Theoretische Physik I bei Prof. A. Rosch

Ähnliche Dokumente
Übungen zu Theoretische Physik I - Mechanik im Sommersemester 2013 Blatt 7 vom Abgabe:

Computational Astrophysics 1. Kapitel: Sonnensystem

Zentralpotential. Zweikörperproblem. Symmetrie Erhaltungsgröße Vereinfachung. Transformation zu Schwerpunkts- und Relativkoordinaten

Experimentalphysik E1

Himmelsmechanik. Michael Lubasch

Satellit. Projekt Mathematische Modellierung. Lukas Schweighofer, Mustafa Krupic, Elisabeth Schmidhofer Sommersemester 2013

Astronomische Beobachtungen und Weltbilder

Die Keplerschen Gesetze

Experimentalphysik E1

Drei Kepler ergeben einen Newton und einen Hamilton

Praktikumssemesterarbeit für Numerik Aufgabe 1 HU-Berlin, Sommersemester 2005

5 Bewegung unter Zentralkräften

Fallender Stein auf rotierender Erde

Das mathematische Pendel

Kapitel 2. Kinematik des Massenpunktes. 2.1 Einleitung. 2.2 Massenpunkt. 2.3 Ortsvektor

Theoretische Physik I Mechanik Blatt 1

Spezialfall m 1 = m 2 und v 2 = 0

Geozentrisches und heliozentrisches Weltbild. Das 1. Gesetz von Kepler. Das 2. Gesetz von Kepler. Das 3. Gesetz von Kepler.

2.5 Dynamik der Drehbewegung

ein geeignetes Koordinatensystem zu verwenden.

Mathematischer Vorkurs für Physiker WS 2011/12 Vorlesung 3

Lösung 12 Klassische Theoretische Physik I WS 15/16

Planetenschleifen mit Geogebra 1

Übungen mit dem Applet Kurven in Polarkoordinaten

Hochschule Düsseldorf University of Applied Sciences. 22. Oktober 2015 HSD. Physik. Gravitation

Allgemeine Relativitätstheorie

1. Aufgabe Auf dem Bildschirm eines Oszillographen durchlaufe ein Elektronenstrahl eine Bahn mit dem zeitabhängigen Ortsvektor

Aufgabe 2 Auf dem Bildschirm eines Oszillographen durchlaufe ein Elektronenstrahl eine Bahn mit dem zeitabhängigen Ortsvektor

Geschichte der Astronomie

Klassische Theoretische Physik: Mechanik

Ist C eine Kurve mit Anfangspunkt a und Endpunkt b und f eine stetig differenzierbare Funktion, grad f( r ) d r = f( b) f( a).

2. VEKTORANALYSIS 2.1 Kurven Definition: Ein Weg ist eine stetige Abbildung aus einem Intervall I = [a; b] R in den R n : f : I R n

Beispiel 1:Der Runge-Lenz Vektor [2 Punkte]

Klassische Mechanik - Ferienkurs. Sommersemester 2011, Prof. Metzler

Erdbahn, Erdrotation, Jahreszeiten und die Sonneneinstrahlung

2.7 Gravitation, Keplersche Gesetze

Kepler sche Gesetze. = GMm ; mit v = 2rπ. folgt 3. Keplersches Gesetz

Abbildung 5.1: stabile und instabile Ruhelagen

Klausurenkurs zum Staatsexamen (WS 2014/15): Differential und Integralrechnung 6

2 Euro 2 Euro. Die Eurokurve. Eine diffizile Konstruktion mit Nadel und Faden. von Ingmar Rubin, Berlin

Kepler-Problem im Kontext

Blatt 10. Hamilton-Formalismus- Lösungsvorschlag

Tutorium Mathematik II, M Lösungen

Formelsammlung Astronomie

2 Die Bahnen der Planeten. 2.1 Einleitung

Keplergesetzte S = 4,2 km. GM r a = a 2GM rv 2 = 5,5 102 AE (c) Perihel (1 e)a = 82AE Aphel (1+e)a = 1, AE.

