Wie ist die Rechtslage? Lösungsskizze: Rudi gegen Willi auf Austausch der Weine gem 922 ff ABGB:
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- Monika Grosse
- vor 7 Jahren
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1 Fall 1 Rudi verkostet im Urlaub mit seiner Frau Grünen Veltliner des österreichischen Winzers Willi. Da ihm diese Sorte besonders gut schmeckt, bestellt er gleich drei Kisten. Beim Abholen des Weines übergibt ihm Willi noch eine Kiste Grüner Veltliner als Geschenk. Rudi lädt die Kisten in sein Auto und fährt nach Hause. Als Rudi und seine Frau ein paar Tage nach dem Urlaub zuhause ein Glas des erworbenen Weißweins trinken, bemerken sie, dass dieser nicht wie im Urlaub schmeckt. Der Grund dafür liegt darin, dass die vier Kisten von einem weniger sonnigen Weingarten des Willi stammen, sodass der Wein mehr Säure aufweist als die verkosteten Proben. Der Geschmack ist mit den verkosteten Weinen nicht vergleichbar. Dies gilt für die Weine in allen vier Kisten, die Rudi mitgenommen hat. Enttäuscht schreibt Rudi an Willi, dass er vier neue Kisten Grüner Veltliner als Ersatz haben möchte. Willi ist entsetzt und weigert sich, den Wein auszutauschen. Wie ist die Rechtslage? Lösungsskizze: Rudi gegen Willi auf Austausch der Weine gem 922 ff ABGB: Rudi verlangt von Willi Gewährleistung. Gewährleistung ist die bei entgeltlichen Verträgen gesetzlich angeordnete Haftung des Schuldners für Sach- und Rechtsmängel, welche bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden sind. Der Übergeber leistet nach 922 dafür Gewähr, dass die Sache dem Vertrag entspricht. Ferner leistet er dafür Gewähr, dass die Sache einer Probe oder einem Muster entspricht. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Sachmangel, genauer um einen Qualitätsmangel, da der gekaufte Weißwein nicht der Qualität des verkosteten Weißweines entspricht. Die Abgrenzung der Schlechterfüllung von der Aliud-Lieferung (Anderslieferung) richtet sich nach der Verkehrsauffassung. Ein Aliud liegt dann vor, wenn eine andere als die geschuldete Gattung geliefert wird. Wird eine andere Gattung als die vereinbarte geliefert, gelangen nicht die Gewährleistungsregeln, sondern die Nichterfüllungsregeln (Verzug, Unmöglichkeit) zur Anwendung. Im vorliegenden Fall handelt es sich um keine Aliud-Lieferung, da die vereinbarte Gattung Grüner Veltliner geliefert wurde. Die von der Vereinbarung abweichende Qualität stellt wie oben bereits erwähnt einen (Qualitäts-)Mangel dar.
2 Bei Schenkungen kommen die Vorschriften über die Gewährleistung nicht zur Anwendung, weil sie Entgeltlichkeit voraussetzen ( 922 Abs 1 ABGB). Rudi hat drei Kisten Grüner Veltliner von Willi gekauft. In Bezug auf diese kann Rudi grundsätzlich Gewährleistung geltend machen. Da er die vierte Kiste aufgrund einer Schenkung erhalten hat, hat er für Mängel dieser keine Ansprüche gegen Willi. Der Übernehmer hat die Mangelhaftigkeit zu beweisen. Gemäß der Bestimmung des 924 ABGB (Hervorkommen des Mangels innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe) ist zu vermuten, dass der Qualitätsmangel bereits im Zeitpunkt der Übergabe vorgelegen hat. Als primäre Gewährleistungsbehelfe stehen Verbesserung und Austausch zur Verfügung ( 932 Abs 2 und 4 ABGB). Der Übergeber soll eine zweite Chance erhalten, seine Leistung vertragskonform zu erbringen. Die sekundären Gewährleistungsbehelfe können nur geltend gemacht werden, wenn Verbesserung und Austausch nicht möglich sind, für den Übergeber mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sind oder wenn dem Verlangen des Übernehmers gar nicht oder nicht in angemessener Frist nachgekommen wird. Dasselbe gilt bei Verzug des Übergebers mit der Verbesserung bzw dem Austausch oder bei Unzumutbarkeit aus einem triftigen, beim Übergeber liegenden Grund. Da Willi den Austausch laut Sachverhalt verweigert und Verbesserung unmöglich ist, kommen die sekundären Gewährleistungsbehelfe der Preisminderung und unter der Voraussetzung, dass der Mangel nicht geringfügig ist der Wandlung in Betracht. Ein Mangel gilt dann als geringfügig, wenn die Aufhebung des Vertrages unverhältnismäßig erscheint. Im vorliegenden Fall erscheint die Wandlung nicht unverhältnismäßig. Mit anderen Worten: Die schlechte Qualität des Weines ist in diesem Fall kein geringfügiger Mangel. Rudi kann daher Wandlung in Bezug auf drei Kisten Grüner Veltliner begehren. Der Anspruch ist gemäß 933 ABGB auch noch nicht verjährt, da die Gewährleistungsfrist bei beweglichen Sachen zwei Jahre ab dem Zeitpunkt der Ablieferung beträgt. Die Wandlung wirkt schuldrechtlich ex tunc, sachenrechtlich ex nunc. Rudi hat daher Anspruch auf Rückübertragung des Kaufpreises.
