Die Rolle der WEKO im öffentlichen Beschaffungswesen
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1 Wettbewerbskommission WEKO Commission de la concurrence COMCO Commissione della concorrenza COMCO Competition Commission COMCO Die Rolle der WEKO im öffentlichen Beschaffungswesen SVöB Mitgliederversammlung, 15. November 2013 Nicolas Diebold Leiter Kompetenzzentrum Binnenmarkt, WEKO
2 Organisation Wettbewerbsbehörde WEKO 12 Mitglieder (Miliz) Entscheid WEKO Sekretariat Antrag Sekretariat KompZ Recht Infrastruktur Dienstleistungen Produkte Bau KompZ Ök KompZ Erm KompZ Komm KompZ Int KompZ BGBM 2
3 Anliegen der WEKO im Bereich Beschaffung Öffentlicher Beschaffungsmarkt, ca. 34 Mia. Franken Politik Lobby Aufwand Anbieterpräferenz Gewinn- / Umsatzsteigerung Auslastung Nachfrager Wettbewerb Anbieter unsauberes Vergabeverfahren Submissionsabrede 3
4 Instrumente der WEKO im Bereich Beschaffung WEKO Binnenmarktgesetz Kartellgesetz Nachfrager Wettbewerb Anbieter 4
5 Instrumente der WEKO im Bereich Beschaffung WEKO Kartellgesetz Binnenmarktgesetz Bil. Abk. / VöB / IVöB Nichtunterstellungsverordnung Submissionsabsprache Marktmachtmissbrauch durch Vergabestelle durch Anbieter Mindeststandards für kantonale / kommunale Beschaffung «Konzessionen» Herkunftsprinzip Ausklinkverfahren 5
6 BGBM Ein Überblick Beschaffung im Kontext des Handelsrechts Grenzmassnahmen Zölle / Kontingente Aufenthaltsbewilligungen Abbau von Grenzmassnahmen Interne regulatorische Hemmnisse Produktevorschriften (Nichttarifäre-HH) Berufsausübungsbewilligungen Interne Kontingente / Monopole Herkunftsortsprinzip Anerkennungsprinzip Subventionen Verbot wettbewerbsverzerrender Beihilfen Private Wettbewerbsbeschränkungen Verbot von Kartellen und Marktabschottung Staatseinkauf Öffentliche Ausschreibung 6
7 BGBM Ein Überblick Niederlassung/Sitz in der Schweiz Waren Dienstleistungen Arbeitsleistung Zugang zu privaten Nachfragern regulatorische Hindernisse quantitative Hindernisse (Monopole) Zugang zu staatlichen Nachfragern öffentliche Beschaffung 7
8 BGBM Übersicht Referat Materielle BGBM-Bestimmungen im Bereich Vergaberecht Mindeststandards (Art. 5 BGBM) Monopole (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Herkunftsortsprinzip (Art. 2 Abs. 1-3 BGBM) Institutionelle BGBM-Bestimmungen Aufgaben und Instrumente der WEKO im Bereich Vergaberecht 8
9 BGBM Öffentliche Beschaffung Mindeststandards für kantonale Beschaffung (Art. 5 BGBM) Geltungsbereich Persönlich: Kantone, Gemeinden und Träger öffentlicher Aufgaben Bund nicht unterstellt Sachlich: «umfangreiche öffentliche Einkäufe, Dienstleistungen, Bauten» Geht über GPA hinaus (insb. Dienstleistungen) 9
10 BGBM Öffentliche Beschaffung Mindeststandards für kantonale Beschaffung (Art. 5 BGBM) Ausschreibepflicht (Art. 5 Abs. 2 BGBM) Eignungskriterien und Zuschlagskriterien verlangt offenes/selektives Verfahren Nichtdiskriminierung (Art. 5 Abs. 1 BGBM) Anbieter mit Sitz in der Schweiz dürfen nicht benachteiligt werden Allgemeines Diskriminierungsverbot 10
11 BGBM Öffentliche Beschaffung Mindeststandards für kantonale Beschaffung (Art. 5 BGBM) Einschränkung von Art. 5 BGBM Freihändige Vergaben und Einladungsverfahren sind Abweichung von Art. 5 BGBM Zulässig unter den Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 BGBM Öffentliches Interesse Verhältnismässigkeit Nichtdiskriminierung Umgesetzt in IVöB/VRöB Schwellenwerte Ausnahmegründe ( 9 VRöB), zb Dringlichkeit, Abreden usw 11
12 BGBM Öffentliche Beschaffung Mindeststandards für kantonale Beschaffung (Art. 5 BGBM) Typische Verstösse gegen Art. 5 BGBM Freihändige Vergabe über Schwellenwerten, weil: Vergabestelle fälschlicherweise davon ausgeht, sie selber oder Auftrag sei Art. 5 BGBM nicht unterstellt Auftragswert falsch berechnet (Stückelung) Vergabestelle fälschlicherweise davon ausgeht, Voraussetzungen von Art. 3 Abs. 1 (bzw. 9 VRöB) seien erfüllt Diskriminierende EK/TS/ZK ortsfremd/ortsansässig (BGer: aber nicht nur!) übermässige Wettbewerbseschränkung (nur ein Anbieter) 12