2. Klausur zur Vorlesung Theoretische Physik A Universität Karlsruhe WS 2004/05

Kepler, Newton und so Physikalischer Happen zur ART

Aufgabe 1: Elektro-mechanischer Oszillator

7 Die Hamilton-Jacobi-Theorie

Serie 8 - Parametrisierte Kurven

Grundlagen der Astronomie und Astrophysik. Andre Knecht. [HIMMELSMECHANIK] 3 Erhaltungssätze und die Herleitung der drei Kepler-Gesetze

Radialgeschwindigkeitsvariation bei Exoplaneten - dargestellt mit Geogebra 1

Physik 1 für Ingenieure

2 Gravitation. Himmelsmechanik. Eine Präsentation von Tobias Denkinger LK Physik /2007

"wahre Anomalie": (= Winkel bzgl. Fokus) "exzentrische Anomalie": const =

14.3 Berechnung gekrümmter Flächen

Übungsblatt 8 Physik für Ingenieure 1

Gymnasium Muttenz Maturitätsprüfung 2016 Mathematik Profile A und B

3. Erhaltungsgrößen und die Newton schen Axiome

Die Gravitationswaage

Jürgen Roth Didaktik der Linearen Algebra und Analytischen Geometrie

Lösungen zu Übungsblatt 9

Satellitennavigation-SS 2011

Integralrechnung für GLET

Definition 1.1 (Wirkung) Wir wollen die Kurvenverläufe x(t) finden, die das Funktional

7. Wie lautet die Inverse der Verkettung zweier linearer Abbildungen? 9. Wie kann die Matrixdarstellung einer linearen Abbildung aufgestellt werden?

Das Galaktische Zentrum

Techniken zur Berechnung der Dimension

9. Übungsblatt zur VL Einführung in die Klassische Mechanik und Wärmelehre Modul P1a, 1. FS BPh 8. Dezember 2009

Klausurenkurs zum Staatsexamen (SS 2015): Differential und Integralrechnung 6

Kurven. Darstellungsweisen. Steigung von Kurven. Implizite Funktionen. Bogenlänge. Felder. Kurvenintegrale. Wegunabhängigkeit

Formelsammlung: Physik I für Naturwissenschaftler

Vektorrechnung in der Physik und Drehbewegungen

Name: Gruppe: Matrikel-Nummer:

x + y + z = 6, x = 0, z = 0, x + 2y = 4, indem Sie das Volumen als Dreifachintegral schreiben.

Musterlösungen. Theoretische Physik I: Klassische Mechanik

Schwerpunktfach AM/PH, 2011 KEGELSCHNITTE

Lösung Semesterendprüfung (Nachprüfung)

Die einleitend angesprochenen Zusammenhänge sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt:

Die Keplerschen Gesetze

Übungen zur Ingenieur-Mathematik III WS 2009/10 Blatt

0.1 Versuch 4C: Bestimmung der Gravitationskonstante mit dem physikalischen Pendel

Das Volumen und die Oberfläche einer n-dimensionalen Kugel

3. Kreisbewegung. Punkte auf einem Rad Zahnräder, Getriebe Drehkran Turbinen, Hubschrauberrotor

Himmelsmechanik. Tobias Fritz 16. November 2009

KLAUSUR ZUR THEORETISCHEN PHYSIK I (LAK) Wintersemester 12/13

Einführung in die Astronomie und Astrophysik I

Theoretischen Physik II SS 2007 Klausur II - Aufgaben und Lösungen

2. Klausur zur Theoretischen Physik I (Mechanik)

Von den Keplergesetzen zur Keplergleichung und zum Planetenort

11.3. Variablentrennung, Ähnlichkeit und Trajektorien

Experimentalphysik E1

Serie 4. Analysis D-BAUG Dr. Cornelia Busch FS 2015

Bei den Planetenwegen, die man durchwandern kann, sind die Dinge des Sonnensystems 1 Milliarde mal verkleinert dargestellt.

6 Gravitation (gravitación, la)

Elektromagnetische Felder und Wellen. Klausur Herbst Aufgabe 1 (5 Punkte) Aufgabe 2 (3 Punkte) Aufgabe 3 (5 Punkte) Aufgabe 4 (12 Punkte) Kern

Ilja Repin Die Wolgatreidler (1873) Das Skalarprodukt. 1-E Ma 1 Lubov Vassilevskaya

U. Backhaus, Universität Duisburg-Essen. Die Mondentfernung. (mit Lösungen)

Betrachtungen über die Entdeckungen Johannes Keplers. Nährungsweise kann man sagen, die Planeten umkreisen die Sonne auf einer elliptischen Bahn.