3 Willi gegen Rudi auf Herausgabe der drei gekauften Kisten gemäß 1435 Da durch die Wandlung der schuldrechtliche Titel, aufgrund dessen Willi die drei Kisten an Rudi geleistet hat, wegfällt, kann Willi diese bereicherungsrechtlich gemäß 1435 ABGB herausfordern. Die Rückstellung der von Rudi und seiner Frau geöffneten und bereits teilweise geleerten Flasche ist in natura unmöglich. Da Rudi in Bezug auf den Verbrauch dieser Flasche redlich ist (er kann aufgrund des Kaufvertrages vor Ausübung seines Gestaltungsrechtes davon ausgehen, dass ihm der Wein zusteht), ist er grundsätzlich verpflichtet, den objektiven Wert zu ersetzen (s 417). Ist sein subjektiver Vorteil aber geringer was im vorliegenden Fall zu bejahen ist, da der Wein nicht der von Rudi gewünschten Probe entspricht, so ist kein Wertersatz für die verbrauchte Sache zu leisten. Rudi gegen Willi auf Schadenersatz statt Gewährleistung gemäß 933a ABGB In der Mangelhaftigkeit der Leistung liegt ein Schaden, für den in Konkurrenz zur Gewährleistung Schadenersatz verlangt werden kann. Voraussetzung für einen erfolgreichen Schadenersatzanspruch ist ein Verschulden des Übergebers. Ein Verschulden kann nicht nur in einer schuldhaften Herbeiführung des Mangels liegen, sondern auch darin, die Beseitigung eines Mangels schuldhaft unterlassen zu haben. Von einem Winzer, der seinen Wein selbst herstellt, ist eine sorgfältige Überprüfung im Produktions- und Abfüllungsprozess zu erwarten. Entsprechen mehrere Kisten nicht der Qualität des zur Verkostung angebotenen Weines, wird man ein Verschulden des Winzers bejahen können. Ein Verschulden des Übergebers ist zudem bis zu zehn Jahre nach Übergabe zu vermuten ( 933a Abs 3 ivm 1298 ABGB). Bejaht man ein Verschulden des Winzers und damit einen Schadenersatzanspruch, so gehen nach 933a ABGB wieder die primären Gewährleistungsbehelfe den sekundären vor. Dem Übergeber ist also grundsätzlich eine zweite Chance zu geben. Da wie oben besprochen, die Voraussetzungen für eine Wandlung vorliegen, hat Rudi Anspruch auf Naturalrestitution durch Vertragsaufhebung. Er kann das Erfüllungsinteresse in Form der Rückerstattung des Kaufpreises verlangen und hat im Gegenzug den Wein herauszugeben, soweit er noch vorhanden ist. Dadurch kommt es zu einer schadenersatzrechtlichen Wandlung. Die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche beträgt drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger ( 1489).