13 BGBM Öffentliche Beschaffung Mindeststandards für kantonale Beschaffung (Art. 5 BGBM) Rechtsschutz (Art. 9 BGBM) Verfügungszwang (Art. 9 Abs. 1 BGBM) Rechtsmittelgarantie (Art. 9 Abs. 2 BGBM) Unabhängig von Schwellenwerten BGer: Kein Rechtsschutz für Bagatellbeschaffungen Mind. ab Einladungsverfahren 13
14 BGBM Marktzugang Ausschreibung von Monopolen (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Betrachtung im Binnenmarktkontext am Beispiel Taxizentrale Stadt Genf Bewilligte Taxizentrale Marktzugang Anerkennung (Art. 4) Herkunftsprinzip (Art. 2 Abs. 1-4) Nichtdiskriminierung/Verhältnismässig (Art. 3 Abs. 1 BGBM) Stadt Lausanne Bewilligungspflicht Stadt Genf Bewilligte Taxizentrale Marktzugang Anerkennung (Art. 4) Herkunftsprinzip (Art. 2 Abs. 1-4) Nichtdiskriminierung/Verhältnismässig (Art. 3 Abs. 1 BGBM) Öffentliche Ausschreibung (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Stadt Lausanne Nur ein Anbieter (rechtliches Monopol) BV 27/94 14
15 BGBM Marktzugang Ausschreibung von Monopolen (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Betrachtung im Binnenmarktkontext am Beispiel Taxizentrale Stadt Genf Bewilligte Taxizentrale Marktzugang Nichtdiskriminierung/Verhältnismässig (Art. 3 Abs. 1 BGBM) Ausschreibung Öffentliche Ausschreibung (Art. 2 Abs. 7) Stadt Lausanne Nur vier Anbieter (rechtliches Monopol od. Kontingentbewilligung) Thesen: Monopolkonzession und Kontingentbewilligung ist wettbewerblich dasselbe und verlangt die gleiche vergabepolitische Lösung 15
16 BGBM Marktzugang Ausschreibung von Monopolen (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Thesen: Nicht von Bedeutung ist Grund der Beschränkung, d.h. ob Beschränkung der Anbieterzahl zum Schutz öffentlicher Interessen (rechtliches Monopol) erfolgt zwecks Koordinierung der Nutzung öff. Sachen erfolgt nicht von Bedeutung ist Intensität der Nutzung (Sondernutzung / gesteigerter Gemeingebrauch) Von Bedeutung ist wirtschaftliche Auswirkung der Beschränkung: Wettbewerb im betroffenen Markt Bedeutung des staatlichen Eingriffs für den Marktzutritt 16
17 BGBM Marktzugang Ausschreibung von Monopolen (Art. 2 Abs. 7 BGBM) Thesen: Unterscheidung Ausschreibung nach öffentlichem Beschaffungsrecht und Ausschreibung «light» macht Sinn 17
18 BGBM Marktzugang Herkunftsprinzip (Art. 2 Abs. 1-4 BGBM) Vorschriften Ort A für ortsansässige Anbieter Vorschriften Ort B für ortsansässige Anbieter Vorschriften Ort A für ortsfremde Anbieter, ausser Vorschriften nicht gleichwertig Öff. Interesse Verhältnismässig Nichtdiskriminierend (Art. 2 Abs. 5 und Art. 3 Abs. 1) Gilt unabhängig davon, ob staatlicher oder privater Nachfrager 18
19 BGBM Aufgaben der WEKO WEKO überwacht Vollzug durch Bund, Kantone und Gemeinden «Untersuchungen» Auskunftspflicht / Amtshilfe Empfehlungen Gutachten Beschwerden WEKO kann Beschwerde führen um feststellen zu lassen, dass eine Verfügung den Markt in unzulässiger Weise beschränkt 19
20 BGBM Aufgaben der WEKO Erfahrungen mit dem Beschwerderecht im Bereich Beschaffung Anfechtungsobjekt Jede Verfügung, die gegen Mindestanforderungen gem. Art. 5 BGBM oder gegen Art. 2 Abs. 7 BGBM verstösst Ausschreibung, Ausschluss, Zuschlag usw. Freihändige Vergabe ohne Verfügung - Anspruch auf Feststellungsverfügung (Art. 9 Abs. 1 BGBM) Beschwerdefrist 10 Tage (IVöB) oder 30 Tage (kant. Verwaltungsverfahren)? Ab wann? 20
21 BGBM Aufgaben der WEKO Erfahrungen mit dem Beschwerderecht im Bereich Beschaffung Rügen Verletzung von BGBM Verletzung von inter-/kantonalem Beschaffungsrecht? Geeignete Fälle für Behördenbeschwerde Nicht ausgeschrieben Unterstellungsfrage Missbräuchlich Ausnahmegründe für freihändiges Verfahren Diskriminierung zugeschnitten auf gewünschten Anbieter übermässige Wettbewerbsbeschränkung 21
