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Kapitel 8 Spezielle Relativitätstheorie Die Grundgleichungen in der Physik wie z.b. das Newton sche Gesetz, die Maxwell schen Gleichungen oder die Schrödinger-Gleichung in der Quantenmechanik sind Gesetze, die aufgrund von experimentellem Material postuliert wurden. Sie sind nur so lange exakt richtig, solange sie alle experimentellen Fakten enthalten. Wenn neue Experimente auftreten, müssen diese Gesetze geändert bzw. modifiziert werden. Auf diese Weise lässt sich ein allgemeineres Gesetz finden, welches als Grenzfall wiederum die bisherige Beziehung enthält. Die spezielle Relativitätstheorie, die Albert Einstein 1905 formulierte, ist ein solches Beispiel. Bei sehr großen Geschwindigkeiten, die der Lichtgeschwindigkeit nahe kommen, stimmen die Grundgleichungen der Mechanik nicht mehr mit den experimentellen Tatsachen überein. Durch eine Modifikation der Struktur dieser Gesetze lässt sich eine Übereinstimmung wieder erzielen, so dass sich im Grenzfall wieder die Newton sche Mechanik ergibt. Das Experiment, das der Newton schen Mechanik widersprach, war der Michelson-Versuch, wo gezeigt wurde, dass die Lichtgeschwindigkeit in jedem Inertialsystem dieselbe ist. 8.1 Konstanz der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum Ein System, in dem die Newton schen Gesetze gelten, heißt Inertialsystem. Um die Bewegung eines Körpers darin zu beschreiben, muss ein festes Bezugssystem vorgegeben werden (Ort, Zeit). Dieses Koordinatensystem kann zunächst beliebig gewählt werden, z.b. raumfestes System im starren Körper. Dieses raumfeste Koordinatensystem ist per definitionem so beschaffen, dass in ihm die Newton sche Bewegungsgleichung gilt: m b = m r = K In einem körperfesten Koordinatensystem kommen noch zusätzliche Kräfte hinein, wie z.b. Zentrifugalkraft, Coriolis-Kraft. Theorem: Hat man ein Inertialsystem gefunden, so sind alle dazu mit konstanter Geschwindigkeit bewegten Systeme Inertialsysteme. Der Übergang vom Koordinatensystem K zu K geschieht mit Hilfe der Galilei-Transformation. Galilei-Transformation: 98

x x K r K r z vt z Abb. 8.1: r = r v t r = r v r = r oder b = b Die Beschleunigung ist in beiden Systemen gleich, also gilt die Newton sche Bewegungsgleichung auch in K. Damit ist das Theorem bewiesen. Die Geschwindigkeiten von einem bewegten Bezugssystem und die des betrachteten Körpers sind additiv bezüglich eines ruhenden Systems. Daher ist auch die Lichtgeschwindigkeit in K und K (und in verschiedenen Richtungen) verschieden. Bis zur Jahrhundertwende hatte man angenommen, dass die Lichtgeschwindigkeit c ebenfalls der Beziehung r = r v unterliegt. Dass dies jedoch nicht der Fall ist, bewies das Experiment von Michelson und Morley 1881 in Pasadena. Bis dahin glaubte man an einen sich im Weltraum befindenden Äther, der als elastisches Medium zur Fortpflanzung der transversalen elektromagnetischen Wellen diene. Man ging bei dem Versuch von dem Gedanken aus, dass es ein Koordinatensystem geben müsse, relativ zu dem der Äther sich in Ruhe befinde, also ein raumfestes Koordinatensystem. In diesem System müsste die Lichtgeschwindigkeit in allen Richtungen dieselbe sein, was der Versuch beweisen sollte. Versuchsaufbau: eine Lichtquelle zwei Spiegel; einer in Richtung der Erdbewegung, der andere senkrecht dazu ein halbdurchlässiger Spiegel ein Schirm das alles aufgebaut auf einem rotierenden Tisch. Michelson-Morley Experiment: Da die Erde sich bewegt, sind die vom Licht zurückgelegten Strecken: l + v t = c t 4 4 l t = c v 99