4 Rudi gegen Willi auf Rückerstattung des Kaufpreises gem 871 ivm 877 ABGB In Konkurrenz zur Gewährleistung kommt grundsätzlich auch eine Irrtumsanfechtung gemäß 871 ABGB in Betracht. Ein Irrtum ist eine Fehlvorstellung von der Wirklichkeit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Da im Zeitpunkt des Vertragsabschluss die Leistung noch nicht spezifiziert war, konnte zu diesem Zeitpunkt kein Irrtum vorliegen. Zu diesem Zeitpunkt stand nämlich noch nicht fest, ob der Übergeber eine mangelhafte (nicht dem Vertrag entsprechende) Sache (Kiste) auswählt oder nicht. Nur wenn alle Flaschen/Kisten Grüner Veltliner, dass heißt die ganze Gattung mangelhaft gewesen wäre, läge ein Irrtum bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vor. Im vorliegenden Fall kann allerdings nicht angenommen werden, dass die gesamte Gattung mangelhaft war. Lediglich die für Rudi ausgewählten Kisten entsprechen nicht dem Vertrag. Rudi kann den Vertrag daher nicht wegen Irrtum nach 871 ABGB anfechten. Fall 2 Mark geht nachmittags auf der Getreidegasse spazieren. Vor einem Geschäft spricht ihn Kurt an, der ihm erklärt, dass er Menschen mit gutem Geschmack sofort erkenne und dass Mark ein solcher sei. Mark fühlt sich geschmeichelt und unterhält sich einige Minuten mit Kurt. Schließlich überredet Kurt ihn, in Kurts Geschäft zu kommen, in dem er wunderschöne Möbel verkauft. Gemeinsam betrachten sie einen edlen Esszimmertisch und Mark entschließt sich schlussendlich, diesen um 5.000,- zu kaufen, was auch dessen Wert entspricht. Er erhält eine Rechnung (Zahlungsziel 14 Tage), auf deren Rückseite die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kurt abgedruckt sind. In Punkt 1.3 heißt es: Jegliche Rücktrittsrechte sind ausgeschlossen. Dies ist die einzige Stelle in den AGB, in der von Rücktrittsrechten die Rede ist. Nach Lieferung des Tisches acht Tage später möchte Mark vom Vertrag zurücktreten. Er sendet sofort eine dementsprechende Erklärung per an Kurt. Wie ist die Rechtslage?
5 Lösungsskizze: Kurt gegen Mark auf Zahlung von 5 000,-. gemäß 1062 ABGB Kurt und Mark schließen einen Kaufvertrag über einen Tisch ab. Da prinzipiell der Grundsatz pacta sunt servanda gilt, ist zu prüfen, ob Mark ein besonderes Rücktrittsrecht zusteht. Dies könnte der Fall sein, wenn das zwischen Kurt und Mark abgeschlossene Rechtsgeschäft dem Regime des KSchG unterliegt. Das KSchG kommt auf Verträge zwischen Personen zur Anwendung, für die das Geschäft zum Betrieb ihres Unternehmens gehört und solche, auf die das nicht zutrifft ( 1 KSchG). Diese Voraussetzung ist zu bejahen. Kurt ist Inhaber eines Möbelgeschäfts und verkauft Mark in dieser Funktion ein Möbelstück. Mark hingegen ist kein Unternehmer und will den Esszimmertisch in seiner Wohnung aufstellen. Das KSchG ist daher anwendbar. Es sind die Voraussetzungen zu prüfen, die nach 3 KSchG den Rücktritt des Konsumenten bei einem Haustürgeschäft ermöglichen. Der Verbraucher hat gem 3 Abs 1 KSchG (ua) ein Rücktrittsrecht vom Vertrag, wenn er seine Vertragserklärung nicht in den für geschäftliche Zwecke vom Unternehmer dauernd genützten Räumen abgegeben hat. Nach 3 Abs 2 KSchG besteht das Rücktrittsrecht aber auch, wenn ihn der Unternehmer durch persönliches, individuelles Ansprechen auf der Straße in die vom Unternehmer für seine geschäftlichen Zwecke benützten Räume gebracht hat. Dieser Fall liegt hier vor. Kurt hat Mark persönlich, individuell auf der Straße angesprochen und schließlich überredet, in sein Geschäft zu kommen. Die Ausnahmetatbestände des 3 Abs 3 sind nicht gegeben. Mark hat daher grundsätzlich ein Rücktrittsrecht binnen einer Woche ab Vertragsabschluss, so die gemäß 3 Abs 1 KSchG geforderten Informationspflichten vom Unternehmer erfüllt wurden. Nach dem Sachverhalt enthält die Mark übergebene Rechnung keine Belehrung über das Rücktrittsrecht. Die einwöchige Frist beginnt daher nicht zu laufen und Mark hat ein unbefristetes Rücktrittsrecht. Die Absendung der schriftlichen Rücktrittserklärung bewirkt daher einen wirksamen Rücktritt vom Vertrag. Zu prüfen ist noch, ob der Ausschluss des Rücktrittsrechtes in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Kurt rechtswirksam vereinbart wurde. AGB gelten kraft vertraglicher Vereinbarung. Ein Teil stellt sie auf, der andere unterwirft sich. Sowohl die
