Physikalisches Anfängerpraktikum (P1 P1-53,54,55: Vierpole und Leitungen Matthias Ernst (Gruppe Mo-24 Ziel des Versuchs ist die Durchführung mehrerer Messungen an einem bzw. mehreren Vierpolen (Drosselkette und einem Koaxialkabel, um die Übertragungseigenschaften des Kabels, insbesondere des Spannungsverlaufs, zu untersuchen. 1 Durchführung 1.1 Messungen am einfachen Vierpol Als Vierpol wird ein elektrisches Bauteil bezeichnet, das über vier Klemmen, also ein Eingangsund ein Ausgangsklemmenpaar verfügt. Zunächst wird ein Vierpole bestehend aus einem Widerstand und einem Kondensator untersucht (R--Spannungsteiler. R U a R U e u a u e (a Vierpol als Hochpass (b Vierpol als Tiefpass Abbildung 1: R-Glieder als Beispiele für Vierpole 1.1.1 Messung als Hochpass An der Reihenschaltung eines Widerstands und eines Kondensators wird sinusförmige Wechselspannung mit der Amplitude (Spitze-zu-Spitze-Eingangsspannung U e 8V ss und der Frequenz f 1, 7 khz angelegt. Durch oszilloskopische Messung der Ausgangsspannung U a am Widerstand, der von 1kΩ über 10kΩ und 100kΩ bis 1000kΩ variiert wird, wird so die Eigenschaft des Vierpols als Hochpass untersucht (zur Anordnung siehe Abb. 1a. Dabei werden jeweils sowohl der Betrag als auch die zeitliche Verschiebung der Phase der Ausgangsspannung gemessen. Bei 1
diesen Messungen wird der Tastkopf verwendet, da aufgrund dessen groÿen Widerstands der Messfehler aufgrund der Messung klein ist. Die Benutzung eines Zweikanaloszilloskops erlaubt, die Ausgangsspannung und die Eingangsspannung gleichzeitig zu beobachten. Für die Ausgangsspannung gilt: R U a = R + 1 U e. (1 iω Damit folgt für das Übertragungsverhalten U a / U e U a U e = ωr = 1 1 + (ωr 2 1 + (, (2 1 2 ωr was sich unter Verwendung von f = ω/2π sowie der Grenzfrequenz f 0 = 1/2πR, der Frequenz, bei der gerade U a /U e = 1/ 2 gilt, umformen lässt zu U a U e = 1 (. (3 2 1 + f0 f Für die Phasenverschiebung gilt tan ϕ = 1 ωr, (4 was wieder unter Verwendung der Grenzfrequenz f 0 = 1/2πR in Abhängigkeit von f 0 /f ausgedrückt werden kann als ϕ = arctan f 0 f. (5 Da die Phasenverschiebung zunächst als zeitliche Dierenz t der aufeinanderfolgenden Wellenberge gemessen wird, muss sie noch ins Gradmaÿ umgerechnet werden. Dies erfolgt unter Kenntnis der Kreisfrequenz ω der Wechselspannung und mit Verwendung des Zusammenhangs zwischen der Frequenz und der Periodendauer f = 1/T nach ϕ 2π = t T = t f ϕ = 2πf t = 360 f t (6 U a U e ϕ (a Übertragungsverhalten (b Phasenverschiebung Abbildung 2: Übertragungsverhalten und Phasenverschiebung des Hochpasses, berechnet 2
1.1.2 Messung als Tiefpass Es werden dieselben Messungen wie beim Hochpass, jedoch am Kondensator statt am Widerstand, durchgeführt, der Vierpol also als Hochpass untersucht. Für die Ausgangsspannung gilt dann 1 U a = 1 + iωr U e, (7 was in Abhängigkeit des Frequenzverhältnisses f 0 /f geschrieben werden kann als U a U e = 1 2. (8 (1 + f f0 Analog gilt wegen tan ϕ = ωr nun für die Phasenverschiebung ϕ = arctan f f 0. (9 U a U e ϕ (a Übertragungsverhalten (b Phasenverschiebung Abbildung 3: Übertragungsverhalten und Phasenverschiebung des Tiefpasses, berechnet 