Artenschutzrechtliche Prüfung zum Bebauungsplan D 157 Erweiterung Nelkenweg, Stadt Emden Matthias Bergmann, Dipl.-Ing.
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1 Artenschutzrechtliche Prüfung zum Bebauungsplan D 157 Erweiterung Nelkenweg, Stadt Emden Matthias Bergmann, Dipl.-Ing. Landespflege Krummackerweg 16 a, Aurich / Ostfriesland Februar 2017
2 Auftragnehmer: Matthias Bergmann, Dipl.-Ing. Landespflege Krummackerweg 16 a Aurich / Ostfriesland Tel Mobil bergmann@natur-ostfriesland.de Inhalt 1. Einleitung 3 2. Ergebnisse der Bestandserfassung 5 3. Artenschutzrechtliche Prüfung 9 4. Literatur 10 2
3 1. Einleitung In der Stadt Emden ist im Bereich der alten Gärtnerei ein neues Baugebiet geplant. Innerhalb des Bebauungsplanes D 157 liegen das Gärtner-Wohnhaus mit Garten, mehrere Gewächshäuser und ein größerer Baumbestand. Dabei handelt es sich weitestgehend um einen Koniferenbestand (Fichten, Tannen, Lärchen), wobei auch hier z.t. große, ca Jahre alte Bäume im Bestand vorkommen. Zum Stadtwald ist das Gelände mit einer naturnahen Feldhecke aus Hasel, Erle, Weide u.a. Laubgehölzen abgegrenzt. Im großen Garten des Gärtnerhauses stehen u.a. einige sehr große Nordmanntannen, eine Kastanie und eine große Blutbuche. Durch den Bebauungsplan wird neben der Bebauung der Gärtnerei auch grundsätzlich die Überbauung des Gartengrundstücks ermöglicht. Da das UG planerisch als Bebauungsplan der Innenentwicklung nach 13a Baugesetzbuch eingestuft wird, ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich. Da sich auf dem Grundstück jedoch auch einige ältere Bäume befinden, hat die Stadt Emden eine artenschutzrechtliche Prüfung in Bezug auf Fledermaus- und Eulenvorkommen eingefordert. Zudem sind Bäume (z.b. Buche, Kastanie, Kiefer, Lärche) mit einem Stammumfang von 120 cm nach der Baumschutzsatzung geschützt. Abb. 1: Lage des geplanten B-Planes D 157, östl. und südl. der Emder Stadtwald 3
4 Abb. 2: Bebauungsplan D 157 Im Abschnitt 3 des Bundesnaturschutzgesetzes ( ), sind die Bestimmungen zum Schutz und zur Pflege wild lebender Tier- und Pflanzenarten festgelegt. Neben dem allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen ( 39) sind im 44 strengere Regeln zum Schutz besonders und streng geschützter Arten festgelegt. In diesem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag werden die Bestimmungen des besonderen Artenschutzes nach 44 Abs. 1 BNatSchG behandelt. Nach 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote), 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4.wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. Sofern die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätte oder der Standorte wild lebender Pflanzen im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden kann, führt dies zu einer Teilfreistellung von den Verboten des 44 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG. Ein Verstoß gegen das Verbot liegt nicht vor, wenn die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. In so einem Fall würde entsprechend auch keine artenschutzrechtliche Ausnahme nach 45 erforderlich. Von Bedeutung ist, dass die Funktion der Lebensstätte für die Populationen der betroffenen Arten kontinuierlich erhalten bleibt. Kann dies bestätigt werden oder durch Vermeidungsmaßnahmen oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen erreicht werden, ist keine Ausnahmegenehmigung erforderlich. Geht die Funktion der Lebensstätte dauerhaft verloren oder wird sie 4