6 Erklärung des Verwenders, nur unter Zugrundelegung der AGB kontrahieren zu wollen, als auch die Erklärung des Kunden, die AGB zu akzeptieren, kann stillschweigend erfolgen. Damit sich Mark den AGB des Kurt wenn auch stillschweigend unterwerfen kann, muss er zumindest die abstrakte Möglichkeit haben, sie vor Vertragsabschluss einsehen zu können. AGB können daher nicht vereinbart werden, wenn der Unternehmer erst nach Vertragsabschluss auf sie verweist. Da Mark die AGB erst nach Vertragsabschluss durch Überreichung der Rechnung ausgehändigt bekommt, werden sie und der Ausschluss des Rücktrittsrechts nicht wirksam vereinbart. Ohnehin könnte ein Ausschluss des Rücktrittsrechts mit dem Verbraucher nicht wirksam vereinbart werden, weil von den Bestimmungen des 1. Hauptstücks des KSchG zulasten der Verbrauchers nicht abgewichen werden kann (einseitig zwingende Bestimmung gemäß 2 Abs 2 KSchG). Kurt hat keinen Anspruch auf Zahlung von gegen Mark. Kurt gegen Mark auf Herausgabe des Tisches gemäß 4 Abs 1 Z 2 KschG Durch den Rücktritt vom Vertrag wird das Vertragsverhältnis schuldrechtlich ex tunc und sachenrechtlich ex nunc aufgelöst. Die Übernahme des Tisches in die Gewahrsame ist für sich allein nicht als Wertminderung anzusehen. Mark hat daher keine diesbezügliche Entschädigung zu zahlen. Ein Benützungsentgelt ist nach dem Sachverhalt auch nicht zu entrichten, da Mark den Tisch nicht gebraucht hat. Kurt hat einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Tisches. Fall 3 Alex und Steffi wohnen in einer WG in Parsch. Als Steffi auszieht, verspricht sie, ihre verbliebenen Möbel demnächst abzuholen. Da die Möbel vier Wochen nach Steffis Auszug immer noch den Gang versperren, bietet Alex sie kurzerhand seinem Bekannten Jonas zum Kauf an. Er erwähnt, dass es sich um die Möbel seiner ehemaligen WG-Kollegin Steffi handelt, die er für diese zu Bargeld machen soll. Jonas nimmt das Angebot an und leistet eine Anzahlung ihv Sie vereinbaren, dass Jonas die Möbel in einer Woche abholt, wofür Jonas sich sogleich einen Möbeltransporter mietet, wofür er aufwendet. Jonas verkauft die Möbel sofort an seinen Bruder weiter, woraus er einen Gewinn von 70.- erzielt. Als Steffi, die von Alex Vorgehen nichts wusste, ihre Möbel doch abholen will, ist sie
7 entsetzt. Sie will ihre Möbel wiederhaben und verweigert auch Alex Angebot, ihr die von Jonas geleistete Anzahlung zu überlassen. Jonas gegen Alex auf Leistung der Möbel gem 1061 ABGB Jonas kann einen Anspruch gegen Alex auf Leistung der Möbel nur dann geltend machen, wenn zwischen den beiden ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Alex hat aber für Jonas erkennbar offen gelegt, als Stellvertreter der Steffi zu handeln und nicht im eigenen Namen rechtsgeschäftlich tätig zu sein. Alex wird daher selbst nicht Vertragspartner von Jonas, weshalb dieser keinen Anspruch auf Herausgabe der Möbel gegen Alex geltend machen kann. (Jonas kann deshalb auch nicht gutgläubig Eigentum an den Möbeln erwerben. Der Gutglaubenserwerb nach 367 ABGB ersetzt bei Vorliegen aller Voraussetzungen lediglich das fehlende (Eigentums-)Recht des Vormannes, aber nicht einen fehlenden Titel.) Jonas gegen Steffi auf Leistung der Möbel gem 1061 ABGB Jonas kann einen vertraglichen Anspruch gegen Steffi nur dann geltend machen, wenn zwischen ihnen ein Kaufvertrag zustande gekommen ist. Da Steffi nicht selbst rechtsgeschäftlich tätig geworden ist, muss geprüft werden, ob ein Fall wirksamer direkter Stellvertretung vorliegt. Dies setzt voraus, dass der Stellvertreter Vertretungsmacht hat, das Vertretungsverhältnis offengelegt hat und beschränkt geschäftsfähig ist ( 1018 ABGB). Jonas musste Alex Verhalten so verstehen, dass dieser nicht in eigenem Namen sondern im Namen eines Vertretenen handelt. Alex legt das Vertretungsverhältnis daher offen. Auch an der zumindest beschränkten Geschäftsfähigkeit von Alex ist nicht zu zweifeln. Steffi hat Alex aber keine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht eingeräumt, die diesen berechtigen würde, für sie rechtsgeschäftliche Handlungen vorzunehmen (keine Bevollmächtigung). Eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung von Steffi durch die Vertretungshandlung von Alex könnte daher nur im Wege der Anscheinsvollmacht oder der nachträglichen Genehmigung erfolgen. Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass ein Dritter auf einen vom Geschäftsherrn gesetzten Rechtsschein vertraut hat und vertrauen durfte. Ein Verhalten der Steffi, das Jonas berechtigterweise annehmen ließ, sie hätte bereits zu einem früheren Zeitpunkt Vollmacht
8 erteilt, liegt nicht vor. Der Kaufvertrag zwischen Steffi und Jonas kommt daher auch nicht aufgrund eines Vertrauens auf den äußeren Tatbestand (Rechtsschein) zustande. Steffi genehmigt das Rechtsgeschäft auch nicht nachträglich. Sie verweigert ausdrücklich die Entgegennahme der von Jonas geleisteten Anzahlung, weshalb auch keine Genehmigung in Form einer Vorteilszuwendung vorliegt. Ein anderes Verhalten von Steffi, das als eine das Rechtsgeschäft genehmigende Willensbetätigung gewertet werden kann, geht aus dem Sachverhalt nicht hervor. Eine vertragliche Bindung der Steffi liegt nicht vor. Sie ist daher Jonas nicht zur Leistung ihrer Möbel verpflichtet (und kann von ihm auch nicht die Leistung des Kaufpreises verlangen). Jonas gegen Alex auf Zahlung von 50.- gem 1431/ gem 1295ff ivm 1019 (CIC)/ 70.- gem 1295 ff Da Alex sich als Steffis Vertreter ausgibt, obwohl sie ihm keine Vollmacht erteilt hat und der angestrebte Vertrag zwischen Steffi und Jonas auch nicht aufgrund von Anscheinsvollmacht oder Genehmigung zustande gekommen ist, liegt ein Fall der Scheinvertretung (falsa procuratio) vor. Wie bereits erwähnt, kommt der Vertrag auch nicht mit dem Scheinvertreter Alex zustande, da dieser offen gelegt hat, nicht selbst Vertragspartner werden zu wollen. Jonas hat irrtümlich und rechtsgrundlos eine Anzahlung ihv 50.- an Alex geleistet, die er von diesem bereicherungsrechtlich zurückfordern kann. Mit einer Eigentumsklage gem 366 wird Jonas erfolglos sein, weil anzunehmen ist, dass sich das von ihm geleistete Geld bereits ununterscheidbar mit dem Bargeld von Alex vermengt hat (s 371 ABGB). Jonas kann den Anspruch auf die 50.- nicht gegen Steffi geltend machen, weil Alex als falsus procurator nicht einmal zum Empfang berechtigt war. Der falsus procurator ist dem Dritten gemäß 1019 ABGB zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser im Vertrauen auf die Vertretungsmacht erleidet (Schadenersatzanspruch aus culpa in contrahendo). Die Kosten des Möbeltransporters für die Abholung der Möbel sind ein Schaden, der Jonas erlitten hat, weil er auf die für das Zustandekommen des Vertrages mit Steffi nötige Vertretungsmacht vertraut hat (Vertrauensschaden). Schadenersatz setzt Verschulden voraus. Ein Verschulden des Alex ist zu bejahen, da er die Vertretungshandlung im Bewusstsein, nicht bevollmächtig zu sein, gesetzt hat. Gemäß 1019 Satz 2 ABGB darf die Haftung des Scheinvertreters aber nicht
9 über den Betrag des Interesses hinausgehen, den der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrages hat. Die Haftung ist daher mit dem hypothetischen Erfüllungsinteresse begrenzt. Das Erfüllungsinteresse beträgt im vorliegenden Fall 70.-, weil Jonas aus dem Weiterverkauf einen Gewinn in dieser Höhe erzielt hätte. Jonas hat daher nur Anspruch auf Ersatz seines Vertrauensschadens ihv Auf das Erfüllungsinteresse ihv 70.-, das Jonas aus dem Weiterverkauf der Möbel lukriert hätte, haftet der Scheinvertreter deshalb nicht, weil er diesen Schaden nicht verursacht hat: Hätte Alex pflichtgemäß gehandelt, dann hätte er die Vertretungshandlung unterlassen und es wäre genauso wenig zu einem Vertragsabschluss mit Steffi gekommen. Für den Schaden, der in der Nichterfüllung des Vertrages besteht (Gewinn ihv 70.-) haftet Alex Jonas daher nicht.
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