Allgemeiner Kündigungsschutz (durch das KSchG)

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Transkript:

Allgemeiner Kündigungsschutz (durch das KSchG) - Schränkt die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers ein - Verleiht dem Arbeitsverhältnis Bestandsschutz und schützt den AN daher vor dem Entzug seiner Existenzgrundlage bzw. verstärkt die Bindung des AN an den Betrieb I. Abdingbarkeit des KSchG? KSchG ist einseitig zwingendes Recht Abweichungen durch TV, BV und Arbeitsvertrag nur zu Gunsten des AN II. Verzicht des AN auf das KSchG? Nach Kündigung (+) = kein Zwang zur Klageerhebung Im Vorhinein (-), s.o. III. Anwendbarkeit des KSchG 1. Sachlicher Anwendungsbereich = Arbeitgeberkündigung, 1 KSchG 2. Persönlicher Anwendungsbereich = AN, deren AV in demselben Betrieb oder Unternehmen ununterbrochen länger als sechs Monate bestanden hat, 1 Abs. 1 KSchG Grund: Erprobung des AN

Bsp.: A schließt einen Arbeitsvertrag am 15.5. Arbeitsbeginn ist der 1.6. Vom 3.7. bis 10.7. ist A krank gewesen. Am 28.11. kündigt der Arbeitgeber das AV zum 31.12. Fristbeginn: 1.6. um 0.00 Uhr, Fristende: 30.11. um 24 Uhr. Wartefrist (-) 3. Betrieblicher Anwendungsbereich = kein Kleinbetrieb, 23 Abs. 1, S. 2 4 KSchG Grund: In kleinen Betrieben kommt es mehr als in großen Betrieben auf die Leistungsfähigkeit und die Persönlichkeit jedes einzelnen AN an. Störungen sind hier regelmäßig untragbar. Anforderungen des KSchG (z.b. 9 KSchG: Abfindungen) sind für kleine Betriebe meist nicht finanzierbar. Schwellenwert ab 1.1. 2004: mehr als zehn regelmäßig beschäftigte AN ( 23 Abs. 1 S. 3 KSchG) Vor dem 1.1. 2004: AN in Betrieben mit mehr als fünf AN genießen Kündigungsschutz ( 23 Abs. 1 S. 2 KSchG).

Kompromiss: AN, die bereits vor dem 1.1. 2004 Kündigungsschutz genossen haben (Betrieb mit mehr als 5 AN), sind auch nach dem 1.1. 2004 weiter geschützt, soweit die Zahl nicht später auf 5 und weniger sinkt (h.m.). Nur neu eingestellte AN genießen bis zum Wert von 10,5 keinen Kündigungsschutz. 1. Bsp.: Betrieb hat am 1.1. 2004 vier AN. Im Feb. 2004 wurden noch sechs weitere eingestellt. Niemand genießt Kündigungsschutz 2. Bsp.: Betrieb hat am 1.1. 2004 sechs Vollzeit-AN (A,B,C,D,E,F). Im Feb. 2004 stellt der AG noch drei weitere AN (G,H,I) ein. A,B,C,D,E und F genießen Kündigungsschutz, G,H und I nicht ( Zweiklassengesellschaft ). 3. Bsp. (gerade beim BAG rechtshängig): wie eben, nur im März 2004 scheidet F aus. Kläger: Er genießt noch Kündigungsschutz, da die Gesamtzahl trotz des Ausscheidens von F niemals auf 5 und weniger gesunken sei.

h.m. + LAG Hamburg v. 1.9. 2005: Keiner genießt mehr Kündigungsschutz, da nur noch 5 Altarbeitnehmer vorhanden sind. arg.: Gesetzeswortlaut (P) Großunternehmer spalten ihr Unternehmen in möglichst viele Betriebe auf, die unterhalb der Schwellenwerte liegen, um damit dem KSchG zu entgehen. BVerfG: In diesen Fällen ist der Zweck der sog. Kleinbetriebsklausel nicht erfüllt. Betrieb in 23 Abs. 1 KSchG ist wie Unternehmen zu lesen. IV. Ausschlussfrist, 4 S. 1, 7 KSchG Macht der AN nicht innerhalb von drei Wochen seit Zugang die Unwirksamkeit der Kündigung vor dem ArbG geltend ( 4 S. 1 KSchG) wird die Wirksamkeit der Kündigung von Anfang unwiderleglich vermutet ( 7 KSchG) Grund: Rechtssicherheit. Ausnahme: Nachträgliche Zulassung, 5 KSchG

