Peptid vermittelte capture -PCR zum Nachweis von Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis aus Milch Janin Stratmann, Gerald-F. Gerlach Institut für Mikrobiologie, Zentrum für Infektionsmedizin, Tierärztliche Hochschule Hannover Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis (M. paratuberculosis) ist der Erreger der Paratuberkulose (Johne sche Krankheit), einer weltweit autretenden chronisch granulomatösen Enteritis bei Wiederkäuern, die zu bedeutenden wirtschaftlichen Verlusten führt. Phänotypisch wird M. paratuberculosis durch seine Säurefestigkeit sowie sein sehr langsames und Mycobactin-abhängiges Wachstum charakterisiert. Die genotypische Charakterisierung basiert auf dem Vorhandensein mehrerer Kopien des spezifischen Insertionselements IS900. Der Erreger wird in der subklinischen Phase der Erkrankung intermittierend mit dem Kot und der Milch ausgeschieden. Das klinische Bild der Erkrankung zeigt sich erst nach einer sehr langen Inkubationszeit von bis zu fünf Jahren. Bis heute ist kein diagnostischer Test erhältlich, der einen schnellen und sensitiven direkten Nachweis von M. paratuberculosis in Milch ermöglicht. Basierend auf einer kommerziell erhältlichen Phage-Display Peptidbank ist es gelungen, ein Peptid zu isolieren, das spezifisch an ein transmembranales Protein von M. paratuberculosis, das als MptD Protein bezeichnet wurde, bindet. Die Bindung des Peptids, das als amptd bezeichnet wurde, an das MptD Protein von M. paratuberculosis ist von so hoher Affinität und Stabilität, dass es möglich ist, den Erreger mittels paramagnetischer beads, an die das Peptid gekoppelt ist, aus der Milch anzureichern ( capture ). Nach dieser capture -vermittelten Aufreinigung der Erreger wird dann das Template für die folgende PCR gewonnen. Die Primer für diese PCR basieren auf dem Insertionselement ISMav2, das nachweislich spezifisch für M. paratuberculosis ist. In Versuchen mit künstlich kontaminierter Milch war so eine Nachweisgrenze von ca. 10 Bakterien pro ml Milch möglich. Zudem wurde die capture -PCR erfolgreich an Milchproben von infizierten Einzeltieren sowie an Tankmilchproben eingesetzt. Momentan wird die capture -PCR an ein Hochdurchsatzverfahren adaptiert und könnte dann als Screening-Verfahren zur Detektion von Herden mit Tieren dienen, die M. paratuberculosis massiv mit der Milch ausscheiden. 1
Isolierung des M. paratuberculosis spezifischen Peptids amptd Die kommerziell erhältliche Phage Display Peptidbank hat eine Komplexität von 10 9 verschiedenen 12-mer Peptiden, die als Fusion mit dem piii-coat Protein von dem filamentösen Coliphagen M13 exprimiert werden (Abb. 1). Abb. 1: Im Vordergrund eine schematische Darstellung des filamentösen Coliphagen M13, der ein 12-mer Peptid im piii-coat Protein exprimiert. Im Hintergrund eine elektronenmikroskopische Aufnahme des Coliphagen M13. Die Selektionstechnik zur Isolierung spezifischer Phagen nennt man Biopanning und die Sequenz der isolierten Peptide kann sehr einfach über die Sequenzierung des kodierenden Bereichs im piii Gen ermittelt werden (Adda et al 2002). Das MptD Protein von M. paratuberculosis ist Teil eines Operons, das einen putativen ABC Transporter kodiert. Um Phagen zu isolieren, die spezifisch an MptD binden, wurde das MptD Protein in M. smegmatis exprimiert und ein differentielles Biopanning sowohl auf ganzen Bakterien als auch auf isolierten Membranen durchgeführt (Abb. 2). Die Expression in M. smegmatis ermöglichte im Anschluß an die Selektion von Phagen, die an das MptD Protein binden, einen Subtraktionsschritt durchzuführen, bei dem Phagen eliminiert werden, die an andere Oberflächenstrukturen als das MptD Protein von M. paratuberculosis binden. Abb. 2: Schematische Darstellung des differentiellen Biopannings auf MptD exprimierenden M. smegmatis mit Subtraktion auf M. smegmatis ohne MptD. 2
Durch diese differentielle Biopanning Technik ist es gelungen, einen Phagen zu isolieren, der spezifisch an M. paratuberculosis in vivo und in vitro bindet; dieser Phage wurde fmptd genannt. Um die Spezifität von fmptd zu demonstrieren, wurde der Phage amplifiziert und anschließend mit FITC (Fluoreszeinisothiocyanat) gekoppelt. Mittels Fluoreszenzmikroskopie konnte so gezeigt werden, das fmptd in vitro an M. paratuberculosis bindet aber nicht an den engen Verwandten Mycobacterium avium subspecies avium (M. avium) (Abb. 3). Die Bindung von fmptd an M. paratuberculosis in vivo konnte ebenfalls demonstriert werden. Dazu wurde fmptd mit Texas Red gekoppelt; so war es möglich, M. paratuberculosis in einem Gefrierschnitt eines Lymphknotens einer an klinischer Paratuberkulose erkrankten Kuh nachzuweisen. Eine Detektion von M. avium im Lebergewebe eines infizierten Huhns war dahingegen nicht möglich (Abb. 4). Anschließend wurde mittels DNA Sequenzierung die Sequenz des spezifischen 12-mer Peptides ermittelt, das von fmptd exprimiert wird; dieses Peptid wurde amptd genannt. Abb. 3: Darstellung der Spezifität des Phagen. fmptd in vitro. Der FITC gekoppelte Phage fmptd wurde mit M. paratuberculosis und M. avium inkubiert. Eine Fluoreszenz und somit eine Bindung des Phagen ist nur bei M. paratuberculosis zu sehen. Abb. 4: Darstellung der Spezifität des Phagen fmptd in vivo. M. paratuberculosis kann in Lymphknotengewebe einer infizierten Kuh detektiert werden (a-c), eine Detektion von M. avium im Lebergewebe eines infizierten Huhns ist nicht möglich (d-f). 3