1.1.3 Andere Arten von Spannung (Dreiecksspannung, Rechteckspannung und Variationen Bei Frequenzen, die deutlich kleiner als die Grenzfrequenz sind, wird das Eingangssignal von einem Hoch- bzw. Tiefpass in charakteristischer Weise verformt. Beim Hochpass gilt U a = R du e (10 dt Die Ausgangsspannung ist also proportional zur Eingangsspannung, weshalb der Hochpass im entsprechenden Frequenzbereich auch als Dierenzierglied bezeichnet wird. Hingegen gilt für den Tiefpass: U a = 1 dt [U e U a ] (11 R Hier ist die Ausgangsspannung also proportional zur Dierenz aus Eingangsspannung und Ausgangsspannung, daher wird der Tiefpass auch Integrierglied genannt. 3
Messungen am Hochpass als Dierenzierglied: Dreiecksspannung Es wird dreiecksförmige Wechselspannung mit der Frequenz 1,7kHz und der Amplitude U e 8V ss an den Hochpass angelegt. Mit dem Tastkopf wird die Ausgangsspannung gemessen. Erwartet wird ein idealerweise rechteckiger Verlauf, da die Dierenziation der auf- und der absteigenden Flanke der eingehenden Dreiecksspannung jeweils konstante Werte für die Ausgangsspannung ergibt. Messungen am Tiefpass als Integrierglied: Rechtecksspannung Am Tiefpass wird jetzt Rechteckspannung angelegt, sonst wird wie beim Hochpass verfahren. Hier wird das umgekehrte ideale Verhalten wie beim Hochpass erwartet, dass also die Rechteckspannung in eine Dreiecksspannung transformiert wird. Weitere Messungen Das Verhalten von Hoch- und Tiefpass wird über einen weiten Frequenzbereich untersucht. Auÿerdem werden der Hochpass mit Rechteck- und der Tiefpass mit Dreieckspannung gemessen. 1.2 Messungen an einer Reihe von Vierpolen (Drosselkette Nun wird eine Reihe mehrer Vierpole untersucht, die sogenannte Drosselkette. Dabei handelt es sich um eine Reihenschaltung aus Blindwiderständen (hier aus Spulen und Kondensatoren in Abb. 4 dargestellt. Für die folgenden Messungen wird eine sechsgliedrigen Drosselkette verwendet. L 1 L 2 L 3 L 4 L 5 L 6 Abbildung 4: Sechsgliedrige Drosselkette 1.2.1 Bestimmung des charakteristischen Widerstands Es wird rechteckige Wechselspannung der Frequenz 20kHz und der Amplitude U e 6V ss an die Drosselkette angelegt. Ein regelbarer Abschlusswiderstand Z a am Ende der Kette wird so eingestellt, dass möglichst wenig Reexionen des Signals auftreten. Dieser Wert entspricht dem charakteristischen Widerstand Z 0. 1.2.2 Bestimmung der Grenzfrequenz Die Grenzfrequenz hat den theoretischen Wert f 0 = 1 π L (12 4
Für die Frequenzabhängigkeit des charakteristischen Widerstands gilt damit L 1 Z 0 = (13 1 ff0 Für kleine Frequenzen f << f 0 ist also Z (0 L 0 Zur Messung der charakteristischen Frequenz wird sinusförmige Wechselspannung zunächst kleiner Frequenz, die später bis 1MHz erhöht wird und der Amplitude U e 6V ss angelegt. Der Abschlusswiderstand wird zunächst auf Z (0 0 eingestellt, muss jedoch zur Vermeidung von Re- exionen bei Erhöhung der Frequenz nachjustiert werden. Die Grenzfrequenz ist der Punkt, an dem sich sich die Ausgangsspannung erheblich ändert, wenn die Frequenz variiert wird. 1.2.3 Berechnung der Daten der Bauelemente der Drosselkette Aus Gl. 12 und 14 folgt für die Induktivität der Spulen in jedem Element der Drosselkette und für die Kapazität jedes Kondensatorpaares (14 L = Z 0 πf 0 (15 = 1 πf 0 Z 0. (16 Diese Werte können mit den angegebenen Werten der Bauteile verglichen werden. 