- 1 - zum Extremum macht, wenn y(x) eine bestimmte, genau charakterisierte Funktionenklasse ( n
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- Arnim Gerhardt
- vor 7 Jahren
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1 - 1 - Variationsrechnung Die Variationsrechnung spielt in der Physik eine entscheidende Rolle. So kann man die Grundgleichungen der Newtonschen Mechanik aus einem Lagrangeschen Variationsprinzip herleiten. Die Hamilton-Jacobi Formulierung macht ebenfalls von einem Extremalprizip Gebrauch. Aber auch in der Atom- und Quantenphysik hat die Variationsrechnung große Bedeutung. In diesem Abschnitt stellen wir nur die einfachsten, klassischen, mathematischen Problemstellungen vor. Physikalische Probleme werden in der Mechanik, Elektrodynamik, Quantentheorie etc. ausführlich behandelt. Dabei zeigt sich, dass eine Erweiterung und Verallgemeinerung der klassischen mathematischen Begriffe unbedingt notwendig ist. Deshalb muss heute die Variationsrechnung im Rahmen moderner mathematischer Disziplinen wie z.b. der Funktionalanalysis und der Optimierung betrachtet werden. Im Folgenden kann lediglich ein Einblick in den klassischen Teil der mathematischen Variationsrechnung gegeben werden. Mathematische Problemstellung In der Differentialrechnung besteht eine wichtige Aufgabe darin, festzustellen, für welche x- Werte eine vorgegebene Funktion y(x) einen Extremwert hat. In der Variationsrechnung lautet die entsprechende Frage: Für welche Funktionen nimmt ein bestimmtes Integral, dessen Integrand von dieser Funktion und deren Ableitungen abhängt, einen Extremwert an? In der Variationsrechnung wird demzufolge ein ganzer Funktionsverlauf y(x) gesucht, der z.b. einen Integralausdruck der Form zum Extremum macht, wenn y(x) eine bestimmte, genau charakterisierte Funktionenklasse ( n durchläuft. Dabei können für die Funktionen y(x) und deren n-te Ableitungen y ) ( x ) noch zusätzliche Bedingungen, sogenannte Rand- und Nebenbedingungen, gestellt werden. An Stelle der einen unabhängigen Variablen x können auch mehrere Variablen stehen. Die auftretenden Ableitungen sind dann partielle Ableitungen, und das Integral entspricht einem mehrfachen Integral. Wir befassen uns hier nur mit der oben angegebenen einfachen Form für n=1, d.h.
2 - - Historische Aufgaben Isoperimetrisches Problem Das allgemeine isoperimetrische Problem besteht darin, unter allen ebenen Flächenstücken mit vorgegebenem Umfang das flächengrößte zu bestimmen. Die Lösung dieses Problems (ein Kreis mit dem vorgegebenen Umfang) soll auf die Königin DIDO zurückgehen, die der Sage nach bei der Gründung Karthagos nur soviel Land nehmen durfte, wie sie mit einer Stierhaut umschließen konnte. Sie schnitt die Haut in feine Streifen und legte sie zu einem Kreis zusammen. Ein Spezialfall des allgemeinen isoperimetrischen Problems besteht in der Aufgabe, in einem kartesischen Koordinatensystem eine Verbindungskurve y=y(x) der Punkte A(a,) und B(b,) zu finden, die eine vorgegebene Länge l hat und mit der Verbindungsstrecke AB die größte Fläche umschließt (s. Abbildung). Es handelt sich um ein Extremalproblem mit Nebenbedingung. Die mathematische Formulierung lautet: Man bestimme eine einmal stetig differenzierbare Funktion y(x), für die maximal wird und die die Nebenbedingung sowie die Randbedingungen y(a) = y(b) = erfüllt sind.
