Amusie Neurokognition von Hören und Sprache Dr. rer. nat. M. Meyer Ivana Pavlovic und Nadia Mock

Transkript

1 Neurokognition von Hören und Sprache Dr. rer. nat. M. Meyer Ivana Pavlovic und Nadia Mock

2 E rworbene Erworbene Angeborene Inhalt Angeborene Amus ie

3 E rworbene Definition Tonhöhenunterschiede zwischen Tönen (höhere Schwelle) Angeborene Amus ie Richtung der Tonhöhenänderung Unterscheidung von nicht-musikalischen Tonsequenzen anhand der Tonkontur

4 Musikverarbeitung ETon rworbene Trommelfell komplexe Kaskade von mechanischen, chemischen und neuronalen Ereignissen in Cochlea, Angeborene Amus ie Hirnstamm, Mittelhirnkerne und Kortex Wahrnehmung Verarbeitung muss eine interne Repräsentation eines Inputs generieren, die es erlaubt, den Stimulus vom Hintergrund zu unterscheiden Analyse, Erkennung, Handlung. Musik ist kognitiv einzigartig, keine generelle Tonverarbeitung

5 E rworbene Angeborene Amus ie Musik vs. Sprache

6 E rworbene Patientenstudien Gehirn und Läsionen sind interindividuell unterschiedlich Rezeptiv und expressiv Angeborene Amus ie 70% der Schlaganfallpatienten (häufiger als Aphasien) Nebst den kortikalen Arealen können auch beeinträchtigte Konnektionen als Ursache gelten Prämorbide musikalische Fähigkeiten sind entscheidend und häufig nicht dokumentiert

7 E rworbene The premorbid singing showed very good pitch and Angeborene Amus ie rhythm while her postmorbid singing was severely disturbed, sounding out of tune. Fallbeispiel 1 Murayama, J., Kashiwagi, T., Kashiwagi, A. & Mimura, M. (2004).

8 Methode Tonhöhen und Rhythmen von Songs wurden analysiert E rworbene Angeborene Amus ie Die absolute Abweichung der produzierten grundlegenden Frequenz von der definierten Frequenz wurde berechnet (DAPI) Tonhöhenabweichung Die absolute Abweichung der produzierten Dauer zwischen Tönen von der definierten Dauer wurde berechnet (DAR) Rhythmusabweichung

9 E rworbene Angeborene Amus ie Resultate

10 E rworbene Fallbeispiel 2 music does not sound right to me, there is something wrong with time, because I don t follow rhythm as before Angeborene Amus ie Di Pietro, M., Laganaro, M., Leemann, B. & Schnider, A. (2004)

11 E rworbene Normale Erkennung von Instrumenten und Liedern Normales Singen und Notenlesen Resultate Angeborene Amus ie Beeinträchtigte Rhythmuswahrnehmung

12 Melodie vs. Zeit EMelodie rworbene entsteht durch Tonhöhenvariation, Rhythmus durch zeitliche Variation Angeborene Melodie und Zeit Amus werden iegetrennt verarbeitet doppelte Dissoziation Melodische Dimension: Intervall (Unterschied in Tonhöhe zwischen zwei aufeinander folgenden Tönen) melodische Kontur (allgemeiner Tonhöhenverlauf) Zeitliche Dimension: Rhythmus (relative Dauer von Einheiten) Takt

13 E rworbene Global vs. lokal Globale Verarbeitung: melodische Kontur und Takt Lokale Verarbeitung: Intervall und Rhythmus Peretz 1990: Angeborene Amus ie Läsion links temporal führt zu Beeinträchtigungen in der lokalen melodischen Verarbeitung (Intervall), aber nicht zu globalen melodischen Problemen (melodische Kontur) Läsion rechts temporal: Intervall intakt, Kontur geschädigt (?). Links und rechts hemisphärische Läsionen beeinträchtigten Rhythmusverarbeitung

