechnung durchführt. 93

Fall ESt 6: Der spitzfindige Zahnarzt Bei einer Addition seiner Monatsumsätze im Dezember bemerkt Z, dass er ein außerordentlich erfolgreiches Jahr hatte. Er rechnet mit einem Gewinn von mindestens 500 T. Das Geld hat er leider schon in seine Teuerste investiert. Der Fiskus soll daher für dieses Jahr weitgehend leer ausgehen. Mit seinem Steuerberater ersinnt er folgende Lösung: Z nimmt bei seiner Bank einen Kredit über 500 T auf und investiert das Geld in physisches Gold, das er für den Kredit verpfändet. Das Gold ordnet er dann dem Betriebsvermögen seiner Zahnarztpraxis zu. Mindert der Kaufpreis für das Gold die Einkünfte des Z? (Im März des nächsten Jahres verkauft er es mit Gewinn und führt den Kredit zurück.) 94

Zusammenspiel der Steuerarten bei Gewerbetreibenden Schreibwarenhändler S hat sein Geschäft am 1.12.00 eröffnet. In seinem Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.12 bis 31.12 ereignen sich folgende Geschäftsvorfälle: Einkauf von Waren für 15.000 zzgl. 2850 USt Erwerb eines Computers (Nutzungsdauer 3 Jahre) für 1800 zzgl. 342 USt Verkauf von Waren für 20.000 zzgl. 3800 USt Inventurwert Waren 31.12.: 5000 Einzugskosten 2000 zzgl. 380 USt Welche steuerlichen Pflichten muss S zum Jahresende erfüllen? Für das kommende Jahr erwartet S Umsätze von ca 200 T. 95

Umsatzsteuerpflicht Ist S Subjekt des Umsatzsteuerrecht? 2 Abs. 1 UStG Sind die Umsätze steuerbar? 1 ff. UStG ivm 3 ff. UStG (Entnahmen geregelt in 3 Abs. 1 b UStG) Sind die Umsätze steuerfrei? 4 ff UStG Wie ist die Bemessungsgrundlage? 10 UStG Steuersatz? 12 UStG Steuerentstehung 13 UStG und Steuerschuldner ( 13 a f.) Vorsteuer? 15 f. UStG Besteuerungsverfahren? 16 ff; 20 UStG: Ist besteuerung, vgl. 141 Abs. 1 Nr. 1 AO 96

Einkommensteuer Welche Einkunftsart? Welche Art der Gewinnermittlung? Vgl. 241a HGB und 140 f. AO Wie hoch ist der Gewinn? 97

Gewerbesteuer Steuersubjekt: Unternehmer, für dessen Rechnung der Gewerbebetrieb betrieben wird ( 5 GewStG). Steuerobjekt: Gewerbebetrieb ( 2 GewStG) Bemessungsgrundlage: Gewerbeertrag ( 7 ff. GewStG; Problem: Hinzurechnungen und Kürzungen) Berechnung des Steuermessbetrags gem. 11 GewStG Berechnung der GewSt durch Anwendung des kommunalen Hebesatzes 98

Gewerbesteuer und Einkommensteuer Abzugsverbot der Gewerbesteuer im Rahmen der Gewinnermittlung gem. 4 Abs. 5 b EStG Steuerermäßigung bei der Einkommensteuer gem. 35 Abs. 1 : 3,8fache des Gewerbesteuermessbetrags. Bei einem Hebesatz von 400 % sollen sich Gewerbesteuerbelastung und Tarifentlastung bei der Einkommensteuer ausgleichen. 99

Was kennzeichnet die Gewinneinkunftsarten allgemein? Generelle Voraussetzungen für das Vorliegen einer Gewinneinkunftsart (vgl. 15 Abs. 2 EStG): Selbständige Tätigkeit (Unternehmerrisiko und Unternehmerinitiative; Abgrenzung von der nichtselbständigen Tätigkeit), Nachhaltige (auf Wiederholung gerichtete) Tätigkeit Gewinnerzielungsabsicht/Abgrenzung Liebhaberei Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr (Tätigkeit wird gegen Entgelt am Markt erbracht, also Dritten angeboten) Keine Vermögensverwaltung (dieses Kriterium wird typischerweise nur bei den gewerblichen Einkünften geprüft) 100

Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit von der nichtselbständigen Arbeitnehmer Offener Typusbegriff Unternehmer Eingliederung und Weisungsgebundenheit (Mit)unternehmerinitiative Kein Risiko über das Entlohnungsrisiko hinaus (Mit)unternehmerrisiko Freiwilligkeit der Leistungserbringung? 101