Sp 1 c + v c v halbdurchlässiger Spiegel Quelle Sp Drehung l Schirm Interferenzbilder v = Geschwindigkeit der Erde relativ zum Äther Ätherwind Ätherwind Erde Abb. 8.: l 1 vt 1 ct Sp Abb. 8.3: Die vom Licht auf beiden Wegen zurückgelegte Strecke ist verschieden: t 1 t. t 1 = Zeit für den Weg zu Sp 1 und zurück; t = Zeit für den Weg zu Sp und zurück. Die Geschindigkeit des Lichtes ist im Äther (ruhendes System) gleich c, im bewegten System (Erde) dagegen c v oder c + v, je nachdem ob die Bewegung mit oder entgegen der Strömung verläuft. Hieraus ergibt sich für t 1 : Da v << c: t 1 = l c v + l c + v = l c 1 1 v c t 1 l c ) (1 + v c +... Da sich die Erde in dem Zeitintervall von der Aussendung bis zum Empfang des Lichtes weiterbewegt hat, ergibt sich t mit: c t 4 = l + v t 4 t = l c 1 1 v c Dies entwickelt ergibt: 100

t l ( 1 + 1 v ) c c +... Hieraus ergibt sich der Zeitunterschied: der erwartet wurde. t = t 1 t = l c v c Diese Zeitdifferenz müsste sich in einer Interferenzerscheinung auf dem Schirm zeigen, da sich hieraus sofort ein Unterschied in der Wellenlänge ergibt. Durch die Rotation des Drehtisches müsste sich das Interferenzmuster ändern. Die Rechnung zeigt, dass t zwar sehr klein ist, sich aber doch ein Unterschied zeigen müsste. Beispiel: l = 30 m v = 30 km/sec c = 3 10 10 cm/sec t = 3 ( ) 103 3 10 6 3 10 10 3 10 10 = 10 15 sec Vergleicht man damit die Wellenlänge des gelben Lichts (Natriumlampe): ergibt sich für die Schwingungsdauer T: λ = 6 10 5 cm T = 1 v = λ c = 6 10 5 3 10 10 = 10 15 sec Man sieht, dass sich t um den Faktor 1 von T unterscheidet, also gerade um eine halbe Wellenlänge. Eine Veränderung hätte sichtbar sein müssen. Da dies jedoch nicht der Fall war, bedeutet das, dass die Lichtgeschwindigkeit immer eine Konstante ist, unabhängig vom Inertialsystem. Experiment negativ: daher kein Äther, c konstant Die Erklärung dafür gab 1905 Einstein in seiner speziellen Relativitätstheorie. Betrachtet man eine Lichtquelle mit zwei verschiedenen Koordinatensystemen, so erscheint die Lichtaussendung immer als Kugelwelle. - Eine Schallwelle dagegen erscheint in einem System K, das sich mit v von K fortbewegt, als Ellipsoid (Doppler- Effekt). Das führt zu den Einstein schen Postulaten (1905): x + y + z = c t in K x + y + z = c t in K c bleibt unverändert 1. Relativitätsprinzip: Die Naturgesetze haben in jedem Inertialsystem die gleiche Form: Die Gleichungen, in denen die Naturgesetze ausgedrückt werden, sind invariant gegenüber einer Transformation der Koordinaten und der Zeit von einem System in ein anderes. 101

x x K K z v z Abb. 8.4:. Lichtgeschwindigkeit: Die Lichtgeschwindigkeit (Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wirkung) ist in allen Inertialsystemen gleich c (Vakuum vorausgesetzt). Aus 1. folgt: Ein Beobachter kann niemals durch irgendwelche Messungen herausfinden, ob ein System in Ruhe ist oder sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt. Lediglich die relative Geschwindigkeit gegeneinander kann gemessen werden. Aus. folgt: Die Galilei-Transformation gilt dafür nicht. Sie muss durch die Lorentz-Transformation ersetzt werden. 8. Lichtkegel und Eigenzeit (die mathematische Formulierung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit) Ein Ereignis ist definiert durch den Ort, an dem es stattfindet, und den Zeitpunkt. Ein auf ein Materieteilchen bezügliches Ereignis ist durch die drei Ortskoordinaten und einen Zeitwert definiert. Beobachtet man zwei Ereignisse - das Aussenden eines Lichtstrahls mit P 1 (x 1, y 1, z 1, t 1 ) und der Empfang desselben mit P (x, y, z, t ) - in zwei Bezugssystemen K und K, die sich relativ zueinander mit konstanter Geschwindigkeit v bewegen, so ist der 4-dimensionale Abstand s 1 folgenderweise definiert: P 1 s1 P Abb. 8.5: Andererseits ist der Zeitabstand: s 1 = c (t t 1 ) (x x 1 ) (y y 1 ) (z z 1 ) = c (t t 1 ) = c(t t 1 ) denn hier ist c = v, das ist aber gleich dem räumlichen Abstand: (x x 1 ) + (y y 1 ) + (z z 1 ) (x x 1 ) + (y y 1 ) + (z z 1 ) c (t t 1 ) = 0 = s 1 }{{}}{{} l t 1, 1, Beobachtet man dieses Experiment von K aus, so ist: P 1(x 1, y 1, z 1, t 1) P (x, y, z, t ) 10