Transkript:

Vorlesungsmitschrift Theoretische Physik I bei Prof. A. Rosch von M. & O. Filla 8. November 206 Zur Erinnerung: Das Zweikörperproblem wurde auf zwei Differenzialgleichungen heruntergebrochen. Diese können wie folgt gelöst werden: [ 2 ( ṙ = ± E Veff (r) )] () µ ϕ = ( µr 2 (t) ) (2) r(t) [ 2 ( t t 0 = E Veff (r ) )] 2 dr r(t) (3) µ ϕ(t) ϕ(t 0 ) = r(t 0 ) t t 0 µr(t ) 2 dt ϕ(t) (4) Abbildung : Das effektive Potential V eff (links) und die Bewegungskurve für E < E (rechts). V eff setzt sich aus dem tatsächlichen Potential V und einem Drehimpulsanteil zusammen.

Wir haben bis jetzt das Zwei Körper Problem von 2 DG. Ordnung in 2 DG. Ordnung vereinfacht. Die qualitative Form der ösung für ein attraktives Potential wird in Abbildung dargestellt. Wir können die Änderung des Winkels zwischen einem minimalen und einem maximalen Abstand der Körper berechnen, indem wir über r integrieren. ϕ = rmax r min dr 2µ(E Veff (r)) Genau dann, wenn ϕ = n 2π (mit n, m Z), ist die Bahnkurve um den Schwerpunkt m eine Ellipse. Ansonsten gibt es eine komplexe Bahn, wie beispielhaft in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: Für kleine ϕ ist rote Kurve fast geschlossen. Für irrationale ϕ wäre die Fläche vollständig von der roten Kurve überstrichen. Nur mit ϕ = 0 ist die Kurve eine Ellipse (blau). Abbildung 3: Die Planetenbahn um die Sonne (links) und die Darstellung von Keplers zweitem Gesetz (rechts). 3.6 Keplerproblem Unser Potential sei nun durch V (r) = k gegeben. Für die Gravitation gilt somit r k = m m 2 G, für die Coulombwechselwirkung k = q q 2 4πε 0, allerdings sind auch andere Potentiale möglich. 2

Kepler stellte aufgrund seiner Beobachtungen drei Gesetze auf:. Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen, in deren Fokalpunkt die Sonne ist. (siehe Abbildung 3) 2. Der Fokusstrahl, d. h. der Radiusvektor, überstreicht in der gleichen Zeit die gleiche Fläche. (siehe Abbildung 3) 3. Die große Halbachse a und die Umlaufdauer T hängen wie folgt zusammen: a 3 = T 2 const Ellipsen Hier muss nun kurz erklärt werden, was eine Ellipse ist. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Ellipse zu definieren. In Abbildung 4 wird dies dargestellt. Abbildung 4: Die Definition einer Ellipse anhand der Halbachsen (links) bzw. anhand der Radien (rechts).. Für die große Halbachse a und die kleine Halbachse b gilt. x 2 a 2 + y2 b 2 = 2. Für jeden Punkt ist die Summe der Radien gleich. Ein Radius ist der Abstand zu einem der beiden Fokalpunkte. r + r 2 = 2a In Polarkoordinaten mit dem Fokalpunkt F im Ursprung kann eine Ellipse folgendermaßen dargestellt werden: p r r = + ε cos(ϕ) mit p = b 2 a und ε = p a (5) (6) (7) 3

Herleitung der Keplergesetze Wenden wir uns nun der Herleitung der Kepler-Gesetze zu, so beweisen wir zuerst, dass der Fokusstrahl tatsächlich in gleicher Zeit gleiche Flächen überstreicht. Wir lassen dafür das Zeitintervall infinitesimal klein werden, also t 0. A = 2 r2 ϕ = ϕ r2 2 t t r 2 (t) ϕ(t) = const = µ r 2 ϕ = const Wir sehen, dass der Drehimpuls erhalten ist. Für eine endlich Fläche gilt dann da = = = ϕ + ϕ ϕ t + t t t + t t = 2µ t. 2 r2 dϕ 2 r2 ϕ dt 2µ dt Als nächstes zeigen wir, dass sich die Planeten auf Ellipsenbahnen bewegen. V eff = k r + 2 2µ r 2 ϕ(r) = ϕ(0) + r(ϕ) r(ϕ 0 ) Wir verwenden hier folgende Substitution Daraus folgt dann für ϕ(r) (r ) 2 2µ ( E V eff (r ) ) dr r = u du = (r ) 2 dr. ϕ(r) = c r(ϕ) = const du 2µ(E + K u 2 2 µ u2 ) c 2 (u u 0 ) du 2. 4