5 zeitlich begrenzt derart unterbrochen, dass dies für die Populationen der relevanten Arten nicht tolerabel ist, ist von einem Verbotstatbestand auszugehen. Kann die Lebensstätte als solche ihre Funktion bei einer Beschädigung weiter erfüllen, weil nur ein kleiner, unerheblicher Teil einer großräumigen Lebensstätte verloren geht ohne dass dieses eine erkennbare Auswirkung auf die ökologische Funktion bzw. auf die Population haben wird, ist keine Ausnahmegenehmigung erforderlich. 2. Ergebnisse der Bestandserfassung Im Rahmen dieser artenschutzrechtlichen Prüfung werden die nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützten Arten gemäß 7, Abs. 2, Nr. 14 betrachtet, hier jedoch nur die Gruppe der Fledermäuse (zusätzlich Anhang IV der FFH-Richtlinie) sowie Greife und Eulen betrachtet. Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen sind ihre Quartiere. Die potenziellen Tagesquartiere von Spalten bewohnenden Arten gelten nach der derzeitigen Diskussion nicht als zentrale Lebensstätten und damit nicht als Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Sinne des 44 BNatSchG, denn sie sind i.d.r. so weit verbreitet, dass praktisch immer ausgewichen werden kann. Jagdgebiete gehören nicht zu den in 44 aufgeführten Lebensstätten, jedoch können sie für die Erhaltung der ökologischen Funktion der Fortpflanzungsstätten Bedeutung erlangen. Das trifft dann zu, wenn es sich um besonders herausragende und für das Vorkommen wichtige limitierende Nahrungsräume handelt. Bei den Greifen und Eulen sind insbesondere Vorkommen von Horstbäumen zu betrachten. Eulen benötigen darüber hinaus geschützte Tageseinstandplätze, während die Nahrungsreviere auch weiter außerhalb liegen können. Sowohl die Hoste als auch die Tageseinstände von Eulen werden bevorzugt in größeren und gut geschützten, wenig einsehbaren Bäumen angelegt bzw. eingenommen. Das UG wurde am nachmittags nach geeigneten Fledermausquartieren abgesucht und nach Sonnenuntergang versucht, mit einer Klangattrappe Eulen zu erfassen. Es wurden mind. in vier Bäumen größere Nester gefunden (s. Abb. 3, 4 + 5), die als Horste für Greife bzw. Eulen geeignet wären. Dabei ist zu beachten, dass insbesondere in den zahlreichen hohen und dicht bewachsenen Koniferen Nester in den Baumwipfeln nur schwer zu erkennen sind. An zwei Stellen wurden am Boden Gewölle gefunden, die auf Eulenvorkommen hinweisen (Abb. 6). Bei der nächtlichen Beobachtung konnte dann auch eine Waldohreule angelockt werden, die über dem Baumbestand einen Balzflug mit dem typischen Flügelklatschen ausführte. Die anderen Horste können auch von Krähen stammen, wobei ein Horst auch vom Sperber genutzt werden könnte. In den Nadelgehölzen konnten keine Spechthöhlen oder sonstige Spalten oder Höhlungen entdeckt werden. In dem randlichen Laubgehölzstreifen konnten mind. 2 Spechthöhlen gefunden werden (s. Abb. 3, 7 + 8), allerdings keine direkten Fledermausnachweise. 5
6 Abb. 3: Auf dem vergrößerten Luftbild ist der Baumbestand gut zu erkennen, die roten Punkte markieren die Standorte der gefundenen, größeren Nester, die orangenen alte Spechthöhlen Abb. 4: Horst in einer alten Kiefer 6
7 Abb. 5: Potentielles Sperbernest in einer Fichte (hier wurden auch Kabelbinder eingebaut) Abb. 6: Eulengewölle Eulen sind Standvögel, die ganzjährig ihre Reviere besetzt halten. Waldohreulen können je nach Wetterverlauf schon Mitte März mit der Brut beginnen, während die Balz im Februar beginnt. Greifvögel wie Mäusebussard, Habicht, Sperber und Turmfalke, die alle potentiell im UG brüten können, beginnen hingegen zumeist erst ab Mitte April mit der Brut. 7
8 Abb : potentielle Fledermaushöhlen in alten Weiden (Salix) Abb. 10: Alte Feldhecke an der Ost- und Südseite zum Stadtwald 8
9 3. Artenschutzrechtliche Pru fung Durch das Vorhaben gehen potenzielle Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Fledermäusen, Greifvögeln und Eulen verloren. Nach der aktuellen Planung ist nicht vorgesehen, vorhandene Gehölzstrukturen zu erhalten (s. Abb. 2). In der unmittelbaren Umgebung (Siedlungsgebiet, Stadtwald) sind derzeit keine geeigneten, älteren Baumbestände vorhanden. Aufgrund der naturräumlichen Situation der Eingriffsfläche mit dem älteren Gehölzbestand und den umgebenden Siedlungsstrukturen mit Gärten und dem Stadtwald sind grundsätzlich Fledermäuse wie z.b. die Breitflügelfledermaus zu erwarten. Aufgrund der frühen Jahreszeit waren allerdings keine Nachweise möglich. Grundsätzlich gehen durch den Eingriff keine Nahrungsräume in so bedeutendem Umfang verloren, dass es zum Funktionsverlust eventuell vorhandener, benachbarter Fortpflanzungsstätten kommt. Mit der älteren Baumbestand geht allerdings eine teilweise naturnahe und strukturreiche Fläche verloren, die grundsätzlich durch ihren Insektenreichtum für Fledermäuse attraktiv ist. Insbesondere der alte Nadelbaumbestand stellt sehr gut geeignete Habitatstrukturen für Waldohreule und Sperber dar. Prüfung des Eintretens der Verbote nach 44 Die zutreffenden Sachverhalte werden dem Wortlaut des 44 (1) BNatSchG stichwortartig gegenübergestellt. Nach 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten (Zugriffsverbote) 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, a. Dieses Verbot wird im Hinblick auf Fledermäuse nicht verletzt, da keine Fledermäuse durch das Vorhaben betroffen sind. Bei Baumfällungen besteht jedoch die Gefahr, dass Waldohreulen, die sich tagsüber in den Bäumen verstecken, betroffen sein können. 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, b. Dieses Verbot wird hinsichtlich der Fledermäuse und Vögel nicht verletzt, da die Baumfällungen außerhalb der Fortpflanzungs- und Aufzuchtzeiten erfolgt. Überwinternde Fledermäuse konnten nicht gefunden werden. Trotzdem besteht die Gefahr, dass Winterquartiere übersehen wurden. Das potentielle Nahrungsangebot wird durch die Überbauung der naturnahen Brache allerdings eingeschränkt. 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, c. Für Greife und Eulen werden durch die Wegnahme der Gehölze wichtige Niststätten entfernt. Die potenziellen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Fledermäusen in den Baumhöhlen sollen ebenfalls entfernt werden. 4. Wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören. d. Geschützte Arten wurden nicht gefunden und sind derzeit nicht zu erwarten. 9
10 Durch die geplante Bebauung im Untersuchungsgebiet sind Verluste aktueller Horststandorte für die Waldohreule zu erwarten. Zudem werden potentielle Horstbäume für Greifvögel wie den Sperber sowie potentielle Fledermausquartiere entfernt. Die Planung sollte daher nochmals dahingehend überdacht werden, ob nicht ein Teil des Baumbestandes erhalten werden kann. Hierzu zählen auf jeden Fall die großen Bäume im westlichen Gartenbereich und die naturnahe Feldhecke mit den Höhlen an der südlichen und östlichen Grundstücksgrenze. Hierdurch wäre gleichzeitig eine Eingrünung des Siedlungsbereiches vorhanden. Darüber hinaus sollte geprüft werden, ob nicht einzelne große Bäume (Birke, Kiefer, Lärche) erhalten werden können, die ohnehin teilweise durch die Baumschutzsatzung geschützt sind. Zwingend sollten im Umfeld künstliche Nisthilfen für die Waldohreule angebracht werden. 4. Literatur BREUER, W. (1994): Naturschutzfachliche Hinweise zur Anwendung der Eingriffsregelung in der Bauleitplanung. - Inform. d. Naturschutz Niedersachs. 14(1): BRINKMANN, R. (1998): Berücksichtigung faunistisch-tierökologischer Belange in der Landschaftsplanung. Inform.d. Naturschutz Niedersachs. 4/98: DIETZ, C., von HELVERSEN, O. & NILL, D. (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. - Stuttgart (Franckh-Kosmos) 399 S. MEINIG, H, P. BOYE & R. HUTTERER (2009): Rote Liste und Gesamtartenliste der Säugetiere (Mammalia) Deutschlands, Bearbeitungsstand Oktober Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1): PETERSEN, B., ELLWANGER, G., BLESS, R., BOYE, P., SCHRÖDER, E. & SSYMANK, A. (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura Band 2: Wirbeltiere. Bundesamt für Naturschutz Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69: SCHMIDT, C. (2000): Jagdgebiete und Habitatnutzung der Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus) in der Teichlausitz (Sachsen). Säugetierkundliche Informationen 4, H. 23/24: SCHOBER, W. & GRIMMBERGER, E. (1998): Die Fledermäuse Europas. Stuttgart (Franckh- Kosmos) 222 S. SIMON, M., HÜTTENBÜGEL, S. & SMIT-VIERGUTZ, J. (2003): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Dörfern und Städten. Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 76. SKIBA, R. (2003): Europäische Fledermäuse. - Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 648, Westarp Wissenschaften, Hohenwarsleben. 10
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