Nutzung des M. paratuberculosis spezifischen Peptids amptd für die Peptid vermittelte capture -PCR Das Peptid amptd wurde mit einem amino-terminalen Spacer und einer Biotinylierung synthetisiert. Dies ermöglicht die Kopplung des Peptides amptd an mit Streptavidin gecoatete paramagnetische beads. Die so mit Peptid gekoppleten beads wurden zunächst mit Milch inkubiert, die mit definierten M. paratuberculosis Erregerzahlen kontaminiert war. Nach Inkubation über Nacht wurden die beads magnetisch absedimentiert, gewaschen und das Template für die anschließende PCR über Kochlyse gewonnen. Nach Aufarbeitung des Templates wurde dann eine PCR mit Primern durchgeführt, die aus dem M. paratuberculosis spezifischen Insertionselement ISMav2 stammen (Strommenger et al 2001). So war in künstlich kontaminierter Milch ein Nachweis von 10 Bakterien pro Milliliter Milch möglich (Abb. 5). Abb.5: Nachweis von M. paratuberculosis in künstlich kontaminierter Vollmilch mittels capture -PCR. Anschließend wurde die capture PCR mit Milch von infizierten Einzeltieren sowie mit Sammelmilchproben getestet und auch hier war ein Nachweis von M. paratuberculosis möglich (Abb. 6). Abb. 6: Nachweis von M. paratuberculosis in Sammelmilchproben aus infizierten Herden mittels capture -PCR. Anpassung der Peptid vermittelten capture -PCR an ein Hochdurchstazverfahren Um die capture -PCR an ein Hochdurchsatzverfahren anpassen zu können, wird das Peptid nicht mehr über eine Biotinylierung an paramagnetische beads gekoppelt. Stattdessen wird das Peptid nun direkt in einem chemischen Verfahren an die Oberfläche von paramagnetischen beads gekoppelt. Dies ermöglicht eine schnellere Vorbereitung des Templates für die PCR; aufwendige Reinigungsschritte der mycobakteriellen DNA entfallen. 4
Das so gewonnene Template kann dann in einem DIAPOPS (Detection of Immobilized Amplified Products using a one Phase System) Verfahren im 96- well Format in die PCR eingebracht werden und anschließend direkt im selben well über eine biotinylierte DNA-Sonde und ein Streptavidin-Peroxidase Konjugat detektiert werden. So kann die Arbeitszeit ( hands on time ) reduziert werden, da die Detektion nicht mehr auf dem zeit- und kostenaufwendigen Agarosegel erfolgen muß. Zudem ist die Methode durch ein Mikrotiterplattenformat zumindest teilautomatisierbar, was sie als Screeningmethode für die Bearbeitung großer Probenzahlen potentiell geeignet macht. Mögliche Herdeneinstufung basierend auf der Kombination von Tankmilch- PCR und Tankmilch-ELISA Die Kombination von Tankmilch-PCR und eines bereits zugelassenen Tankmilch- ELISA (Winterhoff et al 2002) könnte die Einstufung von Milchviehherden in die Kategorien unverdächtig, überwachungsempfohlen und verdächtig ermöglichen. Zum Erhalt bzw. zur Überprüfung eines Status würden in den Katetegorien unverdächtig und überwachungsempfohlen Sammelmilchproben untersucht werden. Nur der Kategorie verdächtig wären dann Einzeltieruntersuchungen notwendig, um die Ausscheidertiere aus der Herde eliminieren zu können (Abb. 7). Abb. 7: Mögliche Herdeneinstufung basierend auf der Kombination von Tankmilch PCR und Tankmilch -ELISA 5
Zusammenfassung und Ausblick Mit der hier vorgestellten Tankmilch-PCR kann die Untersuchung auf M. paratuberculosis mit hoher Sensitivität durchgeführt werden. Die Anpassung der Tankmilch-PCR an ein Hochdurchsatzverfahren würde, zusammen mit dem Tankmilch-ELISA, erstmals eine kostengünstige und labortechnisch durchführbare flächendeckende Etablierung eines Parauberkulose Überwachungs- und Sanierungsprogrammes ermöglichen. Die Vermeidung möglicher zukünftiger Handelsrestriktionen sowie eventuelle preisliche Vorteile bei der Milchabgabe könnten dazu führen, dass auch ein freiwilliges Akkreditierungsprogramm auf der Basis von Tankmilchuntersuchungen auch ohne staatliche Vorgaben Akzeptanz findet. Referenzen: 1. Adda, C. G., R. F. Anders, L. Tilley und M. Foley (2002): Random sequence libraries displayed on phage: Identification of biologically important molecules. Comb. Chem. High Throughput Screen. 5, 1-14 2. Strommenger, B., K. Stevenson und G.-F. Gerlach (2001): Isolation and diagnostic potential of ISMav2, a novel insertion sequence-like element from Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis. FEMS Microbiol. Lett. 196,31-37 3. Winterhoff, C., M. Beyerbach, M. Homuth, K. Strutzberg und G.-F. Gerlach (2002): Etablierung und Evaluation eines ELISA zum Nachweis von Antikörpern gegen Mycobacterium avium subspecies paratuberculosis in Milch. Dtsch. Tieraerztl. Wsch. 109, 217-225 6