Wir legen nun die Konstanten u 0 und c 2 fest mit u 0 = µ k und c 2 = 2Eµ + u 2 2 0. Wir 2 erhalten damit das Integral ( ) u u0 ϕ(r) = const + arccos c ( ) p r = const + arccos. ε r An dieser Stelle haben wir resubstituiert und und verwenden, dass p = u 0 2E 2 ε = + ist. Wir erhalten somit die Bahnkurve k 2 µ = 2 kµ und r(ϕ) = p + ε cos(ϕ ϕ 0 ). (8) Wir können hieraus schließen, dass ε < äquivalent zu E < 0 ist; außerdem handelt es sich bei der Bewegungskurve um eine Ellipse mit der Sonne in einem Fokalpunkt. Als letztes zeigen wir, dass die große Halbachse a hoch drei genommen und das Quadrat Umlaufdauer T proportional zueinander sind. Für die Fläche einer Ellipse gilt πab = 2µ T, wobei T die Umlaufdauer des Planeten ist. p = b2 a t = T! = 2 kµ a b = kµ T = πab 2µ = 2µπ a a kµ T 2 = 4π2 µ 2 2 kµ a3 Wir nutzen nun, wie bereits erwähnt, dass für die Gravitation k = m m 2 G gilt und µ = m m 2 m +m 2, also die relative Masse, gilt. Darauf folgt dann T 2 = 4π 2 2 (m + m 2 ) a3. 5

Gehen wir nun davon aus, dass die Sonnenmasse wesentlich größer ist als die Planetenmasse, M Sonne m Planet, folgt daraus dann, dass der Quotient aus T 2 und a 3 konstant ist. T 2 a 3 4π2 G M Sonne = const Bemerkenswert ist hier, dass alle gebundenen ösungen, also jene, die periodisch sind und somit geschlossene Bahnen haben ( ϕ = 2π), unabhängig von E und sind. Das ist allerdings nur für Potentiale der Form und möglich. Der Grund dafür ist, dass r r 2 für andere Potentialformen eine weitere Erhaltungsgröße, der Runge enz Vektor existiert. l = r(t) + k r(t) r = const Dieser Vektor zeigt in Richtung des Perihels. Die Periheldrehung, also wenn ϕ 2π, erlaubt präzise Messungen von Abweichungen des -Potentials. Die Ursache dieser r Abweichungen liegt an anderen Planeten und die durch sie verursachte Raumkrümmung (vlg. Allgemeine Relativitätstheorie). Betrachten wir nun ein paar Berechnungen dazu. Für einer Energie größer 0, E > 0, und p = 2 sowie ε = 2E 2 gilt kµ kµ p = r + ε r cos(ϕ ϕ 0 ) r = x 2 + y 2 x = r cos(ϕ ϕ 0 ) x 2 + y 2 = (p ε x) 2 p 2 = y 2 (ε 3 ) x 2 + 2p xε. An dieser Stelle machen wir eine Fallunterscheidung:. Für ε = erhalten wir eine Parabel: y 2 = p 2 2p x 2. Für ε < erhalten wir eine Ellipse: ( ) 2 x x0 ( y ) 2 + = a b a 2 = b 2 = p 2 ( ε) 2 p 2 ε 2 6

3. Für ε > 0 erhalten wir eine Hyperbel: ( ) 2 x x0 ( y ) 2 = b a b 2 = p 2 ε 2 Abbildung 5: eine Hyperbel Angewendet wird diese ösung z. B. in der Raumfahrt, um Raumsonden zu beschleunigen ( Swing By ) oder bei dem Rutherford Experiment. Bei letzterem muss noch gesagt werden, dass im Allgemeinen mechanische ösungen nicht auch die quantenmechanischen Probleme lösen. In diesem Fall jedoch geht dies, was mit Besonderheiten von Potentialen V ( r ) r zusammenhängt. 7