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Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 1 43. Störungen betrieblicher Organisationen (S. 1052-1062) 43.1 Klassifikation und Diagnostik Definition: Der Begriff Organisation wird pragmatisch als Oberbegriff für alle sozialen Gebilde gebraucht, die grösser als Kleingruppen und kleiner als die gesamte Gesellschaft sind. Hierzu zählen nicht nur Industriebetriebe, sondern auch Behörden, Schulen, Krankenhäuser, Vereine und Gefängnisse. Allgemein können Organisationen als Systeme von Menschen, Aufgaben und Regeln definiert werden. Wichtige Schwerpunkte der Arbeits- und Organisationspsychologie in diesem Gebiet sind die Erforschung der Auswirkungen von Belastungen oder Stress am Arbeitsplatz, von belastenden organisationalen Faktoren und der Erwerbslosigkeit auf die psychische Gesundheit, sowie der Wechselwirkungen zwischen Arbeit und anderen Lebensbereichen. Das Problemfeld im Grenzbereich zwischen Arbeits- und Organisationspsychologie und Klinischer Psychologie das sich mit der Diagnose und Intervention bei psychischen oder psychosomatischen Störungen sowie der Forderung des Gesundheitsverhaltens im Kontext von Arbeit und Organisationen beschäftigt wird auch als Klinische Organisationspsychologie bezeichnet. Zur Klassifikation organisationaler Imbalancen werden 3 hierarchische Systemebenen unterschieden (die höheren Ebenen schliessen die unteren ein): 1) Beziehungen zwischen Individuen, Aufgaben und Regeln (individuelle Ebene) 2) Beziehungen zwischen mehreren Personen oder Gruppen, Aufgaben und Regeln (Gruppenebene) 3) Beziehungen zwischen den Aufgaben und regeln aller Organisationsmitglieder eines Bereichs oder Beziehungen zum Kontext der Organisation

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 2 43.2 Störungen betrieblicher Organisationen: Interventionen Interventionsstrategien und ihre Klassifikationen: 1. Korrektive und präventive Intervention Ulich (1994) unterscheidet drei grundlegende Strategien der Arbeitsgestaltung: Korrektive Arbeitgestaltung mit dem Ziel der Korrektur erkannter Mängel Präventive Arbeitsgestaltung mit dem Ziel der vorwegzunehmenden Vermeidung gesundheitlicher Schädigungen und Beeinträchtigungen. Prospektive Arbeitsgestaltung mit dem Ziel der Schaffung von Möglichkeiten der Persönlichkeitsentwicklung Hilfesysteme Im Rahmen der präventiven wie korrektiven Intervention kommt für die einflussnahme auf Systemeben der Einrichtung von Hilfesystemen grpsse Bedeutung zu. Vor dem Hintergrund des systemischen Therapie- und Beratungsansatzes unterscheidet Ludewig (1992)vier Arten von Hilfesystemen: 1) Anleitung (Hilfe bei Erweitern von Möglichkeiten durch zu Verfügung stellen von Wissen). 2) Beratung (Hilfe beim Nutzen der vorhandenen Möglichkeiten durch die Förderung der Nutzung vorhandener Strukturen). 3) Begleitung (Hilfe, die Lage durch eine Stabilisierung des Systems besser zu ertragen). 4) Therapie (Hilfe, das Leiden durch einen Beitrag zur Lösung des Problemsystems zu beenden.

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 3 `

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 4 Abbildung 1 (S. 1066) zeigt Hilfesysteme und Selbstreflektion Abbildung 2 (S. 1068) zeigt die Klassifikation der Interventionsstrategien. An der linken Seite des Würfels finden sich die Systemebenen Individuum (bzw. einzelner Areibeitsplatz), Gruppe, Organisation (und Kontext). An der unteren Kante ist die Unterscheidung zwischen stabilen und dynamischen Imbalancen aufgeführt. In der Kombination ergeben sich analog zu unserer Unterscheidung von Arten systemischer Imbalancen in Organisationen sechs verschiedene Interventionsstrategien auf der Vorderseite des Würfels. In Anlehnung an Ulich (1994) können Strategien zur Verringerung von Beeinträchtigungen oder Krankheiten jeweils entweder korrelativ oder präventiv angelegt sein, wie die Unterscheidung links oben am Würfel wiedergibt. Insgesamt ergeben sich danach zwölf verschiedene Strategien. Der Umgang mit stabilen und dynamischen Imbalancen Ausgleich stabiler Defizite Die meisten Methoden der korrektiven und präventiven Veränderungen von Arbeitssystemen setzen an der Veränderung konkreter Gestaltungsmerkmale auf der Ebene individueller Arbeitsplätze oder der Arbeitsaufgaben von Arbeitsgruppen an. Die wichtigsten Merkmale sind die Belastungs- oder Stressfaktoren (wie Lärm, Hitze und andere Umgebungsfaktoren, Konzentrationsanforderungen und Zeitdruck, Ärger und Konflikte. Hierher gehören aber auch entwicklungsfördernde Arbeitsinhaltsmerkmale und soziale Ressourcen, wie Arbeitskomplexität, Abwechslungsreichtum, Autonomie, Ganzheitlichkeit, Lernmöglichkeiten, Kooperation und soziale Unterstützung. Massnahmen zur Veräünderung der Personenseite zielen auf Qualifizierung im weitesten Sinne sowie auf die Vermittlung spzifischer Kompetenzen.

