Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 1. Systemkompetenz Im Rahmen der Ringvorlesung Sozialkompetenz. Dipl.-Psych. Dr. Dr.

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Transkript:

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 1 Systemkompetenz Im Rahmen der Ringvorlesung Sozialkompetenz Dipl.-Psych. Dr. Dr. Guido Strunk www.complexity-research.com Inhalt 1 Systemkompetenz Begriff... 2 2 Was ist ein System?... 3 3 Komplexität und Ordnung... 5 4 Mechanik... 6 5 Positives Feedback... 7 6 Negatives Feedback... 10 6.1 Homöostase... 10 6.2 Schwingung... 13 7 Verzögerungen... 14 8 Deterministisches Chaos... 17 9 Literatur... 22

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 2 1 Systemkompetenz Begriff Freud verweist auf die Unterschiede zwischen Individuum und Gruppe. MIT Peter Senge: Die fünfte Disziplin. Dietrich Dörner: Lohhausen- Experimente Arbeitsgruppe um Günter Schiepek prägt und definiert den Begriff Systemkompetenz. Aspekte der individuellen Systemkompetenz (Manteufel & Schiepek, 1998) Berücksichtigung von Sozialstrukturen und Kontexten. Soziale Kontaktfähigkeit. Umgang mit der emotionalen Dimension. Theoriewissen, systemtheoretische Methoden. Systemförderung, Entwicklung von Selbstorganisationsbedingungen. Umgang mit der Dimension Zeit.

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 3 2 Was ist ein System? Ein System besteht aus Elementen und Beziehungen zwischen den Elementen. Die Abgrenzung eines Systems ist subjektiv: Sie ist der Versuch Ordnung in die Unordnung zu bringen. Bestimmte Dinge werden ausgeblendet um zu vereinfachen. Aber es sollten keine Variablen herauslassen werden, die für die Aufrecherhaltung der Funktion/des Verhaltens notwendig sind. Die Stärke der Beziehungen der Elemente innerhalb des Systems ist viel größer als die Stärke der Beziehungen zu Elementen in der Umwelt. (Quantitativ intensivere Beziehungen innerhalb des Systems) Innerhalb des Systems passiert etwas anderes als außerhalb des Systems. (Die Beziehungen innerhalb des Systems sind qualitativ produktiver als außerhalb) Systeme sind daher als von der Umwelt abgegrenzte (bzw. sich abgrenzende) Einheiten anzusehen. Energie: Systeme müssen zu ihrer Aufrechterhaltung mit Energie versorgt werden. Die Energie hat einen großen aber nur unspezifischen Einfluss. Die Energie wird auch als Kontrollparameter bezeichnet. Offenheit der Definition Verschiedene Systemtheorien füllen die Definition des Systembegriffs auf unterschiedliche Weise: Was genau ist ein Element? Was genau sind die Beziehungen zwischen den Elementen? Wie sieht der typische Aufbau aus, was ist die typische Systemstruktur? Je nachdem, wie die Definition konkretisiert wird, folgen typische, mögliche Verhaltensweisen der Systeme. Positives Feedback: Teufelskreis / Engelskreis Negatives Feedback: Regelkreise oder Zyklen Gemischtes Feedback: Chaos ist möglich Hierarchische Verknüpfungen System A a b System a β χ α System α

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 4 Heterarchische Verknüpfungen Wechselwirkungen System A System B System C a b Wechselwirkungen c d Wechselwirkungen e f System a System c System e β χ ε φ γ ι α δ η System α System δ System η

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 5 3 Komplexität und Ordnung Systeme sind erst dann interessant, wenn sie offen sind. Bei einem System weiß man nie, wie es sich verhalten wird. Eigentlich ist alles ein System, das ganze Universum ist ein großes System. Systeme sind offen für Energie. Ein System ist wie ein Mobile, wenn man an einer Ecke zieht, verändert sich alles. Ein System repräsentiert Komplexität. Ein System repräsentiert Ordnung Wenn der Aufbau eines Systems bekannt ist, kann man sein Verhalten genau bestimmen. Systeme sind erst dann interessant, wenn sie geschlossen sind. Systemisch ist ein anderes Wort für systematisch Ein System ist resistent gegen Veränderungen. Das hat System, sagt man, wenn etwas eine Ordnung hat Systeme sind auf Grund ihrer Struktur auf einfache Verhaltensweisen beschränkt Problemdynamiken Dynamik 1 Zufall z.b. Münze Zufälliges Verhalten z.b. Roulette Systeme trivial wenig turbulent chaotisch z.b. Dienstplan für den kommenden Monat Einfache Probleme z.b. Wettermodell (3 Variablen) Komplexes Verhalten Komplizierte Probleme z.b. Interaktionsdynamik einer Psychotherapie z.b. Budget einer Unternehmung Anzahl der Variablen