1.2.4 Bestimmung der Phasenverschiebung in Abhängigkeit von der Frequenz Zur Bestimung der Phasenverschiebung werden an ein Glied und die sechsgliedrige Kette sinusförmige Wechselspannung der in Tab. 1 angegeben Frequenzen angelegt, wobei die Kette immer möglichst reexionsfrei gehalten wird. Frequenz in khz 10 100 300 500 600 650 690 Tabelle 1: Frequenzen für die Bestimmung der Phasenverschiebung der Drosselkette Die Phasenverschiebung wird als Zeitdierenz gemessen. Daher wird sie nach ϕ = 2πf in einen Winkel umgerechnet. Dieser steigt linear mit der Anzahl der Glieder in der Kette an, was ebenfalls gemessen werden soll. Auÿerdem gilt für die Phasenverschiebung der mehrgliedrigen Drosselkette die Beziehung ϕ = 2n arcsin f f 0 (17 Daraus kann nochmals die Grenzfrequenz bestimmt werden, indem die Freqenzen bestimmt werden, bei denen die Phasenverschiebungen ganzzahlige Vielfache von π beträgt. Dann gilt nach Gl. 17 f 0 = f sin kπ (18 2n 5
1.2.5 Kurzschluss der Drosselkette Die Drosselkette wird am Ende kurzgeschlossen (Z a 0 eingestellt und somit Reexionen erzwungen. Reexionen am Anfang werden durch einen hohen Widerstand R=200Ω zwischen dem Generator und der Kette unterdrückt. Es wird rechteckförmige Eingangsspannung der Frequenz 20kHz angelegt und die Signalform am Kettenanfang beobachtet. Zu erwarten ist die Überlagerung der rechteckförmigen Eingangsspannung mit der phasenverschobenen und amplitudenreduzierten Reexion. 1.3 Messungen am Koaxialkabel Im letzten Versuchsteil wird der Übergang von der endlichen Drosselkette als inhomogenen Leiter zum homogenen Leiter vollzogen. Die Messungen werden daher an einem Koaxialkabel durchgeführt, welches als dispersionsfrei angenommen wird. Somit gilt für die theoretische Phasengeschwindigkeit v = c. (19 ɛr µ r 1.3.1 Bestimmung des charakteristischen Widerstands Die Messung wird wie in Abschnitt 1.2.1 durchgeführt, es wird aber rechteckförmige Wechselspannung der Frequenz 1,1MHz an das Koaxialkabel angelegt. 1.3.2 Bestimmung der Verzögerungszeit Wie in 1.2.4 wird Rechteckspannung angelegt und am Oszilloskop die Zeitdierenz zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung gemessen. Für diese Verzögerungszeit τ gilt die Beziehung τ = t l. (20 Weiterhin ist die Verzögerungszeit wie in Abschnitt 1.2.5 aus der Phasenverschiebung des Generatorund des reektierten Signals bei kurzgeschlossenem Kabel und unter Anlegen einer Rechteckspannung der Frequenz 1MHz zu bestimmen. Aufgrund der Reexion gilt nun 1.3.3 Bestimmung der Dielektrizitätskonstante des Kabels τ = t 2l. (21 Zuletzt werden aus den verschiedenen Messungen und den geometrischen Daten des Kabels, dem Innenradius r i und dem Auÿenradius r a die Dielektrizitätskonstante des Kabels auf mehrere Weisen berechnet. Dabei gelten die Beziehungen und ɛ r ( l, r i, r a = l 2πɛ 0 l ln ɛ r (τ = c2 τ 2 ( ra r i, (22 µ r (23 ɛ r (Z (0 0, r i, r a = c2 µ 2 0 µ ( r 4πZ0 2 ln 2 ra. (24 r i 6