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 5 Ansatzpunkte zur Förderung dynamischer Selbstentwicklung Nur wenige konzeptuelle Beschreibungen existieren in der A&O Psycho, die explizit auf dynamische Imbalancen Rücksicht nehmen. Ausnahme: Prinzip der dynamischen Arbeitsgestaltung anch Ulich (1978). Er meint damit die Gestaltung von Arbeitsystemen, die der Persönlichkeitsentwicklung des Menschen durch Erweiterung bestehender oder Schaffung neuer Arbeitssysteme und durch die Möglichkeit des Wechsels zwischen verschiedenen Arbeitssystemen Rechnung trägt. Coaching von Individuen und Gruppen als dynamisches Hilfesystem Coaching stellt eine auf die Erhaltung oder Verbesserung der Handlungsfähigkeit gerichtete betriebliche Interventionsform dar, die aus einer Kombination aus verschiedener, unterstützender Problembewältigung und persönlicher Beratung auf Prozessebene für ein breites Spektrum beruflicher und privater Probleme besteht. Hilfe zur Selbsthilfe bzw. Selbstverantwortlichkeit steht stets im Zentrum der Bemühungen. Es können 5 formale Settings für Coaching unterschieden werden. 1) Einzel- Coaching durch einen externen Berater 2) Vorgesetzten -Coaching als entwicklungsorientierte Führung von Mitarbeitern durch Vorgesetzte 3) Gruppen- Coaching von mehreren Personen ohne festgelegten Funktionszusammenhang 4) System- Coaching als Gruppen-Coaching von Personen in einem festgefügten Systemzusammenhang 5) Projekt- Coaching als Sonderfall von System- Coaching (z.b. Einführung in neue Teams)

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 6 Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Coaching in der Personalentwicklung und Psychotherapie Implementationsmodelle Psychologische Leistungen für Betriebe und andere Institutionen generell und klinischpsychologische Programme im speziellen können grundsätzlich nicht drei Modellen organisiert werden als betriebsinterne Programme, als Programme einer unabhängigen vermittelnden Beratungseinrichtung und als Angebot öffentlicher bzw. psychosozialer stellen. Programmentwicklungen Grundsätzlich lassen sich 2 Klassen von Programmen unterscheiden: 1) Beratungs- und Trainingsverfahren als spezifische präventive oder korrelative strukturelle Massnahmen, mit deren Hilfe jeweils bestimmte aktuelle Problemsituationen in der betrieblichen Organisation beseitigt werden sollen. Z.B. Alkoholismusprogramme etc. 2) Vermittlung oder auch Widerherstellung von Grundkomponenten psychischer und auch körperlicher Gesundheit. Konkret: Stress-Management, Gesundheitsverhalten, führungsverhalten, etc. Ein aktuelles Beispiel: Programmentwicklung bei Mobbing

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 7 Von Mobbing wird gesprochen, wenn eine Person systematisch mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr von folgenden Handlungen betroffen ist: Angriffen auf die Möglichkeit, sich mitzuteilen (ständige Kritik) Angriffen auf die sozialen Beziehungen (räumliche oder soziale Isolation) Angriffen auf das soziale Ansehen (Gerüchte) Angriffen auf die Qualität der Arbeit (zuweisen kränkender Arbeiten) Angriffen auf die Gesundheit (Zwang zu gesundheitsschädigenden Arbeiten) Nach Leymann (1993) entwickelt sich Mobbing meist auf der Grundlage konflikthafter betrieblicher Situationen. Für den weiteren Verlauf wird ein Phasenmodell vorgeschlagen, nach dem auf schlechte Konfliktverarbeitung und erste Angriffe (Phase 1) systematische und verdichtete feindselige Massnahmen folgen (Phase 2, eigentliches Mobbing). Hier kommt es auch zu einer Verschlechterung der psychischen und physischen Verfassung der Betroffenen. Dem schliesst sich eine Phase der Rechts- und Machtübergriffe an (3), in der die beeinträchtigte Verfassung der Betroffenen oft als Anlass für Sanktionen dient. Ärztliche und psychologische Fehldiagnosen wirken auf diesen Prozess zurück und verkomplizieren ihn zusätzlich. Ein Teufelskreis etabliert sich. Am Ende steht der Ausschluss der Betroffenen aus dem Betrieb oder der Arbeitswelt, verbunden mit Krankschreibung, Frührente etc. Das Phasenmodell und auch andere denkbare Verläufe legen nahe verschiedene Formen der Intervention bzw. Prävention vorzusehen. Es wird eine Unterscheidung zwischen primärer(prospektiver Arbeitsgestaltung), sekundärer(korrektiver Arbeitsgestaltung) und tertiärer (rehabilitativer Arbeitsgestaltung) Prävention vorgeschlagen. Den hierfür erforderlichen Massnahmen der inner- und ausserbetrieblichen Aufklärung und Kompetenzvermittlung im Vorfeld, des Umgangs mit Risikosituationen und der unterstützenden sozio- wie psychotherapeutischen Massnahmen und weitern beratenden Interventionen wird am ehesten eine innovative Kontakt- und Vernetzungsstelle im Sinne des Service-Center-Modells gerecht, wie sie bereits in einigen Regionen entwickelt wurde.

Perrez & Baumann, Klinische Psychologie 8 Abb. 3 Vernetzung der Aufgabenbereiche eines Mobbing- Kontaktes