V. Soziale Rechtfertigung der Kündigung, 1 Abs. 2 KSchG Kündigung ist unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist ( 1 Abs. 1 a. E. KSchG). Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht gerechtfertigt ist durch - Gründe in der Person des AN (personenbedingte Kündigung) - Gründe im Verhalten des AN (verhaltensbedingte Kündigung) - dringende betriebliche Erfordernisse (betriebsbedingte Kündigung), 1 Abs. 2 KSchG Zudem gelten für alle Kündigungsarten drei allgemeine Prinzipien: 1. Prognoseprinzip Die Kündigung ist zukunftsbezogen und keine Sanktion für vergangenes Fehlverhalten. Folge: Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung muss die Störung des AV auch in Zukunft wahrscheinlich sein, vgl. auch 1 Abs. 2 KSchG einer Weiterbeschäftigung entgegenstehen

2. ultima-ratio-prinzip Die Kündigung ist ungerechtfertigt, wenn keine anderen milderen Mittel zur Beseitigung der Störung möglich sind (z.b. Versetzung, Abmahnung, Änderungskündigung, Umschulung). Die Kündigung darf nur das letzte Mittel sein (ultima-ratio). Ausdruck des allg. Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (Erforderlichkeit), vgl. auch 1 Abs. 2 S. 1 KSchG durch Gründe bedingt ist. Ist auch spezifisch im Gesetz konkretisiert, s. 1 Abs. 2 S. 2, 3 KSchG: a. Weiterbeschäftigungsmöglichkeit innerhalb desselben Betriebs oder Unternehmens, 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 lit. b KSchG (entspr. Nr. 2 lit. b KSchG) Widerspruch des Betriebsrats? b. Weiterbeschäftigung nach Umschulung oder geänderten Arbeitsbedingungen, 1 Abs. 2 S. 3 KSchG

3. Interessenabwägung (bei betriebsbedingter Kündigung: Sozialauswahl) Abwägung zwischen Bestandsinteresse des AN und dem Auflösungsinteresse des AG im Einzelfall notwendig (Rspr. + h. Lit.). Insb. relevant: Ursache und Ausmaß der Störung Bei betriebsbedingter Kündigung statt dessen: Sozialauswahl, 1 Abs. 3 KSchG (h.m.) Prüfungsschema für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung: I. An sich geeigneter Kündigungsgrund Es muss geprüft werden, ob ein Umstand in Person, Verhalten oder Betrieb vorliegt, der die ordnungsgemäße Vertragsabwicklung stört II. Prognoseprinzip Die Störung muss auch in Zukunft anhalten III. ultima-ratio Prinzip Zur Beseitigung der Störung dürfen keine milderen, gleich geeigneten Mittel vorhanden sei. IV. Interessenabwägung (bzw.: Sozialauswahl) Überwiegen die Interessen des AG zur Vertragsauflösung im Hinblick auf den Kündigungsgrund und die Ursache und das Ausmaß der Störung

VI. Personenbedingte Kündigung 1. Kündigungsgrund an sich AN muss aus persönlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, seine arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ordnungsgemäß zu erfüllen, wodurch die Arbeitgeberinteressen gestört werden. Abgrenzung zum Verhalten nach BAG: Vorwerfbarkeit (P) z.b. Alkoholkonsum 2. Prognoseprinzip AN muss auch in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung nicht vertragsgerecht erbringen können, woraus weiterhin Störungen resultieren. 3. ultima-ratio Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz möglich, auf dem sich die persönlichen Mängel nicht oder nur unbedeutend auswirken? Abmahnung? nur in Ausnahmefällen erforderlich, aber ratsam

4. Interessenabwägung Sind die verursachten Betriebsstörungen unter Abwägung der Arbeitnehmerinteressen so gravierend, dass sie vom AG nicht mehr hingenommen werden können? 5. Typische Fallgruppen: a. Krankheitsbedingte Kündigung Hauptfall der personenbedingten Kündigung Vier Fallgruppen: - dauerhafte krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit unproblematisch - krankheitsbedingte Leistungsminderung - häufige Kurzerkrankungen - Langzeiterkrankung Spezielles dreistufiges Prüfungsschema: 1. Stufe: Negative Gesundheitsprognose obj. Tatsachen müssen für weitere Erkrankung sprechen

2. Stufe: Erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen 3. Stufe: Interessenabwägung b. Eignung fehlende persönliche oder fachliche Eignung, z.b. körperlicher/geistiger Zustand, Lizenzen, Fahr-/Flugerlaubnis etc. c. Gewissensentscheidung/Religion, Art. 4 Abs. 1 GG VII. Verhaltensbedingte Kündigung 1. Kündigungsgrund an sich Vorwerfbares Verhalten des AN durch Verstöße gegen arbeitsvertragliche Haupt- oder Nebenpflichten. Insb. Verstöße im Leistungsbereich, im Vertrauensbereich oder gegen die betriebliche Ordnung. (P) Kündigung wegen Minderleistung

2. Prognoseprinzip Besteht die Gefahr weiterer Vertragsverletzungen bzw. war die Vertragsverletzung so schwerwiegend, dass das Vertrauensverhältnis für die Zukunft gestört ist? Indiz: Verschulden 3. ultima-ratio - Abmahnung? Bei Störungen im Leistungsbereich grds. erforderlich (vgl. auch 314 Abs. 2 BGB). Ausnahme: AN ist erkennbar nicht willens, sich vertragsgerecht zu verhalten oder die Pflichtverletzung ist derart schwerwiegend, dass der AN unter keinen Umständen mit Billigung durch den AG rechnen durfte (dann aber meist 626 BGB). Störung im Vertrauensbereich: Abmahnung nur, wenn mit der Wiederherstellung des Vertrauens gerechnet werden kann (insb. bei Bagatelldelikten) beachte: Das BAG hat diese Unterscheidung aufgegeben und verlangt im Grunde immer eine Abmahnung.

- Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz möglich, auf dem nicht mit Störungen zu rechnen ist ( 1 Abs. 2 S. 2, 3 KSchG)? 4. Interessenabwägung Geringe Anforderungen VIII. Betriebsbedingte Kündigung 1. Kündigungsgrund an sich Dringende betriebliche Erfordernisse notwendig. Solche können sich ergeben aus - innerbetrieblichen Ursachen (z.b. Einführung neuer Fertigungsmethoden) - außerbetrieblichen Ursachen (z.b. Auftragsrückgang) volle gerichtliche Kontrolle des Vorliegens der Umstände Daraufhin: Unternehmerentscheidung als Reaktion auf die Umstände Diese führt zu: Wegfall von Arbeitsplätzen (=Arbeitsplatzüberhang)

gerichtliche Kontrolle: - Unternehmerentscheidung ist vom ArbG NICHT auf ihre Notwendigkeit oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (sog. soziale Missbrauchskontrolle). arg.: Wie der AG auf innere oder äußere Umstände reagiert, ist seine freie Entscheidung (Art. 2, 12, 14 GG). Anderseits darf die Entscheidung aus Gründen des Bestandsschutzes nicht missbräuchlich sein. - Wegfall von Arbeitsplätzen aufgrund der Entscheidung: voll nachprüfbar (P) Austauschkündigung, Leistungsverdichtung 2. Prognoseprinzip Objektive Voraussage, dass am Ende der Kündigungsfrist eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht. 3. ultima-ratio-prinzip ( dringend ) - Abbau von Überstunden - Abbau von Leiharbeit

- Weiterbeschäftigung auf einem freien und geeigneten Arbeitsplatz in demselben Unternehmen ggf. nach Umschulung oder Änderungsvertrag bzw. Änderungskündigung, 1 Abs. 2 S. 2, 3 KSchG ( Änderungskündigung vor Beendigungskündigung ) 4. Sozialauswahl, 1 Abs. 3 KSchG [grds. nicht mehr: Interessenabwägung] Dient der personellen Konkretisierung der betriebsbedingten Kündigung. Grundüberlegung: Es sollen diejenigen AN gekündigt werden, die eine Kündigung am ehesten verkraften können. Drei Voraussetzungen: a. Horizontale Vergleichbarkeit In die Auswahlentscheidung sind nur AN desselben Betriebs einzubeziehen, die zudem arbeitsvertraglich zu gleichwertigen Tätigkeiten verpflichtet m.a.w.: austauschbar sind. Austauschbar sind nur AN auf derselben Hierarchieebene (sog. horizontale Vergleichbarkeit), die der AG kraft seines Direktionsrechts versetzen kann.

Folge: Ein weit gefasster Arbeitsvertrag ist bei der Sozialauswahl von Vorteil. Ausnahme: Vergleichbare AN mit Sonderkündigungsschutz (Schwangere, Schwerbehinderte etc.) sind nicht einzubeziehen. b. Ausnahme bestimmter AN nach 1 Abs. 3 S. 2 KSchG c. Auswahlentscheidung Auswahl der zu kündigenden AN unter Berücksichtigung von - Dauer der Betriebszugehörigkeit - Lebensalter - Unterhaltspflichten - Schwerbehinderung ( 2 Abs. 2, 3 SGB IX) Keine Rangfolge! Weitere Umstände (z.b. schlechter Gesundheitszustand des AN) können zusätzlich berücksichtigt werden (str.). Bei der Gewichtung der einzelnen Kriterien zueinander hat der AG einen Beurteilungsspielraum (vgl. 1 Abs. 3 KSchG: ausreichend zu berücksichtigen ).

d. Auswahlrichtlinien werden häufig in Form von Punktetabellen durch TV oder BV ( 95 BetrVG) vereinbart. ermöglichen nur Vorauswahl, befreien aber nicht von einer abschließenden Einzelfallprüfung nur eingeschränkte gerichtliche Kontrolle ( 1 Abs. 4 KSchG: grobe Fehlerhaftigkeit) Verstößt der AG gegen die Vorgaben der Auswahlrichtlinie und widerspricht der Betriebsrat, ist die Kündigung bereits alleine deswegen unwirksam, 1 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 lit. a (bzw. Nr. 2 lit. a) KSchG.