Vorlesungsmitschrift Theoretische Physik I bei Prof. A. Rosch von M. & O. Filla 8. November 206 Zur Erinnerung: Das Zweikörperproblem wurde auf zwei Differenzialgleichungen heruntergebrochen. Diese können wie folgt gelöst werden: [ 2 ( ṙ = ± E Veff (r) )] () µ ϕ = ( µr 2 (t) ) (2) r(t) [ 2 ( t t 0 = E Veff (r ) )] 2 dr r(t) (3) µ ϕ(t) ϕ(t 0 ) = r(t 0 ) t t 0 µr(t ) 2 dt ϕ(t) (4) Abbildung : Das effektive Potential V eff (links) und die Bewegungskurve für E < E (rechts). V eff setzt sich aus dem tatsächlichen Potential V und einem Drehimpulsanteil zusammen.
Wir haben bis jetzt das Zwei Körper Problem von 2 DG. Ordnung in 2 DG. Ordnung vereinfacht. Die qualitative Form der ösung für ein attraktives Potential wird in Abbildung dargestellt. Wir können die Änderung des Winkels zwischen einem minimalen und einem maximalen Abstand der Körper berechnen, indem wir über r integrieren. ϕ = rmax r min dr 2µ(E Veff (r)) Genau dann, wenn ϕ = n 2π (mit n, m Z), ist die Bahnkurve um den Schwerpunkt m eine Ellipse. Ansonsten gibt es eine komplexe Bahn, wie beispielhaft in Abbildung 2 dargestellt. Abbildung 2: Für kleine ϕ ist rote Kurve fast geschlossen. Für irrationale ϕ wäre die Fläche vollständig von der roten Kurve überstrichen. Nur mit ϕ = 0 ist die Kurve eine Ellipse (blau). Abbildung 3: Die Planetenbahn um die Sonne (links) und die Darstellung von Keplers zweitem Gesetz (rechts). 3.6 Keplerproblem Unser Potential sei nun durch V (r) = k gegeben. Für die Gravitation gilt somit r k = m m 2 G, für die Coulombwechselwirkung k = q q 2 4πε 0, allerdings sind auch andere Potentiale möglich. 2
Kepler stellte aufgrund seiner Beobachtungen drei Gesetze auf:. Die Planeten bewegen sich auf elliptischen Bahnen, in deren Fokalpunkt die Sonne ist. (siehe Abbildung 3) 2. Der Fokusstrahl, d. h. der Radiusvektor, überstreicht in der gleichen Zeit die gleiche Fläche. (siehe Abbildung 3) 3. Die große Halbachse a und die Umlaufdauer T hängen wie folgt zusammen: a 3 = T 2 const Ellipsen Hier muss nun kurz erklärt werden, was eine Ellipse ist. Es gibt zwei Möglichkeiten, eine Ellipse zu definieren. In Abbildung 4 wird dies dargestellt. Abbildung 4: Die Definition einer Ellipse anhand der Halbachsen (links) bzw. anhand der Radien (rechts).. Für die große Halbachse a und die kleine Halbachse b gilt. x 2 a 2 + y2 b 2 = 2. Für jeden Punkt ist die Summe der Radien gleich. Ein Radius ist der Abstand zu einem der beiden Fokalpunkte. r + r 2 = 2a In Polarkoordinaten mit dem Fokalpunkt F im Ursprung kann eine Ellipse folgendermaßen dargestellt werden: p r r = + ε cos(ϕ) mit p = b 2 a und ε = p a (5) (6) (7) 3
Herleitung der Keplergesetze Wenden wir uns nun der Herleitung der Kepler-Gesetze zu, so beweisen wir zuerst, dass der Fokusstrahl tatsächlich in gleicher Zeit gleiche Flächen überstreicht. Wir lassen dafür das Zeitintervall infinitesimal klein werden, also t 0. A = 2 r2 ϕ = ϕ r2 2 t t r 2 (t) ϕ(t) = const = µ r 2 ϕ = const Wir sehen, dass der Drehimpuls erhalten ist. Für eine endlich Fläche gilt dann da = = = ϕ + ϕ ϕ t + t t t + t t = 2µ t. 2 r2 dϕ 2 r2 ϕ dt 2µ dt Als nächstes zeigen wir, dass sich die Planeten auf Ellipsenbahnen bewegen. V eff = k r + 2 2µ r 2 ϕ(r) = ϕ(0) + r(ϕ) r(ϕ 0 ) Wir verwenden hier folgende Substitution Daraus folgt dann für ϕ(r) (r ) 2 2µ ( E V eff (r ) ) dr r = u du = (r ) 2 dr. ϕ(r) = c r(ϕ) = const du 2µ(E + K u 2 2 µ u2 ) c 2 (u u 0 ) du 2. 4