Aus der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit ergibt sich für K dieselbe Relation: (x x 1 ) + (y y 1 ) + (z z 1 ) c (t t 1 ) = 0 = s 1 Der Abstand s 1 = s 1 ist invariant gegenüber einem Inertialsystem. Im Allgemeinen ist der Abstand jedoch ungleich Null, positiv oder negativ. x x K l K z z Abb. 8.6: l = x + y + z Betrachtet man den Abstand zwischen zwei infinitesimal benachbarten Ereignissen, so ergibt sich: Alle anderen Werte heben sich auf. P 1 (x, y, z, t) P (x + dx, y + dy, z + dz, t + dt) ds 1 = c (dt) (dx) (dy) (dz) Hier ist ds das Linienelement im 4-dimensionalen Raum, wobei Raum und Zeit korrelieren. Behauptung: Das 4-dimensionale Linienelement ist invariant bezüglich eines Übergangs von K nach K : ds = ds Folgerung: Da der endliche Abstand s 1 als Summe von ds aufgefasst werden kann, gilt: s 1 = s 1 d.h. der Abstand s 1 ist eine invariante Größe in allen Inertialsystemen. Beweis: Da ds und ds infinitesimale Größen derselben Ordnung sind, können sie mit einem Proportionalitätsfaktor a verknüpft werden: ds = a ds a ist gesucht. Wegen der Homogenität des Raumes hängt der Abstand nicht von den Orts- und der Zeitkoordinate v ab, sondern nur von der relativen Geschwindigkeit v. Wegen der Isotropie des Raumes ist auch der Winkel v ohne Einfluss, so dass: 103

a = a ( v ) Betrachten wir drei Systeme K, K 1, K mit v 1 zwischen K K 1 und v zwischen K K, dann gilt: Die Beziehung zwischen ds 1 und ds ist: ds = a(v 1 )ds 1 bzw. ds = a(v )ds Aus dem Vergleich folgt: ds 1 = a(v 1)ds a(v ) a(v 1 ) = a(v 1 ) a(v ) a(v 1 ) = unabhängig vom Winkel v 1 /v a(v 1 ) = abhängig vom Winkel v 1 /v a = konst. = 1 Vergleich mit der Galilei-Transformation: Es gibt keine Korrelation zwischen Raum und Zeit, sondern die Zeit ist absolut, d.h. für beide Systeme eine Konstante. K K l d τ d τ v Abb. 8.7: l = l dt = dt dτ = dτ = dx + dy + dz }{{} invarianter 3-dim. Abstand Folgerungen aus der Invarianz des Abstandes Wegen der Invarianz des 4-dimensionalen Abstandes kann sich sowohl die Zeitdifferenz als auch der räumliche Abstand ändern beim Übergang von K zu K. (x 1, y 1, z 1, t 1 ) (x, y, z, t ). 1. Kann man ein Bezugssystem K finden, in dem beide Ereignisse am selben Raumpunkt stattfinden? t t 1 = t 1 und (x x 1 ) + (y y 1 ) + (z z 1 ) = l 1 und l 1 = 0 104

in K finden beide Ereignisse am selben Raumpunkt statt. Der Abstand in K: Der Abstand in K : s 1 = c t 1 l 1 Wegen der Invarianz des Abstandes ist s 1 = s 1: s 1 = c t 1 l 1 s 1 = c t 1 l 1 = c t 1 > 0 t 1 = s 1 c 0 Man sucht also ein K, in dem l 1 = 0 ist. Man kann diese Transformation nur durchführen, wenn der Abstand s > 0 ist. Einen solchen Abstand zwischen zwei Ereignissen nennt man zeitartig, und wegen seiner Invarianz können Ereignisse mit zeitartigem Abstand nie gleichzeitig stattfinden.. Gibt es ein Koordinatensystem K mit dem Zeitabstand gleich Null, d.h. ein K mit t 1 0 und ein dazugehöriges K mit t 1 = 0? s 1 = c t 1 l 1 = l 1 < 0 Bei einem Abstand kleiner Null spricht man von einem raumartigen (imaginären) Abstand. Es existiert ein Bezugssystem, in dem beide Ereignisse gleichzeitig sind. l 1 = l 1 c t 1 = i s 1 Die bildliche Darstellung nennt man einen Lichtkegel t C x = ct zeitartig absolute Zukunft s 1 > 0 B x = ct s 1 < 0 raumartig raumartig s 1 < 0 x s 1 > 0 absolute Vergangenheit zeitartig C A Abb. 8.8: 4-dimensionale Darstellung: c t x > 0 Ein Ereignis breitet sich also mit Lichtgeschwindigkeit aus. 105