3 - 3 - Brachistochronenproblem Das Brachistochronenproblem wurde 1696 von J. BERNOULLI formuliert und beinhaltet die folgende Aufgabe: Der in einer vertikalen x,y-ebene liegende Punkt P (x,y ) soll mit dem Koordinatenursprung durch eine Kurve y=y(x) so verbunden werden, dass ein längs dieser Kurve sich bewegender Massepunkt allein unter dem Einfluss der Schwerkraft in der kürzesten Zeit von P zum Ursprung gelangt (s. Abbildung). Es handelt sich um ein Extremalproblem ohne Nebenbedingung (die Länge ist z.b. nicht vorgegeben). Die mathematische Formulierung geht von dem infinitesimalen Linienelement ds ( dx) ( dy) aus. Mit der Geschwindigkeit v wird die Zeit T Der Energiesatz t(,) s(,) ds 1 y ' T dt dx v v to 1 x mv mgy E liefert v, wobei die Bewegung bei y mit v = starten soll, d.h. E mgy : v g( y y) T x 1 y ' dx Minimum g( y y)
4 - 4 - Euler-Lagrange-Differentialgleichung Als einfache Variationsaufgabe soll die folgende Aufgabe bezeichnet werden: Es sind Extremwerte von Integralausdrücken der Form ohne Nebenbedingung zu bestimmen. Dabei soll y(x) alle zweimal stetig differenzierbaren Funktionen, die den Randbedingungen y(a) = A und y(b) = B genügen, durchlaufen. Die Werte a, b und A, B sowie die Funktion F sind gegeben. Der Integralausdruck ist ein Beispiel für ein so genanntes Funktional, das dadurch gekennzeichnet ist, dass es jeder Funktion y(x) aus einer bestimmten Funktionenklasse eine reelle Zahl zuordnet. Nimmt das Funktional I[y] für die Funktion y (x) ein relatives Maximum an, dann gilt I[ y ] I[ y] beim Vergleich mit allen anderen zweimal stetig differenzierbaren Funktionen y, die den Randbedingungen genügen. Die Kurve y = y (x) wird als Extremale bezeichnet. Für die Lösung der einfachen Variationsaufgabe erhält man eine notwendige Bedingung auf folgende Weise: Zur Extremalen y (x) konstruiert man sogenannte Vergleichsfunktionen die zur selben Funktionsklasse gehören. ist ein Kleinheitsparameter, ( x) ist innerhalb der Funktionsklasse nicht weiter festgelegt. Einsetzen liefert Das Integral hängt offensichtlich von ab. Da y ( ) x Extremale ist, gilt
5 - 5 - Wir entwickeln den Integranden nach dem Kleinheitsparameter und erhalten in niedrigster Ordnung Da das Integral für = extremal werden soll, muss gelten Da diese Bedingung für alle Funktionen ( x) innerhalb der gegebenen Funktionsklasse gelten muss, folgt Das ist die so genannte Euler-Lagrange-Gleichung.
6 - 6 - Spezialfall: F hängt nicht explizit von x ab Unter der Annahme lässt sich eine Identität herleiten, die für viele Auswertungen sehr hilfreich ist. Wir differenzieren einen Klammerausdruck (betrachten Sie das zunächst als mathematische Übungsaufgabe) und erhalten schrittweise: = = Wenn F die Euler-Lagrange-Gleichung erfüllt, folgt also d.h. Dieser Erhaltungssatz ist auch als Beltrami Identität bekannt. Wir werden sie bei dem Brachistochronenproblem benutzen.
7 - 7 - Aufgabe 14.1: Zeigen Sie mit Hilfe der Euler-Lagrange-Gleichung, dass die kürzeste Verbindung zweier Punkte in der Ebene die Gerade ist. Hinweis: Aufgabe 14.: Zeigen Sie mit Hilfe der Beltrami Identität, dass die kürzeste Verbindung zweier Punkte in der Ebene die Gerade ist.
8 - 8 - Beispiel: Brachistochronenproblem In leicht abgeänderter Notation (überlegen Sie sich, dass man nach recht trivialen Transformationen das bereits formulierte Problem so fassen kann) besteht die Aufgabe darin zu minimieren. Die Funktion F f ist also Der Weg über die Euler-Lagrange-Gleichung ist recht kompliziert. Glücklicherweise können wir die Beltrami Identität benutzen: Mit folgt nach Subtraktion von von und einfachen Umformungen bzw. Diese Gleichung hat als Lösung eine Zykloide, die in Parameterform x = x(s), y = y(s) mit x x s 1 k s s y y s 1 k s lautet. ( ) ( sin ) ( ) (1 cos )
9 - 9 - Aufgabe 14.3: Prüfen Sie nach, dass die gerade angegebene Zykloidengleichung die Differentialgleichung des Brachistochronenproblems löst. Hinweis: Benutzen Sie dy y ' dx dy ds dx ds Auf Extremalprobleme mit Nebenbedingungen gehen wir aus Zeitgründen hier nicht ein.
d x 2 = 1 y ' x 2 d x 2
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