Fall ESt 7: BFH vom 22.02.2012; X R 14/10 Fußballprofi A ist Lizenzspieler eines Bundesligavereins V. In dem Arbeitsvertrag hatte A dem V die Verwertung seiner Persönlichkeitsrechte übertragen, soweit sein Arbeitsverhältnis als Lizenzspieler betroffen ist. V hatte sich bereit erklärt, den A für Länderspiele und Auswahlspiele des DFB freizustellen. Mit dem DFB hat A eine Vereinbarung unterzeichnet, in der er sich verpflichtete, nicht nur an Spielen teilzunehmen, sondern auch an Veranstaltungen teilzunehmen, die für den DFB von Bedeutung sind. Vom DFB erhielt A Gelder für die Überlassung von Bild und Namensrechten zur Durchführung einer anlassbezogenen Promotions Maßnahme. Gegenüber den Finanzgerichten teilte der DFB mit, dass die Arbeitsverträge keine Regelung über die Teilnahme an Werbemaßnahmen der Nationalmannschaft enthalten. Daher lasse sich der DFB vor dem Einsatz eine Erklärung unterschreiben, nach der der Spieler dem DFB die Nutzung seiner Persönlichkeitsrechte im Zusammenhang mit der Nationalmannschaft gestatte. Die Abgabe dieser Erklärung sei freiwillig; ein Spieler, der sie nicht unterzeichne, würde aber vom DFB nicht eingesetzt werden. Welche Einkünfte erzielt A? 102

Einkünfte aus Land und Forstwirtschaft gem. 13 EStG Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten Planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens zur Erzeugung und Verwertung von lebenden Tieren und Pflanzen (Details in 13 Abs. 1 und 2 EStG) Hinweis: Neben der Gewinnermittlung durch Buchführung oder Einnahme Überschussrechnung gibt es noch die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen gem. 13a EStG. Sie könnte eine verfassungswidrige Verschonungsregelung für kleine Landwirte sein. Hinweis: Bei gemischten Tätigkeiten grundsätzlich Trennungstheorie. Wenn Tätigkeiten nicht trennbar sind, einheitliche Betrachtung, maßgeblich ist die prägende Tätigkeit 103

Selbständige Tätigkeit gem. 18 EStG Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten Besonderheit: 18 Abs. 2: Gelegentliche Tätigkeit genügt Eine in 18 definierte Tätigkeit (Grundgedanke: Der Einsatz von Kapital tritt in den Hintergrund, der Einsatz der eigenen Arbeitskraft in den Vordergrund) Katalogberuf; Ähnlicher Beruf; Vergleichbarkeit hinsichtlich der typischen Merkmale des Katalogberufes, insbes. bei der Ausbildung; Sonstige Tätigkeiten im Sinne des 18 Abs. 1 Nr. 1; Lotterieeinnehmer ( 18 Abs. 1 Nr. 2) Sonstige selbständige Arbeit z.b. Testamentsvollstreckung, Vermögensverwaltung, Aufsichtsrat 104

Gemischte Tätigkeiten einer natürlichen Person Grundsatz: Trennungstheorie Bsp.: Anwalt ist gleichzeitig als gewerblicher Promotionsvermittler tätig Ausnahme: Die Betätigungen können nicht getrennt werden, weil sie derart miteinander verbunden sind, dass sie sich gegenseitig unlösbar bedingen. Dann kommt es auf die Tätigkeit an, die das Gepräge verleiht. Bsp.: Ein Architekt erbringt gleichzeitig die Leistungen eines Generalunternehmers und verkauft schlüsselfertige Gebäude BFH XI R 10/06; BStBl II 2008, 54 Im Zweifel liegt eine gewerbliche Tätigkeit vor 105