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 6 4 Mechanik A B C D E Lineales System Der Mensch eine Maschine?

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 7 5 Positives Feedback Bei Verstärkungsprozessen wird jede auftretende Bewegung verstärkt und erzeugt eine noch stärkere Bewegung in dieselbe Richtung. Positive Rückkopplungsprozesse Wirkung und Rückwirkung verstärken einander gegenseitig. Führen zu einer Explosion nach oben oder unten. Beispiele: Zinseszins und Schneeballeffekte, Lohn-Preis- Spirale, Bankkräche. Beispiel Bevölkerungswachstum Bevölkerung Geburten

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 8 Beispiel Börseboom Marktoptimismus Kursniveau Käufe Beispiel Dynamik eines Zeitungsverlages Leserreichweite Verkaufsauflage Anzeigeaufkommen Redaktionelles Angebot Josef-Pfennig Josef-Cent Wenn Josef zu Jesu Geburt einen Cent zu 5% Zinsen angelegt hätte, wie hätte sich dieser Geldbetrag bis zum Jahre 2009 entwickelt?

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 9 Zeitliche Entwicklung Geld Zeit Teufelskreis / Engelskreis verhält sich entsprechend appellierend: "Hilf mir, nimm mich an die Hand, laß mich nicht allein!" bedürftig-abhängiger fühlt sich dadurch elend, allein, im Stich gelassen; nicht geliebt belästigt; ängstlich, ausgesaugt zu werden fühlt sich dadurch sich distanzierender Partner verweigert den "kleinen Finger": "Laß mich in Ruh, damit mußt du selbst fertig werden!" verhält sich entsprechend

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 10 6 Negatives Feedback 6.1 Homöostase Gleichgewichtsschleifen Bei Gleichgewichtsschleifen (negativer Rückkopplung) verlaufen Wirkung und Rückwirkung entgegengesetzt und kontrollieren sich so gegenseitig. Die Wirkung hemmt also die Ursache! Die Wurzel aus a x n 1 a 1 = xn 2 ( x ) n

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 11 Kybernetik verkleinern Ist-Wert vergrößern Ist-Wert zu groß Vergleich Ist-Wert zu klein Soll-Wert Regelkreis I Input Kontrollinstanz Verarbeitung im System Output Negative Rückkopplung Ein Regelkreis ist ein nichtlineales System Soll-Wert (Fixpunkt)

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 12 Physiokratismus François Quesnay (1694-1774) In der Lehre zur Herrschaft der Natur, dem Physiokratismus, die von François Quesnay (1694-1774) entwickelt wurde, heißt es, dass ein guter Regent am besten gar nicht regiert und alles den Naturgesetzen überlässt, so dass sich das wohlgeordnete Gleichgewicht der Natur am besten entfalten kann. Freiheit? Adam Smith (1723-1790) Mit dem Verzicht auf alle staatlichen Begünstigungs- und Beschränkungssysteme stellt sich das klare und einfache System der natürlichen Freiheit von selbst her. Typischer Aufbau eines Regelkreises hoch hoch niedrig niedrig Arbeitszufriedenheit Positive Bewertung der Arbeit hoch Anspruchs- Niveau hoch niedrig niedrig

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 13 6.2 Schwingung Beispiel Nachfrage-/Qualitätszyklus Druck auf Produktion - Nachfrage Qualität Beispiel Nachfrage-/Qualitätszyklus Qualität Zeit

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 14 Schwingung Beispiel Wenn die Füchse zu viel fressen Fanghäufigkeit Laufgeschwindigkeit Körpergewicht - 7 Verzögerungen Sowohl bei verstärkenden als auch bei kompensatorischen Kreisläufen kommt es häufig zu Verzögerungen. Verzögerungen zwischen Handlungen und Konsequenzen verleiten dazu, über das Ziel hinauszuschießen, so dass man mehr tut, als nötig wäre.