22 BGBM Aufgaben der WEKO Fallbeispiel «Abfallsackgebühr» Gemeinden beauftragen Kehrichtverwertungsunternehmen mit der Umsetzung des Verursacherprinzips (Sackgebühr) KV macht Einladungsverfahren für folgenden Auftrag Herstellung von Abfallsäcken Belieferung der Einzelhändler in den Gemeinden (Logistik) Entrichtung der Sackgebühr an KV zhd Gemeinden 5 Jahre / Volumen ca Mio Fr. Bürgeranfrage an WEKO Amtshilfebegehren WEKO an KV 22
23 BGBM Aufgaben der WEKO Fallbeispiel «Abfallsackgebühr» Antwort KV Kein öffentlicher Auftrag Wenn überhaupt, dann Konzession isv Art. 2 Abs. 7 BGBM Und sonst: Ausnahme begründet durch Dringlichkeit WEKO verlangt Feststellungsverfügung Beschwerde gegen Feststellungsverfügung Urteil VWGer Auftrag untersteht Beschaffungsrecht und Einladungsverfahren verstösst gegen Art. 5 Abs. 2 BGBM Einladungsverfahren aus Gründen der Dringlichkeit gerechtfertigt 23
24 BGBM Aufgaben der WEKO Fallbeispiel «Abfallsackgebühr» WEKO prüft nun Beschwerde ans BGer Dringlichkeitsgrund: Einführungsfrist durch Verordnung RR Verhältnis beschaffungsrechtliche Ausnahmegründe und Art. 3 Abs. 1 BGBM (öff. Interesse / Verhältnismässigkeit) Ist ein Einladungsverfahren überhaupt ein taugliches Mittel zur Beschleunigung des Verfahrens im Vgl. zum verkürzten offenen Verfahren? Mildere Massnahme: freihändige Vergabe von 1 Jahr anstatt 5 Jahre? 24
25 BGBM Aufgaben der WEKO Sinn oder Unsinn eines Behördenbeschwerderechts im öffentlichen Beschaffungsrecht? Welche Aufsichtsinstrumente gibt es sonst? Rechtsschutz Hürden: Beschwerdelegitimation Aufwand / Kosten vs. Nutzen Bedeutung des Entscheids über die aufschiebende Wirkung Eingeschränktes Rechtsmittel vor BGer Finanzkontrollen Übergeordnete politische Instanz / Aufsichtsbeschwerde 25
26 BGBM Aufgaben der WEKO Sinn oder Unsinn eines Behördenbeschwerderechts im öffentlichen Beschaffungsrecht? Vorteile Anlaufstelle für nicht Beschwerdelegitimierte Erwirken von Grundsatzentscheiden Signalwirkung Mildes Aufsichtsinstrument / Wahrung Gewaltentrennung Nur Feststellungsbegehren (keine Verzögerungsgefahr) Nachteile Aufwand / Nutzen Gefahr des Mikromanagements Praktikabilität (Fristen) 26
27 BGBM Ausblick de lege ferenda Revision des Beschaffungsrechts Bund / Kantone Umsetzung des revgpa Vereinheitlichung Bedeutung für BGBM? Kantone haben höhere Anforderungen an Rechtsschutz als Bund (Art. 9 Abs. 1 BGBM) Kantone haben breiteren Geltungsbereich als Bund (Art. 5 BGBM) Kantone haben Ausschreibungspflicht gemäss Art. 2 Abs. 7 BGBM Kantone haben WEKO als «Aufsichtsorgan» (Art. 8 und 9 Abs. 2bis BGBM) In welche Richtung soll die Vereinheitlichung erfolgen? 27
28 BGBM Ausblick de lege ferenda Blick über die Grenze Tendenz in der EU (Vorschlag für Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe): Artikel 84 Öffentliche Aufsicht 1. Die Mitgliedstaaten benennen eine einzige unabhängige Stelle, die für die Beaufsichtigung und Koordinierung der Durchführungstätigkeiten verantwortlich ist (im Folgenden die Aufsichtsstelle ). Die Mitgliedstaaten unterrichten die Kommission von dieser Benennung. Alle öffentlichen Auftraggeber unterliegen einer solchen Aufsicht. 28
29 BGBM Ausblick de lege ferenda Blick über die Grenze Submissionsabsprachen in Deutschland ( 298 des deutschen Strafgesetzbuches): «Straftat gegen den Wettbewerb» (1) Wer bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Der Ausschreibung im Sinne des Absatzes 1 steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich. 29
30 Fragen / Diskussion Nicolas Diebold Leiter KompZ Binnenmarkt Sekretariat WEKO Monbijoustrasse 43 nicolas.diebold@weko.admin.ch 30
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