Fall ESt 8: (BFH vom 15.12.2010, VIII R 13/10, BFH/NV 2011, 1309 und VIII R 50/09, BFH/NV 2011, 895; FG Niedersachsen vom 15.09.2011, 14 K 312/09) Rechtsanwalt R ist im Wesentlichen als Insolvenzverwalter tätig. Er betreibt Zweigstellen in drei verschiedenen Städten und beschäftigt einen Ökonomen sowie 6 Fachkräfte und mehrere Hilfskräfte. Seine Einkünfte ermittelt er im Wege einer Einnahme Überschussrechnung nach 4 Abs. 3 EStG. Die Einkünfte aus der Insolvenzverwaltung belaufen sich auf durchschnittlich T 500. R leitet die Tätigkeit seiner Mitarbeiter und delegiert lediglich Routinetätigkeiten zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung. R beschäftigt außerdem zwei Junganwälte. Sie sind im Wesentlichen mit rechtsanwaltlichen Tätigkeiten betraut. Ihre Tätigkeit wird von R überwacht. Hieraus erzielt R Einkünfte in Höhe von durchschnittlich 50.000. Außerdem hat R für ein Internetportal die Forderungseinziehung übernommen. Hierfür beschäftigt er ca. 30 Personen. Die für die Beitreibung notwendigen Daten werden ihm von dem Betreiber des Internetportals elektronisch zur Verfügung gestellt. Auch die Mahnschreiben werden aufgrund dieser Daten vollautomatisch erstellt. Seine 30 Mitarbeiter (überwiegend Jurastudenten) beantworten die telefonischen Rückfragen im Rahmen eines dafür eingerichteten Callcenters und bearbeiten den Schriftwechsel im Wesentlichen eigenständig. Hierbei haben sie einen sehr detaillierten, von R erstellten Leitfaden zu beachten. R verdient mit dieser Tätigkeit durchschnittlich 1 Mio. jährlich. Auch sie wird buchungstechnisch im Rahmen seiner Anwaltskanzlei abgewickelt. 106

Fall ESt 8: Fortsetzung Im Anschluss an eine Betriebsprüfung ändert die Finanzverwaltung den Einkommensteuerbescheid nach 164 AO. Die ursprüngliche Veranlagung war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen. Sie ist der Auffassung, R sei mit seiner Insolvenzverwaltung gewerblich tätig. Die Finanzverwaltung ordnet den gesamten Gewinn den gewerblichen Einkünften zu, da die Insolvenzverwaltertätigkeit untrennbar mit der anwaltlichen Tätigkeit verknüpft sei. Außerdem erhöht das Finanzamt den Gewinn per Ende 03 um T 150 wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhang mit der Inkassotätigkeit und wegen ausstehender Forderungen im Zusammenhang mit der Insolvenzverwaltertätigkeit um 20.000. Die Gewinnerhöhung stützt das Finanzamt darauf, dass R buchführungspflichtig sei. R erscheint mit seinem Steuerbescheid, der am 1.2. zugestellt wurde, am 3.2. bei seinem Kollegen A und fragt, ob er erfolgversprechend Einspruch gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid einlegen kann. Ihn ärgere nicht nur die Gewinnerhöhung. Er befürchtet auch, Gewerbesteuer zahlen zu müssen. 107

Einkünfte aus Gewerbebetrieb Generelle Voraussetzungen der Gewinneinkunftsarten Negative Abgrenzung, d.h. keine Land und Forstwirtschaft, keine selbständige Arbeit Keine Vermögensverwaltung: Bei Vermietungsumsätzen wird die Grenze zur Gewerblichkeit in der Regel erst dann überschritten, wenn zusätzliche Leistungen erbracht werden, etwa umfangreiche Verwaltungsleistungen bei Ferienwohnungen oder bei einem gewerblichen Grundstückshandel. 108

Abgrenzung Gewerbebetrieb Vermögensverwaltung hier: Betriebsverpachtung Übliche Konstellation: Der Unternehmer will häufig aus Altersgründen nicht mehr tätig sein und verpachtet seinen gesamten Betrieb, anstatt ihn zu verkaufen. Besteuerung nach dem Gesetz: Betriebsaufgabe gem. 16 EStG, weil keine Fortführungsabsicht mehr besteht; d.h. sämtliche stillen Reserven müssten versteuert werden Verpachtung wird im Rahmen der Einkunftsart V+V besteuert. Richterrecht: Die Betriebsverpachtung kann als bloße Betriebsunterbrechung gewertet werden, wenn der Betrieb fortgeführt werden könnte, also alle wesentlichen Wirtschaftsgüter verpachtet werden. In diesem Fall: keine Betriebsaufgabe. Die Pachterlöse werden wie gewerbliche Einkünfte versteuert. 109

Abgrenzung Gewerbebetrieb Vermögensverwaltung hier: Betriebsaufspaltung Gestaltungsidee in grauer Vorzeit: Um die Steuerverstrickung insbesondere der Betriebsgrundstücke zu vermeiden werden diese in eine reine Vermietungsgesellschaft ausgegliedert. Vermietungspersonengesellschaft Betriebskapitalgesellschaft 110