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 15 Beispiel Angebot-/Nachfragezyklen - Angebot Kartoffelpreise Nachfrage - Beispiel Angebots-/Nachfragezyklen Preis Nachfrage Angebot Zeit Zusammenfassung Positives Feedback. Problem: Unterschätzung des exponentiellen Wachstums. Negatives Feedback. Problem: Unterschätzung der Selbstregulation. Verzögerungseffekte. Problem: Neigung zur Übersteuerung. Schwellenwerte. Problem: Diskontinuierliche Sprünge erschweren die Vorhersage. Dennoch... Jedes der diskutierten Systeme ist mathematisch optimierbar, plan- und steuerbar. Es handelt sich um einfache oder komplizierte Probleme, nicht jedoch um komplexe Probleme.

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 16 Videofeedback

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 17 8 Deterministisches Chaos Das Systemverhalten ist nur sehr begrenzt vorhersehbar. Dies hat seinen Grund in der sensiblen Abhängigkeit des Systemverhaltens von den Ausgangsbedingungen bzw. von minimalen Störeinflüssen oder Interventionen von Seiten der Umwelt (sog. Schmetterlingseffekt ). Verhulst-System x = rx (1 x n 1 n n ). x = rx rx 2 n 1 n n Verhulst-System Sehr gute Lebensbedingungen r = 3,9 1,0 0,8 0,6 0,4 0,2 0 1 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 Schmetterlingseffekt 1 0,8 x 0,6 0,4 0,2 0 0 5 10 15 20 25 30 n Exponentielles (lawinenartiges) Fehlerwachstum

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 18 Lebensbedingungen schlecht (LB = 2,8) mittelmäßig (LB = 3,2) sehr gut (LB = 3,9) Startwert 0,60 0,60 0,60 1. Jahr 0,67 0.77 0,94 2. Jahr 0,63 0,57 0,23 3. Jahr 0,66 0,78 0,70 4. Jahr 0,63 0,54 0,82 5. Jahr 0,65 0,80 0,57 6. Jahr 0,64 0,52 0,96 7. Jahr 0,64 0,80 0,17 8. Jahr 0,64 0,52 0,54 9. Jahr 0,64 0,80 0,97 10. Jahr 0,64 0,51 0,12 11. Jahr 0,64 0,80 0,42 12. Jahr 0,64 0,51 0,95 13. Jahr 0,64 0,80 0,20 14. Jahr 0,64 0,52 0,60 15. Jahr 0,64 0,80 0,93 ab dem 6. Jahr stabil ab dem 9. Jahr alternierend kein Muster erkennbar Verschiedene Entwicklungszenarien für die Verhulst-Gleichung Die Tabelle zeigt die Entwicklung von Populationen, wie sie aus der Verhulst-Gleichung für verschiedene Lebensbedingungen folgen. Die Berechnung erfolgte mit 12 Stellen nach dem Komma und wird hier gerundet wiedergegeben (Tabelle aus Strunk und Schiepek, 2006). Feigenbaum-Szenario Bifurkationspunkt: 1 2 r 2,8 4,0 r < 1: Aussterben 1 < r < 3: Homöostase, Regelkreisverhalten 3 < r < 3,449490...: zyklisch mit Periode 2 3,449490... < r < 3,544090...: zyklisch mit Periode 4 3,544090... < r < 3,568759...: zyklisch mit Periode 8... zyklisch mit Periode 16... zyklisch mit Periode 32... zyklisch mit Periode 64 r > 3,569946... Periode (aperiodisch)