x = ±c t s = c t x Man hat drei Möglichkeiten für den Abstand: Ein Ereignis in B findet später statt als ein Ereignis im Ursprung 0. Ein Ereignis in A findet früher statt als ein Ereignis im Ursprung 0. Es handelt sich in beiden Fällen um zeitartige Ereignisse, so dass wegen der Invarianz des Abstandes immer t 1 > 0 ist. Bei einem Ereignis in C kann man nicht mehr sagen, ob es früher oder später als ein Ereignis in 0 stattfindet, da diese Ereignisse raumartig sind und daher t 1 sowohl größer als auch kleiner als Null sein kann. Früher oder später hängt somit in diesem Fall vom Koordinatensystem ab. Also können solche Ereignisse prinzipiell nicht in einen kausalen Zusammenhang gebracht werden. Zeitartige Ereignisse (in A oder B) können kausal miteinander verbunden werden, da der zeitliche Abstand als Ursache und Wirkung aufgefasst werden kann. Definition der Eigenzeit: Von einem raumfesten System K aus wird eine Uhr in einem bewegten System K beobachtet, das fest mit der Uhr verbunden ist, und somit ebenfalls ein Inertialsystem darstellt. K dt K K bewegt dt K ruhend Abb. 8.9: Wird die bewegte Uhr von K aus mit einer ruhenden Uhr gemessen, so legt diese in der Zeit dt die Strecke dx + dy + dz zurück. Die bewegte Uhr zeigt das Zeitintervall dt an. Aus: ds = c dt dx dy dz = ds ds = c dt dx dy dz = c dt Der unterstrichene Teil enthält keine Änderung, da die Uhr mit K fest verbunden ist. Es folgt daraus: dt = ds c = 1 c dt c dx dy dz dt = dt 1 dx + dy + dz dt c dx da: dt = v dy x; dt = v dz y; dt = v z; dt = dt 1 v c v x + v y + v z = v 106

Durch Integration ergibt sich: t t t 1 = dt 1 v c t 1 Das nennt man die Zeitdilatation. Das bedeutet für die Uhr in unserem Beispiel, dass sie von K aus gesehen langsamer geht. dt ist dann die Eigenzeit des Systems: dt = ds c Die Eigenzeit ist eine Invariante = Lorenz-Skalar. invariant Als Beispiel soll der Zerfall des Myons dienen: Das Myon hat die Masse m = 06 m e und die mittlere Lebendauer τ 0 =, 10 6 sec. Es zerfällt in e +ν µ + ν e. Es wird in der Ionosphäre in etwa 0 km Höhe durch die kosmische Höhenstrahlung erzeugt. Durch Photoplatten, die mit Hilfe von Ballons in die Ionosphäre gebracht wurden, konnte man nachweisen, dass ein Großteil der Myonen auf der Erdoberfläche auftreffen trotz augenscheinlich zu kurzer Lebensdauer. Dieses Phänomen kann man sich mit der Zeitdilatation erklären. Welche Strecke würde ein Myon ohne diesen Umstand bewältigen? Ist die ursprüngliche Anzahl der µ-mesonen = N, so zerfällt dies nach N 0 e t/τ0 : N 0 - Zahl der µ bei t = 0; für t = τ 0 sind nur noch N 0 /e Myonen vorhanden. Die dabei zurückgelegte Strecke beträgt: 10 cm h = c τ 0 = 3 10 sec, 10 6 sec = 660 m Diese Strecke reicht auf keinen Fall zum Auftreffen auf die Erde. Wegen der Zeitdilatation, die bei großen Geschwindigkeiten wirksam wird, gilt aber: Eine Überschlagsrechnung ergibt für v /c = 0, 99. t Myon = t Erde 1 v /c t Erde = 10 t Myon h = 6, 6 km Es kann also doch ein erheblicher Teil der Myonen auf der Erde ankommen. 8.3 Die Lorentz-Transformation Die beiden vorangegangenen Kapitel sollen nun mathematisch formuliert werden. Den Übergang von einem zum anderen Koordinatensystem nennt man die Galilei-Transformation. Sie wird, aufgrund der Relativitätstheorie, ersetzt durch die Lorentz-Transformation. In K zur Zeit = t wird ein Lichtblitz ausgesandt, der sich in K als Kugelwelle ausbreitet. x + y + z = c t (Michelson-Versuch, c = const) x + y + z = c t Auch ein Beobachter in K sieht den Lichtblitz als Kugelwelle. Der 4-dimensionale Abstand zwischen den beiden Ereignissen muss invariant sein. x + y + z c t = x + y + z c t 107

x x K K 0 z v z y y Abb. 8.10: Für t = t = 0 fallen die Ursprünge von K und K zusammen. Der Abstand zwischen zwei Punkten bleibt bei Translation und Rotation konstant, wobei die Translation nur eine Verschiebung des Ursprungs bedeutet, für uns also ohne Interesse ist. Die gesuchte Transformation (Lorentz-Transformation) ist daher eine Drehung (orthogonale Transformation) im 4-dimensionalen Minkowski-Raum. Anstelle der Zeitkoordinate führen wir eine vierte Komponente ein: x 4 = ict; x 4 = ict x 1 = x; x = y; x 3 = z x µ = µ=1 Wir können nun alle Formeln verwenden, die wir bei dem starren Körper für die 3-dimensionale Rotation kennengelernt haben. µ=1 x µ x µ = a µν x ν ν=1 mit der Orthogonalitätsbedingung 4 ν=1 a µνa λν = δ µλ : a µν a t νλ = δ µλ ν=1 a t a = a a t = 1 Mit Hilfe einer räumlichen Transformation kann man v = v z erreichen. Gesucht ist die Transformation, die x µ in x µ überführt. Da alle Koordinaten außer z konstant sind, gilt: x 1 = x 1; x = x ; z z; t t Transformationen, bei denen keine räumliche Rotation mehr enthalten ist, nennt man reine Lorentz-Transformationen. x µ = x 1 x x 3 x 4 = Hier gibt es nur eine Kopplung zwischen x 3 und x 4 : x µ = x 1 x x 3 x 4 = a 11 a 1 a 13 a 14 a 1......... a 31......... a 41...... a 44 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 a 33 a 34 0 0 a 43 a 44 x 1 x x 3 x 4 x 1 x x 3 x 4 108

Diese vier Größen, die die z- und die t-achse verbinden, sind nun zu bestimmen. Die orthogonalen Relationen sind: a µν a λν = δ µλ ν=1 Daraus ergeben sich folgende drei Gleichungen: (1) a 33 + a 34 = 1 () a 43 + a 44 = 1 (3) a 33 a 43 + a 34 a 44 = 0 Gesucht wird noch eine vierte Beziehung für die 4. Unbekannte; dazu wird der Ursprung 0 in K betrachtet. Es gilt: Andererseits gilt: x 3 = 0 x 3 = a 33 x 3 + a 34 x 4 x 3 mit: = vt = icvt ic = v ic ict }{{} x 4 = i v c ict = iβx 4 β = v c Für 0 in K daher: x 3 = a 33( iβx 4 ) + a 34 x 4 = 0 ( iβa 33 + a 34 )x 4 = 0 a 34 = iβa 33 Damit ist das Gleichungssystem der vier Unbekannten vollständig bestimmt. a 33 + (iβa 33 ) = 1 = a 33 β a 33 ±1 a 33 = Hierbei wird nur die positive 1 betrachtet, denn für v << c ist β = 0 und der Gesamtausdruck dann +1. Für diesen Fall v << c gilt wieder die Galilei-Transformation mit: 1 0 0 0 1 0 0 0 1 Bei positiven Vorzeichen für β 0 erhält man die Einheitsmatrix und somit die eigentliche Lorentz-Transformation (Rotation). Negatives Vorzeichen bedeutet eine Spiegelung: Daraus folgt: x 3 x 3 109

Die anderen Unbekannten ergeben sich jetzt zu: Det A = +1 a 34 = iβ a 34 a 43 = a 44 iβ = iβa 44 = iβ a 33 a 44 = 1 Ein System, das sich entlang der z-achse mit der Geschwindigkeit v bewegt, hat also folgende Transformationsmatrix: a µν = 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 iβ 0 0 1 β iβ 1 β 1 β 1 1 β Die Anwendung der Lorentz-Transformation erfolgt nun dadurch, dass die Koordinaten des bewegten Systems durch die Koordinaten des ruhenden Systems ausgedrückt werden. x = x; y = y; z = z vt ; t = t vz c Als Grenzfall v c 0 β = 0 Galilei-Transformation: x = x; y = y; z = z vt; t = t Die Umkehrtransformation, die die Koordinaten des unbewegten Systems durch die des bewegten Systems ausdrückt, lautet: x µ = ν ã µν x ν für v = v z Vom gestrichenen System aus bewegt sich K mit v z. Daraus ergibt sich die Transformationsmatrix mit: ã µν = 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 β iβ 1 β iβ 1 β 1 1 β Aus der Lorentz-Transformation ergeben sich vier wichtige Folgerungen: 1. Bei v << c geht die Lorentz-Transformation über in die Galilei-Transformation mit z = z vt und t = t.. Seien zwei Ereignisse gegeben mit P 1 (z 1, t 1 = t) und P (z, t = t), die somit in K gleichzeitig sind. Vom gestrichenen System K aus erscheinen sie als: P 1 (z 1, t 1 ) : P (z, t ) : t 1 = t vz1 c t = t vz c Das heißt, dass zwei Ereignisse, die in K gleichzeitig ablaufen, in K nicht mehr gleichzeitig sind. 110

3. Lorentz-Kontraktion: Betrachtet man einen Stab (siehe Fig. 8.11) in K, so ergibt sich für den Beobachter in K : z 1 = z 1 + vt und z = z + vt Damit ist die Länge des Stabes: z 1 z = l = z 1 z l = z 1 z < z 1 z Vom bewegten System aus betrachtet, ist der Stab verkürzt, seine Länge hat sich geändert. z 1 l z z Abb. 8.11: 4. Zeitdilatation: In K wird am Ort x, y, z eine Uhr betrachtet, deren Messung die Zeitdifferenz t = t t 1 ergibt. Führt man dieselbe Messung von K aus durch, so ist: t = t t 1 t 1 = t 1 + v c z t = t + v c z t = t t 1 = t t 1 = t t = t Die Uhr im bewegten System geht langsamer als eine Uhr im ruhenden System. 8.4 Vierervektoren Wir haben gesehen, dass wir die Zeitkoordinate formal als 4. Komponente x 4 = ict in einem 4-dimensionalen Raum auffassen können, neben den drei üblichen Raumkoordinaten. Der Übergang von einem System K in ein mit konstanter Geschwindigkeit bewegtes System K wird als Drehung im 4-dimensionalen Raum beschrieben. x µ = x µ = a µν x ν ν=1 a t µν x ν ν=1 Die x µ fasst man als Komponenten eines Vektors im 4-dimensionalen Raum auf. Das Quadrat der Länge des Vektors x + y + z c t = µ x µ ist invariant gegenüber der Drehung. Diesen Vektor nennt man den 4-dimensionalen Radiusvektor. x 1 = x; x = y; x 3 = z; x 4 = ict Analog zum 3-dimensionalen Fall werden nun die Vierervektoren definiert. 111

Definition: Die Gesamtheit von vier Größen A 1, A, A 3, A 4, die sich bei der Transformation des 4-dimensionalen Koordinatensystems wie die Komponenten x i ändern, nennt man Vierervektoren. A µ = ν a µν A ν Die ersten drei Komponenten nennt man die räumlichen, die vierte die zeitliche Komponente, die in der Regel imaginär ist. Definition des Viererskalars: Eine Größe φ, die invariant ist unter der Lorentz-Transformation nennt man einen Vierer- oder Lorentzskalar. A µ B µ = A B = µ=1 A µ B µ Das Gleichheitszeichen gilt, da A B ein Skalar ist und damit invariant. Beweis: Ersetzt man A : µ=1 A B = µ,ν,λa µν A ν a µλ B λ = ν,λ = ν a µν a µλ A ν B λ µ=1 } {{ } δ νλ A ν B ν für λ = ν Beispiel: s = s = 4 µ=1 x µ ist invariant, da es ein Skalarprodukt ist. Auch die Eigenzeit ist ein Lorentz-Skalar, da sowohl ds als auch c Skalare sind. dτ = ds c = dt In den folgenden Beispielen sollen lateinische Indizies für 3-dimensionale und griechische für 4-dimensionale Vektoren stehen. 8.4.1 Die Vierergeschwindigkeit Der gewöhnliche 3-dimensionale Geschwindigkeitsvektor kann mit der Vierergeschwindigkeit u µ = dxµ dτ mit dτ = dt zu einem 4-dimensionalen Geschwindigkeitsvektor erweitert werden. Die Vierergeschwindigkeit ist auf jeden Fall ein Vierervektor, da bereits x µ einer ist und die Eigenzeit dτ ein Skalar ist. u 1 = v 1 ; u = v ; u 3 = v 3 ; u 4 = ic Im Grenzfall v c = β 0 erhalten wir aus den ersten drei Komponenten die 3-dimensionale Geschwindigkeit. µ u µ = v 1 + v + v 3 c 1 v /c = c 1 v /c 1 v c = c < 0 Da die Norm des Vektors negativ ist, hat man hier einen zeitartigen Abstand. 11

8.4. Der 4-dimensionale Gradient Definiert man den 4-dimensionalen Gradienten in Analogie zum 3-dimensionalen Gradienten, so ist zu zeigen, dass die vier Operatoren: x 1 ; x ; der Definition des Vierervektors genügen und somit auch Vektoren sind. Dazu haben wir zu zeigen, dass sie sich wie die Ortskoordinaten transformieren beim Übergang von K nach K. x 3 ; x 4 x µ x ν x µ = ν x ν u µ = a t νµ ν x ν a t νµ da: x ν = λ = x ν x µ s t νλ x λ Da a t νµ = a µν folgt: x µ ν a µν x ν Das ist die Definition für einen 4-dimensionalen Vektor. Im 3-dimensionalen Fall ergab sich aus dem Skalarprodukt des Gradienten = = x + y + z der Laplace-Operator, also ein Skalar. Analog dazu erhält man im 4-dimensionalen Raum den Quadratoperator: x µ x µ Man nennt den Operator auch den D Alembert-Operator. Kovariante 4-dimensionale Formulierung (Kovarianz unter Lorentz-Transformation) x µ = = x + y + z 1 c t Definition der Kovarianz (klassische Mechanik) Da im Raum keine Richtung ausgezeichnet ist, müssen alle Grundgesetze invariant sein gegenüber einer Rotation der räumlichen Koordinaten. Dies erfordert, dass die Gleichungen kovariant sind gegen 3-dimensionale orthogonale Transformationen, das heißt, dass die einzelnen Glieder einer Gleichung Tensoren vom selben Rang sind. E = T + U ist ein Skalar, bzw. Tensor vom Rang 0 F = m b ist ein Vektor, bzw. Tensor vom Rang 1 Bei einer Rotation bleibt der Rang des Tensors erhalten. Bei Skalaren ist das ersichtlich, für einen Vektor gilt: F = m b bzw. F = m b Aus F i = m b i folgt F i = m b i ; jede Komponente der Vektoren F und b ändert sich, aber auf beiden Seiten in derselben Weise. Deshalb gelten dieselben Beziehungen zwischen den transformierten Komponenten, wie für die ursprünglichen. Diese Eigenschaft nennen wir Kovarianz. Die Gesetze der klassischen Mechanik waren kovariant gegenüber einer 3-dimensionalen Rotation. Da aber die Lorentz-Transformation ein übergeordnetes Gesetz darstellt, das als Grenzfall die Galilei-Transformation enthält, müssen alle Grundgesetze auch invariant gegenüber einer 4-dimensionalen Rotation sein beim Übergang von einem Inertialsystem in ein anderes. 113

Ein Beispiel dafür ist die Wellengleichung. Die Gleichung, die die Ausbreitung von Wellen aller Art beschreibt (Wasserwellen, elektromagnetische Wellen) lautet: ( = ψ 1 ψ c t x + y + z 1 c t ) ψ = 0 = 0 = ψ Unter der Voraussetzung, dass ψ ein Lorentz-Skalar ist, erkennt man, dass die Wellengleichung invariant bei einer Lorentz-Transformation ist, da ein Lorentz-Skalar ist. Nicht Lorentz-invariant ist z.b. die Schrödinger- Gleichung, da dort die Zeit nur einmal abgeleitet wird. 8.5 Relativistische Newton sche Bewegungsgleichung Man sucht nach einer Verallgemeinerung der Newton schen Gleichungen, die invariant bei einer Lorentz-Transformation sind. In der Newton schen Mechanik gilt: d dt (m v i) = K i i = 1,, 3 d dt = Skalar v i = V ektor Für die Verallgemeinerung müssen wir fordern, dass für v << c die räumlichen Komponenten sich zu der obigen Gleichung reduzieren. Man sucht eine Verallgemeinerung mit der Vierergeschwindigkeit u µ v und der Eigenzeit d dτ, die ein Lorentz-Skalar ist. Ansatz: d dτ (m u µ) = K µ µ = 1,, 3, 4 K = Minkowski-Kraft für v << c K µ K i (i = 1,, 3) Bestimmung von K µ : Wir benötigen die relativistische Verallgemeinerung der drei räumlichen Kraftkomponenten und die vierte Komponente. Definition: Die Kraft (3-dimensional) ist die zeitliche Änderung des Impulses. Dies gilt für alle Inertialsysteme: dp i dt = K i i = 1,, 3 Im Allgemeinen ist hier p i mv i. Durch Vergleich mit unserem relativistischen Vierer-Ansatz erhalten wir p i und K i. Für die ersten drei Komponenten erhalten wir: d dτ (m u µ) = K µ d dt m v i = K i 1 β Durch Vergleich ergibt sich für die Impulskomponenten und für die Minkowski-Kraft: p i = m v i K i = K i Für kleine Geschwindigkeiten gehen diese Ausdrücke wieder in die alte Form über. Gesucht ist die vierte, die zeitliche Komponente von p i und K i. 114

d u µ dτ (m u µ) = µ µ=1 d dτ m µ=1 u µ }{{} c = 0 = µ ( ) d m dτ u µ = µ K µ u µ K µ u µ Dieses Ergebnis entsteht, da die zeitliche Ableitung der Konstanten c verschwindet. Zusammen mit den Ergebnissen für K i und u µ folgt: µ=1 K µ u µ = K v + ic K 4 = 0 denn K v 1 β war: K v K 4 = i c K v Wird dies in den Ansatz für die Bewegungsgleichung eingesetzt, ergibt sich für die vierte Komponente der Gleichung: d dt ( 1 d dt ) mic mc = i c = K v K v = d dτ p 4 Was bedeutet K v für ein freies Teilchen? Für ein freies Teilchen ist die kinetische Energie gleich der Gesamtenergie. Oben eingesetzt ergibt: K v = m v v = d dt m v = d dt T = d dt E d dt m c = d dt E und durch Integration: E = m c Damit ergibt sich die vierte Komponente p 4, der relativistische Impuls: p 4 = i E ( c m v p µ = ; i E ) c Bisher haben sich alle relativistischen Größen für den Fall v << c auf die entsprechenden Größen der klassischen Mechanik reduziert. Entwickelt man die Wurzel, so ergibt sich: 115

1 = 1 + 1 E mc + 1 mc v c = mc v c ( 1 + 1 = mc + 1 mv Das bedeutet, dass die Energie eines Teilchens, wenn v 0 geht, nicht Null wird, sondern mc, die Ruheenergie, noch erhalten bleibt: v ) c E 0 = m c Die Anwendung dieser Formel ist vielfältig, z.b. vernichten sich Elektronen und Positronen unter Aussendung von γ-strahlen, und umgekehrt ist es möglich, aus Energie Masse zu gewinnen (Paarerzeugung, Paarvernichtung, Atombombe, Atomreaktor). Mit Hilfe des relativistischen Impulses ergibt sich der relativistische Energiesatz: p µ p µ = m u µ u µ = m c = p E c µ=1 µ=1 E = p c + m c 4 8.6 Lagrange- und Hamilton-Funktion in der relativistischen Mechanik In diesem Abschnitt wollen wir die in der relativistischen Mechanik gültigen Lagrange- und Hamilton-Funktionen herleiten. Wir gehen von der relativistischen Bewegungsgleichung aus. d dt p i = K i i = 1,, 3 mit: p i = m v i d dt mv i V ( r) = K i = x i Die Kräfte sollen von einem Potential ableitbar sein, das nur von r abhängt. Man sucht nun eine Funktion L, für die die Euler-Lagrange-Gleichungen, die aus dem Variationsprinzip: t δ S = δ L dt = 0 t 1 folgen, mit den obigen Bewegungsgleichungen übereinstimmen. ( d L dt d m v i dt ) v i L x i = 0 K 1 β i = 0 } sollen übereinstimmen (i = 1,, 3) Durch Vergleich und Integration folgen: L v i = L m v i = mc 1 = mc V ( r) 1 ( ) v i c = m v i Bei der Hamilton-Funktion müssen die Geschwindigkeiten durch die Impulse ersetzt werden. 116

H = E = 3 q i p i L i=1 mit: p i = m v i ; q i v i H = H = 3 i=1 v i m v i + mc + V ( r) }{{} = L m c + V ( r) Wird v durch p ersetzt, ergibt sich: Eingesetzt in H ergibt: p = m v 1 v c p c = m v /c 1 v /c p c p c v /c = m v /c p c = v c v c = v c = ) (m + p p /c m + p /c p m c + p c H = H 1 m c + V = p m c +p = c m c + p + V ( r) m c m c + p m c + p p + V Für v << c ergibt sich bei der Wurzelentwicklung wieder der klassische Fall bis auf die Ruheenergie. H mc ( 1 + 1 p ) m c + V ( r) = mc + 1 p m + V ( r) Aus der Beziehung für Impuls und Energie folgt eine weitere wichtige Beziehung durch Erweitern von p mit c : p = E = c m v c m c p = E v c In den ersten beiden Gleichungen ist für v c p und E, d.h. ein Teilchen mit endlicher Ruhemasse kann sich nicht mit Lichgeschwindigkeit bewegen. In der Formel p = E v c tritt die Masse nicht mehr explizit auf, das bedeutet, dass es keine Beschränkung auf Teilchen mit endlicher Masse gibt. Ist die Ruhemasse = 0, so kann ein solches masseloses Teilchen mit c fliegen (Photonen). Dafür gilt: 117

m = 0; v = c Betrag des Impulses: p = E c 118