Abgrenzung Gewerbebetrieb Vermögensverwaltung hier: Betriebsaufspaltung Antwort des BFH: In Fällen der Betriebsaufspaltung hat auch die Vermietungsgesellschaft gewerbliche Einkünfte. Beide Unternehmen bleiben aber auch steuerrechtlich selbständig. Hinweis: Die Anteile an der Betriebskapitalgesellschaft stellen idr notwendiges Betriebsvermögen der Vermietungsgesellschaft dar. Voraussetzungen: Sachliche Verflechtung: Die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter müssen eine wesentliche Grundlage des Betriebs darstellen Personelle Verflechtung: Beteiligungs oder Beherrschungsidentität; maßgeblich ist, dass ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille durchgesetzt werden kann (gleiche Beteiligungsquoten oder einheitliche Beherrschung). 111

Rechtsfolge der Betriebsaufspaltung Gesellschafter, die nur an der Besitzpersonengesellschaft beteiligt sind: Sie erzielen Einkünfte aus Gewerbebetrieb Gesellschafter, die auch an der Betriebskapitalgesellschaft beteiligt sind. Bei ihnen gehört die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft zum Sonderbetriebsvermögen. Damit partizipieren die von der Kapitalgesellschaft ausgeschütteten Gewinne an der Qualifikation gewerbliche Einkünfte und unterliegen dem Teileinkünfteverfahren. 112

Abgrenzung Gewerbebetrieb Vermögensverwaltung hier: gewerblicher Grundstückshandel Grundgedanke: Dient ein Grundstückserwerb dem Ziel der Fruchtziehung aus der vorhandenen Substanz, dann liegen Einkünfte aus V+V vor. Geht es dagegen um die Gewinnerzielung durch Ausnutzen einer Wertsteigerung in der Substanz, dann liegen gewerbliche Einkünfte vor. BFH: Drei Objekt Formel Ein gewerblicher Grundstückhandel liegt nicht vor, wenn in einem Zeitraum idr fünf Jahre nach Anschaffung oder Erwerb nicht mehr als 3 Objekte veräußert werden. Werden 3 Objekte oder mehr veräußert, liegt ein Indiz für einen gewerblichen Grundstückshandel vor. Sonderkonstellationen: Aufteilung einer Immobilie in Miteigentum; unbedingter Verkaufswille bereits bei Erwerb; Bebauung nach den Wünschen des Erwerbers; besondere Nähe des Grundstücksgeschäfts zu einer gewerblichen Tätigkeit (Baugeschäft/Makler). 113

Abgrenzung Kapitalbeteiligung gewerbliche Betätigung Einkünfte aus Kapitalvermögen Gewerbliche Einkünfte Partiarisches Darlehen Typische stille Gesellschaft Atypische stille Gesellschaft 114

Partiarisches Darlehen Abwägungsgesichtspunkte Kreditsicherheiten Festzins neben einer Gewinnbeteiligung Befugnis des Darlehensgebers, die Forderung abzutreten Fehlende Einflussmöglichkeit auf das Geschäft Ausschluss einer Verlustbeteiligung Jederzeitige Kündigungsmöglichkeit 115

Stille Gesellschaft gem. 230 ff. HGB Handelsrechtlich: Bloße Innengesellschaft, d.h. Einlage in das Geschäft des Geschäftsinhabers, der das Geschäft auf eigenes Risiko betreibt. Der stille Gesellschafter wird angemessen am Ergebnis beteiligt. Eine Beteiligung am Verlust ist abdingbar. Der stille Gesellschafter haftet nur mit seiner Einlage und ist zu Nachschüssen nicht verpflichtet. Seine Kontrollrechte sind einem Kommanditisten vergleichbar. Weitgehend dispositives Recht, das Rechtsverhältnis kann daher stärker einem Darlehen oder auch einer gesellschaftlichen Beteiligung entsprechen. 116

Typisch stille atypisch stille Gesellschaft Typ. stille Gesellschaft Atyp. Stille Gesellschaft Gewinn und oder Verlustbet. bis zur Höhe der Einlage Nur Kontrollrechte des 233 Abs. 1 und 3 HGB Keine Beteiligung an den stillen Reserven Keine Mitarbeit Verlustbeteiligung über die Einlage hinaus Zumindest Kontrollrechte wie bei der typ. stillen Gesellschaft Beteiligung an den stillen Reserven Häufig Mitarbeit oder gesonderte Mitsprache 117