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 19 Bifurkation Phasenübergang Bifurkation (mathematisch) = Phasenübergang (physikalisch). Verzweigung im Systemverhalten, die zu einem qualitativ neuem, anderen Verhalten führt (Wasser wird zu Eis oder gasförmig). Diskontinuierlicher Bruch des Verhaltens, dramatische Verhaltensänderung. Ein Phasenübergang ist ein umfassender Change-Prozess. Er wird durch Energieveränderungen ausgelöst. Phasen eines Phasenüberganges (a) im Attraktor (b) kritisches Langsamerwerden (c) Bifurkationspunkt Veränderung der Potenziallandschaft bei einer Bifurkation Potenziallandschaften kartieren das Verhalten eines Systems mit der Hilfe von Hügeln und Tälern. Ein Tal zeigt dabei die Anziehungskraft eines Attraktors und dessen räumliche Ausdehnung. Dieses Einzugsgebiet wird vielfach auch als Bassin bezeichnet. Das Systemverhalten wird in Potenziallandschaftsdarstellung abstrahiert dargestellt und bezieht sich allein auf die Stabilität der Dynamik und nicht auf den konkreten Prozess. Die in der Abbildung schwarz dargestellte Kugel kann damit für einen Grenzzyklus, ein chaotisches oder jedes andere Verhalten stehen. Durch die Veränderung von Kontrollparametern kommt es in der Nähe von Bifurkationspunkten zu einer starken Veränderung des Einzugsgebietes des Attraktors. Sein Bassin wird zunächst flacher (b) und wandelt sich im Bifurkationspunkt (c) zu einem Potenzialhügel (Repellor), der das Systemverhalten in einen von mehreren möglichen neuen Zuständen zwingt (Abbildung aus Strunk & Schiepek, 2006).

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 20 Attraktor des Verhulst-Systems Edward Lorenz (1963) und das Wetter Die Wettergleichungen: x & = sx sy y& = xz rx y z& = xy bz Energie (Parameter): r=28, s=10, b=8/3 y x z Zeitreihen X Y X = -15 Y = 25 Phasenraumdarstellung Z Z Z = -11 Y Y = 25 Z = -11 X = -15 X

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 21 Voraussetzungen für Chaos Feedback (Nichtlinealität) Gemischtes Feedback (positiv und negativ) Mindestens 3 interagierende Variablen (Verhulst ist eine seltene Ausnahmen) Mindestens eine Wechselwirkungsbeziehung ist nichtlinear (Nichtlinearität) Genügend hoher Energiedurchfluss (energetisch geschlossene Systeme zeigen immer nur Fixpunktverhalten) (Dissipation) Vorsicht: auch ein chaosfähiges System ist nicht immer und in jedem Fall chaotisch Bedeutung von Chaos Selbstorganisation: Ausbildung komplexer Ordnung Chaos bedeutet die gigantische Verstärkung kleinster Unterschiede (inputsensibel) Chaos ist flexibel und damit lernfähig Beim Menschen bedeutet Chaotizität häufig körperliche und geistige Gesundheit Bei technischen Geräten stört häufig die fehlende Prognostizierbarkeit Chaos verletzt die Kausalität Systemkompetenz Akzeptanz von Vorhersagegrenzen. Umgang mit Komplexität erfordert Fehlerfreundlichkeit. Umgang mit Komplexität erfordert Flexibilität. Schuldzuweisungen bringen nichts. Jedes System kann auch anders. Kugelschieben funktioniert nicht. Wenn direkte Steuerung nicht möglich ist müssten Methoden der indirekten Einflussnahme angewendet werden.

Foliensammlung Ringvorlesung Systemkompetenz 22 9 Literatur Weiterführendes zu den folgenden Themen: Systemisches Denken Was ist ein System? Hintergründe der traditionellen Sichtweise: Klassische Mechanik Feedbacksysteme Nichtlinealität Positives Feedback Negatives Feedback Oszillation Deterministisches Chaos Systemische Psychologie Bio-Psycho-Soziales Gesundheits- und Krankheitsmodell Optische Täuschungen und Systemische Wahrnehmung Strunk, G. & Schiepek, G. (2006) Systemische Psychologie. Eine Einführung in die komplexen Grundlagen menschlichen Verhaltens. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag Weiterführendes zu den folgenden Themen: Verzögerungen Grenz- und Schwellenwerte Archetypen Senge, P. M. (1996) Die fünfte Disziplin. Stuttgart: Klett-Cotta Weiterführendes zu den folgenden Themen: Papiercomputer Vester, F. (1999) Die Kunst vernetzt zu denken: Ideen und Werkzeuge für einen neuen Umgang mit Komplexität. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt