Prof. Dr. Tilman Bezzenberger Wintersemester 2018/2019. Anschauungsfall zum Mietrecht: Der Bauwagen
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1 Universität Potsdam Schuldrecht Besonderer Teil I Juristische Fakultät (Vertragliche Schuldverhältnisse) Prof. Dr. Tilman Bezzenberger Wintersemester 2018/2019 Anschauungsfall zum Mietrecht: Der Bauwagen V hat seinen Bauwagen an M vermietet. Hier ist er: Der Mietvertrag hat eine Laufzeit vom bis zum und sieht eine Jahresmiete von vor, zahlbar jeweils zum 1. Februar im Voraus. M hat aber keine rechte Verwendung mehr für den Bauwagen. Der steht die meiste Zeit nur herum, und gelegentlich vermietet M den Wagen an Dritte. Da M die Jahresmieten für 2017 und 2018 nicht gezahlt hat und V die Überlassung des Wagens an Dritte nicht gut findet, kündigt V im März 2018 den Mietvertrag zum M hat den Bauwagen aber an U weitervermietet und weiß nicht, wo der mit dem Wagen gerade steckt. Welche Rechte hat V gegen M?
2 2 Lösungsskizze zum Mietrechtsfall Der Bauwagen I. Ansprüche des V gegen M auf Herausgabe des Bauwagens I BGB a) Mietverhältnis (Mietvertrag, 535) b) Beendigung desselben durch Kündigung aa) Kündigungserklärung bb) Kündigungsgrund (1) ordentlich geht nicht ( 542 BGB) (2) außerordentlich ( 542 II Nr. 1, 543 BGB) (a) wegen Mietverzugs ( 543 II Nr. 3 a) (b) und wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte ( 543 II Nr. 2 Fall 2, 540 I 1 BGB) cc) Kündigungsfrist (1) Von Gesetzes wegen (-), 543 I 1 (2) Die von V gewährte Kulanzfrist bis zum ist abgelaufen. cc) Folge: Das Mietverhältnis ist zum beendet. c) Kein Ausschluss der Leistungspflicht nach 275 I (subjektive Unmöglichkeit) und auch kein Leistungsverweigerungsrecht des M nach 275 II BGB wegen Besitzes des U. M muss den Wagen von diesem zurückholen. d) Ergebnis: 546 I BGB (+)
3 und 986 BGB a) Eigentum des V (+) b) Besitz des M (+). M ist aufgrund des Mietvertrags mit U mittelbarer Besitzer des Wagens ( 868). c) Recht des M zum Besitz aa) Entstanden durch den Mietvertrag bb) aber durch dessen Beendigung wieder erloschen c) Ergebnis: 985 und 986 (+) II. Ansprüche des V gegen M auf Geld für die Nutzung(smöglichkeit) 1. Anspruch auf Zahlung von Miete ( 535 II BGB) a) Mietvertrag (+), s. o. b) Offene Mietforderungen aa) 2017: Anspruch auf die volle Jahresmiete bb) 2018 (1) Ursprünglich volle Jahresmiete, (2) aber zeitanteilig entfallen wg. Kündigung; für 2018 schuldet V nur 300. c) Ergebnis: V kann von M Miete fordern. 2. Anspruch auf Entschädigung wegen verspäteter Rückgabe ( 546a I BGB) a) Anspruch dem Grunde nach entstanden b) Dauer der Vorenthaltung aa) Jedenfalls April bis Dezember 2018 (900 )
4 4 bb) Und weiter bis zur Rückgabe 100 pro Monat 3. Schadensersatz wegen verspäteter Rückgabe der Mietsache ( 280, 286) a) Anwendbarkeit dieser Normen ( 314 IV BGB) b) Haftungsgrund (Verzug des V) aa) Nichtherausgabe des Wagens, obwohl geschuldet bb) Mahnung entbehrlich nach 286 II Nr. 1 BGB (Rückgabepflicht mit Wirksamwerden der Kündigung am ) cc) Vertretenmüssen des M ( 280 I 2) c) Haftungsumfang, Schaden des V ( 249 ff.): V bekommt zusätzlich zur Verspätungsentschädigung ( 546a I) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung, wenn er den Bauwagen während des Verzugs günstiger hätte nutzen können. Aber das ist bislang nicht der Fall. 4. Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen künftig entgangener Miete ( 280, 283 BGB) a) Anwendbarkeit der Normen ( 314 IV BGB), s. o. b) Haftungsgrund aa) Unmöglichkeit künftiger Mietzahlung wg. Kündigung des Mietvertrags bb) Kündigung von V vorwerfbar veranlasst ( Auflösungsverschulden ) c) Haftungsumfang, Schaden des V ( 249 I, 252 BGB): Wenn V während der in Aussicht genommenen Restdauer
5 5 des Mietvertrags den Bauwagen nur für weniger als die vereinbarte Miete nutzen kann, muss M ihm den Ausfall ersetzen (entgangener Gewinn). d) Ergebnis: 283 BGB dem Grunde nach (+), aber bislang noch kein Schaden III. Anspruch des V gegen M auf Herausgabe der vereinnahmten Untermiete Interessante Idee, aber wo ist die Anspruchsgrundlage? 1. Vertraglicher Anspruch (-); so etwas war nicht vereinbart 2. Herausgabepflicht aus GoA ( 667 i.v.m. 677, 681 Satz 2) (-) M führt mit der Vermietung des Wagens an U kein Geschäft des V, sondern ein eigenes. 3. Herausgabeanspruch wegen angemaßter Eigengeschäftsführung ( 667 i.v.m. 687 II, 681 Satz 2) a) Während der Geltungsdauer des Mietvertrags (-). Die Gebrauchsüberlassung des Wagens an Andere war damals kein Geschäft des V, weil dieser sich mit der Vermietung an M des Gebrauchsrechts begeben hatte. b) Nach Beendigung des Mietverhältnisses dagegen (+). Jetzt ist das Gebrauchsrecht wieder an V zurückgefallen, so dass M mit der weiteren entgeltlichen Gebrauchsüberlassung i.s.v. 687 II ein fremdes Geschäft als sein eigenes behandelt.
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