Wir legen nun die Konstanten u 0 und c 2 fest mit u 0 = µ k und c 2 = 2Eµ + u 2 2 0. Wir 2 erhalten damit das Integral ( ) u u0 ϕ(r) = const + arccos c ( ) p r = const + arccos. ε r An dieser Stelle haben wir resubstituiert und und verwenden, dass p = u 0 2E 2 ε = + ist. Wir erhalten somit die Bahnkurve k 2 µ = 2 kµ und r(ϕ) = p + ε cos(ϕ ϕ 0 ). (8) Wir können hieraus schließen, dass ε < äquivalent zu E < 0 ist; außerdem handelt es sich bei der Bewegungskurve um eine Ellipse mit der Sonne in einem Fokalpunkt. Als letztes zeigen wir, dass die große Halbachse a hoch drei genommen und das Quadrat Umlaufdauer T proportional zueinander sind. Für die Fläche einer Ellipse gilt πab = 2µ T, wobei T die Umlaufdauer des Planeten ist. p = b2 a t = T! = 2 kµ a b = kµ T = πab 2µ = 2µπ a a kµ T 2 = 4π2 µ 2 2 kµ a3 Wir nutzen nun, wie bereits erwähnt, dass für die Gravitation k = m m 2 G gilt und µ = m m 2 m +m 2, also die relative Masse, gilt. Darauf folgt dann T 2 = 4π 2 2 (m + m 2 ) a3. 5
Gehen wir nun davon aus, dass die Sonnenmasse wesentlich größer ist als die Planetenmasse, M Sonne m Planet, folgt daraus dann, dass der Quotient aus T 2 und a 3 konstant ist. T 2 a 3 4π2 G M Sonne = const Bemerkenswert ist hier, dass alle gebundenen ösungen, also jene, die periodisch sind und somit geschlossene Bahnen haben ( ϕ = 2π), unabhängig von E und sind. Das ist allerdings nur für Potentiale der Form und möglich. Der Grund dafür ist, dass r r 2 für andere Potentialformen eine weitere Erhaltungsgröße, der Runge enz Vektor existiert. l = r(t) + k r(t) r = const Dieser Vektor zeigt in Richtung des Perihels. Die Periheldrehung, also wenn ϕ 2π, erlaubt präzise Messungen von Abweichungen des -Potentials. Die Ursache dieser r Abweichungen liegt an anderen Planeten und die durch sie verursachte Raumkrümmung (vlg. Allgemeine Relativitätstheorie). Betrachten wir nun ein paar Berechnungen dazu. Für einer Energie größer 0, E > 0, und p = 2 sowie ε = 2E 2 gilt kµ kµ p = r + ε r cos(ϕ ϕ 0 ) r = x 2 + y 2 x = r cos(ϕ ϕ 0 ) x 2 + y 2 = (p ε x) 2 p 2 = y 2 (ε 3 ) x 2 + 2p xε. An dieser Stelle machen wir eine Fallunterscheidung:. Für ε = erhalten wir eine Parabel: y 2 = p 2 2p x 2. Für ε < erhalten wir eine Ellipse: ( ) 2 x x0 ( y ) 2 + = a b a 2 = b 2 = p 2 ( ε) 2 p 2 ε 2 6
3. Für ε > 0 erhalten wir eine Hyperbel: ( ) 2 x x0 ( y ) 2 = b a b 2 = p 2 ε 2 Abbildung 5: eine Hyperbel Angewendet wird diese ösung z. B. in der Raumfahrt, um Raumsonden zu beschleunigen ( Swing By ) oder bei dem Rutherford Experiment. Bei letzterem muss noch gesagt werden, dass im Allgemeinen mechanische ösungen nicht auch die quantenmechanischen Probleme lösen. In diesem Fall jedoch geht dies, was mit Besonderheiten von Potentialen V ( r ) r zusammenhängt. 7