14 E rworbene Angeborene Amus ie Modell der Musikverarbeitung

15 E rworbene Angeborene Amus ie

16 E rworbene Take-Home Massage Musik ist kognitiv einzigartig, keine generelle Tonverarbeitung Angeborene Es gibt jedoch eine Amus funktionelle ie Unabhängigkeit der musikalischen Komponenten Rechte Hemisphäre scheint weniger Einfluss auf Rhythmus zu haben als auf Tonhöhe Die zerebrale Asymmetrie welche in der melodischen Dimension gefunden wurde, konnte in der rhythmischen Wahrnehmung nicht einheitlich repliziert werden Enkodierung von Rhythmus erfolgt modalitätsspezifisch

17 Congenital Amusia Oliver Sacks:

18 Congenital Amusia Synonyme: angeborene, Tontaubheit, Melodietaubheit, Dysmelodia Lebenslanges Defizit in der Musikwahrnehmung und Musikproduktion (4%) Kann nicht durch mentale Retardierung, intellektuelle Defizite, Taubheit, fehlender Aussetzung zur Musik oder perinatalen Störungen des Gehirns erklärt werden Problem: sequentielle Tonhöhenverarbeitung (Takt und Rhythmus?) Sprachlich keine Defizite -> Prosodie intakt;

19 Congenital Amusia 1) Prosodie intakt, Tonhöhenwahrnehmung defizitär warum? 2) Takt und Rhythmus? Annahmen (Peretz und Hyde 2003) Prosodie: grössere Tonhöhenveränderungen Kompensatorische Mechanismen (z.b. Intensität) Timing ist normal! Die gefundenen Abweichungen sind auf die Tonhöhenverarbeitung zurückzuführen

20 Die Testung Montreal Battery of Amusia Evaluation: Pitch contour Tonleiter Tonintervalle Rhythmus Takt Gedächtnis => 2 SD

21 EEG: EKP N2-P3: Pitch-Defizit Peretz et al. 2005

22 VBM: Die strukturellen neuronalen Korrelate der congenitalen rifg (Pars Orbitalis - BA 47): WM, GM Hyde et al. 2006

23 Cortical Thickness Hyde et al rifg: GM - BA 47, 11 rstg: GM - BA 22

24 Cortical Thickness Negative Korrelation: Dicke der GM und Test Score in MBEA Hyde et al. 2007

25 Fasciculus Arcuatus Assoziationsbahnen verbinden temporale und frontale Areale der rezeptiven und expressiven Sprach- bzw. Tonverarbeitung bidirektional

26 DTI pstg pmtg pifg rfa superior: nicht identifiziert! laf inferior rfa superior lfa superior rfa inferior a) Kontrollgruppe b) Amusiker Loui et al. 2009

27 DTI Loui et al reduziertes Volumen im FA-Trakt; FA-Konnektivität!

28 Annahmen Pitchverarbeitung: nature vs. nurture Kortikale Entwicklung: Zellmigration und Proliferation Genetische Mutation -> neuronale Konnektivität Heritabilität: 39% Verwandte ersten Grades (Peretz et al. 2007) Zwilingsstudie (Peretz et al. 2007) 70-80% (Drayana et al. 2001)

29 Take-Home Massage Congenitale : GM + WM Dyskonnektivitätssyndrom - rfa superior nicht identifiziert Volumenasymmetrie in AF: links > rechts bei beiden Gruppen, grösser bei N2-P3: Hinweis auf Defizit in der Tonhöhenverarbeitung Es gibt kortikale Anomalie! Geteilte Gene > geteilte Umwelt pstg: Ursprung der Störung

30 Florence Jenkins:

31 E rworbene Fragen Welches sind die zwei doppelten Dissoziationen, von denen im Vortrag gesprochen wurde? Angeborene Amus ie Wie kann es sein, dass ein Patient keine Rhythmuswahrnehmung hat, jedoch einen visuell vorgegebenen Takt klopfen kann? Warum kann ein Patient mit einem Infarkt links im superioren Temporallappen Lieder anhand von Melodien erkennen, aber Unterschiede in einzelnen Tonhöhenintervallen schlecht wahrnehmen? P3 ist die exogene Komponente, die erklären kann. P3 wird im auditorischen Cortex registriert. P3 entsteht aufgrund der defizitären Funktion des auditorischen Cortex. A1 ist intakt bei Amusikern. Stimmt das? Gibt es Beweise dafür? Wie viele Musikzentren gibt es im Gehirn?